Unverständnis, Wahrheit oder irgendwas Verletzendes suchen?

#1
Guten Abend!

Das wird ein längerer Beitrag, weil ich mich bei der Geschichte einfach nicht kurz fassen kann.
Es geht um einen Jungen (Menschen, es geht nicht um Verliebtheit oder sonstiges), der mich wütend macht und mit seinen Anschuldigungen sehr verletzt hat.

Wir haben uns vor 2 Monaten kennengelernt und waren sehr schnell auf einer Wellenlänge. Dabei sind wir sehr schnell auf das Thema Depressionen und Neurosen gekommen und es hat sich herausgestellt, dass er sehr depressiv ist und auch Probleme mit seinen Eltern hat, die aber, wie er selbst zugibt eher von seiner Einstellung und Art und der verlorenen Geduld seiner Eltern herrühren, da er die Depressionen (nicht-aufstehen wollen, schneller Verlust von jeglicher Motivation(wiederholt die 11. Klasse zum 3. Mal), er fühlt sich am Wohlsten, wenn er allein in seinem Zimmer hockt, bei seinen Beziehungen kann er keine echten Gefühle aufbauen etc.) schon hat, seitdem er 12 ist.
Letztlich riet ich ihm zu einer Therapie, da er mir sympathisch war und ihm das auch sagte, obwohl er natürlich vorher die Argumente wie "ich schaff das schon allein" fallen ließ.
Wir verblieben in der Abmachung, dass er das mal ausprobiert und bei einem Psychologen anruft +einen Termin macht. Als wir das nächste Mal in Kontakt waren, erzählte er mir zwar einen Termin bekommen, jedoch abgesagt zu haben. Ich sagte nichts weiter dazu und wir unterhielten uns über andere Themen.

Vor ein paar Tagen fragte ich ihn, wie es ihm in der Hinsicht so geht und er meinte, dass er schon seit 2 Wochen zu Hause in seiner "eigenen, kleinen" Welt rumhinge und nicht in der Schule war.
Naja, obwohl ich natürlich nicht seine Mama bin, meinte ich, dass es dämlich sei, mich so eine Einstellung wütend mache und er Hilfe brauche.
Darauf kam eine sehr aggressive Antwort, in der er verdeutlichte, dass ich eine "unverschämte Arroganz" besitze, in dem ich vorgebe zu wissen was er bräuchte, in ihm vorginge und ich paranoid und pessimistisch über ihn dächte.
Darauf fragte ich ihn was an seiner Situation nicht pessimistisch sei und er stellte mir die Gegenfrage warum es mir so gefällt, ihn an seine miserable Lage zu erinnern.
Obwohl es eigentlich klar ist, habe ich keinen Spaß daran einen Menschen zuzusehen, wie derjenige den Bach runtergeht und ganz sicherlich keine Person bin, die Probleme einfach ignoriert.
Es war natürlich übertrieben, ihn so direkt anzufahren, dass er große Scheiße baut, doch hätte ich nie mit einer solchen Reaktion gerechnet.
Persönlich wäre ich demjenigen dankbar gewesen, wenn mich einer in meiner miesesten Phase mal gerüttelt hätte.
Aber von ihm kam nach der obigen Erklärung nochmal, dass ihn meine Meinung (also zu wissen was er bräuchte) "anekle".
Unsere Auseinandersetzung ging mit meiner Aussage, dass er sich in die Ecke gedrängt fühle und ich seine wirklich kalten, feindlichen Argumente und das fehlende Verständnis für Kritik ekelhaft fände, er darauf nur meinte, dass ich ihn nicht in die Ecke drängen könne und ich es mir nicht erlauben darf ihn zu beurteilen.

Also, so kurz unsere "Freundschaft" auch war, es hinterlässt irgendwie hilflose Wut in mir. Am Liebsten hätte ich ihm bei der Diskussion auf jeden Satz "fick dich!!" geantwortet, hab mich aber zusammengerissen.
Der Grund für meine wirklich ausführliche Beschreibung des Streits ist meine Ratlosigkeit, da ich meine Gefühle nicht ergründen kann.
Bin ich sauer, weil er die Wahrheit gesagt hat, weil ich mich wie eine Mutti aufführte und ihn (unterbewusst?) zu irgendwas zwingen wollte? Bin ich sauer, weil er nicht meinem "Plan" gefolgt ist, ich bei meiner Manipulation gescheitert bin?-aber das hätte viel früher kommen müssen, da ich nicht sauer war, als er sich entschied nicht zum Psychologen zu gehen.
Bin ich sauer, weil er (für mich zumindest) unbegründete Anschuldigungen fallen ließ, weil ich es gut meinte und ich fühle, dass ich Beleidigungen wie "ekelhaft" nicht verdient habe?
Ehrlich, mich ängstigt die Vorstellung so ungerecht und herrisch zu sein, wie er es gesagt hat.
Liebe Grüße,
lilaBleistift.
Endlich, am Boden und liegend,
öffnete ich meine Augen und bemerkte,
dass ich mich mein ganzes Leben selbst gejagt hatte.

Dabei kam ich nur wenige Meter weit.

Re: Unverständnis, Wahrheit oder irgendwas Verletzendes such

#2
Hallo !
dass er schon seit 2 Wochen zu Hause in seiner "eigenen, kleinen" Welt rumhinge und nicht in der Schule war.
Naja, obwohl ich natürlich nicht seine Mama bin, meinte ich, dass es dämlich sei, mich so eine Einstellung wütend mache und er Hilfe brauche.
So etwas kommt vor. Man kann kranken Menschen Hilfe anbieten, aber man kann ihnen das nicht vorschreiben. Sie müssen es SELBST einsehen, dass sie Hilfe benötigen. Manche müssen für diesen großen Schritt Richtung Gesundheit tief durch die Scheisse laufen, aber das gehört dann wohl zum Gesundwerden dazu.

Es ist ohne Zweifel sehr lieb und vorbildlich, Deinem Kumpel Hilfe anzubieten. Aber leider muss man/musst Du damit rechnen, dass die betreffende Person Zeit braucht, um die Wichtigkeit zu erfassen.

Klar ist er dann wütend auf Dich geworden... mich hat es früher auch sowas von angekotzt, als mir alle möglichen Leute sagten "MACH THERAPIE WEGEN DEINER ES!!!!"... ich wollte es selbst bestimmen... ich wollte mir die Zeit lassen, da rauszukommen. Und ich habe es geschafft!

Naja, es ist schon hart als Angehöriger.... Man muss ständig Hilfe anbieten, in der Hoffnung, dass ihr Wert anerkannt und sie angenommen wird. Man muss GEDULDIG sein. Anders geht es nicht.

Vielleicht könntest Du Deinen Kumpel zu einem Gespräch begleiten oder es ihm irgendwie nahelegen, dass er gegen seine Stimmung etwas tun muss.

Frage ihn mal, ob er in seinem Zustand glücklich ist und sich so en tolles Leben vorstellt... Ob er Dir glaubt, dass alles besser werden kann... Ich weiss auch nicht, aber bei solchen Menschen muss man total einfühlsam sein und die eigenen Gefühle unter Kontrolle haben... klar kann man sagen, dass man es ncht gut findet.... aber anschreien, beleiden usw. treiben den kranken Menschen noch weiter weg von der Genesung.

Naja, ansonsten hilft.. viel reden lassen, zuhören, beraten. Aber ohne zu vergessen, auch an sich selbst zu denken. Du kannst ja auch nicht Dein ganzes Leben dafür aufopfern, sondern eine Balance finden, irgendwie.

Liebe Grüsse
Zuletzt geändert von CoCoRiCo am Mi Dez 01, 2010 17:54, insgesamt 1-mal geändert.
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: Unverständnis, Wahrheit oder irgendwas Verletzendes such

#3
Dein Freund hat sich in seine Welt zurückgezogen, in der er sich aus seiner Sicht wohl fühlt. Er hat einen Tunnelblick zur Zeit und redet sich es einfach gut. Mehr noch - er ist sehr wahrscheinlich sogar davon überzeugt, daß es ihm gut geht !

In dieser Phase kommst Du nicht an ihn heran, schon gar nicht mit tausend guten (und richtigen Argumenten). Du kannst mit Engelszungen schalmaien, es wird nichts verändern. Der Einzige, der an seiner Situation momentan etwas ändern kann, ist er ganz alleine. Seine Zornesausbrüche Dir gegenüber ist seine Hilflosigkeit in verbaler Form zum Ausdruck gebracht. Diese Unfähigkeit, etwas ändern zu können oder zu wollen, zu haben und sie wohl auch zu erkennen, sich aber eingestehen zu müssen, unfähig zu sein, dagegen vorzugehen.

Er sitzt in einer Ecke und sieht sich selber zu und das, was er da sieht, gefällt ihm nicht, aber zugeben würde er es niemals. Deswegen bekommst Du volle Breitseite, weil Du eben Recht hast, mit dem was Du ihm sagst. Aber er mag es nicht hören ! Er will sich nicht mit seiner Situation kritisch beschäftigen, er arrangiert sich ja gerade mit ihr.

Nimm es nicht persönlich, bunter Bleistift - es hat absolut nichts mit Dir zu tun !

lG
Caruso
Die Weisheit lief mir nach, doch ich war schneller .....

Re: Unverständnis, Wahrheit oder irgendwas Verletzendes such

#4
ich habe aehnliche erfahrungen mit einer freundin gemacht. das ist jetzt schon gut 2 jahre her. wir hatten eine weile keinen kontakt bevor sie sich dann wieder bei mir gemeldet hatte. es ging ihr sehr schlecht, depressionen. ich hatte grade meinen kampf begonnen. habe mich viel mit positiv denken und selbstliebe beschaeftigt, viel gelesen...
ich habe ihr versucht einen anderen blickwinkel zu zeigen, sie aufzumuntern. ihr gesagt, dass es doch eine zukunft gibt... habe mir muehe gegeben und wollte so gern helfen.
wir haben uns statt dessen oft gestritten. sie hat mir auch unglaubliche dinge vorgeworfen. dabei nicht einmal gefragt wie's mir eigentlich geht.

sie hat jetzt ein kleines kind und ihre depression ueberwunden. jetzt komm ich mit meinen problemen zu ihr... neulich meinte sie, sie dachte ich haette sie damals nicht verstanden! (ich: wie bitte??? grade ich! :shock: )
sie wollte doch nur, dass jemand anerkennt wie es ihr geht. sie sagte, niemand will solche negativen dinge hoeren, man fuehlt sich als haette man kein recht so zu fuehlen.
->sie wollte nur reden

schwer zu sagen was ich falsch oder richtig gemacht habe, ob sie unfair war oder ich zu nervig... wahrscheinlich eine mischung aus dem ganzen.
leute mit solchen problemen sind ja auch sehr empfindlich.
nimm dir bitte seine worte nicht so zu herzen!!! er meinte es sicher gar nicht so.
immerhin willst du nur helfen. deine absicht ist ja gut!
Enemies
They stick to my head
They run with my feet
I'm doomed to be bad

Re: Unverständnis, Wahrheit oder irgendwas Verletzendes such

#5
Hey meine Lieben,


ich danke euch unwahrscheinlich für die Worte, denn schließlich bin ich bei solchen dingen leicht zu verunsichern.
werde trotzdem erstmal keinen kontakt mehr zu ihm pflegen, da grade meine eigenen aggressionen und paranoiden gedanken ein großes ausmaß annehmen, dass ich keinem menschen eine stütze sein kann.
Endlich, am Boden und liegend,
öffnete ich meine Augen und bemerkte,
dass ich mich mein ganzes Leben selbst gejagt hatte.

Dabei kam ich nur wenige Meter weit.

Re: Unverständnis, Wahrheit oder irgendwas Verletzendes such

#6
lilaBleistift hat geschrieben:Hey meine Lieben,


ich danke euch unwahrscheinlich für die Worte, denn schließlich bin ich bei solchen dingen leicht zu verunsichern.
werde trotzdem erstmal keinen kontakt mehr zu ihm pflegen, da grade meine eigenen aggressionen und paranoiden gedanken ein großes ausmaß annehmen, dass ich keinem menschen eine stütze sein kann.
Das ist schön :)

lg
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.