Von Jolie am 07.09.2001
Ich habe ein paar Einträge gelesen. Leide selbst schon seit vielen Jahren an Bulimie. Gerade ist es ganz schlimm.
Ich weiß, jeder muss damit allein fertig werden. Egal wie viele Leute es wissen oder eben nicht wissen, wir müssen allein damit fertig werden.
Aber warum fällt es so schwer?
Es steckt doch so viel Kraft in dem was wir tun: das Verheimlichen, die Überwindung zu kotzen, die Schmerzen, die Gefühlshölle, die wir täglich durchleben...
Für all das benötigen wir doch unheimlich viel Kraft. Doch warum reicht die Kraft nicht, wenn man damit aufhören will, wenn man es anders machen will?
Ist es bloß dummes Gerede, wenn wir sagen, daß wir damit aufhören wollen? Sind wir Lügner, wenn wir sagen, wir wissen uns nicht anders zu helfen?
Ruhen wir uns vielleicht darauf aus zu behaupten, gegen diese Sucht ist kaum anzukommen, weil wir es an manchen Tagen gar nicht so sehr hassen kotzen gehen zu können?
Die meiste Zeit verabscheue ich das, was ich tue. Doch es gibt auch Tage, an denen ich froh darüber bin, die "Fähigkeit" zu besitzen kotzen zu können. Warum quäle ich mich damit zu versuchen, aufzuhören, wenn ich in meinem tiefsten Inneren spüre, daß ich noch lange nicht soweit bin?
Ich habe den Beitrag über unsere "Scheinheiligkeit" gelesen. Ich finde nicht, daß wir scheinheilig sind. Doch manchmal habe ich das Gefühl, wir (bitte um Verzeihung für die Verallgemeinerung) sind der INBEGRIFF der Inkonsequenz und tatsächlich auch der Disziplinlosigkeit.
Kotzen ist (nicht nur für unsereins) eine Form der Problembewältigung. Es ist eine, auf ihre ganz persönliche Weise, einfache und bequeme Art und wir haben uns diese Art der Problembewältigung "ausgesucht". Sind wir also nur bequem? Zu faul und zu schwach um uns ein wenig zu bemühen, unsere Probleme anders zu verarbeiten?
Ich weiß es wirklich nicht, aber manchmal kommt es mir so vor.
Mit meinem Beitrag möchte ich bestimmt niemandem zu nahe treten. Aber manchmal habe ich das Gefühl, wir verstecken uns ein wenig zu sehr hinter dem GROßEN Dämon, der sich Bulimie nennt.
Ich weiß einfach nicht. Vielleicht habe ich auch einfach mit allem ganz unrecht.
LG Jolie
bisherige Antworten:
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Betreff: Re: Was sind wir?
Von Marlene am 07.09.2001
HI liebe Jolie!!
Dein Beitrag drückt sehr viel Ärger und Verzweiflung gleichzeitig aus, und ich kann dich gut verstehen. Ich denke mir auch oft, dass ich mich immer nur hinter dem Ganzen verstecke und es mir einfach mache indem ich sage: Ich kann einfach nicht anders, und ich weiss nicht wie ich da raus kommen soll. Vielleicht ist auch einiges daran wahr, und wir haben einen richtig starken Tritt in den Hintern verdient um dies einzusehen. Ein Psychologe hat mir mal gesagt, dass die Bulimie eine "nicht perfekte Lösung" unserer Probleme ist. Ich gebe ihm da Recht, denn ich bin der Meinung, dass nicht die Bulimie unser Laster ist. Es steckt doch so viel dahinter. Frag dich mal wovor du dich eigentlich versteckst! Ich zB. habe ein kaum vorhandenes Selbstbewusstsein, ich mache mich selber immer herunter und traue mich kaum Herausforderungen anzunehmen, da ich ja "blöder" und schlechter als andere sein könnte. Ich könnte noch viel mehr aufzählen. Ich möchte damit sagen, dass mir das Essen oft geholfen hat über das Ganze hinwegzusehen, auch wenn es keine Lösung ist.Ich bin oft unheimlich ruhelos und depressiv, und wenn ich dann esse, dann bin ich zumindest eine Zeit lang ruhiger und abgelenkt. Das mag nun auch schlimm klingen, aber manchmal frage ich mich was ich ohne der Bulimie gemacht hätte. Die Bulimie ist nicht unser Problem, auch wenn sie mit der Zeit zu einem Problem geworden ist, mit schrecklichen Auswirkungen, denn damit zerstören wir uns selber nur noch mehr. Hätten wir zu einem bestimmten Zeitpunkt in unserem Leben vielleicht einen Freund, eine Freundin, einen Hund....gehabt, dann hätten wir uns vielleicht daran genauso geklammert. Weisst du was ich meine? Ich glaube, dass wir einfach nichts anderes gefunden haben woran wir uns klammern können und HALT bekommen. Was ich sage kann auch ganz falsch sein, aber ich denke mir, dass man zuerst vieles um die Bulimie herum lösen muss, denn erst dann werden wir bemerken, dass wir diesen Halt nicht mehr so benötigen. Ich habe seit 6 Jahren eine Eßstörung, und ich richte meine ganze Wut auch oft genau dagegen, aber es ist so wichtig dahinter zu schauen, und in diesem Bereich Stärke zu zeigen. Wir wenden wirklich unheimlich viel Kraft auf, und es stimmt auch, dass sie in die falsche Richtung geht. Leider kann ich dir nicht sagen wie man diese anders einsetzen kann. Es ist unheimlich wichtig, dass uns bewusst wird, dass es nur in kleinen Schritten vorwärts gehen kann, und, dass selbst diese kleinen Schritte sehr schwer sein werden. So, ich hoffe, dass ich nicht allzu verwirrend geschrieben habe...LG Marlene
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Betreff: Re: Was sind wir?
Von stefan am 16.09.2001
hmmm......ich weißja nicht,aber könnt es vielleicht helfen,wenn man sowas wie yoga,aikido,kendo oder dergleichen macht.etwas wo man disziplin lernt und auch den geist trainiert. ich sage das deswegen,weil ich als kind schon mit kampfsport angefangen hab und es hat mir geholfen mich und meine umwelt besser zu verstehen,gelassener und selbstkontrollierter zu werden. vielleicht kann es dem einen oder anderen von euch ja auch behilflich sein.
Was sind wir? | 2 Antworten
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