Trauma- Therapie

#1
Ich wollte fragen, ob bei irgend jemanden schon mal ein Trauma mit therapiert wurde und wie das genau getan wird?

ich kann mir darunter einfach nix vorstellen. ich trau mich auch irgendwie nicht drüber, weil ich auch recht viele Flashb. hab und dissoziere... und erinnerungslücken. ich könnte wohl auch nicht einfach davon erzählen...

wie auch immer. ich weiß gar nicht, was ich noch schreiben soll.
*Do I even have the strength to try*

*Is it better to try and fail than fear?-Can I know?*

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#2
Hallo Butterbrot!

Persönliche Erfahrung habe ich nun nicht. Aber im Allgemeinen... wenn du dich auf die Therapie einlässt, vertraue auf dich und deine Therapeutin.

Bevor versucht wird, das Trauma aufzuarbeiten, durchläufst du eine Stabilisierungsphase.
Darunter kannst du den ersten Ansatz verstehen, dir eine gewisse Kontrolle anzueignen (bei Flashbacks und Erinnerungen usw.), um mit eben diesen Zuständen umzugehen bzw. eher dich nicht von ihnen überwältigen zu lassen.

Wenn dir das dann möglich ist, wird sich daran gemacht, das Trauma zu verarbeiten. Häppchenweise wird versucht, dich an die traumatischen Erlebnisse heranzuführen... durch ein begleitetes/kontrolliertes Wiedererleben und so ermöglichtes langsames Verarbeiten der Erlebnisse, soll sich das Trauma zu einer normalen Erinnerung "verwandeln".

Damals warst du (dein Verstand) nicht in der Lage mit etwas Bestimmtem umzugehen, es aufzunehmen und zu verarbeiten. Es war zu schrecklich/zu unfassbar, dass dein Verstand traumatisiert wurde. Jetzt (und eben mit Hilfe an deiner Seite) soll dieses Defizit von damals ausgefüllt werden.

Die Erlebnisse werden von dir im Heute emotional neu geordnet und innerlich eingeordnet und neu bewertet.... so dass zB die unfassbare Angst von damals zu einer fassbareren Angst oder auch anderen Emotion wird.

Stell dir mal vor, du hältst einen Vortrag vor einer großen Menge. Du bist so aufgeregt, dass du schwitzt und stotterst und Aussetzer hast... vor Angst bist du blockiert und alle Informationen sind plötzlich weg. Ein (emotionales) Desaster.

Nach diesem Vortrag stehst du dann natürlich da... und die Erinnerungen an diesen schrecklichen Moment verfolgen dich bis in den Schlaf.
Es ist die Angst von diesem Moment, die dich nicht loslässt.

So... was könnte man dagegen machen?

Sagen wir, es gibt eine Aufzueichnung von deinem Vortrag...
Den könntest du dir nicht so ohne weiteres ansehen, weil dich die Angst, die du in diesem Moment hattest, dazu bringen würde... zu weinen, oder die Augen zu schließen, oder bei verschiedenen Stellen des Vortrags wegzuhören... du versuchst es aus deinem Gedächtnis zu verbannen.

Nun, bevor du dir nun deinen Vortrag auf Video ansiehst, wirst du auf das Video vorbereitet... mit Übungen... so dass du dir das Video rationaler ansehen kannst... die Angst soll so nie ihren vollen Hochpunkt erreichen, sondern schon vorher von dir kanalisiert werden, dass sie für dich fassbarer wird.

Dann kuckst du gemeinsam mit einem Profi das Video... und bei den Stellen, wo du wegsehen möchtest (die du aus dem Gedächtnis streichen möchtest; die so schrecklich für dich sind, dass du gar nicht richtig über sie nachdenken möchtest), helfen die Übungen, dich zu beruhigen und dich aus die Situation einzustellen und dich mit ihr nocheinmal auseinanderzusetzen... der schreckliche Moment soll anders bewertet werden oder einen anderen Stellenwert bei dir einnehmen.
Und so geht es dann fort...

In deinem Fall ist es so, dass du nicht willentlich entscheiden kannst, wann du die Augen zumachst und wegsiehst, sondern das hat sich selbstreguliert (Verdrängtes, das zu immerwiederkehrenden Flashbacks führt, dissoziatives Verhalten, wo sich Erlebtes von Gefühlen spaltet...)... es ist selbst, es fängt von selbst an und hört von selbst auf.

Wie oben geschrieben lernst du in der Stabilisierungsphase dieses "von selbst" ein bisschen zu beeinflussen.
Und dann "kuckst du das Video".

Aber selbst beim Video kucken... der Film wird immer angehalten, wenn du möchtest, es müssen die Szenen nicht der Reihenfolge nach angesehen werden usw.
Also eines der wichtigsten Dinge bei der Therapie ist, dass sie sich danach richtet, dich nicht zu überfordern... und dir die größtmögliche Kontrolle zu lassen.

Dann, wenn du dich mit dem traumatischen Erlebnis mal stellen konntest (wenn das Trauma sozusagen aufgeknackt wurde), wird versucht das nun fassbare Erlebte zu verarbeiten.

Liebe Grüße!

#3
danke, liebe blueberry, für deine ausführliche erklärung. kann mir schon mehr darunter vorstellen jetzt.

obwohl... ich weiß selbst nicht genau. ich mach schon sehr lange therapie und ich würd selbst behaupten, dass ich schon sehr stabil bin...
ich hab zwar schon noch meine flashb. und in extrem situationen dissoziere ich... aber wenn ich über mein erlebtes nachdenke, dann tut es nicht mehr weh, deswegen weiß ich nicht, ob ich es überhaupt bearbeiten soll. wenn mich meine therapeutin drauf an spricht, und sei es nur, dass sie fragt, ob dieses und jenes aufgrund des ereignisses angefangen hat, dann blockiere ich total und bin wie versteinert. ich möchte es mittlerweile aber aufarbeiten, auch, weil ich angst hab, wenn ich es nicht tue, dass es wieder in ein paar jahren akuter wird :roll: nur weiß ich eben nicht,obs gescheit ist, wenn ich es nicht mehr als schmerzhaft empfinde, wenn ich darüber nachdenke... dann ist es ja eigentlich eh schon verarbeitet oder?! und die flashbacks...klingt blöd, aber ich denke nicht, dass sie mit dem trauma oder was auch immer zusammen hängen... denn die bilder, und die eindrücke... sie sind so verworren...

ach, es versteht wahrscheinlich eh niemand, was ich meine...

Danke aber vielmals, fürs antworten und lesen
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#4
hallo butterbrot!
es ist schwierig dir richtigen worte zu finden um das zu beschreiben was du meinst :roll:
ich denke ich verstehe es größtenteils. ich bin nun schon seit fast 5 wochen in der klinik. meine therapeutin hier betreut mich wirklich gut. und ich konnte mit ihr schon über viel reden. außerdem bin ich einmal in der woche in einer stabilisierungsgruppe. dort lerne ich übungen mit erinnerungen wie bildern oder gefühlen umzugehen. das letzte mal habe ich eine übung kennengelernt die mir hilft nicht in einen dissozierenden zustand zu gelangen.
wichtig ist eine der regeln in der gruppe, wir reden nicht im detail über das erlebte.
meine therapeutin überließ es ganz mir darüber zu reden. sie meinte aber auch, dass es nicht unbedingt erleichternd ist, denn die gefahr ist auch groß sich zu retraumatisieren... :roll: und wieder voll im damals zu sein
wichtig ist sich klarzumachen im HIER und JETZT zu sein.
es ist von mensch zu mensch unterschiedlich. mir tat es gut, denn ich wurde entlastet und hatte auch endlich einen begriff für das was damals geschah.

deshalb denke ich sind übungen zur stabilisierung am anfang am besten und auch unumgänglich.
hat dir deine therapeutin schon übungen gezeigt?

lg sasi
Auch wenn Du nicht weißt wie lang der Weg ist
und wohin er Dich führt,
bringt er Dich mit jedem Schritt weiter
Ich habe angefangen meinen Weg zu gehen.
Er wird nicht immer einfach sein aber es lohnt sich! Ich werde leben, einfach nur leben