Sprecht düber! Videotagebuch

#1
Hey Leute,
ich selber leide jetzt seit drei Jahren an Bulimie.
Klar ich habe **kg zugenommen, da man nur einen Teil der Nahrung wieder erbricht.

Bulimie und generell Essstörungen sind Suchtkrankheiten. Man kommt nicht davon los, weil man die Krankheit und ihre Folgen innerlich verdrängt.

Ich denke es ist sehr wichtig für die Betroffenen, anzufangen sich mit ihrer Essstörung auseinander zu setzen und darüber zu reden. Man muss einfach einsehen, dass es nicht hilft, sich jeden Tag einzureden 'morgen wird sich alles ändern'..

Deswegen habe ich gestern angefangen ein Videotagebuch zu führen. Ich erzähle über meine Krankheit, Folgen und was mir hilft. Ich möchte damit nicht nur mir helfen, sondern auch anderen zeigen, dass man mit dieser 'Störung' nicht alleine ist, dass man darüber sprechen muss und dass man sich nicht dafür schämen braucht.

Ich würde mich freuen, wenn ihr mal reinschaut ,

http://www.youtube.com/channel/UCzR63P1 ... 6lw/videos

Liebe Grüße,

Claire
Zuletzt geändert von Caruso am Mo Jan 27, 2014 22:35, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Sprecht düber! Videotagebuch

#2
Liebe Klara,

du scheinst noch nicht soo alt zu sein, oder?
Mhh, will sagen: Du hast noch so viel vor dir; Schule, Beruf, Studium etc.
Und was im Netz steht, steht für immer im Netz.

Ich an deiner Stelle würde das sein lassen und lieber mit Freunden und Familie reden...

Aufklärung findet an anderen Stellen schon genug statt.

Re: Sprecht düber! Videotagebuch

#3
Hi Claire,

Deine bislang zwei Videos habe ich mir (kritisch...:-) ) angeschaut.

Mein erster Gedanke (schon als ich Deinen threat hier las) war: Weiß sie, was sie tut? Nachdem ich Deine Videos dann gesehen hatte, dachte ich: Okay, ja, sie scheint das zu wissen. Zu wissen, dass da eine potentielle Weltöffentlichkeit vor Dir oder gegenüber steht. (Potentiell, weil man nie weiß, wie viele Leute das wirklich schauen, was mit den Videos geschieht usw.)

Ob - wie Christie (die ich sehr schätze! :-) ) schreibt - an anderer Stelle schon genügend Aulärung stattfindet, weiß ich nicht. Kann ich nicht beurteilen, aber zumindest bist Du ein Individuum, d.h. Dich gibt es dort noch nirgends und ich weiß auch nicht, ob oder wie viele solcher Tagebucher 'im Umlauf' sind. Zumindest keines, das mir via Nachrichten zu Ohren gekommen ist, aber auch da bin ich nicht hyperinformiert.

Was ich auch dachte - und ich bin da einfach mal sehr offen mit meinen Gedanken, weil mit sowas musst Du ja auch rechnen - war: Das wirkt in der Tat sehr authentisch, was ich schon mal gut finde. Aber ich dachte auch: Also die Tiefpunkte der Bulimie sind da nun noch nicht dikumentiert. Ich will Dich keinesfalls anstiften, dies zu tun! Aber ich dachte ein wenig: was, wenn mal so ein richtiger Tiefpunkt kommt und laut deinem Plan müsstest du das dann auch dokumentieren. Noch ist alles quasi 'cool' und relativ gefasst und gehalten, aber: wird es so bleiben?
Ich selbst hatte mal die Idee ein Buch über meine Krankheit zu schreiben (inzwischen gehöre ich zu den Ehemaligen mit sehr seltenen "Rückfällen" in Form von FAs, die sich aber auch sehr (rein Mengenmäßig was das Essen angeht) in Grenzen halten). Aber ich habe bald bemerkt, wie sehr mich das auch anstrengt und dass ich mir damit irgendwie selbst Leid antat, insofern mir dabei auch immer klarer wurde, dass ich selbst Hilfe brauche. Wie sollte ich aufklären und andere dazu auffordern Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn ich selbst es nicht tat? Das war ein wenig schizophren. Klar, weil ich es nicht konnte und weil das zur Krankheit gehörte (keine Hilfe in Anspruch nehmen zu können). Aber irgendwann stellte ich fest, dass meine Gesundheit viel wichtiger ist als jedes Dokument (Dokumentation der Krankheit), dass ich nicht eine Lebensaufgabe oder ein Kunstwerk oder eben ein Buch daraus machen wollte, sondern mich eigentlich ganz andere Dinge interessierten. Ich wollte nicht - um es so zu sagen - für meine ES bekannt werden!

Vielmehr wollte ich also von der Krankheit so frei sein, dass ich meine Begabungen, Energien usw. in anderes stecken konnte.

Anders als Christie finde ich Deine Idee usw. nicht soooo schlecht. Es gehört durchaus auch Mut dazu und sehr viel innere Haltung, wenn man sich wirklich bewusst ist, was man da tut. Du artikulierst Dich sehr gut, man merkt, dass Du eine ernsthafte Auseinandersetzung führst, ein starker und intelligenter Mensch bist. Wäre ich eine potentielle Arbeitgeberin von Dir und dieses Video würde mir zum Bewerbungsgespräch bei mir... ;-) vorliegen, so würde ich dich darauf ansprechen. Es wäre für mich keinerlei Ausschlusskriterium, was aber evtl. daran liegt, dass ich einfach selbst einmal diese Krankheit hatte. Andere können das aber ganz anders sehen - solche "Dinge" polarisieren. Du musst wissen, ob Du dem gewachsen bist und ob es für Dich okay ist, den "Stempel" Bulimie zu haben.

Das ist in meinen Augen alles nicht 'schlimm', man kann das machen, man kann auch damit leben und umgehen. Aber vielleicht gäbe es auch ein anderes Projekt und andere Inhalte (anstelle der Bulimie), für die Du kämpfen und die Du vertreten möchtest? Dass Du die Bulimie hast, ist gewissermaßen sowas wie Schicksal, das hast Du Dir nicht bewusst ausgesucht. Und ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass die Themen und Projekte, die man sich aber gänzlich unabhängig von dieser Krankheit aussucht, glücklicher machen. Und sie helfen Dir nicht weniger beim Überwinden der Krankheit mit dem Vorteil, dass Du aus dem "Teufelskreis" ausbrichst und die Krankheit nicht zum Haupttheme deines Seins, Wissens, Könnens, Vermögens usw. machst.

Ich halte Dich - vom Video-Eindruck - für sehr rege und intelligent. Ich selbst habe aber damals den Weg gewählt, mich in ganz anderen Bereichen 'hervor' zu tun, um dann vielleicht später einmal nebenbei von meiner Krankheit zu erzählen (wenn es mich dann überhaupt nich interessiert - ich helfe sehr gerne und kläre auf, aber eine Öffentlichkeit braucht es dafür nicht, sondern nur jemanden, der mir gegenüber tritt und Hilfe braucht oder etwas über Bulimie wissen möchte).

Mut will ich Dir machen, verstehe mich nicht falsch. Absolut. Ich finde Deine Idee nicht schlecht, du willst etwas verändern und bewegen und hast die Leidenschat, dafür Dein Leben, Dein Herz und Deine Seele 'herzugeben'. Das ist super! Nur eben diese eine Frage bleibt: Willst Du all das für die Bulimie bzw. 'gegen' die Bulimie machen? Ist Medizin, Psychosomatik und Co. Deine Leidenschaft? Willst Du Methoden der Bulimiebewältigung entwickeln? Oder meinst Du, das Du eben jetzt dieses "Projekt" hast, und danach kommt ein anderes? (in das Du genauso viel Herz und Co. stecken kannst) Und wenn es noch ein anderes Traumprojekt von Dir gibt, waurm Zeit verschwenden und dich nicht gleich auf das hin ausrichten, eine Therapie machen und die Bulimie quasi gänzlich privat klären?

Aber Du kannst natürlich auch - extrem gesprochen - für Dein Bulimietagebuch 'berühmt' werden. Willst Du das? Möchtest Du dafür stehen? Und danach einen in irgendeiner Weise Psychologischen Weg gehen? Oder dieses Kapital dann mir nichts, dir nichts abschließen und was ganz anderes machen? - Ist alles möglich. - Prüfe Dein Herz.

Liebe Grüße
Laona

Re: Sprecht düber! Videotagebuch

#5
Liebe Claire,

Ich hätte mir deine Videos gerne angeschaut aber anscheinend hast du sie wieder raus genommen.

Ich bin bei solchen sachen auch ziemlich geteilter meinung...
Einerseits find ich dass echt mehr öffentlichkeitsarbeit betrieben werden muss für psychische störungen (nicht nur für ES. Ich selber hab auch mehrere DIagnosen).
Andererseits ist es so, wie Christie und Laona schon gesagt haben....will man wirklich dass die ganze welt weiß, welche psychische probleme man hat?
Ich würd zum beispiel gern mehr darüber reden. Ich würd gern meiner neuen klasse erzählen warum ich im Krankenhaus war und was es heißt psychisch krank zu sein. weil auch wenn wir ein studiengang für einen sozialberuf sind, kennen sich viele nicht wirklich aus damit.
aber andererseits...das sind später meine arbeitskollegen!! Daher hab ich beschlossen zwar dazu zu stehen, dass ich im Krankenhaus war, aber nicht über meine Diagnosen zu reden.
Noch dazu, weil ich später in der Psychiatrie arbeiten will!
Hätte einfach auch ur angst, dass meine vorgesetzten irgendwie von meinen psychischen problemen erfahren....

Ich hab aber einmal bei so nem informationsdreh über selbstverletzendes verhalten mit gemacht wo ich meine geschichte bissi erzähle. Aber da bin ich nicht zu erkennen und meine stimme wurde verändert.
Ärger mich nur grad bissi weil sie das video anscheinend aus youtube rausgelöscht haben -.- find es zumindest nicht mehr.
aber auf ner homepage ist es immer noch zu sehen. falls es wen interessiert schick ich gerne den link :)

Ein Buch über die Krankheit würd ich auch gern mal schreiben....
Mal schauen ob das was wird. weil es is bissi schwierig weil eine große hilfe aus der krankheit heraus (mir gehts momentan mit dem essen so gut wie schon ewig nimmer) waren einige meiner mitpatienten. und wie erzähl ich von diesen gesprächen ohne was von meinen mitpatienten zu erzählen? Aber schau ma mal :)

Insgesamt red ich übrigens schon über die Krankheit. Meine ganze Familie und meine engen Freunde wissen alle bescheid!
Und sie wissen auch dass sie mich jederzeit fragen können wie das ist.
Mein Cousin ist aber glaub i der einzige der echt anspruch davon genommen hat. Seine Freundin hat damals mit ihm schluss gemacht weil sie in eine Essstörung gerutscht ist. Und da hab ich ihn einfach erzählt wie man sich fühlt in dem fall und was er für sie tun kann.

ja soviel mal von mir :)
Ich hoffe du findest einen weg wie man die öffentlichkeit drauf aufmerksam machen kann ohne sich vor aller welt zu outen! Vllt mit anonymen videos? Also wo man sich verzerrt damit man einen nicht erkennt?
Wenn du heute aufgibst,
Wirst du nie wissen,
Ob du es morgen geschafft hättest!
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