Liebe Tine,
ich denke, so groß ist der Unterschied zwischen einer körperlichen und einer psychischen Krankheit eigentlich nicht.
Beides hat ein Ursache, für die ich nichts kann: das rheumatische Fieber wurde durch eine Streptokokken-Infektion verursacht, die ES durch Strukturen innerhalb meiner (zumindest als Kind) nicht selbst geschaffenen Umwelt; Depressionen liegen väterlicherseits in der Familie, das ist dann wahrscheinlich auch genetisch bedingt... Wirklich "verantwortlich" ist also in beiden Fällen niemand.
Beides begann harmlos, hier ein Schmerz im Gelenk, dort ein verweigertes Essen... Beides habe ich ignoriert, weil ich kein 'Gebrechen' wollte; schließlich muß ein gutes Mädchen ja alles aushalten können

. Mit dem Strepto-Rheuma habe ich erst aufgehört zu kellnern und zur Uni zu gehen, als ich keinen halben Kilometer mehr laufen konnte, und der Arzt meinte, wenn ich so weiter mache befällt es eventuell Nieren und Herz - und dann kann ich meine Gesundheit vergessen. Mit der ES genauso - ich hab' erst angefangen etwas dagegen zu tun, als ich in Gefahr war, mein Leben physisch und psychisch nicht mehr auf die Reihe zu bekommen...
Gegen beides musste ich kämpfen: gegen das Rheuma durch Umstellung von Lebensgewohnheiten und Ernährung + Antibiotika, gegen die ES genauso durch Umstellung von Lebensgewohnheiten und Ernährung, + ADs und Therapie.
Unterschiede: Die ES ist hartnäckiger und schwerer zu bekämpfen. Die Fortschritte sind weniger merklich, und müssen mehr von innen heraus kommen. Und, ein großer Punkt, denke ich:
Man denkt,
für die ES müsse man sich schämen!!!
Die Umwelt denkt oft, es sei
keine Krankheit, sondern nur
ein selbstverschuldetes Übel!

Das färbt natürlich auf einen selbst ab...also bloss keinen Witz machen, dass könnte die anderen in dieser absurden Meinung bestärken, dass eine ES nur ein 'Spleen' ist.
Aber ganz ehrlich:
das juckt mich nicht mehr, die Zeiten sind vorbei. Wer mich kennt, weiß, das die ES ein großes Problem für mich ist, gegen das ich immer und immer wieder kämpfe. Niemand würde denken, dass ich meine ES 'stylish' oder gar albern finde, wenn ich da mit gepflegtem Sarkasmus rangehe - weil jeder, der von ihr weiß, sich darüber im klaren ist, dass ich
immer dagegen ankämpfen werde, um sie eines Tages hinter mir lassen zu können. Und schämen werde ich mich für sie nicht mehr, deswegen kann ich auch darüber (mit geeigneten Gesprächspartnern) makabere Scherze machen.
Das das nicht jedermanns Umgehensweise damit ist, kann ich gut nachvollziehen.
Wie immer gilt wohl: Jedem Tierchen sein Plaisirchen...
Alles Liebe,
Bela