Verschlechterung kurz vor Therapiestart

#1
Hallo ,
ich kam noch nicht dazu, mich vorzustellen.
Im Moment habe ich eine andere Sache.
Seit über 4 Monaten habe ich vergeblich nach einem Therapieplatz gesucht- richtig gesucht auch nachhaltig (nachtelefoniert und auch nachgehakt, wenn wieder eine Absage kam), nicht halbherzig wie zuvor.
Gestern habe ich endlich eine Therapeutin gefunden, die ich auch schon mehrfach angerufen habe und die jetzt kurzfritig zumindest vormittags Termine hat- mein erster Termin ist in 15 Tagen. Ich bin so erleichtert, weil mein Mann sehr unter der Situation leidet und ich auch.
Jetzt zu meinem eigentlichen Thema.
Der Druck zu Essen ist seitdem ich von meinem Therapiestart weiß so ungeheuer groß. Schon morgens nach dem Aufstehen, und heute bin ich früher von der Arbeit gegangen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe (kam auch schon paar Mal vor, ist aber schon länger her)
Einerseits bin ich so glücklich über den Platz, weil ich jetzt eine richtige Chance habe, gegen die Bulimie- mit professioneller Hilfe- zu kämpfen und andererseits will ich nur noch essen.
Vielleicht geht/ging es jemandem ähnlich oder ihr könnt so etwas dazu schreiben.
Ich weiß nicht, ob die kommende Veränderung (die ich mir erhoffe) dazu führt, aber das würde doch nicht zu dem Gefühl der Erleichterung passen.
Ich habe gestern fast geweint vor Erleichterng über den Platz, weil ich mir viel davon verspreche. Natürlich heißt das für mich, dass eine schwere Zeit auf mich zukommen wird und ich viel zu dem Erfolg beitragen muss, aber ich habe wieder einen Funken Hoffnung.
Ich war schon dabei, aufzugeben und mich damit abzufinden, dass ich mir meine Leben versaue- einfach aus Verzweiflung und meinem Befinden.

Danke schon mal.
LG

Re: Verschlechterung kurz vor Therapiestart

#2
Hey ;) ,

erst einmal finde ich es super, dass Du dich nicht hast unterkriegen lassen und so lange gesucht hast, um einen 'Therapieplatz' zu bekommen :) ist ja in der Regel doch eher meistens so, dass man sich bei Rückschlägen denkt "dann eben nicht", kenne das selbst zu gut :roll: Entweder oder, entweder es klappt sofort beim ersten Versuch oder halt nicht, letzteres kommt einem natürlich oft nicht gerade ungelegen ... :roll:
So, nun aber zu deiner Frage ;) wäre es möglich, dass die Situation dich momentan ein bisschen überfordert, es also ein Hunger der Überforderung ist? Ganz nach dem Motto "soviele (neue) Gefühle mit denen ich nicht umgehen kann/nichts anzufangen weiß, also betäube ich sie einfach durch's Essen, bald (in 2 Wochen) ist aber Schluss damit" ?
Oder Du setzt dich unterbewusst unter Druck, dass Du ab Therapiebeginn nicht mehr kotzt, dass Du die Zeit jetzt noch 'auskosten' möchtest.
Wären jetzt meine zwei Theorien.


Liebe Grüße
Liebe Grüße



Sie glauben, Sie verstünden, was Sie denken, was ich gesagt habe, aber ich bin mir nicht sicher, ob Sie begreifen, dass das, was Sie gehört haben, nicht das ist, was ich meine.

- Richard Nixon

Re: Verschlechterung kurz vor Therapiestart

#3
Hallo liebe Hermelin,

erst einmal danke für deine Antwort.
Ich denke, du hast ev. mit beidem Recht.
Gefühle sind etwas, das ich schon lange nicht mehr so empfinde wie es einmal war. Ich war immer ein emotionaler Mensch. Fand meine Emotionen (gerade das Weinen) auch oft unangebracht, konnte es damals aber nicht steuern- jetzt schon.
Ich fühle mich praktisch wie tot. Ich empfinde bei ziemlich allem nur noch Gleichgültigkeit, kann mich nicht mehr gehen lassen- Kontrolle ist hierbei das Schlagwort. Bloß nicht die Kontrolle verlieren, man könnte ja schwach wirken (und angreifbar?).

Und ich bin zudem ein Mensch, der sich (immer) unter Druck setzt. Ich habe ziemlich hohe Ansprüche an mich selbst, von daher sind meine Schuldgefühle und negativen Gedanken unaufhörlich da, immer in meinem Kopf. Ich bekomme alles nur dann zum Stillstand, wenn ich esse. Danach kommt die Angst und Panik (Gewichtszunahme) und oft auch das Völlegefühl, welches mir buchstäblich die Luft zum Atmen nimmt, und ich kotze alles wieder aus. Und es ist oft so erleichternd. Die ganze Last, alles immer zu 100% zu machen, wird mir dadurch genommen.
Und jetzt gebe ich die Verantwortung ab, denn es wird sich mithilfe des Thearpeuten alles ändern- ziemlich naiv, ich weiß. Aber andererseits hoffe ich das ja auch, weshalb sollte ich sonst eine Therapie machen, wenn sich nichts dadurch ändern würde. Allein schaffe ich es nicht. Ich habs probiert (durch Selbstanalyse etc). Aber gebracht hat es nichts.
Es tut auch gut, die Verantwortung endlich mal abzugeben. Auch wenn es nicht richtig ist, denn schließlich bin ich alleine verantwortlich für meine Situation.
Vielleicht rechtfertige ich auch mein Essen momentan damit, dass es ja bald "aufhören" wird? Keine Ahnung.
Oder ich koste es noch aus, wie du es geschrieben hast.
Schlecht fühle ich mich allemal.
Nur was mache ich, um diesen Druck nicht schon morgens nach dem Aufwachen so zu verspüren? Schließlich muss ich arbeiten, habe meine Dinge, um die ich mich kümmern muss! Es ist leider so, dass mir nichts das gibt, was das Essen mir gibt. Manchmal entscheide ich mich auch bewusst dafür- warum? Weil es mir irgendwas gibt, das mir (leider) nicht anderes geben kann. Ich habe schon andere Dinge versucht, nur wird der Druck dadurch lediglich zeitlich verschoben (bis es zum FA kommt). Doch nichts "befriedigt" mich dann so- denke du (ihr alle) kennt das.
Schätze, da muss ich durch. Trotzdem danke für deine Antwort.

LG

Re: Verschlechterung kurz vor Therapiestart

#4
Hallo!!

Ja, das kenne ich auch - als ich stationär ging, die Tage davor waren signifikant schlimmer esstechnisch, als sonst. Zufälligerweise haben wir darüber während meines Aufenthaltes auch geredet, und anderen, die ebenfalls ES waren ging es auch so. Bei mir war das auch so vor Urlauben oder wenn ich wusste in nächster Zeit wird es eng mit Brechmöglichkeiten und meine FAs zu schieben, hatte ich das auch - also dass ich richtig Druck bekam und mich in meiner Krankheit gefährdet gefühlt habe.
Die Angst, dass ich es dann nicht mehr ausleben kann, dass ich meine Krankheit verliere, war das bei mir hauptsächlich. Weil das irgendwie meine vermeintliche Sicherheit ist bzw war. Das war das, was immer für mcih da war, was allein mir gehörte, was mir in schlimmen Zeiten "beistand", mich betäubte, beruhigte. Für mich ist die Krankheit eine Art Hassliebe. Ich hasse sie und leide unglaublich darunter, aber ich brauche sie auch - nicht wirklich, aber ich bilde mir ein, dass sie mir Sicherheit, Schutz etc gewährleistet und ich mit ihr sicherer bin als ohne, weil das Leben beängstigend und gefährlich ist. Das komische ist, ich weiß und ich merke, dass die Krankheit total kontraproduktiv ist, mich blockiert, dass ich dadurch so viel verpasse und das sie mir gar keine Sicherheit gibt oder mich schützt, aber innerlich bilde ich es mir ein, und dieser Teil von mir hält in voller Angst daran fest.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft und freue mich sehr, dass du nach langer harter Suche einen Platz bekommen hast!!