In der heutigen Zeit "normal"?

#1
hallo

ich muss euch mal was fragen: mir fällt auf, dass es irgendwie immer mehr leute gibt, die eine ES (oder ein anderes psychisches problem) haben und es aber auch öffentlich preis geben. es "schämt" sich keiner mehr so richtig dafür.
ist es normal geworden an einer psychischen krankheit zu leiden? ist es einfach die heutige zeit?
früher wäre es doch ein skandal gewesen, wenn man zum psychologen geht, oder? heute ist es völlig normal.

ich hatte vor ca. 2 wochen klassentreffen. ich traf eine damalige gute freundin von mir. wir haben uns unterhalten und nach einiger zeit meinte sie, sie hätte probleme mit dem essen. naja, ich hab ihr dann meine geschichte erzählt und wir haben darüber gesprochen, als wärs das normalste der welt, eine ES zu haben. bei ihr ging es eher in richtung sportbulimie.
erschreckend!
mein cousin leidet auch an einer ES (denke ich zumindest). er hat in kürzester zeit sehr viel abgenommen, isst nichts mehr, wenn wir alle zusammensitzen und kaffetrinken (oder abendessen). ausserdem sieht man ihn nur noch auf dem rad oder irgendeiner anderen sportlichen tätigkeit nachgehen. naja, meine ganze familie kennt meine geschichte und geht davon aus, sein essverhalten ist auch nicht normal. aber ansprechen tut ihn keiner. jeder nimmt es eben so hin.
da ich seit einiger zeit etwas mehr auf meine ernährung achte, sport treibe und auch etwas abgenommen habe, sind mein cousin und ich eben die, "die nur essen dürfen, wenn sie sport gemacht haben" (so stellt man uns zumindest hin). so in der art "sie kann ja etwas essen, sie stand ja heute schon aufm crosstrainer". naja, ich nehms ned ernst, da ich ja weiss, wie es wirklich ist. aber wir zwei sind "die essgestörten" :roll:

auch anderen, denen man von der ES erzählt, sind nicht schockiert oder erstaunt darüber. für viele ist es völlig normal. findet ihr auch? oder kommt es mir nur so vor?
meistens "beichtet" mein gegenüber dann auch dinge, die schlimm für ihn/sie sind. muss ja keine ES sein, aber depressionen oder sonstiges.
ich find das wirklich erschreckend.

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#2
Liebe Jersey
einerseits ist es sicher so, dass heute psychische Probleme häufiger sind, bzw. häufiger medizinisch behandelt werden. Dies hat mit der heutigen Gesellschaft zu tun, Leistungsdruck, Gruppenzwang, Schönheitsideale, Vereinsamung (u.a. wegen elektronischer Medien), zu wenig Bewegung usw. Andererseits ist es doch erfreulich, dass solche Erkrankungen mehr und mehr enttabuisiert werden. Man "darf" dazu stehen, ein psychisches Problem zu haben. Für eine Behandlung kommt man nicht mehr gleich ins "Irrenhaus".
Trotzdem würde ich mich hüten, diese Häufigkeit an psychischen Erkrankungen als heutzutage "normal" zu bezeichnen. Es sind noch immer Krankheiten. Und Krankheiten können und dürfen nicht normal sein.
Die Akzeptanz in der Gesellschaft hat infolge der Zunahme der Erkrankungen sowie Berichten in den Medien zwar zugenommen, jedoch sind noch immer zu viele Menschen überfordert, wenn es darum geht, einer solch kranken Person zu begegnen.

liebe Grüsse
Peter
Auch mit in den Weg gelegten Steinen kann man ein gutes Bauwerk errichten

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#3
Peter_B hat geschrieben: Trotzdem würde ich mich hüten, diese Häufigkeit an psychischen Erkrankungen als heutzutage "normal" zu bezeichnen. Es sind noch immer Krankheiten. Und Krankheiten können und dürfen nicht normal sein.
ne ne... so sollte das nun wirklich nicht rüberkommen, dass es normal ist, krank zu sein. ich meinte das eigentlich so, dass es normal ist, darüber sprechen zu können. nicht diese krankheit zu haben. bzw "normal" in dem sinne, dass es nicht mal mehr jemanden schockiert, wenn man von einer psychischen krankheit erzählt. kam jetzt vielleicht etwas falsch rüber - sorry!

klar ist es gut, wenn man darüber sprechen kann und nicht gleich als "irrer" hingestellt wird. ich frag mich nur, warum diese krankheiten immer häufiger werden? geh ich heutzutage in die disco, sieht man an jedem vierten mädel narben :( . ich bin selbst noch nicht alt, aber als ich 14 oder 15 jahre alt war, kannte ich den begriff borderline noch nicht mal.
was hat sich denn in den letzten 6-7 jahren so verändert, dass mittlerweile so wahnsinnig viele davon betroffen sind?
wenn ich die heutige zeit mit der vor 50 jahren vergleiche, ist es klar, dass sich was verändert hat. vielleicht gabs auch schon so viele psychisch kranke, aber - wie du sagst - die diagnose wurde einfach nie gestellt bzw man hat sich nicht getraut, zum arzt zu gehen...

ich finds wirklich erschreckend!

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#4
Oh, dann hast du bisher nur gute ERfahrungen gemacht...ich habe schon viele negative Erfahrungen gemacht, und glaube daher nicht, dass es 'normal' ist. Kommt auf die Kreise drauf an, in denen man sich so bewegt, glaube ich.

Dass es heutzutage aber leider so ist, dass es vermehrt Essstörungen gibt und sowas wie Borderline, SElbstverletzung.., das denke ich auch. Damals , vor über 15 Jahren, gabs in der Schule so etwas noch nicht...aber da war ja eh alles irgendwie anders..die Jugendlichen waren noch ganz anders als jetzt, klar gab es auch RAufbolde oder welche die keinerlei Respekt hatten (das war aber trotzdem anders als wie es heutzutage ist), oder Lehrer oder Mitschüler ärgertern, aber so krass wie es jetzt ist...never. Naja, damals gabs auch keine Handys wo man Filmchen drehen kann, es gab kein Internet, ..es gab keine Verrohung..es gab nicht so viele MÜtter die ihre Eltern so früh schon in Kitas abstellen, bzw. so viele Elternteile die beide arbeiten, es gab andere Freizeitbeschäftigungen, es war einfach anders..vielleicht ist das der Grund warum es damals höchst exotisch war, wenn einer Ms war...und Svv gabs auch nicht.Fast nicht. Verhaltensauffälligkeiten - ja so etwas gab es schonmal durchaus. Aber sonst so...nein.
Tine

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#6
Hallo!

Also ich sehe das wie Peter und Tine, dass es aufjedenfall mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten und Entwicklungen zu tun hat. Ich glaube man kann da eine Vielzahl von Gründen angeben wie pluralisierte Lebensformen, Leistungsgesellschaft etc.
Meiner Meinung nach tragen vor allem auch die Medien einen nicht unzubeachteten Teil dazu bei, mit denen Krankheiten Nährboden gegeben wird, einerseits ist es super dass die Dinge thematisiert werden, andererseits werden Menschen durch die Transparenz viel eher wo rein gedrängt. Ich denke dass so 'normal' darüber geredet wird, hängt auch damit zusammen, dass im Grunde die Grenzen zwischen privaten/öffentlichen und freizeit/arbeits Leben stark verwischen, so dass es ein stück weit identitästiftend wirkt. Das soll jetzt keine Reduktion der Identität auf eine Krankheit oder Sucht sein, aber man grenzt sich daurch von anderen ab oder findet eben 'Gleichgesinnte'.
Wenn man Kinder oder Jugendliche betrachtet, merkt aufjedenfall dass Borderline, Essstörungen usw. zu genommen haben, das kann wohl eine Art 'Protestkultur' gegen die Älteren, als auch der allgemeinen Gesellschaft sein. Aber durch die Medien wird soviel Schlechtes an Kinder und Jugendliche ran getragen, es gibt gar keinen richtigen Schutzbereich, da keiner dafür Verantwortung übernimmt. Das würde ja auch z.B. die Sexualität betreffen, die meisten Kinder kennen doch sämtliche betreffende Ausdrücke für s*x**ll* Praktiken. Als ich Kind war, und so alt bin ich noch nicht, war es schon schockierend das Wort f***** zu gebrauchen.
Mit der Sehnsucht im Magen
mit müden Füßen kraftvolle Gedanken tragen.
Mit dem Leben im Sinn
auf dem Weg zur Stund von Neubeginn

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#7
*Tine* hat geschrieben: Oh, dann hast du bisher nur gute ERfahrungen gemacht...ich habe schon viele negative Erfahrungen gemacht, und glaube daher nicht, dass es 'normal' ist. Kommt auf die Kreise drauf an, in denen man sich so bewegt, glaube ich.
ja, vielleicht hatte ich bisher glück und habe nur gute erfahrungen gemacht. das kann schon sein.
mich hat es einfach nur irgendwie gewundert, dass so viele "gleichgültige" reaktionen kamen. also für die war es anscheinend nichts neues.
*Tine* hat geschrieben: Dass es heutzutage aber leider so ist, dass es vermehrt Essstörungen gibt und sowas wie Borderline, SElbstverletzung.., das denke ich auch. Damals , vor über 15 Jahren, gabs in der Schule so etwas noch nicht...aber da war ja eh alles irgendwie anders..die Jugendlichen waren noch ganz anders als jetzt, klar gab es auch RAufbolde oder welche die keinerlei Respekt hatten (das war aber trotzdem anders als wie es heutzutage ist)
ja, über thema "heutige jugend" könnte man sich wohl stundenlang unterhalten. ich finde auch, dass die heute 14 oder 15-jährigen ganz anders sind als ich es z.b. war. ok, ich bin auch erst 22, aber der unterschied zwischen meiner jugend und der heutigen find ich schon wirklich krass. ich wär mit 12 oder 13 nie auf die idee gekommen mich bis zur bewusstlosigkeit zu betrinken (nennt man ja heutzutage komasaufen) oder mich in so einem alter hinzustellen und zu rauchen. meine eltern hätten mir schon gezeigt wos langgeht...
Nala hat geschrieben:Ich glaube eher, das hängt mit der eigenen Essstörung zusammen, oder nicht?
Ich für mich sage mal, dass ich das auggrund meiner eigenen Essstörung, viel stärker auf-/wahrnehme, weil ich ja auch betroffen bin.
:?
klar, ist auch möglich. dadurch, dass man selbst betroffen ist/war, fallen einem natürlich auch andere essgewohnheiten, die nicht ganz normal sind, sofort auf.
aber ich meinte ja, wenn ich mit jemanden spreche und ihm von meiner vergangenheit erzähle, nimmt es fast jeder als "normal" auf. als würde man so etwas ja oft genug hören.

klar, wie nitchen schon sagt: es kommt wahrscheinlich auch sehr viel von den medien.
aber ich bin ja mal gespannt, wie es dann weitergeht. was dann in ein paar jahren ist. kann ja nur noch besser werden...

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#8
hey jersey "normal"? ja leider,da immer mehr menschen krank werden.warum? durch die ganze gesellschaft,durch die politik die uns verarscht,durch lebensmittel die uns krank macht...zum beispiel soll jod ( oder florid weiß ich net mehr genau) in uns teilweise angst zustände und so her vor rufen...habe mich am wochenende mit meinem mann im i net über viele sachen schlau gemacht...wie werden nur verarscht sogar mit lebensmittel...wir haben jetzt angefangen auf jodsalz zu verzichten ( normales salz) es ist echt krass wo über all jod drin ist..sogar in würstchen die im glas sind....die gesellschaft soll krank werden,damit sie nicht mehr hinter frägt sondern alles so an nimmt....werde ich nicht mehr tun...auch soll florid rattengift sein...(in zahncremen enthalten) habe jetzt nach langm eine ohne florid gefunden..die ist echt gut nicht teuer und man braucht nicht einmal eine erbsen große portion davon....ich hoffe das sich die menschen wieder gedanken darüber machen was uns eigentlich alles aufgetischt wird...das ist aber nur ein kleiner teil davon was eigentlich sache ist....hoffe du findest mich nicht komplett verrückt oder so...aber ja leider werden solche krankheiten normalität,genau so wie alkoholismus und drogensucht oder fresssucht etc... schönen abend noch
liebe grüße...ach ja und danke nochmals das du mir geschrieben hast
die angst in der eigenen leere zu versinken ist wie wein stich ins herz.. wer nicht kämpft hat schon verloren.

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#9
Hm... ich denke auch, es hat zwei Seiten.

Denke auch einerseits, dass die heutige Gesellschaft psychische Krankheiten fördert, man munkelt doch auch von "Wohlstands-Krankheiten"...
Uns fehlt es heutzutage weniger an medizinischem Wissen, was Behandlungen betrifft, weniger an Nahrungsmitteln und wichtigen Nährstoffen, weniger an mangelnder Hygiene, die alles früher körperliche Krankheiten förderten.
Es ist eben mehr der Druck der Gesellschaft an Erfolgs- und Perfektions-Erwartungen, die eben psychische Krankheiten fördern.

Andererseits denke ich, dass es psychische Krankheiten schon immer gegeben hat, aber der Umgang damit sich verändert hat.
Wurde es früher versteckt, tabuisiert oder man gleich als Verrückter, Unberechenbarer in die "Klapse" gesteckt,
so wird man heute eher als Mensch angesehen, der eben eine Krankheit hat, wie andere eben auch.
Der eine hat z.B. Diabetes, der andere dafür z.B. ES. Beides ist behandlungsbedürftig und behandelbar.
So wird Betroffenen Mut gemacht, sich Hilfe zu holen.

Nichts desto trotz wird es vermutlich immer Vorurteile wegen psychischer Krankheiten geben.
Wahrscheinlich, weil es an Aufklärung mangelt.
Liebe Grüße, kugel

Zu lernen, es als einen Teil von sich zu akzeptieren ohne es auszuleben...
Zu vergeben, wenn man schwach geworden ist...
Zu jubeln, wenn man stark geblieben ist...

Re: In der heutigen Zeit "normal"?

#10
Ich kenne auch sehr viele, die essgestört sind.

Das Spektrum reicht von meinen ehemaligen Freundinnen, über die Freundinnen meiner Mama und unsere Verwandten (die um die 40 sind) bis hin zu vielen Mädchen aus meiner ehem. Schule.

Ich und noch eine essgestörte Freundin hatten immer "das Auge" für Essgestörte. Man musste die Leute nur beobachten. Man musste nur noch "hinhören" auf die Lästereien und Gespräche..

Echt viele haben psychische Probleme allgemein. Oh man, ich habe mal meine ehemalige Naturwissensch.-Lehrerin beim Psychiater getroffen :shock: DER hätte ich NIE ein psychisches Problem zugetraut, zumal sie immer so glücklich, nett und modisch gekleidet und fit war :shock:

Sogar die neue Frau von meinem Vater hat eine ES bekommen. Sie hat eine schwere Krankheit bekommen (schwerer Verlauf von Morbus Crohn und/oder Colitis Ulcerosa) und irgendwann die Nahrung verweigert. Sie sieht total extrem magersüchtig aus. Sie ist jetzt vom KH heimgekommen. Alle drängen sie zum Essen. Was tut sie? - Sie isst. Und Herrgott, ach sooo viel.. und später landet es im Klo....Ich sehe immer die "Spuren" im Klo, zumal mein Dad nicht so auf Sauberkeit achtet und das Klo wochenlang verkotzt und vollgekotzt ist.. :roll:

Irgendwie sind und werden alle krank :roll:

Ich denke schon, dass es früher sehr unangesehen war, wenn man psychisch krank war. 1. gabs bestimmt wenige Hilfsmöglichkeiten (Psychiater, Ärzte...) und naja, die Gesellschaft hat sich auch verändert (Schwule werden eher akzeptiert etc.)

glg coco
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.