Frage an alle Angehörigen

#1
Hmm, ich habe mal eine Frage an alle Angehörigen:

Wie habt ihr erfahren, dass euer/eure Freund(inn)/Verwandter oder wie auch sonst Bulimie hat? Habt ihr die Person "erwischt", angesprochen, hat sie von alleine gebeichtet? Habt ihr es geahnt? Und was habt ihr im ersten Moment gedacht (ganz ehrlich: ekel, abscheu...)? Und wie seid ihr dann damit umgegangen bzw. wie geht ihr jetzt damit um? Vermeidet ihr das Thema oder redet ihr auch darüber? Hat sich die Beziehung verändert?

Mir brennen diese Fragen echt unter den Nägeln und alleine kann ich mir keine Antworten ausmalen... Vielleicht könnt ihr ja was erzählen?

Re: Frage an alle Angehörigen

#2
sonnenblume hat geschrieben: Wie habt ihr erfahren, dass euer/eure Freund(inn)/Verwandter oder wie auch sonst Bulimie hat?
Sie hat es mir erzählt. - geahnt hatte ich schon was, - aber sicher war ich mir nie gewesen.
sonnenblume hat geschrieben: Und was habt ihr im ersten Moment gedacht (ganz ehrlich: ekel, abscheu...)?
Meine ersten Gedanken drehten sich um die Gespräche der letzten Tage.
Da ich eine Autoimunerkrankung diagnostiziert bekommen hatte die meine Nahrungsaufnahme sehr einschränkt, hatten wir die letzten Tage viel über Essen etc. geredet.
Ich bekam sofort ein schlechtes gewissen. - Als der erste Schock überstanden war, habe ich mir erstmal überlegt:
Was weis ich über die Krankheit, - ergebnis: fast nichts.
Also bin ich prompt ins Netz gegangen und habe ein Buch bestellt, im Internet nach Infos gesucht (so bin ich auch hier im Forum gelandet)
Ekel oder Abscheu habe ich nie verspürt, ich war nur in nem Strudel gefangen von Gefühlen aus Mitleid, Schuldgefühlen und Überforderung.
sonnenblume hat geschrieben: Und wie seid ihr dann damit umgegangen bzw. wie geht ihr jetzt damit um? Vermeidet ihr das Thema oder redet ihr auch darüber? Hat sich die Beziehung verändert?
Die Beziehung hat sich verändert, - die Freundschaft ist wesentlich enger geworden, - wir haben viel drüber geredet, - heute seltener, aber immer noch immer mal wieder.
Ich habe mich bemüht alles was mir möglich ist zu tun um sie irgendwie zu unterstützen, und bin stets bemüht möglichst viel für sie da zu sein.
Es ist schwierig, - es gab auch Probleme und die gibt es immernoch.
Die "Launen" machen mir zu schaffen - aber ich bemühe mich so gut es geht damit umzugehen, auch wenn mich das sehr mitnimmt.


So, - ich hab jetzt mal nach bestem Wissen und Gewissen geantwortet.
Wenn du weitere Fragen hast, - oder ich Fragen von dir falsch aufgefasst habe, oder du genauere Infos zu irgendwas haben willst, dann schreib einfach - gebe gerne Auskunft.

Alles liebe.

Jonas

#3
Bei mir war es folgendermaßen: Als ich meine damalige Freundin kennengelernt hatte, wusste ich absolut nichts. Aber an einem Abend, sie war ziemlich besoffen, hat sie es mir erzählt. Ich war wahnsinnig geschockt und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Informiert hab ich mich erstmal nicht, ich wollte alles von ihr selbst erfahren.

Nach und nach, als sie gemerkt hat, dass sie mir vertrauen kann, hat sie mir alles erzählt. Es war sehr erschreckend, aber ich gab mir Mühe zu versuchen es zu verstehen. Es hat lang gedauert, aber nach einiger Zeit wusste ich viel darüber(durch sie).

Ich hab das Thema nie gemieden. Wenn sie was erzählen wollte war ich für sie da. Es war für mich nichts schlimmes. Es war eine Tatsache, und ich wollte ihr helfen! Wenn ich etwas wissen wollte sagte sie es mir. Sie konnte mir vertrauen, und das war für sie extrem wichtig und aufbauend.

Grüße
Beppo
Manchmal hat man eine lange Straße vor sich. Aber man muß immer nur an den nächsten Schritt denken, den nächsten Atemzug und nicht die ganze Straße auf einmal. Denn nur dann funktioniert es, dann macht es Freude!

#4
erstmal danke für eure antworten. ich habe mir darüber so lange gedanken gemacht, aber diese situation in der ihr euch befinden müsst kann ich mir nicht vorstellen. gerade weil ich nicht wüsste wie jemand reagieren sollte... wobei ihr wohl eher die positiven beispiele seid. es gibt sicher viele die etwas gesagt haben und es bereut haben.

@ jonas:
ehrlich gesagt habe cih tatsächlich auch noch ne frage. aber nicht, weil du die anderen falsch verstanden hast :wink:
hättest du deine freundin irgendwann darauf angesprochen? weil du meintest das du was ahnst... und glaubst du, dass sie es wirklich erzählen wollte oder hat das einfach die situation ergeben und sie hat sich einfach "verplappert"? und wissen es mehr leute? macht sie ne therapie.

überhaupt, hat es euch schwer gefallen zu schweigen bzw. fällt es euch schwer zu schweigen? schließlich ist es ja schon ziemlich gefährlich. oder machen sie eh ne therapie?

danke noch mal für eure antworten und einen schönen Tag noch!

#5
Ich wieder mal :wink: Weil ich ja alles seh :lol:

Kann es sein, dass du diese Fragen stellst, weil du dich gerne jemandem anvertrauen würdest, aber Angst vor der Reaktion bzw. vor der weiteren Entwicklung der Beziehung hast?
Kann mich da ja jetzt täuschen aber da hätte ich auch eine Meinung dazu.
Ich hätte dir ja schon gestern geschrieben, wie es war, als mir meine Tochter von der Krankheit erzählt hat - habe aber das Gefühl gehabt, dass dich nicht wirklich die Reaktion einer Mutter interessiert :roll: Wieso wohl :?:
Nun zur Sache. Sich einem Partner anzuvertrauen, denke ich ist ganz wichtig, weil egal ob er damit umgehen kann oder nicht, die Beziehung nicht mehr verschleiert bleibt. Blöder Ausdruck. Aber so kommt es mir eben vor.
Was wenn der Partner damit nicht umgehen kann. Jahrelang die Krankheit geheim halten? Wenn der liebe Mensch mit der Krankheit nicht umgehen kann, kann er auch mit der Person nicht umgehen. Weil jeder Mensch der liebt, früher oder später merken müsste oder muss, dass etwas nicht stimmt. Dass die Person bedrückt ist, dass die Person sich zeitweise zurück zieht etc. etc.
Also eine wirklich intakte Beziehung kann nur funktionieren, wenn beide zueinander ehrlich sind. Und da gehört die Mitteilung einer Krankheit unbedingt dazu. Alles andere ist verstecken und verfälscht die Beziehung.

Alles liebe
Deine Hedi

#6
hedi, inzwischen gehe ich gar nciht mehr davon aus, dass du irgendetwas nicht mitbekommst! soweit bin ich schon :wink:

hmm, also irgendwie hast du schon recht. es wäre zumindest erleichternd sich jemanden anzuvertrauen. weil man dann bei einer person echt sein könnte. und weil es glaube ich mehr wirkt, wenn mir jemand auge in auge den kopf wäscht. außerdem könnte mir dann jemand vertrautes sagen, dass ich kein monster bin (das macht ihr auch, aber ihr seht mich doch gar nciht). dadurch macht man sich aber auch verletzbar und man riskiert es, dass eine freundaschaft in die brüche geht! andererseits, kann man dann von freundschaft reden? da hast du wohl recht.
und andererseits denke ich oft, dass ich keinem was erzählen muss, weil ich ja eh gerade gesund werde (tag 6) und dann hat es keinen zweck bzw. sinn mehr. außerdem würde ich nciht wollen, dass mich die person zuzr thera zwingt oder so! oder das sie im zwiespalt kommt weil sie denkt, dass ich mich kaputt mache. puhh, und was ist wenn es dann jemand erfährt und alles rauskommt? meine ganze welt bricht zusammen!

an meine mutter denke ich da sicherlich nciht, dass stimmt wohl. das hast du dir schon richtig gedacht (war wohl auch keine überraschung). und da ich keinen freund habe (sowas geht bei mir gar nciht seit...) würde ich wenn dann einem platonischen freund was davon erzählen. die erste männliche person, die mein vertrauen seit langer zeit gewonnen hat und auch so ziemlich die einzige, die mich und meine "zicken" ernst nimmt!

hmm, also wie du es von deiner tochter erfahren hast, dass weiß ich noch gar nciht (haste mir noch nciht erzählt). aber ich würde es gerne wissen. und wie du reagiert hast und ob du was geahnt hast...???

#7
Wieder da :wink:
Du schreibst
die erste männliche person, die mein vertrauen seit langer zeit gewonnen hat
Naja so wirklich hat er da ja noch nix gewonnen, wenn du ihm deine Krankheit noch nicht anvertraut hast :roll: Aber das kann ja noch kommen.

Wie ich reagiert habe als ich es von meiner Tochter erfahren habe?
Also ich habe es schon länger vorher vermutet und hatte damals wohl noch keine Ahnung von Bulimie. Ich wusste darüber eben nur, dass man das Essen gewollt wieder erbricht. Warum man das tut? Wie es dazu kommt? Null Ahnung. Ehrlich gesagt, was die eigentliche Handlung betrifft, habe ich das auch heute noch nicht.
Also ich habe sie immer wieder darauf angesprochen und ihr immer wieder versichert, wenn dem so ist, könne sie es mir sagen. Denn ich war immer der Meinung, es gibt Nichts, das man nicht wieder in Reine bringen könnte. :roll: :roll:
Naja und eines Tages war sie so verzweifelt, dass sie es ihrer Mutter unbedingt anvertrauen musste. Sie konnte und wollte nicht mehr alleine damit fertig werden.
Ich war damals natürlich total verzweifelt und hilflos, als ich mit der Wahrheit konfrontiert wurde. Und ich habe ihr sofort angeboten, proffessionelle Hilfe zu suchen. Aber dagegen wehrte sie sich total. Und so verblieben wir, dass sie mir alles sagen kann und wir sehr viele Gespräche in Zukunft führen werden und ganz viel für einander da zu sein.
Ging auch ein paar Wochen glaub ich gut. Bis ich merkte, dass sie sich von mir kontrolliert fühlte und sie das Vertrauen dadurch wieder verlor.
6 Monate später ging es ihr so schlecht, dass ich sie zu einer Therapie überredete. Sie begann mit Gruppentherapie. Eine Weile ging das gut, bis sie auch das wieder schleifen lies.
Ach und dann kamen so viele Kämpfe, die hier viel zu viel Zeit und Platz brauchen würden.
Ich kann bis heute nicht wirklich sagen, ob sie all diese Therapien, zu denen ich sie überredete auch wirklich wollte. Aber meine Verzweiflung erzeugte Angst um sie und das wusste sie auch.
Lassen wir diese Ausführung jetzt mal so stehen.
Du bist ein echter Schatz, weil du Einiges mit mir anstellst.
Und ich hoffe inständig, dass ich dir weiter helfen kann.

*drück dich*

#8
sonnenblume hat geschrieben:
@ jonas:
ehrlich gesagt habe cih tatsächlich auch noch ne frage. aber nicht, weil du die anderen falsch verstanden hast :wink:
hättest du deine freundin irgendwann darauf angesprochen? weil du meintest das du was ahnst... und glaubst du, dass sie es wirklich erzählen wollte oder hat das einfach die situation ergeben und sie hat sich einfach "verplappert"? und wissen es mehr leute? macht sie ne therapie.

überhaupt, hat es euch schwer gefallen zu schweigen bzw. fällt es euch schwer zu schweigen? schließlich ist es ja schon ziemlich gefährlich. oder machen sie eh ne therapie?
Weis nicht ob ich sie drauf angesprochen hätte - wenn, dann hätte sie vermutlich auch eher abgeblockt, daher glaube ich eher nicht... die Freundschaft war früher (bevor sies mir erzählt hat) auch nicht so tief...

Sie hat es mir dann bewusst erzählt, aber die Situtation war trotzdem "passend", war halt gerade keine Witz-stimmung, sondern waren allgemein bei "ernsteren" Themen und hatten über Sachen / Gefühle gesprochen die uns beschäftigt haben

Es wissen neben ihren Eltern und mir meines Wissens nach noch 2 Freunde, genau weis ich es aber nicht...

Ja sie macht eine Therapie, seit ca. einem Jahr.

Was du mit schweigen meinst weis ich nicht, ich beantworte mal beide möglichkeiten.
Zu schweigen => sie ansprechen auf die bulimie, - wegen Unwissenheit etc. ist es mir nicht sehr schwer gefallen zu schweigen, also sie nicht drauf anzusprechen.

Zu schweigen => niemandem von der bulimie erzählen nachdem sies mir gesagt hat:
nein überhaupt nicht, ich sehe es als großen Vertrauensbeweis dass sie mir das gesagt hat, und ich werde mich hüten dieses Vertrauen zu m issbrauchen.
Aber dieses "nicht drüber reden können" ist auch ein Grund warum ich hier im Forum bin.
Denn nur hier kann ich über die bulimie reden, - und darüber was meine Probleme, Ängste und Gefühle sind. Denn mit Freunden kann ich nicht darüber reden, da diese ja nichts von der bulimie wissen...

Gruß
Jonas

#9
@hedi:
ich überlege so oft, ob auch bei mir jemand etwas ahnt... aber eigentlich glaube ich, dass ich dafür viel zu perfekt schauspieler. ich denke nciht, dass irgendjemand auf die idee kommen könnte!
und darum wäre es auch doppelt mutig was davon zu sagen... im moment läuft es eigentlich ganz gut, dass hast du bestimmt schon ausspioniert, aber ich weiß das es trotzdem nciht vorbei ist. denn wenn ich alleine bin und es außer kontrolle läuft, dann werde ich wohl wieder kotzen. und am schwierigsten wird es, wenn ich ab oktober wieder studiere und ich alleine lebe. dann kann ich für ncihts garantieren und mich so richtig in der krankheit suhlen.
und genau dieses: es wird ja gerade alles gut und dieser zweifel mit dem blick in die zukunft machen es mir so schwer zu entscheiden ob ich was sage. warum die pferde scheu machen, wenn es doch das letzte mal war?
oh, und ich denke schon, dass ich vertraue. zumindest für meine verhältnisse. mein vertrauen wurde schon oft in die tonne getreten, darum fällt es mir so schwer. und wenn man das bedenkt, da ist das ein riesen vertrauen!
ich stelle mir das echt schwer vor! wenn es dann raus ist, ich würde mich immer kontrolliert fühlen und doch hoffen, dass mich jemand kontrolliert. und ich hätte angst, dass mich jmd. zur therapie zwingen würde. und ich selber wüsste gar nciht, wie ich erklären sollte warum ich tue was ich tue!

und ja, du hilft mir weiter. weil ich darüber schreiben kann und das hilft sehr! aber besonders weil du mir so ne verflixt andere perspektive zeigst! ich hoffe nur, dass ich nicht zu sehr in alten wunden rumwühle...

@jonas:
ich wünsche mir manchmal, dass mich jemand darauf anspricht. denn wenn es einmal raus ist, brauche ich es nciht mehr aussprechen. und ich denke auch, dass sich sowas aus der situation ergeben muss. ich glaube, sowas könnte ich nciht planen....
mit dem schweigen meine ich die tatsache es niemanden zu sagen. bei deiner freundin wussten es ja die eltern, aber wenn sie es nciht gewusst hätten? nur du alleine? ich habe angst, dass die person terror macht und sagt das es das einzig vernünftige wäre damit ich hilfe bekomme und so...

#10
mit dem schweigen meine ich die tatsache es niemanden zu sagen. bei deiner freundin wussten es ja die eltern, aber wenn sie es nciht gewusst hätten? nur du alleine? ich habe angst, dass die person terror macht und sagt das es das einzig vernünftige wäre damit ich hilfe bekomme und so...
Was "deine" Person macht, kann ich nicht vorraussagen.
Aber mein persönlicher Kodex schreibt mir vor, das persönliche Sachen die mir Freunde erzählen ohne die ausdrückliche Erlaubnis der Person nirgendwo anders hin gehören. Für mich bedeutet Freundschaft vorallem Vertrauen, - ich möchte meinen Freunden vertrauen können, also will ich auch, dass die mir vertrauen können.

Re: Frage an alle Angehörigen

#11
sonnenblume hat geschrieben:Hmm, ich habe mal eine Frage an alle Angehörigen:

Wie habt ihr erfahren, dass euer/eure Freund(inn)/Verwandter oder wie auch sonst Bulimie hat? Habt ihr die Person "erwischt", angesprochen, hat sie von alleine gebeichtet?
Ich habe meine Freundin gefragt ob sie sich eine Beziehung vorstellen kann. Nach ein paar Tagen Bedenkzeit hat sie mir dann von Ihrer Bulimie und den Gründen dafür erzählt damit ich weiß worauf ich mich einlasse. Wir hatten uns bis zu diesem Zeitpunkt erst ein paar Mal getroffen, ging also relativ schnell.
Habt ihr es geahnt?
Nein
Und was habt ihr im ersten Moment gedacht (ganz ehrlich: ekel, abscheu...)?
Ich hatte mich schon vorher für sie entschieden und dann war es für mich relativ schnell klar das ich sie dabei unterstützen werde. Negative Gedanken gab es von meiner Seite eigentlich nie.
Und wie seid ihr dann damit umgegangen bzw. wie geht ihr jetzt damit um? Vermeidet ihr das Thema oder redet ihr auch darüber?
Wir sind schon von Anfang an offen zueinander und reden somit auch über Bulimie und alle anderen Probleme.
Hat sich die Beziehung verändert?
Wir vertrauen uns dadurch noch mehr und die Beziehung ist intensiver geworden.