Hallo Dolly,
zuerst einmal möchte ich dir Mut zusprechen - es geht wirklich und es wird auch früher
oder später bei dir funktionieren, wenn du es wirklich willst.
Aber wenn mal eine zeitlang rein gar nichts klappt, dann sollte man sich nicht noch zusätzlich
damit unter Druck setzen und etwas Geduld haben.
Ich bin jetzt auch ein paar Monate ziemlich am Boden gewesen und es ging mir gar nicht gut.
Die Stimmung war am Tiefpunkt und die Bulimie hatte eine Hochphase.

War nicht lustig.
In dieser Situation war gar nicht daran zu denken einen Tag lang nicht zu kotzen.
Das ging einfach nicht! Ich hatte ohnehin damit zu kämpfen nur das Nötigste zu schaffen,
da konnte ich die Energie für den Kampf gegen die Bulimie nicht aufbringen.
Was mir daraus geholfen hat?
Da muss ich mir ehrlich eingestehen, dass mir die Antidepressiva schon sehr geholfen haben!
Anfangs wollte ich sie nämlich gar nicht nehmen, aber jetzt bin ich froh mich dafür entschieden
zu haben. Es hat bei mir aber ca. 4-5 Wochen gedauert, bis ich eine Veränderung bemerkt habe.
Die ersten zwei Wochen war rein gar nichts anders, in der dritten Woche gings noch ein
weiteres Stück bergab und ich bekam wirklich Angst, dass es so bleiben könnte. Und dann
war es plötzlich ausgestanden. Es wurde Tag für Tag ein wenig besser.
Natürlich habe ich dennoch FA´s und gehe kotzen. Ich bin deswegen jetzt nicht gesund.
Aber es ist eine große Veränderung hinsichtlich des FA-Drangs spürbar. Er ist einfach nicht mehr
so stark! Das Essen wirkt nicht mehr so verlockend, so unwiderstehlich...ich fühl mich nicht mehr
so fremdgesteuert, sondern merke, dass ich wieder etwas zum Mitreden habe! So langsam gewinne
ich wieder ein wenig mehr Kontrolle zurück und kann NEIN sagen und mich ablenken.
Bis vor ein - zwei Wochen war gar nicht daran zu denken! Natürlich ist es dennoch schwer.
Ich möchte jetzt nicht so klingen, als ob Medikamente das Allheilmittel wären. Das sind sie ganz
und gar nicht. Den ein großer, nein - ein sehr großer Teil ist macht auch das erlernte Verhalten aus.
Das FA-Ritual, das man schon so verinnerlicht hat und zum Tagesablauf gehört! Das muss natürlich
unterbrochen werden. Ansonsten helfen keine Medikamente und keine Psychotherapie.
Ich habe bestimmt noch einen langen Weg vor mir, bin noch ganz am Anfang.
Aber ich nehme an, dass ich schon mal die richtige Richtung eingeschlagen habe.
Was ich damit sagen will:,
Der erste Schritt ist die Nebenerkrankungen wie Depressionen zu behandeln.
Essstörungen und Depressionen gehen meist einen teuflischen Pakt ein.
Die Schwester der Depression heißt übrigens Schilddrüsenunterfunktion.
(Die durfte ich auch kennen lernen, jedoch muss daraufhin noch nicht medikamentös behandelt werden.Mal sehen wie´s weiter geht.)
Wie gehts dann weiter?
Erst wenn man so einigermaßen stabil ist, empfiehlt sich meiner Meinung nach eine Psychotherapie,
die in die Tiefe geht. Vorerst ist wirklich Stabilisation, Verhaltensunterbrechung und Ressourcenarbeit angebracht.
Ich führe ein Essprotokoll und ein Ressourcentagebuch.
Das hilft mir. Gibt mir ein wenig Sicherheit und Orientierung.
Versuche regelmäßige Mahlzeiten einzunehmen, damit der Blutzuckerspiegel erst gar nicht in den Keller sinkt und
sich der Heißhunger anmeldet. Alle 3 Stunden wäre anfangs sehr zu empfehlen. Ich weiß - es ist eine große Umstellung!
Aber mir hilft das wirklich! Natürlich sollte man dabei auch nicht die Kohlenhydrate auslassen. Das Gehirn benötigt
einfach Glukose und die holt es sich dann spätestens in Form einer Essattacke!

Also lieber auf den Tag aufgeteilt
in kleinern Mengen KH zuführen, als alles auf einmal und dann kotzen.
Was esse ich genau?
Wie gesagt - bin selbst noch am Anfang und habe noch ziemlich zu kämpfen.
Frühstück klappt sehr gut. (Bei mir ist es meist ein Müsli oder ein Käsebrot und viel Gemüse)
Zwischenmahlzeit
Mittag (geht noch nicht so gut, da muss ich immer aufpassen, dass ich die KH nicht weglasse und falls ich sie
doch zu mir nehmen, dass es nicht ausartet. Also anfangs ist es wirklich besser man isst diese Gerichte bei
denen man sich wohl und sicher fühlt, damit man sie auch drin behalten kann.)
Zwischenmahlzeit
Abendessen
Ressourcenarbeit:
sehr, sehr, sehr wichtig um den Teufelskreis der FA´s zu durchbrechen!
Ich habe mir 40 Dinge aufgeschrieben, die ich gerne mache und versuche täglich drei davon umzusetzen.
Es können ganz unspektakuläre Sachen sein wie besipielsweise ein Bad nehmen, den Vogelgesang genießen, etc.
(Irgendwo gibts auch einen super Thread dazu - Ich geh gleich mal gucken...)
Wichtig dabei ist auch, dass man ganz konkrete Dinge aufschreibt und nichts abstraktes wie bsp.
"mit einer Freundin
etwas unternehmen" Weil im Notfall, wenn ein FA droht und man sich versucht abzulenken, ist unser Gehirn nicht
in der Lage abstrakt zu denken. Da hilft nur eine ganz genauer Notfallplan! (Es ist meist auch besser raus zu gehen,
sich von der Situation zu entfernen, damit man wieder einen klaren Kopf bekommt, anstatt ein Buch zu lesen)
Jeden Tag auf sich schauen, etwas für sich machen, sich Dinge gönnen, sich verwöhnen, auf sich selbst zu hören!
Es sich selbst wert zu sein und nicht alles zu verbieten!
Ich hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.
Wenn du noch Fragen hast - nur her damit!
Ganz liebe Grüße,
A
