Von Pusteblume Am 03.07.2001
Hallo...
es ist nicht leicht,seine innersten Sehnsüchte und Hilfeschreie einfach so einem fremden Außen zu zeigen...
Ich habe entsetzliche Angst,vor mir, meiner ichgespaltenen Existenz(so auch Borderline genannt) und dem Extrem zwischen Alles und Nichts,Hungern und kotzen,Hoffnung und Lethargie und bei all dem dieser hypnotisierende Sog,einfach aufzugeben.
Ich habe mittlerweile zwei Klinikaufenthalte hinter mir,mein letzter war eigentlich sehr wichtig und wertvoll für mich...,jedoch konnte mein Umfeld nicht mit der "veränderten" Sonya umgehen,sie konnten nicht verstehen,daß ich plötzlich nicht mehr angepaßt und perfekt funktionieren wollte,konnten nicht erkennen,daß sie im Grunde genommen "Coabhängig" sind,da meine "Krankheit" auch für sie eine Funktion erfüllt.
So bekam ich keinen Halt und ich stürzte tief und so befinde ich mich mehr als je zuvor im Selbstzerstörungswahn...
Ich weiß um die Funktion meiner Krankheit ,dem Extrem zwischen Magersucht und Bulimie...jedoch finde ich hier kein Echo - sie wollen nur,daß ich funktioniere,nicht aber die Auseinandersetzung mit meinem wahren Selbst...
Ich finde es schrecklich ständig unter dem Sonderstatus Essstörung + Borderlinerin behandelt zu werden. Ich bin in erster Instanz Mensch...
Anscheinend ist es zu unbequem,reflektiere ich doch in meiner Hülle und Sprache ihre Defizite in der Gesellschaft...
Ich sehne mich nach EHRLICHEN Kontakten mit anderen "Pusteblumen",welche auch mehr denken und fühlen,abseits von Oberflächen.
Mein letztet Strohhalm ist im Moment meine Malerei...
Tja,das ist wohl der Bonus,den wir inne haben,zwar mögen wir "gestört" sein,sind aber meistens besonders kreativ...
Geht es euch auch so?
In der KLinik lernte ich einige ganz besondere Frauen kennen - diese Augen haben mich so berührt -seltsam anrührend und gleichzeitig so voller Tiefe und traurigkeit,gleichzeitig sehnsüchtig und im Konkurrenzdenken darauf bedacht,die Dünnste zu sein...
Nur,hier sind sie mir so fern...
Mensch,ich will noch nicht sterben,jedoch ist der Sog so stark...
Es wäre wirklich schön,wenn mir jemand schreiben würde....
Sonya (Pusteblume)
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bisherige Antworten:
Betreff: Re: Eine Mimose ist Beton gegen mich...
Von lucy Am 05.07.2001
hallo pusteblume,
auf die frage ob ich kreativ wäre, muss ich mir selber ein klares nein geben.
bin seit vier jahren bulimikerin, aber bis zur kreativität habe ich es bislang noch nicht geschafft.
ich bin immer der meinung, daß jeder mensch für irgendetwas begabt ist, bei dir ist es das malen, andere sind musikalisch, oder bringen gute leistungen in sport,...aber ich..? nein, für mich war wohl nichts mehr übrig, als ich hier auf der erde angekommen bin. ...das soweit.
ich weiß eigentlich gar nicht, ob man mich noch als bulimikerin bezeichnen würde, weder will ich von mir behaupten, daß ich an MS leide. nicht mal in dieser hinsicht scheine ich mich, dieses individuum definieren zu können.
manchmal würde ich einfach nur schreien...
vielleicht "ein schrei" der hoffnungslosigkeit in dieser meiner "heilen" welt der leere, einsamkeit, kälte, nach ein bisschen geborgenheit, liebe, zufriedenheit...
lg "eine pusteblume"
lucy
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Betreff: Re: Eine Mimose ist Beton gegen mich...
Von Anna Am 06.07.2001
liebe pusteblume!
ich kann sehr gut nachempfinden, wie du dich fühlst und ich fand es wahnsinnig interessant, deinen beitrag zu lesen.
von dieser seite hatte ich es noch gar nicht betrachtet, also, dass unsere krankheit auch eine funktion für das umfeld hat.
aber ich kann dem nur zustimmen.
bei mir ist es in erster linie, glaube ich, die funktion, dass ich das liebe, brave mädchen bin, dass sie alle sehen wollen.
stets zurückhaltend und scheinbar die ruhe selbst.
sie wissen ja auch nicht, wie durcheinander und kompliziert es in mir drinnen aussieht und sie würden damit bestimmt auch nicht klarkommen, ich komme ja selber nicht damit klar.
ich frage mich immer, wieso merkt keiner was, wieso.
sie sehen doch, wie ich immer weniger werde, obwohl ich so viel in mich reinstopfe.
das passt doch nicht zusammen.
manchmal denke ich, das kann doch nicht sein, bin ich ihnen denn egal??
ich bin da, aber anscheinend sieht mich niemand.
ich verstehe es nicht.
genau wie du, versuche ich meine gefühle in kunst, musik und tanz auszudrücken.
das hilft mir, aber die gefühle sind so stark, dass ich sie nur durch das kotzen wirklich rauslassen kann.
danach fühle ich mich befreit und ruhig.
dann bin ich wieder so, wie sie mich haben wollen..
_________________
Betreff: Für Anna
Von Pusteblume Am 11.07.2001
Liebe Anna
Danke für Deine Antwort!
Dein letzter Satz echot noch immer in mir nach:Dann bin ich wieder wie sie mich haben wollen...
Ja,manchmal denke ich,mit dem wirklichen Selbst kämen sie gar nicht zurecht,wären erstaunt,daß die selbstgemachten Bildnisse so gar nicht mit dem übereinstimmen,was Menschen wie wir wirklich verkörpern.
Was aber würde passieren,wenn wir unsere "Autoaggression" nicht mehr gegen uns selbst,sondern kompromißlos hinauslassen würden?
Wir würden noch mehr anecken
Für wen wäre das wohl schwieriger zu ertragen...
Durch meine stationäre Therapie habe ich gelernt,daß das Festhalten an der Kontrolle über den Körper rein gar nichts mit dem Abnehmen zu tun hat,sondern Ausdruck meiner inneren Zerrissenheit ist,jedoch verhindert das Wissen nicht die Taten...
Ich bin einerseits das kleine schutzbedürftige Kind,welches (auch durch die Krankheit) Verantwortung abgeben will und auf der anderen Seite die kompromißlose,abegezockte Frau(???),welche nichts und Niemanden an sich heranläßt und schon gar keine schützende Hand braucht...
In der Klinik hat mir einmal jemand gesagt,daß ich wie ein Schmetterling wäre:zart und zerbrechlich,jedoch nicht greifbar,rührt man mich nur einmal an,so ist der Lack ab und meine Flügel zerbrechen...
Deswegen denke ich,daß gerade wir "Essgestörten" besonders empfindliche und sensible Wesen sind,da wir keine anderen Ventile für unsere heftigen Emotionen finden,als denn unseren Körper.
Es ist ein langer Prozeß für sich ganz persönlich herauszufinden,was denn nun eigentlich hinter dem Satz "Ich bin zu dick" steckt...
Schade eigentlich,daß so viele "Außenstehende" denken unsereiner wären nur selbstverliebte Schnepfen,welche nichts anderes im Kopf haben,als Gramm- und Kilozahlen.
Ich denke,diejenigen,welche z.B. in diesem Forum im ersten Moment den Kopf schütteln lassen,weil sie noch! nicht unter einem solchen Leidensdruck stehen,sind einfach noch! nicht so weit,zu verstehen,daß es um mehr geht,als nur um den Körper...
Ich finde,manchmal reicht es schon, an einen winzigen Moment des Glücks zu denken und man mag wieder aufstehen um erneut zu kämpfen...
Zum Beispiel eine Pusteblume,welche sich ihren Weg durch dicken,schwarzen Asphalt drängt...
Im Moment sehe zwar auch ich das Sonnenlicht nicht,aber ich hoffe,ich werde irgendwann einmal all die Energien,welche ich in das Hungern und Kotzen investiere,FÜR mich einsetzen...
Wenn Du magst,kannst Du mir ja einmal an meine E-Mail Adresse schreiben.
Ein lieber Gruß
Sonya
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Betreff: Re: Eine Mimose ist Beton gegen mich...
Von angie Am 12.07.2001
hy pusteblume!
ich wünschte, ich wüsste nicht so genau wie du dich fühlst! ich fühle mich besonders in den letzten wochen so zerissen, dass ich echt nicht mehr weiter weiß. zeitweise fühle ich mich so wahnsinnig stark und perfekt und im nächsten moment fühle ich mich nur noch von der ganzen welt verarscht, liege im bett und weiß vor lauter schlechten gedanken gar nichts mehr. alles hängt davon ab, ob ich es schaffe stark zu sein und nicht so viel zu futtern, dass ich kotzen muß, oder ob ich wieder mal zu schwach bin. und in den letzten wochen bin ich einfach nur schwach und ich hasse mich dafür. ich würde meine agressionen schrecklich gern gegen die richten, die es meiner meinung nach verdienen, aber ich kann einfach nicht. jedes "schlechte wort" das aus meinem mund kommt, tut mir sofort schrecklich leid und ständig denke ich über die dinge die mir gesagt werden nach. hat derjenige das jetzt wirklich so gemeint, wie er es gesagt hat, oder steckt da etwas anderes dahinter?? es fällt mir schwer mit meiner umwelt klar zu kommen und zur arbeit zu gehn fällt mir mit jedem tag schwerer. ich lasse niemanden an mich heran, aus angst, man könnte mich verletzen. aber eigentlich brauche ich schrecklich viel wärme und geborgenheit. nur wie soll ich die bekommen, wenn ich immer alle von mir wegstoße und nicht bereit bin mich zu öffnen? es stimmt, dass meine krankheit - und inzwischen erkenne ich sie als solche an - mich in meiner kreativität weitergebracht hat. ich versuche meine gefühle in gedichten und texten auszudrücken, aber manchmal gelingt mir selbst das nicht. ich habe mich gefragt, wozu ich eigentlich auf dieser welt bin. es muss doch irgendetwas geben, dass mich ausmacht - außer dieser krankheit. wo ist mein wahres ich geblieben und wer bin ich eigentlich? wie leben "normale" menschen und will ich überhaupt zu ihnen gehören? alles fragen, die ich mir nicht beantworten kann . . . . vielleciht denkst du ja ähnlich . . wenn du lust hast mir zu schreiben, würde ich mich wahnsinnig über "post" von dir freuen. du kannst mir hier antorten, oder an meine e-mail adresse. danke fürs "zulesen"!!
schönen tag noch und alles liebe,
angie
Eine Mimose ist Beton gegen mich...
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