Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#16
naja, eine "böse" gabs da nicht wirklich, es war eher ne sache von zu viel stolz und falschen entscheidungen. sie kam irgendwann mit ihrem freund zusammen, war auch alles kein problem, wir verstanden uns alle ziemlich gut. als sie dann ein paar tage eine schlechte phase hatten, irgendwas zwischen trennung und beziehung, machte er mir eindeutige angebote und baggerte mich ziemlich heftig an, obwohl die trennung noch nicht in trockenen tüchern war und ich an ihm auch kein interesse hatte. ich rief sie direkt nach dem gespräch an und erzählte es ihr wortwörtlich weil ich sie warnen wollte. sie war entsetzt und meinte, sie könne es fortan nicht mehr ertragen ihn und mich in einem raum zu sehen. sie entschied sich für ihn - und brach den kontakt zu mir ohne weiteres ab. soweit ich es richtig verstand gab er es sogar zu, frei nach dem motto 'wir waren doch quasi getrennt'. ich hab nie wieder was von ihr gehört, sie legte am telefon wieder auf und mied unsere alten plätze.

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#17
mh, also ich denke bei mir hat die Bulimie wohl auch mehrere Gründe. Ventil und nicht zu nehmen.
Das Fatale daran ist, dass man mit den Jahren sehr wohl zu nimmt-grml-
Heute wär ich froh, sie los zu sein und ich wünsche mir so sehr ein normalen Bezug zum Essen und vor allem zum scheiß Körper zu haben, so dass ich eben aufhören kann zu essen, wenn wirklich genug ist. Will einfach die Stärkere sein können!

piggi

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#18
Hallo Piggi,

spontan fällt mir auf, dass Du Deinen Körper als Feind siehst. Aber gleichzeitig soll er Dir quasi gehorchen.

Ich stelle es mir in etwa so vor: Vor Dir steht ein Freund, den Du unbedingt in Deinem Leben haben möchtest, den Du brauchst. Aber Du sagst ihm das nicht so, sondern Du schreist ihn an: Du blöder Idiot, tu endlich, was ich sage! - Mir scheint es plausibel, dass diese Freund dann ganz genau das eben nicht tut.

Verstehst Du, wie ich's meine? Vielleicht musst Du Dich mit Deinem Körper ein wenig aussöhnen, ein bißchen netter zu ihm sein. Er will Dir nichts böses. Im Gegenteil.

Viele liebe Grüße
Laona

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#21
Hey ihr,

das Selbsthassproblem, das kenne ich auch zu gut. Es ist aber ein auf und ab. Wenn ich das Gefühl habe, ich verliere die Kontrolle über meinen Körper und vor allem das Gewicht, dann kommt der Hass wieder extremer, und dann gibt es auch wieder andere Phasen, da bin ich mit mir im Reinen. Neulich habe ich meinen Körper um Entschuldigung für den Hass gebeten. Er hat es einfach nicht verdient und es tut mir auch so leid. Ist aber wohl ein langer Prozess...
Auslöser, geringes Selbstbewusstsein; als Kind Kommentare gehört wie, -werd mal nicht so dick wie soundso- ; dann heftige Alkoholgeschichten in der nächsten Familie, und neulich erst habe ich erfahren, dass meine Oma selbst immer Süssigkeiten als Ventil benutzt hat - und mich da als Kind immer sehr reich mit beschenkte, bei Oma gabs immer viel Süßes. Kann man das lernen, dieses Verhalten? Bei mir ist essen, und vor allem Süßes, auch immer noch ein Ventil, ein Trost, ein Vergessen, obwohl ich seit vielen Jahren nicht mehr überm Klo hänge. Und dieses Körperproblem immer noch nicht überwunden habe. Und immer noch an der blöden Zahl auf der Waage vieles festmache. Manchmal schockiert es mich geradezu, wie wenig ich eigentlich gesund bin, trotz langer langer Therapie und trotz des Abschieds vom Klo und langer guter Phasen.

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#22
Bulimie 14 Jahre(falls ich das jetzt überhaupt sagen darf). Und was SH betrifft-mein ganzes Leben schon.
Aber ich mach Fortschritte-angeblich-

Irgendwann wird es schon werden-denk und hoff- . IM Herbst werd ich vielleicht Glück haben und in die KLinik gehen können, allerdings nicht auf die ES(wo ich eigentlich hin wollte), sondern auf eine andere Abteilung. Naja hoffe ich kann die ES mitbearbeiten-seufz-

wie schauts bei dir aus?? Wie geht es dir heute??

piggi

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#23
Hey!

Nun ja, ich glaube, bei mir kamen sehr viele Dinge zusammen.

Zum einen ist es so, dass meine Oma und mein Opa am gleichen Tag gestorben sind. Der eine morgens, der andere abends. Meine Oma war lange krank und meine Mutter hat sie daheim gepflegt, was für sie ein enormer Kraftakt war. Jedenfalls habe ich immer gedacht :"Meine Probleme sind unwichtig, meinen Eltern geht es gerade so schlecht und sie machen so viel durch. da brauchst du dich nicht auch noch dazu drängeln".
Außerdem muss ich noch dazu sagen, dass meine Schwester eine Angststörung hat und meine Mutter schon seit mehreren Jahrzehnten an Depressionen, Angststörungen und extremem Hypochondrismus leidet.
Es ist also für mich nicht leicht gewesen, überhaupt mal meine Probleme zur Sprache zu bringen. Oft hab ich mir gedacht, ich kann doch jetzt nicht sagen, dass ich mit mir nicht klar komme, wenn so viele Probleme auf dem Tisch liegen.

Im Grunde lässt es sich auf einen Satz zusammen fassen:
Ich wollte keinem zur Last fallen und habe mich deshalb selbst "therapiert". In meinen Augen war die Kontrolle über das Essen auch indirekt die Kontrolle über das Leben, das komplett aus den Fugen geraten ist. Und es hat ja einen Großteil der Zeit geklappt.
Meine Familie weiß bis heute nichts über die MS oder B und es ist vielleicht auch besser so.

liebe Grüße
Colo
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
Dein Leben voller Angst und Schiss, du fängst erst gar nichts an,
Denn es ist so gemütlich und sicher,
Auf deiner Insel voller Leid, jaja...

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#24
Hallo Laona,
Ich finde deine Frage sehr interessant und wollte eig schon längst antworten, wobei mir aufgefallen ist, dass ich es selber nicht genau sagen kann.

Begonnen hat es mit einer Diät, irgendwann wurde ich schwach und da war k*** eine schnelle und einfache Alternative.
Mir wurde zudem auch von vielen Menschen gesagt, dass ich zuviel wiege. Freunde, Lehrer, Familie. Ich hatte es mir viel zu sehr angenommen.
Das war so die zeit, zwischen mein 16 bis 18 Lebensjahr. Obwohl ich eig sagen kann, dass ich es relativ unter Kontrolle hatte.
Danach war auch wurde es immer weniger, bis ich es garnicht mehr bräuchte.
Dann würden aber die Depressionen schlimmer und ich verkroch mich im Bett.
Zu der Zeit habe ich auch relativ viel gegessen, wodurch ich wieder zunahm.
Ich habe dadurch mein Studium stark vernachlässigt, was ich auch abbrechen musste.
Trotz allem wollte ich ein Neustart.
Ich bewegte mich wieder mehr und habe mich wieder gesund ernährt.

Leider wurde alles letzten Sommer zunichte gemacht.
Ich hatte etwas abgenommen, war aber noch im leichten Übergewicht.
Irgendein junger Mann kam auf die blöde Idee, mich in der Öffentlichkeit zu demütigen. Er bewarf mich mit essen, beleidigte und fotografierte mich.
Ich wusste nicht mehr weiter, bis ich die Polizei rief.
Als die nach 30 min ankamen, war der Mann natürlich weg und ich stand heulend auf der Straße.
In diesen Moment schwor ich mir, dass ich wieder abnehmen werde. Mut dem Essen habe ich mich auf ein Minimum reduziert und alles was drüber war, habe ich erbrochen. Die Depression wurde wieder stärker und ich verlor immer mehr die Kontrolle über mein Leben.
Schließlich habe ich mich zu einer stationären Behandlung entschlossen. Es hat auch wirklich geholfen.
Als ich dann entlassen wurde holten mich immer mehr Probleme wieder ein, zudem fand ich Monate keine ambulante Therapeutin.
Ich entwickelte immer mehr Aggressionen gegen mich selber. Also fing ich wieder mit dem erbrechen an. Dann kam Svv dazu.
Je unfähiger ich werde mit mein Leben klar zu kommen, desto mehr erbreche ich.
Momentan nutze ich die Bulimie um mein Körper fertig zu machen. Ich reduziere mein Gewicht aber fühle mich immer aufgeblasener.
Ich bin schon mit Kleinigkeiten überfordert.
Mein Körper ist momentan das einzige, wo ich die Kontrolle behalte.
Alle Enttäuschungen sind gering im Vergleich zu denen, die wir an uns selbst erleben.

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#25
Hi Colorama und pinkerschmetterling, Salamandra und Piggi,

Ihr habt ja zwei sehr verschiedene Geschichten. Ich will trotzdem versuchen, zu sagen, was davon mir jeweils vielleicht ein bißchen bekannt ist aus meinem eigenen Leben.

@ Colorama
Das mit dem Nicht-zur-Last-fallen-wollen, das kenne ich wirklich sehr, sehr gut. Bis Anfang 20 hatte ich das Gefühl, ein schlechter, egoistischer Mensch zu sein. Schlecht, weil ich den Eltern noch mehr Probleme bereite, anstatt ihnen zu helfen. Dass ich helfen muss, das dachte ich immer. Heute weiß ich, dass ich halt unter den Problemen so sehr litt wie die anderen, aber nicht wirklich Raum und Zeit da war als dass man das bemerkt hätte oder vielleicht auch hätte bemerken wollen. Ich habe meine B. deshalb auch sehr lange verheimlicht. Ich denke, ich kann an sich bis heute nicht über meine Probleme sprechen, und habe mich auch stets selbst therapiert: die ganze Zeit darüber nachgedacht, was das Problem ist, wie ich da raus komme, wie es mit anderen zusammenhängt, wer ich eigentlich bin, was ich will und was ich - v.a. das... - fühle. - Wie geht es Dir denn inzwischen?

@ pinkerschmetterling
Du hast ja wirklich auch eine kleine 'Höllenfahrt' hinter Dir. Ich verstehe es gut, dass Dich diese Geschichte mit dem offensichtlichen Vollidioten komplett aus der Bahn geworfen hat. Und aus meinem eigenen Leben weiß ich, wie hart es ist, wenn man erst Erfolge hat, dann aber durch irgendwelche Dinge wieder zurückgeworfen wird. Und auch ich habe ein Studium aufgeben müssen bzw. aufgegeben, weil ich keine Kraft mehr hatte. Mein Wille war quasi gebrochen.
Phasen, in denen ich meinen Körper folterte, das kenne ich auch. Ich wünsche Dir sehr, dass Du die Kraft findest, Dich nun erneut, wieder aufzurappeln. Machst Du eine Therapie aktuell?

@ Piggi
Ich drücke Dir die Daumen für die Klinik! Mir geht es heute solala. Mal gut, mal weniger gut. Irgendwie habe ich alles noch immer nicht recht verarbeitet obwohl ich keine B. mehr habe und quasi ganz gut funktioniere.

@Salamandra
Keine Ahnung, ob man das mit dem Süsskram lernen kann... Vielleicht. Solche Sprüche habe ich zuweilen auch gehört, genauer: Wenn Du weiter so isst, kriegst du nie einen Freund. - Das hatte 'gesessen'... Selbsthass habe ich keinen (mehr). Höchstens manchmal Verzweiflung. Aber mit meinem Körper komme ich sehr gut zurecht inzwischen.

LG an Euch alle
Laona

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#26
Ich habe endlich eine gute ambulante therapeutin gefunden. Allerdings setzt sie voraus, dass ich vorher nochmal eine stationär behandelt werde.
Und morgen habe ich den vorstationären Termin.
Einerseits freue ich mich, dass ich wieder so enorme Unterstützung bekomme. Andererseits habe ich jetzt schon Angst, was dann alles wieder an Gefühlen hoch kommt.

Ich hoffe, dass ich meine Ambivalenz endlich besiegen kann.
Alle Enttäuschungen sind gering im Vergleich zu denen, die wir an uns selbst erleben.

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#27
Das freut mich, pinkerschmetterling!

Ich drücke Dir die Daumen für den Termin morgen und dafür, dass Du die Ambivalenz überwindest. Aber ich kenne auch das nur zu gut: einerseits will man die Probleme in den Griff kriegen, andererseits hat man keine Lust auf den Zwischenzustand, die Auseinandersetzung, wenn es einem dann ggf. erstmal nicht besser, sondern eher noch schlechter geht. Aber trotzdem glaube ich, dass das der richtige Weg ist. Und: Tschaka, Du schaffst das! :-)

LG
Laona

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#28
Finde ich auch, Laona, dass die Bereitschaft zur Auseinandersetzung notwendig ist, aber manchmal spiele ich mir da auch selbst einen Streich und gehe dem irgendwie aus dem Weg. Was die Sache dann natürlich nicht gerade verbessert :?
Nicht zur Last fallen wollen, das kenne ich auch. Aber über die Bulimie habe ich dann doch wortlos nach Hilfe rufen wollen, hat bloss nicht so geklappt, irgendwie, weil in der Familie auch alle hilflos waren. Manchmal denke ich auch, dass ich mich nicht richtig öffnen konnte, und dadurch dann auch nicht wirklich das Verständnis gefunden habe. Andererseits war die Familie halt auch durch den Alkohol schon arg überfordert. Alles nicht einfach. Aber jeder muss da seinen Weg suchen, für mich war die Therapie unglaublich wichtig und sicherlich werde ich in absehbarer Zeit auch wieder Therapie anfangen. Klinik hätte ich manchmal auch gern versucht.
Alles Gute euch, natürlich schaffen wir das!

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#29
ja salamandra, das verhalten wird tatsächlich erlernt sein. in der psychologie spricht man dann von einer "operanten konditionierung". das findet häufig unbewusst statt und oft schon in der kindheit. kind heult, oma gibt schokolade, kind hört auf zu heulen, jetzt mal grob gesagt. die verbindung zwischen trost und essen kann dadurch also schon im frühesten kindheitsalter gelegt werden..

Re: Warum habt Ihr Bulimie?

#30
Laona1 hat geschrieben:Hi Colorama und pinkerschmetterling, Salamandra und Piggi,

Ihr habt ja zwei sehr verschiedene Geschichten. Ich will trotzdem versuchen, zu sagen, was davon mir jeweils vielleicht ein bißchen bekannt ist aus meinem eigenen Leben.

@ Colorama
Das mit dem Nicht-zur-Last-fallen-wollen, das kenne ich wirklich sehr, sehr gut. Bis Anfang 20 hatte ich das Gefühl, ein schlechter, egoistischer Mensch zu sein. Schlecht, weil ich den Eltern noch mehr Probleme bereite, anstatt ihnen zu helfen. Dass ich helfen muss, das dachte ich immer. Heute weiß ich, dass ich halt unter den Problemen so sehr litt wie die anderen, aber nicht wirklich Raum und Zeit da war als dass man das bemerkt hätte oder vielleicht auch hätte bemerken wollen. Ich habe meine B. deshalb auch sehr lange verheimlicht. Ich denke, ich kann an sich bis heute nicht über meine Probleme sprechen, und habe mich auch stets selbst therapiert: die ganze Zeit darüber nachgedacht, was das Problem ist, wie ich da raus komme, wie es mit anderen zusammenhängt, wer ich eigentlich bin, was ich will und was ich - v.a. das... - fühle. - Wie geht es Dir denn inzwischen?
@Laona:

ich finde es auch, wie du, bis heute schwer, meine Probleme vorzutragen oder generell mal zu sagen, was ich möchte. Da hab ich auch mit meinem Freund manchmal Probleme. Denn wenn mir etwas nicht passt, dann ziehe ich erst immer ein Gesicht oder werde ruhiger, anstatt einfach zu sagen: "XY passt mir jetzt nicht". Muss man leider alles erst mal lernen :(
Gesund bin ich noch lange nicht,aber ich merke, dass ich Fortschritte mache. Ich bin nicht mehr jeden Tag "dabei", habe öfters k**freie Tage und die Abstände dazwischen werden größer. Es geht langsam Richtung Heilung.

Wie geht es dir? :)
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
Dein Leben voller Angst und Schiss, du fängst erst gar nichts an,
Denn es ist so gemütlich und sicher,
Auf deiner Insel voller Leid, jaja...