Ebenfalls Hallo zusammen,
nach der Lektüre der wie immer zu diesem Thema weitgefecherten Beiträge möchte ich noch zwei Aspekte beisteuern, die für mich von großer Bedeutung waren:
1.) belüge ich meine Partnerin oder verschweige ich "nur"?
--> für mich ist es eine Qual sondergleichen, in meiner Beziehung nicht authentisch, ganzheitlich und
grundehrlich zu leben - es macht mich wahnsinnig einen [wenn er das ist] so wichtigen Teil von mir geheimhalten zu müssen und damit zwangsläufig in vielen Situationen für Unverständnis zu sorgen. In dem Moment wo sich gewisse gemeinsame Aktivitäten entnormalisieren und ich im Notfall also zu Ausreden, Ausflüchten und gar Lügen greifen muss ist es vorbei. Aus einer Lüge werden mehr - das ist die Natur der Lüge und ihre ganze Hässlichkeit kommt zum tragen wenn nämlich die Partnerin oder der Partner doch etwas merkt: "Wenn du in diesem wichtigen Bereich deines Lebens nicht ehrlich zu mir warst - wo warst du es dann - und wo nicht?"
Ich rede hier aber nicht von "einmal in der Woche schlage ich mir den Magen voll und dann raus damit - andere gehen sich ja auch mal einen zu viel hinter die Binde kippen" - was ich nicht mehr grundsätzlich als dramatisierungswürdige [und das BITTE nicht falsch verstehen!] Erkrankung sehen würde. In dem Moment aber, wo ich die Bulimie [oder ihre Vor- und Nachstufen] als
Problem erkannt habe, muss ich mich damit auseinandersetzen - und dann hat meine Partnerin jedes Recht, davon zu erfahren - weil es unsere Beziehung beeinflussen wird, wenn auch indirekt.
Sollte die Reaktion dann darin bestehen, dass meine Person auf das Krankheitsbild reduziert wird, so ist das in meinen Augen ein Problem der Partner/in/schaft - und kann also mit jedem anderen Krankheitsbild auch passieren! [schön wenn wir alle abgesehen von der ES immer gesund bleiben, aber wie wahrscheinlich ist das?]
2.) der Verständnishintergrund und die Ernsthaftigkeit
Meine Liebe hatte bis vor drei Jahren selbst eine 15 Jahre ausgeprägte Bulimie mit diversen Begleiterscheinungen - wir haben uns vor fast 5 Jahren hier im Forum kennen gelernt und wussten woran wir sind - die selbstverständlichkeit mit der wir das thema bereden grenzt ans Beängstigende, ist also kein Thema zumal wir beide kaum mehr gedehnten Gesprächsbedarf haben. Hier also alles ganz einfach und verständnisvoll - was aber mit meiner anderen Suchtgefährdung Alkohol? Damit kennt sie sich nicht aus, es ist eine weder ungefährlichere noch ungesündere noch gesellschaftlich toleriertere Sucht - sagen oder nicht?
Da ich davon ausgehe, mit dieser Frau einen großen Teil meines restlichen Lebens zu verbringen hat sie ein recht darauf zu wissen, ob ich meine Gesundheit, mein Bankkonto und mein Gehirn ruiniere, oder? Auch gemessen an der Annahme dass es sich um eine temporäre Entgleisung als Ausgleichssymptomatik handelt und ich diese bald ganz ablegen werde möchte ich sie in Ihrer Unsicherheit nicht allein lassen - ihre Fragen und Ängste brauchen im gespräch einen Raum und eine Adresse - denn sie ist feinsinnig genug sehr wohl wahrzunehmen wenn etwas bei mir nicht stimmt - und sie ist mir lieb genug um antworten zu erhalten auch auf stille fragen die zu stellen sie sich nicht wagt.
Was aber, wenn nicht mal im stillen Fragen ersichtlich sind, das Gegenüber also gar keine idee hat, dass
überhaupt etwas schief läuft bei der oder dem liebsten? Dann hört man und frau in sich rein und wägt ab wie weh das Schweigen tut und ob es das wert ist. Und man hört in sich rein und fragt was man selbst von einer Partnerschaft erwartet und sich wünscht - So unterschiedlich wie wir sind nämlich auch die Beziehungsmodelle - und wenn beide damit glücklich sind ab und an Gemeinsames zu leben und ansonsten ihrer Wege zu gehen, sich aber dennoch der Beziehung sicher zu sein, dann ist das nur genauso richtig wie die Symbiose - wenn beide in ihr zufrieden sind.
Letzter Gedanke: Ich weiß von mir, dass ich es
nie für mich behalten habe, um die Partnerin zu schützen vor zu großen Sorgen um mich, sondern weil ich voll war von Schamgefühl und dem Wissen, so lange unehrlich gewesen zu sein - das Schamgefühl war immer unnötig - die Unehrlichkeit wars, die als sie ans Licht kam, meiner letzten Beziehung das Genick gebrochen hat.
Und die Angst, dass meine Freundin an mir und der Beziehung zweifeln könnte "wenn du mich wirklich lieben würdest hättest du auch keine essstörung" - ist mir sehr verständlich, ändert aber nichts an der Tatsache, dass Verschweigen keine Grundlage für eine Beziehung ist - für mich und in dem Fall das "was auch immer" keine Begleiterscheinung sondern ein Probem ist.
Fertig, erstmal

K