Bulimie und Beziehung bei Frauen über 35

#1
Hallo, ich bin weiblich, 37 und seit meinem 14 Lebensjahr essgestört, mal MS mal Buli, hat sich einfach immer so abgewechselt. Seit ich in den 30igern bin hat sich bei mir die Bulimie immer stärker manifestiert.

Ich hab den Eindruck als wär das das einzige in meinem Leben worüber ich mich definiere, an dem ich mich festhalten kann, was nur mir allein gehört. Gleichzeitig fühl ich mich schlecht und es macht mich krank.
Ich fühl mich als würde ich ein Doppelleben führen mit Job, Beziehung, nette Kollegin, nette Freundin (ihr kennt das alle sicher) und in mir drinnen ist dann diese Leere und dieser Zwang einfach zwanghaft fressen, fressen...und dann alles zwanghaft loswerden

Das Schlimme ist, mein Freund merkt dass was nicht stimmt mit mir, aber er weiß es nicht und ich hab schrecklich Angst ihm die Wahrheit zu sagen, weil ich mir denke, der lässt mich dann sitzen und was dann??
So nach dem Motto: vorher hatte ich ein Problem, danach habe ich mehrere...

Außerdem will ich nicht, dass er mich komisch ansieht wenn ich esse oder mir auf Klo nachgeht, wie damals meine Mama als ich 17 war und die Buli losging....
Er hat auch mal vor zwei Jahren Schluss gemacht, weil ich ihn mit Heirat und Kinder unter Druck gesetzt hab.

Ich frage mich, wie es anderen Frauen in ihren Beziehungen mit der Buli in meinem Alter geht. Weiß euer Mann/Freund davon, unterstützt er euch, habt ihr Angst vor der Ehrlichkeit.

Vielen vielen Dank! und gute Nacht.
Zuletzt geändert von Livvi am Do Okt 25, 2018 22:50, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Bulimie und Beziehung bei Frauen über 35

#3
Liebe Livvi,

ich kann dir ein bisschen von mir erzählen. Ich bin 34 Jahre alt und seit 4 Jahren verheiratet. Mein Mann wusste bereits nach 10 Tagen von der Bulimie, das war vor über 7 Jahren. Bei mir ist die Essstörung so stark ausgeprägt, dass ich gar nicht wüsste, wie ich das aushalten könnte, ohne mit meinem Mann darüber reden zu können. In meinen früheren Beziehungen habe ich es genauso gehandhabt. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand blöd auf meine Offenheit reagiert hat. Im Gegenteil, jeder möchte helfen. Und da gilt es in einer Beziehung einen Weg zu finden, sodass man daran nicht kaputt geht. Mein Mann kann es auch ganz gut ignorieren und lässt mir viel Freiheit. Er hat viel Erfahrung gesammelt, was mir hilft und was nicht. Er weiß, dass Kontrolle nicht hilft und dass Enttäuschung nichts bringt. Er weiß, dass er mir nur helfen kann, indem er mir Liebe schenkt und bei mir ist. Klar, manchmal ist er auch verzweifelt, ist ja auch menschlich. Aber in der Regel weiß er mich immer aufzubauen und er glaubt immer noch daran, dass ich es schaffen kann.
Wir haben deshalb keine schlechtere Beziehung und auch nicht mehr Probleme. Ich glaube eh, Männer können mit sowas gelassener umgehen.

Weißt du, ich wollte auch, dass mir mein Freund oder Mann über alles erzählt, was ihn im Leben bewegt, gute und auch schlechte Dinge. Und das gleiche muss ich dann aber auch geben. Wenn es wirklich Liebe ist, hält sie das aus. Ich hatte einmal einen Freund, der nicht damit umgehen konnte. Aber der war auch keine starke Schulter für mich.

Die Menschen sind gut, ihr dürft immer davon erzählen. Es passiert nichts. Wir sind keine schwachen oder schlechten Menschen, nur weil wir solch ein Problem haben.

Re: Bulimie und Beziehung bei Frauen über 35

#4
Livvi hat geschrieben:Hallo, ich bin weiblich, 37 und seit meinem 14 Lebensjahr essgestört, mal MS mal Buli, hat sich einfach immer so abgewechselt. Seit ich in den 30igern bin hat sich bei mir die Bulimie immer stärker manifestiert.

Ich hab den Eindruck als wär das das einzige in meinem Leben worüber ich mich definiere, an dem ich mich festhalten kann, was nur mir allein gehört. Gleichzeitig fühl ich mich schlecht und es macht mich krank.
Ich fühl mich als würde ich ein Doppelleben führen mit Job, Beziehung, nette Kollegin, nette Freundin (ihr kennt das alle sicher) und in mir drinnen ist dann diese Leere und dieser Zwang einfach zwanghaft fressen, fressen...und dann alles zwanghaft loswerden

Das Schlimme ist, mein Freund merkt dass was nicht stimmt mit mir, aber er weiß es nicht und ich hab schrecklich Angst ihm die Wahrheit zu sagen, weil ich mir denke, der lässt mich dann sitzen und was dann??
So nach dem Motto: vorher hatte ich ein Problem, danach habe ich mehrere...

Außerdem will ich nicht, dass er mich komisch ansieht wenn ich esse oder mir auf Klo nachgeht, wie damals meine Mama als ich 17 war und die Buli losging....
Er hat auch mal vor zwei Jahren Schluss gemacht, weil ich ihn mit Heirat und Kinder unter Druck gesetzt hab.




Ich frage mich, wie es anderen Frauen in ihren Beziehungen mit der Buli in meinem Alter geht. Weiß euer Mann/Freund davon, unterstützt er euch, habt ihr Angst vor der Ehrlichkeit.

Vielen vielen Dank! und gute Nacht.
Hallo Livvi,
ich bin exakt in deiner Situation. Bist du noch an einem Austausch interessiert?
LG

Re: Bulimie und Beziehung bei Frauen über 35

#5
Hallo Livvi. Ich bin genau in der selben Situation und würde mich freuen, jemanden zum Austausch zu haben. Ich bin schon wahnsinnig überrascht, dass es noch andere gibt, die auch schon so lange "im Club" sind. Ich habe lange Zeit akzeptiert, dass es ein Teil meines Lebens ist und mir gewissermaßen keinen Kopf mehr drum gemacht. Ist halt so. Mitbekommen zu haben scheint es auch keiner so richtig, mein Exfreund hat nie einen Ton gesagt. Vllt wollte er es auch nicht mitkriegen. Derzeit empfinde ich aber ganz stark das Gefühl, dass ich was ändern will. Und ich weiß ganz genau, was du mit Doppelleben meinst. Das macht mir in der Situation sehr zu schaffen, denn ich habe keinen in meinem Umfeld mit dem ich drüber reden möchte. LG

Re: Bulimie und Beziehung bei Frauen über 35

#6
Hallo Livvi!

Ich erzähl dir gerne von mir.
Ich litt auch sehr viele Jahre unter der Ess-störung.. ebenfalls abwechselnd MS und Bulimie, aber auch Binge Eating. Die letzten Jahre davon nur mehr Bulimie.
Es gab auch einen langjährigen Freund, der anfangs ganz gut damit umgehen konnte - da war es nach einigen jähren MS und Bulimie binge eating. ich aß abends soviel, dass ich fast platzte.. (was für das Liebesleben nicht sehr förderlich war)

Das Unvorstellbare am Beginn der Beziehung war, dass er mir sagte, falls ich jemals wieder kotzen gehen würde, beendet er die Beziehung, weil der das nicht aushalten könnte. Du kannst dir vorstellen, dass das ein heftiges Druckmittel ist. Und Druck erzeugt immer Gegendruck. Somit passierte es nach fast 5 Jahren, dass ich wieder erbrach. Mein schlechtes Gewissen hielt ich nicht aus, und "beichtete" ihm meine Anfälle. Die Folge - er machte tatsächlich sofort Schluss mit mir. Naja - fraglich, ob das wirklich Liebe war.. auf jeden Fall hatte er große Angst.

Dieses Erlebnis hat mich natürlich geprägt und ich hatte Jahre darauf noch immer Angst, dass mich ein Mann deshalb verlassen könnte. Obwohl ich schon gesund war, hatte ich auch bei meinem jetzigen Lebensgefährten Angst. Trotz dieser erzählte ich ihm vor 2 Jahren von meiner Vergangenheit und auch von meinen Ängsten.. weißt du was er darauf sagte? "also das beeindruckt mich nicht besonders mein Schatz.. deshalb verlässt man doch nicht seinen Partner" Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen.


Also es gibt Männer, die können damit umgehen und andere nicht. Ich finde, es hat immer etwas mit dir selbst zu tun. Je mehr du dich mit dieser Ess-störung zu lieben beginnst, desto mehr spiegelt sich das im Außen an anderen Menschen wieder.
ALs ich mich zu lieben begann, wurde die Ess-störung immer weniger, bis sie sich ganz auflöste.

Alles liebe,
Andrea