Bulimie überwinden bei posttraumatischer Belastungsstörung?

#1
Hallo ...
schreibe das erste mal in meinem Leben in einem Forum und weiß nicht, ob meine Nachricht auch gelesen wird. Ich bin 31 wirke allerdings manchmal viel jünger. Bin hübsch und sehr fröhlich auch und intelligent, ein bisschen ängstlich vielleicht, wirke unabhängig nach außen, meine Ängste kommen nicht oft ans Licht, weil ich auch keine wirkliche Sprache für sie habe
.... Habe seit 2003 Bulimie die ersten Jahre war die Krankheit sehr fest integriert und so gut funktionierend, dass ich sie fast nicht wahrgenommen habe. Hat mir über viele einsame Monate und viele Verletzungen hinweggeholfen, aber auch verhindert, wirklich meine Beziehungen zu verstehen und ändern zu können. Erst seit 2 Jahren gehe ich wieder und zum ersten mal ernsthaft in Therapie, inclusive medikamentöser Behandlung. Die Essanfälle sind hartnäckig und ich habe erkennen müssen, dass ich unter einer schweren Traumatisierung und Belastungsstörung leide, emotionaler m*ssbr**ch durch meinen Vater in ganz frühen Jahren. Es ist wie ein tiefes Loch und eine ganz tiefe Unsicherheit, die ich in mir trage. In guten Zeiten bin ich der freieste Mensch, (bin Künstlerin und lebe ein risikovolles aber erfüllendes Leben) aber kaum gerate ich ins Wanken, reißt es alles mit. Ich weiß nicht, ob ich es jemals schaffen werde, mein bulimisches Verhalten aufzugeben, da ich manchmal diese riesige Angst und Versagensgefühle nicht aushalten kann, und das Essen und Übergeben mir einen Rausch gibt, der mir die Angst nimmt.... Leider mache ich mich kaputt damit. Und ich sperre mich von Gefühlen weg. Ich möchte aufhören können, aber ich traue mich nicht loszulassen... Gibt es jemanden, der Erfahrung hat mit Bulimie und posttraumatischer Belastungsstörung oder Therapie von Trauma in Zusammenhang mit Bulimie?

Wäre sehr froh über eine Antwort von irgendjemandem ...
Muss dazu sagen, dass ich bis vor einem Jahr etwa mit niemandem über meine Krankheit geredet habe und mich erst langsam hinaustraue damit ....

Pola

Re: Bulimie überwinden bei posttraumatischer Belastungsstöru

#2
hallo,
JA es ist möglich, trotz PTBS usw. da rauszukommen!!! Bei mir hat es zwar auch viele Jahre gebraucht, es ging nicht von heute auf morgen, ich hatte im Kopf auch nie im Sinn, rauszukommen, nur ein 'es soll besser werden'...aber es geht. Das heißt zwar nicht, dass ich jetzt glücklich bin, was meinen Körper, Essen, etc., betrifft, aber immerhin: keine Afm mehr, kein übergeben mehr, keine Fas mehr, keine strenge Ms mehr.
Hin und wieder, in Stresssituationen, stehe ich wie früher vor den Regalen und habe keine Ahnung, was ich mir zu essen kaufen soll, alles ist für mich bedrohlich (Kalorien, Fett), oder ich denke: aaaah Giiiier ich muss alles haben. Aber in diesen Situationen, so schwer es dann auch ist, kann ich mir sagen: halt stop, merkst du was? Irgendwas stimmt nicht, guck nach, was war gerade im leben passiert? Was passt dir nicht, was belastet dich, solltest du eine Entscheidung ändern, etc. Wenn ich dann in mich gehe und herausfinde, was los ist, dann komme ich aus dieser Falle mit der Rückfalltendenz innerhalb weniger Stunden wieder raus.
Klar wünsche ich mir einen schlankeren Körper (mager), ich hasse mich manchmal, dass ich esse, manchmal denke ich aber auch gar nicht drüber nach. Essen gehört zum Leben dazu, Essen hilft, dass keine anderen Menschen die Kontrolle über einen übernehmen - was man ja nämlich gerade eben NICHT möchte, vor allem bei PTBS- auch wenn ich es hasse, dass ich weiß, ich kann nciht mal machen mit mir was ich will, bloß wegen Ärzte...

Dazu gehört aber auch, dass du versuchst zu kapieren, dass das Leben aus einem früher besteht und aus einem jetzt. Früher hast du mieses erlebt. Jetzt aber soll das doch keine Macht mehr haben, oder nicht noch mehr Macht, als eh schon? DU bist jetzt der Macher, DU kannst dir Gedanken darüber machen, ob die Personen von früher Recht haben mit ihren miesen Worten oder ob nicht. Wenn sie nicht recht haben - dann ...dann gilt das JETZT! Du bist JETZT die Gestalterin deines Lebens. Und wenn du es für dich selbst nicht klarmachen kannst, ob die Personen von früher mit miesen Worten recht hatten, dann überlege dir, ob man einer anderen Person so etwas sagen würde, ob man mit ihr so umgehen würde. Versuche, den gesunden Verstand in dir einzuschalten, und nicht solche kranken Dinge zu denken wie: ich hatte es ja verdient damals...oder so.
je mehr du da Neutralität reinbringen kannst, umso mehr kannst du die Grenze zwischen früher und heute sehen und besser im heute leben.
Tine

Re: Bulimie überwinden bei posttraumatischer Belastungsstöru

#3
Hallo Tine,
danke Dir sehr für deine Antwort!Du hast sehr Dinge geschrieben, die mich sehr berührt haben. Ja, ich glaube, Neutralität in die eigene Wahrnehmung, die von Angst und Schuldgefühlen geprägt und sicher auch verzerrt ist ist wohl der einzig richtige und wichtige Weg. Aber glaubst Du nicht, dass man es nur schafft, wenn man Menschen in sein Leben integriert, denen man wirklich vertraut und dann auch ganz ehrlich und konsequent zu sich ist, dass man in einer Situation der Angst, die einen überfordert vielleicht jemanden anderen an sich ranlässt...
Aber dann ist ja genau das das große Problem, dass ich immer glaube, ich muss da alleine rausfinden, weil ich schon immer im Leben alleine gewesen bin mit Ängsten usw. und die so in mir verschlossen sind. Das habe ich nicht durchbrechen können bis jetzt...

Das ist die große Hürde in meinem Fall und der Grund warum ich das nächtliche Fressen und Übergeben nicht lassen kann... Weil es mir Stabilität gibt und Beruhigung, aber es ist natürlich eine große Lüge. Es ist eine ganz beschissene Comfort Zone, an die ich mich auch nach 2 Jahren Therapie klammere.

Ich habe diese Ängste und dieses Misstrauen nie wirklich angesehen (in einer Therapie zb) aber ich kenne die Gründe auch teilweise, auch wenn es sehr anstrengend ist darüber nachzudenken. entschließe mich langsam eine analytische Gesprächstherapie zu machen. Aber ich weiß nicht, ob ich mir das alles so genau überhaupt ansehen möchte, ich möchte einfach leben und zwar jetzt und nicht immer mit einem Fuß in der Vergangenheit. Es haben sich viele Dinge gebessert, wohne nicht mehr alleine und lerne langsam einen Mann kennen, dem ich vertrauen kann und mich öffnen kann, ich sehe das als große Chance... Vor allem weil ich mich beginne selbst zu mögen auch meinen Körper, und das hat lange gedauert... Aber ich merke auch, dass ich sobald er ein paar Tage weg ist völlig rückfällig werde.


Nur leider merke ich, dass ich den Drang zu Essen um mich weg zu kicken nicht durch eigene Kraft widerstehen kann, es ist eine beschissene Sucht, mit der ich so scheiß eng verknüpft bin.
Ich möchte Dich fragen, ob Du es für dich geschafft hast, die Anfälle zu überwinden, also, im Alleingang, oder in einer stationären Behandlung? Wie hast Du das schaffen können?

Katherina

Re: Bulimie überwinden bei posttraumatischer Belastungsstöru

#4
Hallo,
ja, im Alleingang, als ich es einfach nicht mehr aushielt. Das mit der Ms...das war eine andere Sache, aber ich glaube, viel half mir, dass ich 'normal' sein wollte, sprich, arbeiten, etc., und dass ich eines Tages beschloss, wenn ich schon lebe, dann bitte schön möglichst so, wie ICH es will. Ich habe mich beruflich geändert (harte Sache), wurde viel zufriedener, und je mehr Leben (Leben auf mich bezogen, ich denke, für andere Menschen bedeutet leben etwas anderes) rein kam, desto mehr schwanden die Ms-Gedanken.
Mit Therapie ginge es mir evtl. besser, wenn du mal beim Thema 'freund' guckst im anderen Unterforum...,aber meistens bin ich soweit zufrieden.
Ich bin auch alleine, habe immer alles alleine erkämpft, ausgehalten, Ideen gefunden. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, mit Hilfe eines Menschen zu kämpfen.Zumal mir bisher niemand begegnet ist, der mich verstehen könnte, oder nachvollziehen könnte, was so bei mir abgeht.
Ich bin jetzt sogar, aber erst, als ich gemerkt habe, es ist der richtige Zeitpunkt (dazu mussten über 20 Jahre vergehen) in das Schreckenshaus zurück (in welchem u.a. schlimme Dinge geschahen). Es half meinem inneren, zu verstehen, dass diese Dinge wirklich Vergangenheit sind, dass ich jetzt 'frei' bin. Klar kriege ich manchmal nun Flashabacks, aber es hat meinem Inneren trotzdem stark geholfen, eine Grenze zu ziehen, dass jetzt die Gefahrensituation vorbei ist, ich außerdem jetzt Erwachsen bin, kein Kind mehr.

aus den Fas bin ich herausgekommen, als ich verschiedenes probiert hatte. Z.Bsp. habe ich mich gefragt, was will ich gerade wirklich essen, etwas aus der verbotenen Liste? falls ja...hab ich mir gesagt, ok, lieber erlaubst du dir das jetzt, anstatt nun, weil du es dir nicht erlaubst, das zigfache davon reinzustopfen und zu k.......Oder ich habe mich gefragt, hey, was ist los, was passt dir nicht, was nervt, was hätte anders laufen sollen? wie kanst du es noch ändern? Naja, und manchmal bin ich die harte Tour gegangen und habe es mir verboten (das ging aber selten).
Eine zeit lang habe ich mir erlaubt (als ich ein bestimmtes Buch las), genau das als Fa zu haben, was ich wirklich gerne essen würde...irgendwann war es dann nämlich so (obwohl ich nie daran geglaubt hatte) dass ich dieses lm über hatte, und schwupps, es kam nicht mehr zum Fa. Ich konnte es dann sogar schaffen, dieses Lm in den Alltag zu integrieren, und seitdem war ich sozusagen kuriert vor einem Fa mit Lm x...und ich habe es dann auch noch mit anderen Lm geschafft.
Also, ich bin nach verschiedenen Strategien vorgegangen.
Muss aber nicht heißen, dass es bei anderen so klappt. Ich bin ziemlich hart zu mir, und ich will möglichst 'normal' sein (ohne dabei meine Individualität zu verlieren), wenn ich schon nicht möglichst dünn sein darf (Ärzte...).Das treibt mich an.Auch wenn ich nicht immer glücklich darüber bin und innerlich manchmal verzweifel. Es gibt auch viele schöne Momente.Und so lange es irgendwie machbar ist, mache ich so weiter.
Tine

Re: Bulimie überwinden bei posttraumatischer Belastungsstöru

#5
hey ..
also ich kann sagen das ich auch eine PTBS habe und bulimie hatte...die b. beeinflusst nur noch selten.. also ich passe noch grob auf was ich esse.. habe meistens recht geregelte mahlzeiten.... aber ich habe keine FAs mehr und übergebe mich auch nicht mehr ..seit über einen jahr. und die b hatte mich ca 2 jahre lang begleitet. zum glück nicht länger.

also man kann wegkommen.. geholfen hat mir eine verhaltenstherapeutin... hilft mir auch immer noch...
und derzeit habe ich noch körpertherapie... da hatte ich bisher nur 2 richtige stunden... (und eine aufnahme stunde... ) und wow es tut so gut! fühl mich da unheimlich geborgen und sicher.... aufgehoben....

was mir wegen der b. gut tat... war vordergründig das ich mein denken verändert habe... geschaut habe das ich mir was wert bin... auf die positiven seiten an mir geachtet habe ... statt auf das was ich nicht gut kann.. oder nicht an mir mag.... das hat auch enorm viel geholfen, dass ich jetzt ein so gutes und viel selbstbewussteres leben führe.
ich bin gut so wie ich bin. egal was andere sagen oder denken. ich bin richtig!

1 1/2 jahre clean! (5.10.14)