bulimie und alleine wohnen

#1
ich hab mir gestern ganz viele beiträge hier angeschaut und hab gemerkt was für eine seelische belastung es ist wenn man nicht alleine wohnt. der zusätzliche druck alles verstecken zu müssen, fressanfälle planen wenn die eltern gerade nicht im haus sind, oder eben in wohnheimen und wgs usw... was meint ihr? ist es besser für das abheilen einer bulimie wenn man ganz alleine wohnt oder mit anderen menschen, weil man dann eben nicht so "frei" und vielleicht auch so viel kotzen kann wie man "will"? Ich denke es ist besser wenn man alleine wohnt, weil man wenn man wirklich aufhören will, es einfach machen kann, und sich nicht denkt "juhu alle sind aus dem haus, die chance muss ich nutzen, aufhören kann ich morgen" würde mich über eure meinungen freuen :)

Re: bulimie und alleine wohnen

#2
Ich glaube nicht, dass man sagen kann was besser ist und was nicht. Das wird wohl für jeden anders sein.

Bei mir war es so, dass ich durch den Auszug bei meinen Eltern mit zwanzig total die Kontrolle über mein Essverhalten verloren habe. Ich war alleine. Ich konnte tun und lassen was ich wollte.
Am besten ging es mir immer dann, wenn ich nicht alleine wohnte (wenn eine Freundin bei mir wohnte oder ich einige Tage wo anders übernachtete). Mir gab das immer ein Gefühl der sicherheit. Weil ich da die Essstörung nicht "ausleben" konnte - was auch ganz gut so war.

Und das man sich immer wieder das Versprechen gibt "morgen hör ich auf" funktioniert auch ganz gut wenn man alleine wohnt. Liegt wohl daran dass Bulimie zu einem "Suchtverhalten" zählt und nicht nur zu einer dummen angewohnheit.

Liebe Grüße
J.D.

Re: bulimie und alleine wohnen

#3
Ich glaub auch, dass das total individuell ist. Manche brauchen die "Kontrolle", andere widerum müssen das wirklich mit sich selber schaffen.
Ich bin im Moment auch ein wenig auf Wohnungssuche und für mich ist klar, dass ich in eine WG will. Sobald ich alleine wohnen würde, würde es glaub ich extrem schlimm werden bei mir. Es ist vllt psychisch eine riesen Belastung, dass man es vor den anderen nicht so ausleben kann, aber gleichzeitig weiß ich halt auch, dass es für mich das richtige wär, eben WEIL ich die Bulimie vor Mitbewohnern nie so ausleben würde, wie wenn ich alleine wäre....
Aber wie gesagt, ich glaub dass das sehr individuell ist - nicht nur wegen der ES, sondern auch allgemein, ob man ein WG-Typ ist oder nicht!

Lg
Wenn du heute aufgibst,
Wirst du nie wissen,
Ob du es morgen geschafft hättest!

Re: bulimie und alleine wohnen

#4
hey danke für die antworten :) ich wohn zurzeit allein und früher bei meinen eltern war alles viel schlimmer.... überlege jetzt in eine wg zu ziehen, weil ich ansonsten sehr wenig mit menschen mache und auch ganz oft keine lust hab leute die ich kenne zu treffen weil ich mich zu hässlich fühle und hab mir gedacht, dass wenigstens das problem mit der sozialen isolation besser werden würde... aber das mit dem erbrechen oioioioi schwer...

Re: bulimie und alleine wohnen

#5
Hi, :wink:

Finde, es ist schwer zu sagen. Es kommt darauf an, ob man wirklich aufhören will (mit all den unangenehmen Empfindungen wie das Essen im Magen aushalten usw.) oder es dann doch letztlich nur nutzt, um sich alleine in der Whg. zu Tode zu kotzen. Ich kenne solche Stadien. Ich wollte vor ein paar Jahren unbedingt ausziehen, weiterkotzen, aber auf eine Wunderheilung hoffen. Das wäre nieee gut ausgegangen :(

lg
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: bulimie und alleine wohnen

#6
Wie schon von meine Vorpostern erwähnt - sicherlich von Mensch zu Mensch verschieden.

Es spielt ja viel mit: Die jeweilige Persönlichkeit (Einzelgänger oder Herdentier :D ), das Umfeld, die Familiensituation, die Essgewohnheiten der Mitbewohner/Eltern, die Triggergefahr, die vielen Verlockungen, die Toleranz oder Intoleranz der Mitbewohner/Eltern, das Alleinsein-Können oder eben nicht können, Ablenkung, etc...

Es kommt ja auch darauf an, ob man sich wohl fühlt zuhause und ob die familiäre Situation als belastend empfunden wird oder nicht. Wenn zuhause dicke Luft herrscht oder man einfach immer wieder getriggert wird, dann ist es sicherlich besser auszuziehen, denn sonst wird es bestimmt schwierig sich von der Bulimie zu verabschieden.

Aber die Frage kann nur jeder für sich alleine beantworten, denke ich.

Re: bulimie und alleine wohnen

#7
.. also ich habe beides schon erlebt... während meinem Studium alleine leben..was eher eskaliert ist, da ich zu jeder Tages - und Nachtszeit alles essen konnte...

wenn ich zu Hause bin sind die FA auf jeden Fall eingedämmt und ich finde es gut, dass ich mich auch manchmal "zusammennehmen" muss.. besonders abends, wenn alle zu Hause sind..dann greif ich doch mal zu Obst oder esse "normal" damit ich anschließend nicht kotzen muss..

also für MICH ist es definitiv besser, wenn ich auf andere Rücksicht nehmen muss..
Manche Hähne denken, dass wegen ihnen die Sonne aufgeht

Re: bulimie und alleine wohnen

#8
Ich glaub, so wie die anderen auch, dass das individuell unterschiedlich ist von Mensch zu Mensch.
Meine Erfahrung war, dass es zwar mit dem alleine-wohnen um einiges extremer geworde ist mit der ES, ich aber nie den Schritt gemacht hätt, mir meine Probleme einzugestehen, wenn ich noch bei meiner Mutter gewohnt hätte.
Liegt vermutlich vor allem daran, dass die Menschen in meiner Umgebung immer alles verdrängt haben (Familie und leider auch Freunde) und nicht über solche Dinge reden wollten, aber ich glaub, dass ich auch einfach mit mir allein sein hab müssen.

Ich könnt mir nie vorstellen in einer WG oder so zu leben. Mir reicht schon der Gedanke daran, dass ich nicht kontrollieren könnte, was alles im Kühlschrank sein darf und was auf keinen Fall.
..one thing I can tell you
is you got to be free.

Re: bulimie und alleine wohnen

#9
@Napoleona: Kann dem nur zustimmen. In meiner Ausbildungszeit musste ich zur Berufsschule in ein Internat. Das waren dann immer 2 Wochen reinste Fressorgien, da ich allein auf meinem Zimmer wohnte. Seit ich mit meinem Freund und dessen Tochter zusammenlebe, habe ich keine Extra-FA's mehr. Meistens koche ich abends was Warmes...und ess dann meist zu viel (also kein riesiger FA). Aber ich arbeite dran, mir ein normales Essverhalten anzugewöhnen. Heute gibts belegte Brote :D Meine Chancen auf einen cleanen Tag stehen ganz gut. Hoffe, ich erinnere mich an meine Worte, wenn ich am Tisch sitze. :roll: Mir hilft es jedenfalls mehr aus der ES zu kommen, wenn ich unter Leuten bin, egal, ob abends bei der Familie, auf der Arbeit oder wenn man unterwegs ist.

Re: bulimie und alleine wohnen

#10
Wirklich interessante Gedanken hier!

In meinem Fall hat mich die Entscheidung, zu Studienbeginn alleine in eine Wohnung zu ziehen, wieder tief in die Bulimie geworfen... Anfangs war alles toll, ich war clean - was glaub ich einfach damit zu tun hatte, dass ich etwas Distanz zu meiner Familie (und besonders meiner Mutter) bekam. Dann fiel ich jedoch in ein tiefes Loch. Ich kannte kaum noch jemanden in der neuen Stadt und hatte das Gefühl, überhaupt keine Freunde zu haben. Und noch dazu konnte ich wann immer ich wollte einen FA haben, ohne mich vor irgendwem rechtfertigen zu müssen.
Aber gsd habe ich wieder eine Therapie angefangen und bin immer mehr draufgekommen, wie schlecht mir das alleine wohnen tut. Und daher wohne ich jetzt in einer WG :wink: .

Es tut mir sehr gut, dass fast immer jemand da ist, dem man einfach mal von seinem Tag berichten kann. Einer Mitbewohnerin hab ich auch von der Bulimie erzählt und zu ihr kann ich immer gehen, wenn es mir schlecht geht - was ich natürlich nicht immer mache, wenn ich jetzt Fressdruck hab (kennt ihr ja sicher das Gefühl wenn es kein zurück mehr gibt). Aber da sie drauf achtet merkt sie es eben schon wenn ich mich den ganzen Tag ins Zimmer verkriech und hat mich auch schon mal drauf angesprochen, woraufhin ich ihr vom FA erzählt hab und sie mich wieder etwas aufgebaut hat :)

Von daher glaube ich dass es Bulimikerinnen, die manchmal wie ich dazu neigen sich sozial stark zu isolieren, in einer WG besser gehen kann. Ich finde aber wichtig, dass man zumindest jemanden dabei hat, mit dem man über die Bulimie reden kann, da sonst die Gefahr des ewigen Versteckspiels wieder zu groß ist.

Liebe Grüße
Es gibt Tage, wo man so traurig ist, dass man sich noch trauriger machen möchte. Gustave Flaubert

Wahrscheinlich kann man vom Nichtwollen seelisch nicht leben; eine Sache nicht tun wollen, das ist auf Dauer kein Lebensinhalt. Thomas Mann

Re: bulimie und alleine wohnen

#11
Wirklich spannend zu lesen - besonders Dein Beitrag gerade, Pustekuchen, hat mich nachdenklich gemacht.

Auch mir tut das Alleinwohnen gar nicht gut. Ich bin vor einigen Jahren bei meinen Eltern ausgezogen, zuerst in eine winzig kleine Bude in einen anderen Stadtteil, jetzt wohne ich wieder ganz in ihrer Nähe in einer eigentlich sehr schönen Wohnung. Die Bulimie hat mich jedes Mal verfolgt, auch wenn ich immer wieder versucht habe, einen Neuanfang zu starten. Anfangs ging es gut, dann wurde es schlimmer als je zuvor. Meine jetzige Wohnung ist direkt neben zwei großen Supermärkten, von denen einer immer bis 22 Uhr geöffnet ist - ein wahres Bulimikerparadies. :|

Einerseits tut es mir gut, einen gewissen Abstand zu meinen Eltern zu haben und meine Tage selbstständig gestalten zu können. Problem ist, dass ich viel zu oft einfach Mist baue und außerdem in einem furchtbaren Chaos lebe, wenn mir niemand auf die Finger guckt. Über eine WG habe ich auch schon sehr oft nachgedacht - ich glaub, ich wäre schon der Typ dafür. Auf meinen Reisen habe ich öfter mal so gewohnt und mich sehr wohl damit gefühlt.

Allerdings würde sich das auch kaum noch lohnen - ich bleibe sowieso nur noch ca. ein halbes Jahr in der Stadt, dann ist mein Studium beendet und ich wollte weg, evtl. mit meinem Freund zusammen ziehen. Mir fehlt einfach irgendwie die Kraft, für so eine kurze Zeit nochmal einen Neuanfang zu starten. Wüsste auch gar nicht, wohin mit den ganzen Möbeln und meinen Haustieren ... alles schwierig.
"Denn wenn es eine Sünde gegen das Leben gibt,
so besteht sie vielleicht nicht so sehr darin, an ihm zu verzweifeln,
als darin, auf ein anderes Leben zu hoffen
und sich der unerbittlichen Größe dieses Lebens zu entziehen."

Albert Camus

Re: bulimie und alleine wohnen

#12
Ja das kann ich gut verstehen, wegen einem halben Jahr ist das Umziehen schon ein großer Aufwand... Kann dir dazu leider auch gar keine Ratschläge geben, außer dass du auch aus deiner jetzigen Situation das Beste machen kannst! Über seine Gefühle zu reden ist da finde ich z.b. wichtig, und das kannst du ja auch mit Freunden/deinem Freund :wink:

Natürlich ist man immer voller Hoffnung, dass eine Änderung der äußeren Umstände auch zu einer Veränderung im Innersten und damit zur "Heilung" der Bulimie führt, aber wir müssen uns eben klar vor Augen halten, dass wenn nicht diese äußeren Umstände Ursache oder Aufrechterhalter der Bulimie sind, sich ihre Änderung nicht wirklich auf die Krankheit auswirken werden.

Ich glaube, dass es für viele gut ist, von zu Hause auszuziehen, weg von den Eltern. Die Bulimie hat ja in den meisten Fällen (wage ich jetzt mal zu behaupten) ihren Ursprung in der Familie. Meine ehemalige Therapeutin meinte auch mal, dass viele alleine durch das Ausziehen geheilt werden... Wobei mich das an die Aussage einer Betroffenen in einem anderen Thread erinnert, deren Professor behauptete die Bulimie würde sich schon irgendwann "auswachsen". Ich weiß auch nicht...
Es gibt Tage, wo man so traurig ist, dass man sich noch trauriger machen möchte. Gustave Flaubert

Wahrscheinlich kann man vom Nichtwollen seelisch nicht leben; eine Sache nicht tun wollen, das ist auf Dauer kein Lebensinhalt. Thomas Mann

Re: bulimie und alleine wohnen

#13
Hm, also ich denke- wenn wir allein so gut zurechtkommen würden, hätten wir doch gar keine Bulimie.
Bei mir ist es auf alle Fälle auch so, dass es schlechter wird, je weniger ich unter Leuten bin.
Der wahre Freund weist uns auf unsere Fehler hin. Der falsche weist die anderen darauf hin.

Re: bulimie und alleine wohnen

#14
ich wohne seit 3 monaten alleine und habe mich hier in meiner wohnung noch nie übergeben... und hatte in dieser zeit nur zwei FAs, einmal bei meinem freund und einmal bei meinen eltern. nicht dass ich nicht oft das bedürfnis habe zu fressen oder zumindest zuviel zu essen. aber irgendwie ist es hier viel leichter sich zusammenzureißen... das kann auch an der ganzen situation liegen, ich arbeite gerade zum ersten mal wirklich und bin hier in einer "fremden stadt", das ist einfach alles anders als daheim ;) aber mit sicherheit spielt es eine rolle dass ich hier selbst einkaufe und "gefährliche" lebensmittel wie zu viele verschiedene süßigkeiten gar nicht erst einkaufe, während daheim bei meinen eltern einfach immer sehr viel auswahl von allem vorhanden ist. und natürlich habe ich unter der woche auch relativ viel zu tun und habe gar keine zeit mich zu langweilen (was bei mir oft zu FAs geführt hat). und außerdem bin ich hier zur zwischenmiete bei einer freundin, und ich hätte ein furchtbar schlechtes gewissen in "ihr" klo zu kotzen :oops: also mich hat das ausziehen weitergebracht. aber ich kann mir auch vorstellen dass es bei anderen nicht so ist! ich bin auch schon gespannt wie es wird wenn ich in 2 monaten wieder zu meinen eltern ziehe... ich hoffe ich kann mein relativ gutes essverhalten beibehalten.

Re: bulimie und alleine wohnen

#15
hi,
ich habe seit jahren eine k...pause gehabt, weiß nicht da hatte ich es im griff.
und jetzt lebe ich seit ca 4 monaten alleine und seit ca eineinhalb monaten habe ich wieder angefangen zu erbrechen, allerdings ohne oder nur ganz ganz kleine FAs.
doch alleine wohnen verstärkt bei mir das ganze ziemlich, weil ich muss keine angst haben erwischt zu werden, kann also wenn mein freund da ist es ganz gut lassen und den schein waren.
das heißt auch sonst ist mir mein essverhalten ziemlich entglitten, denn jetzt sagt keiner mehr ach komm iss was oder jetzt sollst du nicht essen später gibts abendessen etc.
ich finde glaube ich es hilfreicher wenn man nicht alleine lebt, denn dann ist es einem glaube ich bewusster, udn man macht es vielleicht seltener, denn es is ja immer jemand da.