Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#16
CoCoRiCo hat geschrieben:Warum sollte es nicht als "dekadent" betrachtet werden - immerhin schlingen wir kiloweise Nahrung herunter und entsorgen diese im Klo...
Und das siehst du als "dekadent" an??
also irgendwie kann ich mich mit dem Begriff nicht anfreunden...
Ist dann Aloholismus und Drogenmissbrauch auch dekadent??
Oder eher gesagt jegliche Sucht-bzw. Zwangskrankheit??

Ist es auch dekadent eine Zwangsstörung zu haben in der man sich beispielsweise 100 mal am Tag die Hände wäscht??
10 mal duschen geht usw??
Schliesslich ist das auch ein enormer Wasserverbrauch während andere Menschen nicht mal wasser zum trinken/überleben haben...
Es gibt genug Bulimiker die aufgrund ihrer Krankheit am Schuldenlimit leben...
wie kann man da sagen das sie dekadent sind??
Die Synonyme passen sicherlich auf das Krankheitsbild aber das was man damit verbindet meiner Meinung nach nicht...

Abgesehen davon möchte ich mir persönlich, wenn ich schon nach Hilfe suche, nicht von meinem Therapeuten hören ich habe "nur ein dekadentes Hobby"...wodurch die Bedeutung/Krankheitswert (teilweise) abgesprochen wird...
er gibt mir dadurch indirekt zu verstehen das ich im Grunde einfach nur im Überfluss lebe und es mir "leisten kann" solch eine Krankheit zu haben...während andere kurz vrm verhungern sind...
wenn ich einen Bandscheibenvorfall durch z.B. Altenpflege habe dann möchte ich auch nicht hören "selbst schuld kannst ja einen weniger rückenschädigenden Beruf ausüben"...ich möchte das ich eine adäquate Behandlung bekomme und das sie ERNST genommen wird...

Meiner Meinung nach hat die Bulimie nichts mit Dekadenz zu tun...es liegt viel mehr an der westlichen Kultur das solche Krankheiten so Hochkonjunktur haben...wir in Europa haben deratige Krankheitsbilder während in Afrika z.B. Aids überwiegt...niemand würde einem Aidskranken sagen das er sich ein "dekadentes Hobby" gesucht hat nur weil er vielleicht seine Erkrankung durch Promiskuität erworben hat...
nur weil Bulimie eine psychische Krankheitist glaube ich nicht das man es auf ein Hobby oder Dekadenz reduzieren kann...
Es hat den gleichen Stellenwert wie auch z.B. Diabetes mellitus Typ 2....der wenn man es so wie ihr sagt auch auf Dekadenz zurückführen kann...
Für mich ist und bleibt dieser Ausdrück kränkend/abwertend... :roll:

Lieben Gruss

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#17
Entschuldigung, catepillar, dass ich Dich in Aufruhr versetzt habe :cry:

Meine Meinung kann man, wie all die anderen, nicht verallgemeinern. Vielleicht trifft sie auf den einen oder anderen zu.

Es gibt hier bestimmt Erkrankte, die ihre Sucht als "Hobby" ansehen oder als solches benennen könnten... andere sind im Verein, lesen gerne, wie auch immer... und manche Bulimiker fressen eben, weil sie das "Loch" im Alltag so schließen wollen oder sich an diese "Tätigkeit" einfach gewöhnt haben. :roll:

Vielleicht verstehen wir beide einfach etwas anderes unter "dekadent".. man kann doch auch nicht sagen: "Ja! Bulimie! Siehst Du es als Dein "Hobby" an, dann ist es wunderbar"... verstehst Du? :wink:

Dennoch dankeschön für Deine ausführliche Antwort.. sie gibt einem zum Denken. Aber ich finde, wir sollten eben unterscheiden... zwischen Erkrankten, die ihre Sucht als "Hobby" ansehen und solchen, die darunter leiden und nicht loskommen.

Wir wissen ja nicht, wie sich die Thread-Verfasserin über ihr Essverhalten beim Therapeuten geäußert hat :roll: :roll:
Und wie ihr Wille ist, zu genesen..

lg
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#18
Ich gestehe, ich gehöre auch zu der Fraktion, die Bulimie - zumindest teilweise - als Hobby ansieht.
So oft habe ich mir darüber schon Gedanken gemacht, bzw. darüber, WAS mir eigentl Spaß macht, WAS mich erfüllt, mir nicht zu anstrengend ist. Die Antwort darauf lautet Fressen und Kotzen.

Es stellt eine Beschäftigung für mcih dar, die ich als angenehm empfinde. Zumindest in dem Moment, in dem ich sie ausübe.

Damit es zu keinen Missverständnissen kommt: Es ist keineswegs so, dass ich diese Sucht als etwas Positives emfinde. Im Gegenteil! Nur ist es bequem, nicht zu kämpfen.

Würde mir diese Krankheit nichts geben, mich nur enorm belasten, warum hätte ich sie dann?!

Im Großen und Ganzen - und da besteht kein Zweifel - wäre mir nichts lieber, als ein ganz normales Essverhalten zu haben. Aber Essen und Nahrungsmittel sowie Einkaufen sind leider definitiv auch eine Art Hobby von mir. Dass es ausartet nicht, aber das nehme ich in Kauf.
Ich möchte auf keinen Fall krank bleiben, es raubt so viel Zeit, Kraft, ich schade mir extrem,... Und es ist mir auch keineswegs lieb, dass ich das Wort 'Hobby' als zutreffend empfinde, aber es ist so... Das kann ich nicht bestreiten. Leider.

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#19
CoCoRiCo hat geschrieben:Entschuldigung, catepillar, dass ich Dich in Aufruhr versetzt habe
Hey das hast du nicht...tut mir leid das es so rüber kam...
Ich wollte egentlich nur meine Meinung dazu sagen..
CoCoRiCo hat geschrieben: Aber ich finde, wir sollten eben unterscheiden... zwischen Erkrankten, die ihre Sucht als "Hobby" ansehen und solchen, die darunter leiden und nicht loskommen.
Da stimme ich dir zu, ich selbst zähle mich ja auch unter zweiteres d.h. ich habe mich (momentan) damit abgefunden, trotzdem würde ich es nicht als "Hobby" bezeichnen, sondern eher als chron. Krankehit die nun mal da ist, die ich akzeptiere.... :roll:

CoCoRiCo hat geschrieben:und manche Bulimiker fressen eben, weil sie das "Loch" im Alltag so schließen wollen oder sich an diese "Tätigkeit" einfach gewöhnt haben.
aber dann dürfte es nicht als Krankheit definiert werden...auch wenn ich jetzt langweilig werde aber Diabetes gilt doch auch für ALLE als Krankheit und nicht für manche als "Hobby"...natürlich ist es für manche belastender und für manche weniger aber dadurch bleibt es doch trotzdem eine Krankheit...die man nur weil sie auf psychischen Problemen basiert als dekadent degradieren sollte...

Hobby ´s machen meiner Meinung Spass und dienen als Zeitvertreib, sie fördern das Wohlbefinden...ich kann mir irgendwie nicht vorstellen das jemand aus "lauter Spass" am erbrechen erbricht...
klar das manche aus Langeweile erbrechen oder damit anfangen weil sie abnehmen möchten...
Aber ein Hobby steigert doch eher das Selbstwertgefühl als es weiter zu untergraben....

sorry ich habe da einfach ganz andere Vorstellungen/Ansichten... :roll:

Lieben Gruss

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#20
Marilene hat geschrieben:Damit es zu keinen Missverständnissen kommt: Es ist keineswegs so, dass ich diese Sucht als etwas Positives emfinde. Im Gegenteil! Nur ist es bequem, nicht zu kämpfen.

Würde mir diese Krankheit nichts geben, mich nur enorm belasten, warum hätte ich sie dann?!
Aber ist ein Hobby nicht etwas was man gerne tut wofür man eben kämpft wofür man sich gerne Zeit nimmt???
Ach ich weiss nicht wie ich euch das verständlich machen soll was ICH unter Hobby verstehe...
Aber normalerweise ist Erbrechen doch ein Reflex der als sehr unangenehm empfunden wird...der nicht mit Lustgewinn zu tun hat...es sein denn man gewöhnt sich daran und empfindet das Gefühl der Leere als angenehm...aber das Erbrechen selbst an sich??Also der reine Akt an sich als Hobby??mir macht es auch nichts aus zu erbrechen, für mich ist es so normal wie Zähne putzen aber das würde ich ja auch nicht als Hobby ansehen...
Vielleicht bereitet ein Teil der Krankheit Freude aber doch nicht das Gesamtbild an sich?!(kann ja nur für mich sprechen...)
aber gerade das ist doch der Unterschied zum Hobby oder???

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#21
Ich verstehe durchaus, was du meinst, caterpillar!

Es ist auch sehr schwer zu erklären, weshalb ich den Hobby-Aspekt nicht verwerfen kann. Irgendwie paradox das Ganze...

Allerdings ist es bei mir so, dass früher, als ich gesund war oder zumindest noch nicht so tief drin steckte, unter Hobby mehr verstand, als heute. Jetzt habe ich keine Hobbys in dem Sinne mehr, in dem es sie damals noch für mich gab. Deswegen habe ich die Definition wohl quasi 'runtergeschraubt'.

Das Erbrechen gehört dazu, das Essen ist das, was mir irgendwo Spaß macht. Oh Gott, wie sich das anhört, wenn ich lese, was ich hier so schreibe :oops:

Ich würde die Bulimie nicht damit gleichsetzen, was früher Reiten oder Tennis waren. Doch mittlerweile gibt es nichts mehr, dass ich dem Ausüben der Sucht vorzöge. Es ist schlichtweg so, dass die Bulimie alles andere verdrängt, alleine exisiteren möchte, da bleibt kein Raum für 'wirkliche' Hobbies mehr und gerade deshalb hat sich die Definition dessen wohl verschoben...

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#23
Blumenwiese1991 hat geschrieben: Das finde ich auch sehr krass. Wie lange bist du schon krank? Oder, vielleicht möchtest du das ja lieber hören, wie lange hast du denn dein "Hobby" schon? (Ich find's so abscheulich das so zu nennen)
Kannst du dich noch daran erinnern wie es davor war?
Kannst du dich noch daran erinnern viel Zeit mit Freunden verbracht zu haben? Unendlich viel Spaß gehabt zu haben? Ins Kino gegangen zu sein? Shoppen? Auf eine Party? Einen Wellnesstag gemacht zu haben? Ein Magazin durchgeblättert zu haben? Und all die vielen Dinge mehr, die man mit Freunden tun kann? Warst du nie unendlich glücklich in diesen Momenten?
Willst du nicht wieder dieses Gefühl von Freiheit haben, mit deinen Freunden unterwegs zu sein und gar nicht ans Essen denken zu müssen? Nie?
Ich finde das alles soooooo viel angenehmer, so viel schöner, so erstrebenswert, so viel mehr wert es zu leben als die Bulimie!
Ich denke wirklich, es ist eine Sache, wie man das Wort 'Hobby' definiert und bei mir ist es eben so, dass sich diese, wie gesagt, verschoben hat.
Das liegt zu einem sehr, sehr großen Teil daran, dass ich zurzeit weitesgehend resigniert habe.

Ich habe die ES seit 5 Jahren, Bulimie seit knapp 2 Jahren richtig heftig. Davor immer mal wieder 'etwas'. So stark wie jetzt war es nie zuvor.

Ich wäre unendlich gerne gesund, es ist viel schöner, so erstrebenswert, denn dann hätte ich wieder ein Leben, das nicht zu 100% von dieser Sucht bestimmt wäre.

Ich interpretiere den Impuls, den du ansprichst, jedoch so, dass es da etwas in mir gibt, das mich dazu treibt, also gibt die Bulimie mir etwas. Sonst würde ich das nicht machen. Und wenn es nur ein Trugschluss ist.
Vllt ist die Bezeichnung Hobby nicht exakt zutreffend, denn eigentl hasse, hasse, hasse ich diese Krankheit, und das, was sie mit mir macht. Oh man, das ist so komplex! Ich möchte auch nicht missverstanden werden, denn ich bin AUF GAR KEINEN FALL 'pro'! Nicht mal ansatzweise! Deshalb finde ich selbst es auch erschreckend, dass dieser Hass auf der einen Seite überschattet wird, von der trügerischen 'Freude', die mir das Einkaufen und Fressen auf der andere bereitet. Es ist ja nur für einen kurzen Moment da.

Wahrscheinlich hört sich das alles sehr widersprüchlich an, denn das ist es irgendwo auch.
Aber vllt kann der ein oder andere verstehen, was ich sagen will?!

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#24
als ich mir das erste mal eingestanden habe, dass ich ein problem habe und was tun muss, bin ich zu meinen Hausarzt gegangen und habe ihm davon erzählt. er meinte daraufhin "ich hätte da ein luxusproblem, insbesondere wenn man bedenke wie viele Leute in Afrika hungern"
Das ist natürlich auch nicht falsch, aber es hat mir kein bisschen weitergeholfen, ich habe mich einfach unverstanden und abgelehnt gefühlt und ein weiteres Jahr ist vergangen bis ich wieder einen Versuch unternommen habe was zu tun.

Man selbst kann das ganze als Hobby, Luxus oder wie auch immer betrachten, denn JA - in gewisser weise trifft das irgendwann auch zu. Aber von aussenstehenden so gesehen zu werden hilft doch auch nicht dabei weiterzukommen.
Man hat die Schicksale, die man hervorruft und die zu einem passen. (Hermann Hesse)

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#25
ich kann mir nur vorstellen, dass dich deine therapeutin provozieren wollte.... denn dass bulimie kein hobby, sondern eine krankheit ist, müßte ihr wohl klar sein....als ich stationär war, hat
mich ein hno-arzt, bei dem ich wegen einer kieferhöhlenentzündung war, gefragt, wies mir mit meinem hobby, der bulimie so geht....ich hab mich beim oberarzt beschwert und er hat meine empörung verstanden und mir zugesichert, dass er mit seinem kollegen darüber redet...

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#27
ein Hobby ist ein Zeitvertreib.
Etwas,auf das man sich freut.
Man verbringt viel Zeit damit,es zu organisieren und es auszuüben.
es gibt viele hobbys,die nicht grad gesund sind.
Es gibt Abschnitte währen des Hobbys,die nicht so schön sind und nur überwunden werden wollen(z.b. Bauchmuskeltraining beim Karate).

bis dahinn passts,nur.......
ich kenn kein Hobby der Welt,wo man sich minderwertig fühlt,weil man es ausübt.

Jani
Zuletzt geändert von ja,ne,is klar am Sa Jul 10, 2010 11:16, insgesamt 2-mal geändert.
ich bin kein Opfer!!!

wer soll die Antwort wissen,wenn nicht Du?
von "Jan Eisklar"

Die wirkliche Macht haben Jene,die nichts mehr zu verlieren haben

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#28
Hallo,

ich glaube, in jedem von uns steckt ein Teil, der die Bulimie will - denn, ja, sie hat ja bei jedem von uns spezielle Funktionen -, aber auch ein Teil, der sie verabscheut und loswerden möchte. Die Ausprägung der zwei Teile variiert - manchmal ist der Teil, der gesund werden möchte, vielleicht kaum oder gar nicht mehr wahrnehmbar oder umgekehrt. Ich kann mir vorstellen, bzw weiß es auch aus eigener Erfahrung, dass in solchen Phasen, wo der Genesungswille kaum noch vorhanden ist, die Bulimie auch eine Art Hobbyfunktion einnimmt. Ich würde es allerdings eher als Ersatzhobby betrachten, welches nach und nach all das ersetzt, woran man irgendwann mal spaß hatte. Wenn ich auf meine "Bulimiegeschichte" ;( zurückblicke, muss ich auch sagen, dass in den Anfangsphasen das Wort Hobby vielleicht noch eher zutreffend war: Die Vorfreude, die Euphorie vor und während dem großen Fressen. Davon habe ich aber schon lange lange Zeit nichts mehr vernommen. Wobei Vorferude ist manchmal noch vorhanden, aber die Umsetzung ist und bleibt ein Grauen.

LG
how soon is now?

Re: Bulimie-einfach ein Hobby??

#29
ich glaube, in jedem von uns steckt ein Teil, der die Bulimie will - denn, ja, sie hat ja bei jedem von uns spezielle Funktionen -, aber auch ein Teil, der sie verabscheut und loswerden möchte. Die Ausprägung der zwei Teile variiert - manchmal ist der Teil, der gesund werden möchte, vielleicht kaum oder gar nicht mehr wahrnehmbar oder umgekehrt.
Voll deiner Meinung!

Dadurch, dass es keine körperliche Krankheit ist (wie Diabetes), müsste man es doch überwinden können (wenn auch schwer)?
in Afrika z.B. Aids überwiegt...niemand würde einem Aidskranken sagen das er sich ein "dekadentes Hobby" gesucht hat nur weil er vielleicht seine Erkrankung durch Promiskuität erworben hat...
Es gibt leider Menschen, die tatsächlich so denken!
er meinte daraufhin "ich hätte da ein luxusproblem, insbesondere wenn man bedenke wie viele Leute in Afrika hungern"
Andererseits kann ich nur darauf antworten: "wenn ich dieses Problem nicht hätte, hätten dann die Hungerleidenden in Afrika mehr zu essen?"
Wobei Vorferude ist manchmal noch vorhanden, aber die Umsetzung ist und bleibt ein Grauen.
Warum schaffen wir's dann nicht, nach dem ersten Anfall -- und vor dem "jetzt ist es eh schon egal" -- aufzuhören :?
bis dahinn passts,nur.......
ich kenn kein Hobby der Welt,wo man sich minderwertig fühlt,weil man es ausübt.
aber nicht, wenn man dadurch Aufmerksamkeit bekommt.

Wow, ich bin grad ganz arg wütend über mich :!:
Leben ist Zeichnen ohne Radieren.