#80
von Djinn
hatte eben wieder Lust, was zu schreiben...seit langem wieder (zumindest kommt es mir schon lange vor, dass ich nicht geschrieben habe) - aber wohin? Finde keinen richtigen Platz. Einen eigenen Beitrag mag ich nicht aufmachen, in andere mich nicht hineinquetschen. Außerdem habe ich ja gar nicht wirklich ein thema zu dem ich schreiben möchte, einfach nur schreiben...
Also hier zu meinem "alten" Beitrag...da passt es noch am ehesten hin. Laber, laber, laber...bei mir ist es in einem Monat soweit. dann gehe ich in die Klinik. Scheint hier gerade "in Mode" zu sein, es gehen ja wirklich einige zur Zeit. Freue ich mich? Fürchte ich mich? Ich weiß es nicht. beides. Und noch viel mehr. Aber ich schiebe die Gedanken weg. Ich versuche nicht darüber nachzudenken. Vorallem nicht darüber, welche Wünsche, Ziele, Sehnsüchte, etc. ich an den Aufenthalt dort stelle. Weil ich dann darüber nachdenken müsste: Bin ich WIRKLICH bereit? Bin ich bereit normal zu essen? Bin ich bereit, hinzusehen? Bin ich bereit mitzumachen? Habe ich wirklich Lust auf Maltherapie, Basteln und Gruppe? Ich hasse basteln. Ich hasse malen. Ich mag nicht Musik machen indem Sinn, dass ich auf eine Trommel klopfe und darüber meine Gefühle ausdrücke. Ich kann nicht basteln, ich kann auch nicht besonders gut malen. Ich habe keine Geduld!
Bin ich bereit, Gefühle rauszulassen? Bin ich bereit auch mal zu schreien und zu weinen, wütend und aggressiv zu werden? Nein, ich habe zuviel Angst davor. Ich kann nicht schreien! Ich bin total überfordert, wenn jemand zu mir sagt: weine, schreie, sei wütend!
Ich möchte in die Klinik. JA! Aber ich möchte dort in meinem Zimmer sein (gerne mit wem anderen). Ich möchte schlafen. Ich möchte in Ruhe gelassen werden...ich möchte endlich Ruhe haben. Keine ANforderungen. Keine Verantwortung. Kein Funktionieren. Kein Leisten. Kein Lachen und Reden und Telefonieren und Laufen und Machen und am Laufen halten und Beisammenhalten und Organisieren und und und und....mir geht die Luft aus.
Mein Gott, wie wird das alles werden? Und: wie überstehe ich die Zeit bis dahin? ich war heute bei meiner Thera, wir redeten nur ein wenig über mein Befinden und was mich stresst. Sie hat sowieso "vor" oder den Plan, jetzt vor der Klinik nichts mehr zu bearbeiten, weil es bei mir wirklich nur mehr ums Durchhalten geht. Und alles, was ein bisschen in Richtung Emotion geht oder wunder Punkt, bringt mich schon wieder in Panik. Ich fühl mich so schwach, so als ob mein Körper jeden Augenblick schlapp macht. Ich frage mich, woher nehme ich bloss noch die Kraft? Ich gehe jeden Tag arbeiten, organisiere dies, plane das, konzeptioniere jenes, denke mir anderes aus,...lache, gebe den anderen die Zuversicht, dass auch ohne mich alles gut funktionieren wird und dass ich alles bestens vorbereite. Aber es ist jeden Tag soviel zu tun, ich häufe Überstunden an wie nur was, muss am Sonntag wieder rein (weil Vorstandswahl ist), habe Termine, muss alles jetzt checken (Verträge, Kooperationen, etc.), damit ja nichts nicht getan ist...ich kann nicht mehr. Doch. es gab noch nie einen Punkt, an dem Djinn nicht gekonnt hat. Und das wird auch weiter so sein. Ich muss.
Das absurde ist: genau dieses Verhalten hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Bulimisch und anorektisch, depressiv, selbstverletzend, m*ssb**ch*, suchtgefährdet auf allen Linien (Zigaretten und Alkohol gehört für mich sowieso zum Alltag dazu), nicht fähig zu spüren wo meine Grenzen sind, nicht fähig zu spüren, was ich brauche, was mir gut tut, nicht fähig zu wissen was ich kann und will, ohne Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, getrieben, unter Druck, extrem streng zu mir selbst, usw.
Dieses Verhalten, diese Einstellung jedoch sichert gerade jetzt mein Überleben. Sie lässt mich die Kraft aufbringen, das durchzuziehen. Meine Arbeit "fertig" zu machen, bis zum Beginn der Stationären. Die Abspaltung und Verdrängung lässt mich nicht zusammenbrechen unter dem Gefühlsstau in mir. Der Ehrgeiz bzw. Leistungswahn/-druck lässt mich nicht soweit hungern, dass ich umkippe, nicht soviel schneiden, dass es alle sehen müssen, nicht soviel kotzen, dass ich eingeliefert werden muss, nicht zuviele Tabletten schlucken, dass ich drei Tage durchschlafe, nicht schon in der Früh trinken, sodass es alle mitkriegen, was weiß ich.
Eigentlich gut. Andererseits: wie weit geht das gut? Ein Monat kann lang und kurz sein. Alles eine Frage der Wahrnehmung. Aus der Sicht meiner laaaangen Aufgabenliste für den Job ist es kurz. Aus der Sicht meines Befindens verdammt lang.
Außerdem: ich schaffe es doch immer wieder, dass niemand sieht, wie schlecht ich mich fühle. Und auch das ist ein Grund meiner Krankheit. ich will, dass mich endlich jemand sieht! Ich will, dass mich endlich jemand versteht. Nein, nicht jemand. ich habe ja schon Menschen gefunden, die das tun. Ich meine Menschen in meinem nahen Umfeld. ich meine meinen Freund, ich meine meine Familie, ich meine auch meine Kollegen, meinen Chef...ok, die sind nicht so wichtig, aber warum muss ich erst eine 2 stellige Zahl an Gewicht abnehmen, damit jemand stutzig wird und sich denkt: was ist mit ihr los? Warum kann muss ich ständig funktionieren, mich anpassen, das tun bzw. sogar noch mehr, als von mir erwartet wird?
Wie gesagt: es hat sein gutes und sein schlechtes. Aber ich fürchte, ich werde auch in der KLinik brav machen, was von mir verlangt wird. Auch wenn ich es vielleicht mal scheiße finde (ich denke da vorurteilsbeladen an Seidenmalen oder Töpfern, für mich der Inbegriff der Spiessbürgerlichtkeit und Langeweile, sorry, will hier niemanden verletzen. Aber so ist es nun mal.).
Und ich habe Angst, nicht krank genug zu sein - eben aus den Gründen, dass mich wieder niemand ernst nimmt und auf mich eingeht. Ja, ich weiß! ich muss lernen, einzufordern, was ich brauche! dazu muss ich aber mal wissen, was ich brauche. Ok, das heißt ich muss meine Gefühle zulassen und ihnen Gehör schenken...jajajajajaja!!!!!!!!!
Geht nicht so einfach. Wissen hier eh alle. Deshalb: meine Erfahrung - nimm ab, das sehen die Leute. Deshalb mein krankes Ziel: nimm noch mehr ab, dann sehen sie es noch deutlicher. Die Bulimie hat ja nie jemand gesehen. meine Eltern und meine Schwester nicht! obwohl ich zeitweise in der selben (nicht megagroßen) Wohnung mit EINEM WC gewohnt habe. Außerdem hat das brave Töchterlein ja alles weiterhin gemeistert und auch alles brav weggewischt und nachgekauft. Ich habe auch nicht so sehr abgenommen, dass es meine eltern sehen hätten können - für sie nicht, auch wenn ich es gewollt hätte! Immer nur für die anderen. Und Resultat der Geschichte: ich wurde nicht gesehen, wie auch. Ich wollte ja niemanden enttäuschen. Wollte ja keine Schande sein, nicht rebellieren, weil das ja disziplin- und erfolglos gewesen wäre, weil schwach und versagend. Und etwas ärgeres gibt es nicht, als nicht den Anforderungen zu entsprechen, aus der Reihe zu tanzen, Gefühle auszudrücken, wild, spontan und lustvoll zu sein.
Hach, das wird lang. So viel in mir, so viel loszuwerden. Ich plane gar nicht mehr richtig, ich denke nur daran, dass es noch ein Monat ist. ich plane meine Arbeit, klar. aber außerhalb der Arbeit lebe ich nicht wirklich, da biege ich nur runter. Heute habe ich mörderisch viel in mich reingefressen nach der Thera. Ich fühle mich elend. Aber ich kotze nicht, habe diese Woche schon 2x, das schwächt mich so, außerdem verfolge ich einen Plan, in dem noch dieser eine FA enthalten ist, so irre das ist, dass ich überhaupt solche Pläne schmiede. Aber sie geben mir das Gefühl von ein bisschen Kontrolle, ein bisschen zumindest noch. Weil ich sie sonst kaum habe.
Die Medikamente wirken aber gut muss ich sagen, sie haben mir geholfen. Ohne sie wäre es noch viel schwerer, wenn nicht sogar unmöglich. Ein AD in der Früh, dann diese Antiepileptika zu Mittag, Abend und 2 zum schlafen und wenns nicht geht mitm schlafen noch ein halbes Schlafmittel. Das geht. Aber trotzallem fühl ich mich wie diese Handyakkus, die mit der Zeit immer kürzere Abstände zwischen dem Laden brauchen, die mit der Zeit nicht mehr die volle Kapazität erreichen. Ich schlaf zwar viel (so 7,5 bis 9 Stunden), aber ich bin immer müde.
Genug gejammert. Werde langsam ins Bett gehen, mein Bauch fühlt sich an als ob ein Stein drin wäre, werde sicher scheiße schlafen. Aber dafür ist wieder mal ordentlich was drin. Das wird dann genug Reserve sein bis zur Klinik....ich krankes Hirn ich. Wünsche mir so, dass die Zeit schnell vergeht, bis dahin. Und ich wünsche mir so, dass ich mich dort wohl fühle. Aber ich werde meinen Freund und meine Tiere so vermissen, vorallem meinen Hund! SOOOOO SEEEEEHR!!!!!! und meine freunde und meine Arbeit.....aber ich werde auch die Zeit alleine geniessen. Ich weiß noch gar nicht, ob ich Kontakt haben will nach außen. Ich denke, ich werde endlich mal, dem nachgeben, was ich fühle und einige Tage nur im Bett liegen....wenn man mir das überhaupt erlaubt (was ich bezweifle) aber danach wäre mir und mit niemandem reden.
mal sehen. noch ist ja Zeit. muss noch ein Zugticket bestellen....tja ja, die Pflichten, wo wäre ich ohne sie....