Re: mediz./pflegender Beruf....

#16
ich finde ich kann mich da nicht anschließen.
ich habe letztes jahr nach meinem abi ein freiwilliges soziales jahr angefangen in einer wohngruppe für menschen mit geistiger behinderung. der grund dafür war aber schlichtweg der, dass ich ein jahr überbrücken musste...und fsj-stellen gibts ja wie sand am meer.

ich habe gemerkt, dass das gar nichts für mich ist. ich bin überhaupt kein geduldiger mensch. mein studienabschluss ist deshalb auch nicht lehramt.
in meinem späteren beruf möchte ich so wenig wie möglich mit menschen zu tun haben (auch wenn das jetzt vielleicht asozial klingen mag). ein pflegerischer beruf käme für mich nie in frage!! damit würde ich mir und den zu betreuenden menschen überhaupt keinen gefallen tun.
Auch wenn Du nicht weißt wie lang der Weg ist
und wohin er Dich führt,
bringt er Dich mit jedem Schritt weiter
Ich habe angefangen meinen Weg zu gehen.
Er wird nicht immer einfach sein aber es lohnt sich! Ich werde leben, einfach nur leben

Re: mediz./pflegender Beruf....

#17
@ aire: Das glaub´ ich eigentlich nicht. Klar, wenn jemand bereits in den Anfängen einer ES steckt, könnte das Ganze zu einer Verschlimmerung beitragen. Aber es gibt auch etliche Menschen, die nicht in Pflegeberufen arbeiten und ne Menge Stress und unregelmäßige Mahlzeiten haben und trotzdem keine ES entwickeln.

Ich hab´mich da für mich eher gefragt, ob das nicht schon viel früher anfängt. Die meisten haben hier geschrieben, dass sie schon vor Beginn der ES, z.T. schon als Kind diesen Berufswunsch hatten.
Da kann ich mich nur anschließen. Ich wollte schon seit Ewigkeiten eig. Krankenschwester werden. Aber ich hab`auch schon als Kind diese "typischen" Charaktereigenschaften und Merkmale mit mir "rumgeschleppt", die (so zumindest in den Büchern, die ich über B. gelesen habe) Risikofaktoren für das Entstehen einer ES darstellen. z.B.:
- schwaches Selbstwertgefühl - das Gefühl, das ich nicht gut genug bin
- das Gefühl, etwas leisten zu müssen - und das am besten 100 %ig
- das dringende Bedürfnis, das andere mich mögen, lieb und nett finden
-hab`mich nie getraut, anderen meine Meinung zu sagen - oder meinen Ärger mitzuteilen. Lieber alles heruntergeschluckt...
usw.

Und ich glaube, dass das schon unbewusst meinen Berufswunsch beeinflusst hat. Eigentlich bin ich von Natur aus auch eher ein Mensch, der sich unter vielen Menschen gar nicht wohl fühlt, schon mal gar nicht bei ständig neuen, fremden Personen. Dann mach`ich eigentlich viel, viel lieber "Schreibkram" wie die direkte Arbeit an und mit den Patienten.
Es gibt einfach Dinge, die mir besser liegen.

Und trotzdem hat es mir irgendwas gegeben :roll: - Ich hab`Morgens meinen weißen Kittel angezogen und mich damit in eine andere Person verwandelt (so blöd, es sich anhört - aber ich hab`s echt manchmal so empfunden). Aber es war wirklich manchmal so, das ich vor der Praxistür noch meine letzten Tränen abgewischt habe und mit einem Lächeln zur Tür rein bin. Ich hab`mir den ganzen Tag die allergrößte Mühe gegeben, zu 100% freundlich, nett, einfühlsam und hilfsbereit zu sein - auch wenn`s in mir drin eigentlich grad ganz anders ausgesehen hat.... Das schönste war dann immer, von den Patienten zu hören, dass sie immer froh sind, wenn ich da bin, das ich die liebste, netteste Arzthelferin sei die sie kennen, das ich ihnen ein Stück ihrer Angst nehmen konnte....

Versteht ihr, was ich damit meine?
Damit hab`ich meine o.g. Bedürfnisse befriedigt, ohne meine Arbeit wirklich zu mögen. Es hat mir einfach das Gefühl gegeben: Du wirst hier gebraucht und Du wirst vermisst, wenn Du nicht mehr hier bist - und: Du kannst anderen Menschen helfen.

Und der Clou ist: Ich hab`oft wahnsinnig unter dem Stress und auch teilweise unter der Verantwortung, die man für andere trägt, gelitten und vieles gedanklich mit nach Hause genommen.
Und trotzdem: Seid ich nicht mehr "helfen" kann - ist meine Bulimie wieder extrem schlimmer geworden........weil ich keine Bestätigung mehr bekommen, das ich gebraucht werde ???? :roll: :roll: :roll:

Ich hoffe, ich konnte wenigstens ein bisschen verdeutlichen, was ich damit meinte. Ich fand das irgendwie schwer, das in Worte zu fassen....

Re: mediz./pflegender Beruf....

#18
Lilli26 hat geschrieben:- schwaches Selbstwertgefühl - das Gefühl, das ich nicht gut genug bin
- das Gefühl, etwas leisten zu müssen - und das am besten 100 %ig
- das dringende Bedürfnis, das andere mich mögen, lieb und nett finden
was mir dazu einfällt - und ich hoffe damit niemand zu nahe zu treten - sind nur hobbypsychologische gedanken:
könnte es zu diesem charakterbild nicht auch passen, dass man sich dann beruflich halt gerne mit menschen umgibt, denen es schlecht(er als einem selbst) geht, sodass sie die hilfe die man ihnen anbietet dankbar annehmen; man sich sozusagen eine garantie dafür holt, dass man geschätzt wird, ein dankendes lächeln bekommt usw.?
bzw. - 2. gedanke: man sucht sich gerne andere menschen, denen man helfen möchte, anstatt (oder weil man es nicht kann) es bei sich selbst zu tun??
- nur mal so in den raum gestellt -

ansonsten fall ich da ja total aus der reihe :wink: und bezeichne mich als "atypische wirtschaftsstudentin" :lol:
atypisch deshalb, weil ich kein so 08/15-kapitalismus-und-prestige-denken habe, wie ca. 90% meiner kommilitonen und 1000 andere interessen, mich aber mit den wirtschaftlichen berufen ganz gut identifizieren kann, und meine berufliche zukunft auch in diesem bereich sehe und das durchaus zufrieden.

lg, L.
~~~yesterday's burden will be tomorrow's gleam of hope~~~

Re: mediz./pflegender Beruf....

#19
Lilli26 hat geschrieben:Ich hab Morgens meinen weißen Kittel angezogen und mich damit in eine andere Person verwandelt (so blöd, es sich anhört - aber ich hab`s echt manchmal so empfunden). Aber es war wirklich manchmal so, das ich vor der Praxistür noch meine letzten Tränen abgewischt habe und mit einem Lächeln zur Tür rein bin. Ich hab`mir den ganzen Tag die allergrößte Mühe gegeben, zu 100% freundlich, nett, einfühlsam und hilfsbereit zu sein - auch wenn`s in mir drin eigentlich grad ganz anders ausgesehen hat.... Das schönste war dann immer, von den Patienten zu hören, dass sie immer froh sind, wenn ich da bin, das ich die liebste, netteste Arzthelferin sei die sie kennen, das ich ihnen ein Stück ihrer Angst nehmen konnte....

Versteht ihr, was ich damit meine?
Damit hab`ich meine o.g. Bedürfnisse befriedigt, ohne meine Arbeit wirklich zu mögen. Es hat mir einfach das Gefühl gegeben: Du wirst hier gebraucht und Du wirst vermisst, wenn Du nicht mehr hier bist - und: Du kannst anderen Menschen helfen.

Und der Clou ist: Ich hab`oft wahnsinnig unter dem Stress und auch teilweise unter der Verantwortung, die man für andere trägt, gelitten und vieles gedanklich mit nach Hause genommen.
Und trotzdem: Seid ich nicht mehr "helfen" kann - ist meine Bulimie wieder extrem schlimmer geworden........weil ich keine Bestätigung mehr bekommen, das ich gebraucht werde ???? :roll: :roll: :roll:
Ich find das so traurig, das muss ich jetz mal sagen :(

Ansonsten glaub ich, dass je nach Beruf eine ES schlimmer wird oder länger dauert, oder eben umgekehrt, aber das ätt ich persönlich nich mit unregelmäßigen Essenszeiten direkt verbunden.

Liebe Grüße
Filthy
All your cutting down to size. All my bringing you down.

Re: mediz./pflegender Beruf....

#20
@ Reyno: ujujuj............... :shock: :wink:

Aber so viel anders ging es mir ja im Grunde genommen auch nicht! Du drückst das jetzt einfach nur knallhart aus ! :wink: Ich mag meinen Beruf auch nicht - und ich hab`es auch schon tausendmal bereut, diesen gewählt zu haben. Und ich hoffe so sehr, dass ich nach dem Erziehungsurlaub NICHT wieder in diesem Beruf weiterarbeiten muss - sondern irgendwie eine andere Alternative / Perspektive finde.
Wie ich schon geschrieben habe: meine wahren Interessen und Fähigkeiten (hab`ich überhaupt noch welche :roll: ) liegen in ganz anderen Bereichen.
Ich hab`mir halt nur nie was anmerken lassen, sondern meine wahren Gefühle und Gedanken mit extremer Freundlichkeit überspielt. Ja und das, was ich dafür zurückbekommen habe, hat mir dann irgendwie auch wieder gut getan (So was nennt man wohl Heuchelei ?? :roll: :roll: :roll: )
Wieder mal ein Schauspiel. Nicht das eigene Ich zeigen...
Vielleicht sollte ich Schauspielerin werden - das kann ich glaube wirklich gut.... :wink:

Mich würde ja jetzt echt mal interessieren, reyno, ob Du die Gefühle die du hattest oder hast, so auch den Patienten rübergebracht hast ??

Liebe Grüße
lilli

Re: mediz./pflegender Beruf....

#21
Lorelai hat geschrieben:sodass sie die hilfe die man ihnen anbietet dankbar annehmen; man sich sozusagen eine garantie dafür holt, dass man geschätzt wird, ein dankendes lächeln bekommt usw.?
:lol: Ich sehe es ein bißchen wie Reyno. Ich will nicht sagen, dass die Ausbildung, die ich gemacht habe, die falscheste Entscheidung in meinem Leben war... aber es ist ein sch*** Job. Sch** Arbeitszeiten, sch** Überstunden, sch*** Chef und manchmal sch** Kunden obendrauf. :roll:

Dankendes lächeln? Hslluzinierst du? Wenn ich fünf Minuten am Stück nichts Böses anhören musste, war ich erleichrt... ein bißchen, denn ich war immer auf Hab-Acht stellung

lg

aire