Ich liebe meine Schwester

#1
Hallo ihr Lieben,

ich heiße Sara und bin 29 Jahre alt... ich mache mir die größten Sorgen um meine kleine Schwester (15 Jahre alt).

Sie hat täglich ca. 3 FAs und das seit über einem Jahr... wir haben sie im Dezember darauf angesprochen, aber es hat sich seither leider nix geändert...

Unsere Mami ist vor 2 Jahren tödlich verunglückt... natürlich macht ihr das schwer zu schaffen, da sie jetzt in dieser beschissenen Zeit allein mit ihrem Vater klarkommen muss...

Ich würde einfach ALLES für sie tun!!! Ich weiß nur nicht genau, wie ich ihr helfen - sie unterstützen kann/soll...
ich möchte einfach, dass es uns allen erspart bleibt, sie in eine Klinik zu geben...

Vielleicht habt ihr Tipps und/oder Ratschläge für mich, wie ich ihr helfen kann, was sie brauchen/wollen könnte oder was uU zu viel ist...

Ich danke euch!!!

Re: Ich liebe meine Schwester

#2
hallo sbe, willkommen im forum! schön, dass du hier bist, um dich besser um deine schwester kümmern zu können.

ich habe deinen doppelpostings mal gelöscht.

es ist immer schwer, als angehörige mit dieser krankheit umzugehen. man muss sich bewusst sein, dass man es mit jemandem zu tun hat, der süchtig ist - ähnlich wie alkoholkranke oder drogensüchtige erkennen bulimiker oft nicht, dass sie ein problem haben. und wenn sie es erkannt haben, dann ist das zwar ein erster schritt, aber sie können einfach nicht einen schalter umlegen und sagen: ja, ich verstehe, ich muss damit aufhören, das löst nicht meine probleme. es ist einfach eine sucht, der man nur schwer entkommen kann. und natürlich kann man als angehöriger die gedanken und handlungen einer essgestörten person meist nicht ganz nachvollziehen... sich hier im forum anzumelden und nachzulesen, was andere bulimiker so bewegt, kann da enorm helfen.

die menge der FAs bei deiner schwester ist schon sehr bedenklich. ich nehme mal an, dass sie diese FAs auch immer erbricht. das ist extrem gesundheitsschädigend... aber das kannst du dir ja selbst denken - und mit solchen argumenten wirst du bei ihr nichts ausrichten können. hat sie denn probleme mit ihrer figur oder wie kam es zu diesem verhalten?

Re: Ich liebe meine Schwester

#3
Hi Joliana,

merci für deine Antwort... sie hat mir erzählt, dass sie bereits vor dem Tod unserer Mutter damit angefangen hat... allerdings nicht in den Ausmaßen, in denen es jetzt passiert... leider denkt sie, seit sie 12 ist, sie wäre zu dick... was aber absolut nicht stimmt... sie ist ein wunderschönes Mädchen und hat eine tolle Figur...
Und ja -nach jedem FA erbricht sie...
Ich habe ihr gleich nach dem Tod unserer Mami eine Traumatherapeutin gesucht, die sie auch nach wie vor besucht... nur leider ohne Erfolg in dieser Hinsicht...
Ich werde nun morgen (sofern sie einwilligt) den Tag mir ihr verbringen.. habe mir extra freigenommen... dann möchte ich mit ihr Kochbücher kaufen und ein bisschen Zumba machen... einfach, um ihr zu zeigen, dass ich mein Gewicht auch ohne diese EBS halten kann..

Re: Ich liebe meine Schwester

#4
ich finde es schön, wie du dich um sie kümmerst und ihr helfen willst. das problem ist nur... solange sie denkt, dass sie zu dick ist, kannst du dagegen gar nichts tun. wenn du ihr sagst, dass sie eine wunderschöne figur hat, dann wird sie denken: ach ja, die muss das ja zu mir sagen, sie will ja nur nicht, dass ich weiter erbreche. sie wird dir einfach nicht glauben, weil sie nur ihrer eigenen gestörten selbstwahrnehmung vertraut. kernpunkt der ganzen sache ist der tod eurer mutter, was wirklich ein schlimmer schicksalsschlag ist... aber nicht nur das muss verarbeitet werden, sondern sie muss auch den hass auf ihren körper loswerden. vielleicht hat die therapie in der hinsicht den falschen schwerpunkt. denn solange sie ihren körper nicht akzeptiert, wird die bekämpfung der symptome, also das verhindern von FAs und erbrechen, nicht so richtig funktionieren. weil sie immer im hinterkopf haben wird, dass sie abnehmen will.

Re: Ich liebe meine Schwester

#7
gut für sie ist auf jeden fall, dass du ihr aufmerksamkeit schenkst und für sie da bist, wenn sie reden möchte oder wenn sie jemanden zum anlehnen braucht. aber heilen kannst du sie nicht. ich bin leider wirklich ein bisschen überfragt, wie man einem so jungen menschen am besten hilft. an die vernunft eines pubertierenden teenagers zu appellieren, ist immer schwierig... und im grunde ist es leider fakt, dass nur sie selbst sich helfen kann. solange sie nicht selbst die essstörung voll und ganz loslassen möchte, wird es auch nicht richtig klappen. ich halte in dem fall eigentlich einen klinikaufenthalt für die beste lösung. aber vielleicht hilft auch erst mal eine therapie, die mehr auf die essstörung ausgerichtet ist.

Re: Ich liebe meine Schwester

#8
Ich finde es auch toll, wie du deiner Schwester helfen möchtest. Ich weiß, wie schrecklich das für mich in diesem Alter war. Deine Schwester leidet sicher sehr darunter. Doch ich weiß auch, dass allein der Wille, damit aufzuhören, nicht reicht. Ich habe mich von Beginn an immer wieder Menschen anvertraut und gemeisam nach Lösungen gesucht. Doch die Sucht war einfach immer stärker. Selbst eine einwöchige Therapiestunde hat mir nicht geholfen. Erst jetzt nach so vielen Jahren mit Bulimie sehe ich ein, dass es ohne einen Klinikaufenthalt nicht geht. Ich bin aber auch schon durch viel viele Tiefs hindurch, um das zu erkennen. Ich war immer der Meinung, man kann das mit Unterstützung schaffen. Sicher geht es auch. Aber ich kenne deine Schwester nicht, bei mir hat es nicht geklappt.

Doch es gibt ein paar Dinge, die ihr auf jeden Fall helfen.
1. Schenke ihr ganz viel Verständnis. Das ist immer am wohltuensten. Das schlimmste war für mich immer, wenn ich mit einem Menschen etwas vereinbart habe und es nicht geschafft habe. Enttäuschte Gesichter helfen gar nicht.
2. Man will zwar selbst kontrolliert werden, aber auf der anderen Seite auch nicht. Es hat bei mir z.B. nie geholfen, wenn mir jemand nach dem Mittagsessen beispielsweise gesagt hat "Das bleibt aber jetzt drinnen". Wenn ich nicht wollte, dass es drinnen bleibt, dann konnte mich auch keiner davon abhalten. Besser ist es, vor dem Essen zu sprechen. Z.B. abklären, was sie essen und verkraften kann und ihr dann nach dem Essen beistehen.
3. Ich weiß ja nicht, ob deine Schwester zwischendrin mal hungert, aber bei mir haben z.B. die extremen Gewichtsschwankungen aufgehört, als ich kapiert habe, dass man regelmäßig essen muss.
4. Bei manchen helfen Essenspläne/Essenstagebücher. Ich habe im Laufe der Zeit schon viele Essenstagebücher erstellt, immer mal wieder in anderer Version. Hab es auch mit Belohnung probiert. Z.B. für jede normale nicht erbrochene Mahlzeit ein Smiley, für jeden geschafften Tag einen großen Smiley. Dann könntest du mit ihr irgendeine Belohnung vereinbaren, z.B. ein gemeinsamer Filmabend oder Ausflug oder was weiß ich. Allerdings hat das bei mir nie gezogen, aber vielleicht ist deine Schwester dafür zu begeistern. Ich hab z.B. immer aufgeschrieben, wann und was ich gegessen habe, ob ich Heißhunger hatte oder normalen Hunger, welche Gedanken/Ängste/Gefühle ich vor und nach dem Essen hatte. Du könntest das mit ihr mal eine Weile durchziehen und dann eben regelmäßig drüber sprechen. Wichtig ist, dass sie keine Angst vor dir hat und ihr euch über kleine Erfolge freut. Es kann nicht das Ziel sein, ab jetzt nie wieder zu erbrechen. Man wird sich dabei auch besser im Klaren, was der Auslöser ist. Oft sind es ganz Minikleinigkeiten, die einen FA auslösen. Bei manchen hilft das allein schon, dass es besser wird.
5. Es soll helfen, geregelte Essenszeiten zu haben. Vielleicht könnt ihr ja in den Tagesablauf das Essen so integrieren, dass es möglichst regelmäßig ist. Am Anfang hilft es, lieber öfter kleinere Mahlzeiten zu essen.
6. Ich würde am Anfang deine Schwester nicht mit "schwierigen"Lebensmitteln überfordern, sondern sie immer das essen lassen, was sie auch verkraften kann. Das ist für jeden anders.

Das sind so die Dinge, die mir einfallen. Kurzfristig haben solche Strategien bei mir gezogen. Langfristig aber nicht. Wie man die Angst vor dem Zunehmen verliert, weiß ich allerdings nicht. Ich wollte selbst nie wahrhaben, dass das so ein wesentlicher Aspekt ist, weil bei mir einfach immer der Heißhunger aufs Essen das Problem war, der nicht mehr wegging.
Ich wünsche dir und deiner Schwester alles Gute. Kämpft gemeinsam, aber wenn es nicht funktioniert, würde ich nicht zu lange warten, den nächsten Schritt zu gehen.

Re: Ich liebe meine Schwester

#9
Liebe Joliana, liebe Mary,
das mit der Therapeutin erscheint mir auch sehr wichtig... werde sie heute auf jeden Fall noch anrufen!

Julysam... vielen Dank für deine sehr persönlichen Ratschläge... ich werde es mir zu Herzen nehmen und vielleicht bekommen wir ja wirklich über ein solches Tagebuch das ganze in einen Rahmen, der für sie und ihre Gesundheit auch erträglich ist...
Dank nochmals für alle guten Ratschläge!!

Ich wünsche auch euch viel Kraft!!!

Re: Ich liebe meine Schwester

#10
Hey :) erstmal finde ich es gut, dass du deiner Schwester helfen möchtest.

Ich kann dir jetzt (wie alle anderen ) nicht genau sagen , was ihr hilft. Aber ich wollte mal schreiben, was ich als "gute" Hilfe ansehen würde (ist nur meine Meinung!!!)

Mir ist es wichtig, dass akzeptiert wird, wenn es mal nicht geht (z.B. schrieb ja schon jemand, so Kommentare wie "das bleibt jetzt drinnen " bringen nichts, wenn es in dem Moment einfach nicht geht.

Nicht von jetzt auf gleich erwarten, dass es geht (ich brauche einfach Zeit, um mich daran zu gewöhnen, aber jedesmal nicht zu erbrechen ist ein Erfolg)


Und ich habe ein Stück der "Kontrolle" meiner Mama gegeben , ich führe Ernährungstagebuch oder wie man das nennt und lasse meine Mama drüber gucken, was sie meint (war mein Wunsch) , aber regelmäßig gewogen werden, möchte ich trotztdem nicht, dass ist mir dann doch zu viel (also ich möchte schon selber bestimmt, in wie weit ich andere "entscheiden" lasse )

Vielleicht hilft es, sie direkt zu fragen, was sie als Hilfe bekommen möchte und Therapie mit Schwerpunkt Essstörung fände ich auch sehr hilfreich :)


Liebe Grüße und ich hoffe du kannst ihr helfen (weiß selber wie es ist, wichtigen Personen beim Selber-kaputt-machen zuzugucken :S)

Re: Ich liebe meine Schwester

#11
Danke für eure Tipps... ich habe jetzt gestern einen ganzen Tag mit ihr verbracht und wir haben viel geredet...
Für mich war es ein wunderschöner Tag... erst war sie bei ihrem Pferd, danach sind wir in unser Lieblingsrestaurant essen gegangen... dann haben wir Besorgungen gemacht, geshoppt... ich hab ihr zwei Kochbücher gekauft... eines mit Rezepten für 1 Person... damit sie ein Gespür dafür bekommt, wieviel eine Person eigentlich isst und eines mit ayuvedischen Rezepten.. das hat ihr so gut gefallen...
Ich hab ihr auch ein Buch gekauft, in dem sie ihre Gefühle vor und nach dem Essen reinschreiben kann (danke nochmal für den Tipp - es kam ganz gut an) und ihre Erfolge vermerken kann mit Smileys... damit sie auch in schlechten Tagen wieder ihre Erfolge heranziehen kann. Für 10 Smileytage (10 ganze Tage, in denen sie nicht erbricht) hab ich mir als Belohnung eine Pediküre ausgedacht... darüber hat sie sich sehr gefreut... ;-)

Am Abend haben wir dann gemeinsam gekocht: Basmatireis mit Curry, Rosinen, Pflaumen und Cashewnüssen... hat toll geschmeckt...Und anschließend haben wir unser Londonwochenende geplant - was wir alles anschauen wollen, wo wir hinwollen usw... wir hatten echt Spass!
Heute morgen hab ich ihr ein warmes Müsli gemacht (mit Milch, Honig, Haferflocken, Nüssen, Rosinen und Crunchdingern) und sie hat dann gemeint, dass ich schonmal anfangen soll zu sparen, denn sie habe dank dem gestrigen Tag schon einen Smileytag beisammen... :D

Außerdem war ich gestern noch bei einer Frau, die eine Selbsthilfegruppe hier leitet (die das ganze auch schon durchgemacht hat) - ich hab die beiden beim Gespräch allein gelassen.. denn ich denke, dass wir (ihre Familie) sie niemals so verstehen werden/können wie jemand, der in der selben Situation ist/war... auch hier glaube ich, sie hat es gut aufgenommen... zumindest will sie sich mal ein Treffen anschauen..

Ich bin heute grad sehr glücklich und erleichtert.. habe das Gefühl, etwas gutes getan zu haben! Ich hoffe nun, wir können weitere Erfolge in kleinen Schritten gemeinsam verzeichnen!

Danke nochmal an euch alle!

Ich dachte mir, ich erzähl euch das, damit in meiner Story auchmal was positives aufscheint - darauf soll man ja grundsätzlich nicht vergessen!

Re: Ich liebe meine Schwester

#12
ich finde es wirklich gut, dass der tag so positiv verlaufen ist und sie auf einem guten weg scheint. es sieht ja wirklich so aus, als würde sie da raus wollen. aber bitte versuch dich trotzdem dafür zu wappnen, dass es nicht wenige rückfälle geben wird. das ist bei einer sucht, bei der man nicht auf das suchtmittel verzichten kann, ganz normal. wenn sie bisher täglich erbrochen hat, ist jeder tag ohne erbrechen ein toller fortschritt, und mit der zeit werden die dann hoffentlich immer häufiger...