Tränen statt Glück.

#1
Hallo,
ich bin neu hier im Forum. Habe gerade Tipps gegen Bulimie gesucht und bin dabei auf diese Seite gestoßen.
Ehrlich gesagt weiß ich gerade selbst nicht genau, was ich mit diesem Beitrag erreichen möchte, aber ich spüre einfach das Bedürfnis von meiner Krankheit zu erzählen.

Nun sitzte ich hier an meinem Schreibtisch, höre Musik von meinem Lieblingssänger James Blunt, denke über mein derzeitiges Leben nach und dabei laufen mir die Tränen wie Wasserfälle die Wangen hinunter. Ich kann nicht mehr. Alles was ich wollte ist glücklicher zu werden, mich schön zu fühlen und mir selbst zu beweisen, dass ich diszipliniert und stark bin. Das Gegenteil ist der Fall. Ich bin unglücklich und schwach...verdammt schwach. Angefangen hat alles mit einer scheinbar harmlosen Diät und nun kotze ich mir seit 5 Monaten täglich die Seele aus dem Leib. Einmal hab ich zu viel gegessen, also kotze ich es einmal aus. Einmal ist keinmal. Nun esse ich bis zu 5 mal täglich zu viel und erbreche es wieder. Ich habe große Angst, dass ich irgendwann nach einem "verkotzten" Tag nicht mehr die Möglichkeit habe am nächsten Tag neuzustarten. Denn genau das nehme ich mir seit 5 Monate vor : aufzuhören und zwar Morgen. Warum verdammt geht das nicht so einfach?! Ich habe es doch auch geschafft die Diät damals durchzuhalten, warum macht mir mein Kopf immer wieder einen Strich durch die Rechnung? Ich ekel mich vor mir selbst. Ich schäme mich. Dieses Gefühl nur ein Brot essen zu wollen, sich dann noch einen Joghurt zu gönnen und dann auf einmal ist man an dem Punkt angelangt an dem man weiß, man wird es sowieso auskotzen! Dann ist alles vorbei. Alle Vörsätze sind verschwunden. Eigentlich wollte ich doch nur wie ein gesunder Mensch zu Abendbrot essen...ich fresse und fresse und glaube mir doch tatsächlich durch die Nahrung ein Glücksgefühl zu verschaffen, welches ich 20 Minuten später im Bad wieder das Klo hinunterspüle. Und als wäre das nicht genug für meinen schwachen Körper, foltere ich ihn darauf mit Fastenperioden, übermäßiger Wasserzufuhr oder erneuten Fressanfällen, die wieder im Bad enden. Dieser Teufelskreis ist dabei mein Leben zu zerstören. Wenn nicht diese kleinen Glücksgefühle zwischendurch aufkeimen an Tagen an denen ich es schaffe ein fast normales Leben zu führen, wäre es schon längst zerstört.
Eine meiner größten Schwächen ist das Abendbrot. Ich hasse Abendbrot. Für mich ist es überflüssig...nein, viel mehr grauenvoll. Ich weiß, dass ich bei einem FA landen werde, wenn ich es verneine. Mein Therapeut sagt, ich bin stark, wenn ich es schaffe zu essen. Ich fühle mich alles andere als stark, wenn ich Abendbrot esse. Ich kann es einfach nicht in mir behalten. So sehr ich mich auch anstrege den Schmerz auszuhalten, irgendwann brech ich unter der Last zusammen und entlade mich auf der Toilette. Danach stelle ich mich auf die Waage und ich bin für eine Sekunde erleichtert. Im nächsten Moment zieht sich mein Magen zusammen und ein lautes Geräusch ist zu hören: Hunger ... und meine glückliche Sekunde ist vorbei.

Heute habe ich einen wundervollen Tag mit meinem Freund verbracht. Wir haben Eis gegessen und ich habe mich gut gefühlt. Nicht zu dick. Das Eis hat mir nicht geschadet...es hat mir irgendwie gut getan.
Abends haben wir zusammen Pizza gebacken und ich habe mich gegen meinen Willen gestellt und mitgegessen. Und dann war er wieder da. Der unheimliche Drang diese verfluchte Pizza wieder loszuwerden. Die Angst vor einer Gewichtszunahme zuckt durch meinen ganzen Körper. Heute habe ich es geschafft sie auszuhalten. Mein Freund, der von meiner Krankheit weiß und versucht mich mit Sätzen wie "Du bist das schönste Mädchen, das ich kenne." aufzumuntern, hat mich davor bewahrt mich wieder ein kleines bisschen selbst zu zerstören. Wir lagen nebeneinander im Bett, er hat meine Hand gehalten und ich habe es ausgehalten. Ich habe die Pizza angenommen. So schwer es auch war, ich habe es geschafft. Irgendwie bin ich doch ein bisschen stolz auf mich, trotzdem überwiegt immernoch das schlechte Gewissen, dabei ist die Pizza nun längst in meinem Darm verschwunden.
Kann das ein Neustart sein? Ich weiß es nicht, aber ich wünsche es mir...so sehr wie nichts anderes auf der Welt. Leider hat mich mein Körper schon einige Male im Stich gelassen. Es ist nicht das erste Mal dass ich FA's oder normale Mahlzeiten aushalte, weil ich mir denke, dass ich es nur so schaffe, langfristig gesund zu werden. Trotzdem habe ich am nächsten Tag wieder gefressen... Ich fühle mich verarscht. Wie von einer guten Freundin hintergangen. Und irgendwann geht mir die Kraft aus es immer wieder zu versuchen.

Es ist nun 23:35 Uhr und die Pizza ist immernoch in mir... da wird sie auch bleiben. Dieses Mal zumindest. Ich versuche es erneut und vertraue darauf, dass diese Pizza mich irgendwann vielleicht doch zum Ziel: gesundes, glückliches Leben bringt. Auch wenn es ihr nicht gelingt den nächsten FA vorzubeugen...ihr alleine nicht. Sie braucht Hilfe von gesunden und regelmäßigen Mahlzeiten. Ich werde es versuchen und gegen die Gedanken kämpfen die Kalorien der Pizza durch morgiges Fasten wieder weg zu bekommen.

Drückt mir die Daumen. Vielleicht gelingt es mir diesmal. Auch wenn es 150 Mal nicht geklappt hat, ich will den Glauben nicht verlieren, denn Hoffnung hält mich am Leben, sie stirbt zuletzt.
Wer weiß, vielleicht kehrt morgen das Glück zurück und die Tränen werden getrocknet sein.
"Gebe jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden."
Hier ist sie ...
Zuletzt geändert von alles_light am So Mai 01, 2011 22:45, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Tränen statt Glück.

#2
Hi alles_light,

sehr melodramatische Schilderung, sorry. :roll:

Aber herzlich Willkommen und viel Glück beim Bekämpfen der Bulimie, schön, dass du die Entscheidung getroffen hast, jetzt anzufangen.
Dein letzter Satz hat mir gefallen, dass du diesem Tag die Chance geben möchtest, der Schönste deines Lebens zu werden.

Ich drücke dir morgen (heute) die Daumen!

howtoletyougo
Zuletzt geändert von howtoletyougo am So Mai 01, 2011 23:30, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Tränen statt Glück.

#3
Mir gehts ähnlich....
Habe mich auch gerade angemeldet, nachdem ich heulend vorm Pc sass, und mich gefragt habe... was jetzt...

Sei froh, dass du wenigstens noch einen Freund an deiner Seite hast....
Ich sitze hier alleine in meiner Wohnung und die FAs haben gerade erst wieder angefangen, nachdem mein Freund sich im Feb von mir getrennt hat.......

Aber wir schaffe das! Da bin ich mir sicher!
Irgendwie!!
Ich drücke die Daumen! für uns beide! *drück*
Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern
Mut ist die Erkenntnis, dass es etwas Wichtigeres gibt als Angst.

Re: Tränen statt Glück.

#4
Liebe light,
Jede einzelne Zeile von dir, könnte meine eigene sein.
Ich verstehe dich, deine Schuldgefühle, den Wunsch zu entkommen.
Auch ich bin an einem Punkt angelangt, wo es nicht mehr weitergeht für mich. Zumindest nehme ich mir jeden Tag aufs neue vor, aufzuhören.
Und das seit mmmmhh etwa 6 Jahren, mit Höhen und Tiefen.

Wer an seine eigene Stärke glaubt, wird jeden Tag Stärker!

Ein sehr kraftvoller Satz finde ich, und wahrscheinlich der Schlüssel zur Tür, die nach draußen führt.

Re: Tränen statt Glück.

#5
Hallo Alles-Light,

erstmal ein herzliches Willkommen hier im Forum, schön das du den Weg hier her gefunden hast.
Von einer ES los zu kommen ist einfach verdammt schwer, aber du hast gestern einen riesen Schritt gemacht, du hast es geschafft, etwas für dich zu behalten, oder in dir das ist gut und der erste Schritt ist gemacht. Und du hast den Anfang gemacht und zwar heute und nicht morgen. Das Kotzen, steht nicht alleine dafür, dass man einem vermeindlichen Schönheitsideal nacheifert, sondern für ernste Seelisch Probleme. Das was wir uns vorgaukeln, dass wenn ich so und so aussehe oder so und so viel abnehme dann wird alles gut. Aber wir betrügen uns selbst damit, oft gibt das Nachdenken über das Essen uns eine gewisse Aufgabe, eine Beschäftigung haben um uns andern Dingen nicht stellen zu müssen. Ich weiß nicht was los ist, bei dir.
Aber das musst du für dich klären. Wirklich wichtig ist nur, dass du dir bewusst machst, dass es keine Schwäche ist, es mal nicht geschafft zu haben, sondern es muss dir immer klar sein das die ES ein sehr starker Gegner ist und sie einfach auch eine gewisse Macht über dich hat.

Ich wünsche dir viel Kraft und Stärke für diesen Weg gegen die ES.

LG nudel

Re: Tränen statt Glück.

#6
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank fürs Daumendrücken! Es hat geholfen! Heute war ein wirklich guter Tag!!!
Ich habe wie ein gesundes Mädchen gegessen und mich nur ein ganz bisschen schlecht gefühlt...aber alles drin geblieben :)
Außerdem war ich beim Zahnartz und der hat mich für meine Zähne gelobt, also zum Glück noch keine Folgeschäden!!!
Die Pizza hat also doch geholfen! ;)
Wünsche Euch weiterhin viel Glück, ihr könnt das auch schaffen!

Liebe Grüße & Gute Nacht :)

Re: Tränen statt Glück.

#7
Freut mich sehr!!!
Auch ich habe heute wie ein ganz normales Mädchen gegessen und fühle mich immer noch wunderbar!
Ich hab doch gesagt, wir schaffen das zusammen =D
Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern
Mut ist die Erkenntnis, dass es etwas Wichtigeres gibt als Angst.