Definition?

#1
Hallo Leute,

Habe letztens zufaellig eine seite der Overeaters anonymous gefunden und mir definitionen der Binge eating disorder durchgelesen, und frage mich jetzt, wie ich meine ES eigentlich definieren soll (sofern eine definition überhaupt relevant ist).

Ich habe in (momentan) unregelmäßigen Phasen (vor 3 jahren, wies angefangen hat, war es auf einem Zeitraum von eineinhalb Jahren sehr regelmäßig, seit ich eine eigene Wohnung habe, nicht mehr so oft), extreme FAs, und hätte, da ich mich dem gegessenen wieder "entledige", gesagt, ich hätte ne Mischung aus Binge eating (wegen FAs) und B (wegen "entledigen")
Auf der Hp der OAs habe ich aber jetzt gelesen, dass sich Overeaterss ebenfalls "entledigen". Bin ich jetzt von der Definition her "nur " Overeater?

Als "reine Bulimikerin" hätte ich ohnehin nur jemanden bezeichnet, der sich bereits kleinster Mengen entledigt, was bei mir ja nicht der Fall ist.
Also gehöre ich ja gar nicht auf diese Homepage hier ;)

Würde mich nur interessieren, wie ihr das sehts.....

Re: Definition?

#2
Hey Ourouboros! Also ich finde, dass hier jeder Platz findet, der irgendwie mit einer ES in Verbindung steht. Daher denke ich, dass auch du am richtigen Platz bist. Prinzipiell ist es ja egal (das ist halt meine Meinung), ob man zuviel ist, zuwenig, zuviel und es endledigt, ... Schlussendlich läuft es immer aufs gleiche hinaus.
Vielleicht hilft dir diese Seite, dich selbst zu reflektieren und an deinen Problemen zu arbeiten. Sag mal, wielang hast du das denn schon? Hast du dir bereits Hilfe gesucht (Therapeutin, Psychologin etc,).
Lg und alles Gute, Crisu

Re: Definition?

#3
Ach ja, das wollte ich auch noch sagen, wenn du FAs hast und dich anschließend "endledigts" ist das in meinem Verständnis Bulimie. Aber es mischt sich alles. Es gibt "reine Bulimiker", "anorektische Bulimiker", welche die alles mit Sport kompensieren etc, etc. Binge Eating ist wohl eher die Sache, wo man FAs hat, aber nicht eigenhändig (k*****, AFM, Sport) versucht, dass alles wieder loszuwerden. Ich denke, Essstörungen sind ein sehr komplexes Thema und man kann nicht immer alles in eine Lade packen. Differenzierung ist in diesem Bereich, denk ich, ziemlich schwierig!

Re: Definition?

#4
Hallo, Crisu,

Danke für deine Antwort. Ich hab das jetzt seit 3 jahren. Hab vor einigen Monaten versucht, eine Psychologin (habe ich auf www. psyonline.at gefunden) zu kontaktieren, aber die scheint momentan wg einer Krankheit nicht arbeiten zu können. Überlege mir momentan, einer Selbsthilfegruppe beizutreten.

Mir kam gerade die Idee; dass die Definition vll doch von Relevanz wäre, und zwar, wenn es um eine Behandlung gehen würde. Auch wenn es auf das selbe hinausläuft, ist es doch was anderes, erst einen FA zu haben, und dann zu "entledigen", oder dasselbe nach nur einem Apfel zu tun.

Die Hirnregionen scheinen bei Leuten mit Binge eating Disorder anders auf nahrung zu reagieren, als bei solchen, die "nur" Bulimie haben. Zumindest marginal.
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at ... rder.shtml

An dem obenstehenden Artikel finde ich interessant, dass er auf die physischen Aspekte einer ES eingeht. Wenn mir jemand sagt, ich müße bloß mehr Selbstbeherrschung haben, ist das einerseits natürlich schon richtig, aber das alleine kann nicht alles ändern.
Wenn man nachts um halb eins noch wachliegt, und alles rotiert im Kopf, der noch dazu höllisch schmerzt (hat jemand von euch auch die typischen "bulimie Kopfschmerzen?), und man zb an stressige Dinge denkt, die in den nächsten Tagen auf einen zukommen, oder wasweisichwas; und man glaubt, gleich zu platzen......ich kanns nicht beschreiben, aber so ein Gefühl habe ich nur während schlimmeren Phasen; das ist nicht normal und kann auch nicht mit bloßer Selbstbeherrschung geheilt werden. Es verschwindet nur (kurrzeitig), wenn ich dann einen FA habe, und dann "entledige"................für mich fühlt sich das an wie eine physische Abhängigkeit von FAK......


@Crisu1: es stimmt, manchmal (meistens) fließt alles ineinander..............danke für deine Gedanken zu dem Thema.....
Zuletzt geändert von ourouboros am Sa Apr 17, 2010 22:26, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Definition?

#5
Ja, aber das ist in meiner Ansicht Bulimie. Nach einem Apfel sich zu endligen fällt in den Bereich Anorexie, bulimischer Subtyp. BED wären FAs ohne was dagegen zu tun. Bulimie sind FAs mit anschließenden Gegenwirken, wie bereits gesagt k*****, AFM, oder übertriebener Sport. Aber egal was es auch ist, ich denke, dass du dir deinem Problem bewusst sein werden musst, und etwas daegen unternehmen solltest. Alleine ist der Weg sehr, sehr schwer, mit professioneller Hilfe geht es ein wenig leichter. Du solltest nicht soviel wert auf eine perfekte Definition deiner Krankheit legen, sondern vielmehr einen Weg suchen, wie du sie überwinden kannst.
lg Crisu

Re: Definition?

#6
Guck dir doch mal den ICD-10 an und lies dir da mal die Definitionen durch. ;)
Persönlich bin ich ja der Ansicht, dass die Diagnosen gerade bei psychische Erkrankungen und Störungen eher als "Anhaltspunkte für Behandler" dienen, denn die müssen ja ungefähr wissen, worum es sich bei Patient xyz handelt, wie wir letztlich damit umgehen, ist ja nicht unbedingt so sehr abhängig von der genauen Definition, oder?

Alles Liebe, Colourful
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: Definition?

#7
Hey!
Zu den Definitionen kann ich dir soweit etwas sagen: es gibt nach verschiedenen Gesellschaften/ Vereinigungen von Ärzten, Psychiatern, Psychologen etc. festgelegte Kriterien, sowohl für physische, als auch für psychische Erkrankungen, um sie einigermaßen klassifizieren und einteilen zu können. Oftmals ist das allerdings eine sehr schwammige Angelegenheit, weil nicht alle Symptome auf alle Erkrankte zutrifft etc und viele dieser Definitionen werden sehr kritisiert. Meist gibt eine Gesellschaft eine Definition heraus, die alle paar Jahre überholt wird.

es gibt z.B..: die Definitionen nach DSM = Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) herausgegeben von der American Psychiatric Association (APA genannt) (liegt momentan in der Auflage DSM-4-TR auf, 2000 erschienen...DSM-5 wird voraussichtlich Anfang 2013 veröffentlicht): (übrigens wird daruaf hingewiesen, dass das DSM nicht von Laien verwendet werden soll(te), um sich selbst zu diagnostizieren!!)
es handelt sich um ein kategorisches Klassifikationssystem mit Prototypen, denen die Patienten bei größter Übereinstimmung zugeordnet werden. Es beschreibt die Störungen in 16 diagnostischen Hauptgruppen auf 5 Achsen (weitere Infos siehe z.B.: http://en.wikipedia.org/wiki/DSM-IV hier die genaue Ausführung, welche Störungen dazuzählen: http://en.wikipedia.org/wiki/DSM-IV_Codes )
hier wird ausgeführt:
- Bulimia Nervosa: wiederholte FA`s (binge eating Episode: hier definiert als Episode des Überessens mit dem Gefühl, die Kontrolle zu verlieren), gefolgt von Kompensationsmethoden, um eine Gewichtszunahme zu verhindern. (z.B.: AFM, Sport, Erbrechen,...). (es wird auch erwähnt, dass es schwer zu diagnostizieren ist, weil viele Betroffene nicht die vollen Diagnosekriterien erfüllen - es wird nur diagnostiziert, wenn das Verhalten nicht zu dem Anorexie-Symptom-Komplex gehört und eine übermäßige Fixiertheit auf Körpergewicht und Aussehen besteht) - Diagnose, wenn das Verhalten (FAs/Erbrechen) mehr als 1x pro Woche über 3 Monate auftritt
Es wird hier zwischen 2 Subtypen unterschieden:
* Purging type: selbst herbeigeführtes Erbrechen, Verwendung von AFM, Einläufen und Laxantien (=entwässernde Medikamente)
* Non-purging type: (von der APA auf 6-8% der diagnostizierten Bulimie-Fälle geschätzt) Kompensation durch Sport, Fasten. (kann beim vorhergehenden Typus auch auftreten, aber als Sekundärmaßnahme zur Gewichtskontrolle)

- Anorexia Nervosa: hier definiert als Weigerung der Annahme eines gesunden Körpergewichts (hier basierend auf dem BMI; ein Gewicht, dass über 85% des erwarteten Körpergewichts für ein gewisses Alter und eine gewisse größe als Minimum eines gesunden Gewichtes gilt --> Anhaltspunkte für Mediziner entsprechend diesem Kriterium: BMI-Wert bei Erwachsenen (ab 18J) unter 17,5; bei Kindern u Jugendlichen ein Wert 15% unter dem Minimalstgewicht entsprechend der zugehörigen Altersgruppe entsprechender Größe), eine vereinnahmende Angst Gewicht zuzunehmen zurückführend auf ein gestörtes Selbstbild. 3 ausbleibende Blutungszyklen (Amenorröh), das fehlende Eingeständnis der Gefährlichkeit des Gewichtsverlustes, eine gestörte Körper- und Gewichtswahrnehmung.(es wird weiters darauf hingewiesen, dass AN, wie viele psychische Erkrankungen, mit körperlichen Erkrankungen wie virale/ bakterielle Infektionen, Hormonschwankungen, neurodegenerative Erkrankungen und Gehirntumoren etc einhergehen können und immer von einem kompetenten Mediziner untersucht und diagnostiziert werden soll(t)en - Schwierigkeiten der Unterscheidung phyischer Erkankungen von funktionellen psychiatrischen Erkrankungen auf der Basis von psychatrischen Symptomen alleine).
Es wird wieder zwischen 2 Subtypen unteschieden:
* binge-eating/purging type: abnormal große Mengen an Nahrung werden augfgenommen, gefolgt von Fastenperioden und/ oder Erbrechen (also dazu zählt auch Erbrechen "normaler"/ kleiner Nahrungsmengen)
*restricting type: Hungern und Fasten.
Es gab viel Kritik zu den genauen Definitionskriterien, wie diese 85% des Körpergewichtes und das 3-malige Ausbleiben der Periode, weil manche Patienten alle Symptome für AN aufwiesen, aber trotzdem ihre Periode bekamen. Diese wurden dann mit ED-NOS diagnostiziert. Auch kritisiert wurden die Subtypen, da es oft zu einer Überlappung und einem hin- u herswitchen zwischen den Typen gibt etc...

- Rumination Syndrome
- ED-NOS (nicht genau spezifizierbare Essstörung): meistens bei Patienten verwendet, bei denen nicht alle Kriterien von Bulimie oder Anorexie zutreffen; u.a. gehört auch Chewing and Spitting (Kauen und Wiederausspucken) dazu. Auch Orthorektiker zählen dazu (Orthorexie = ausgeprägte Fixierung auf die Auswahl von "gesundem" Essen, Vermeidung von "ungesundem" Essen - kein als eigenständig anerkanntes Krankheitsbild)
Orthorexie u ähnliche nicht eigenständig anerkannte Krankheitsbilder werden oft daran gemessen, wieviel Leidensdruck sie erzeugen.
Auch Binge Eating disorder fällt nach der APA unter diese Definiton, und auch "nicht häufig genug auftretende bulimische Episoden, um sie als Bulimie zu definieren"

Anfang Februar gab es allerdings bei der APA eine Veröffentlichung von Änderungen der ES-Definitionen für das nächste Manual --> http://the-f-word.org/blog/index.php/20 ... diagnoses/
z.B.: purging disorder: Erbrechen etc ohne FA`s (binge eating) und NES (night eating syndrome); Anorexia Nervosa: Änderung der Definition von "Weigern" der Annahme eines gesunden Körpergewichts zu "Unfähigkeit" und das Weglassen des Diagnosekriteriums Amenorröh, damit mehr Patienten (und auch Männer) diagnostiziert werden können.
Bulimie: Änderung von Diagnose bei Auftreten von mehr als 1x pro Woche über 3 Monate auf nur 1x die Woche über die letzten 3 Monate. Entfernung Subtyp non-purging, weil es mehr zur Binge-Eating Definition passt (FA`s und danach Sport zur Gewichtskontrolle). Übergewicht. weiterhin nicht als psychische Erkrankung definiert. Binge Eating Disorder wird im DSM-5 als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt.


Es gibt auch noch den ICD = International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems in seiner 10ten Revision (ICD-10), herausgegeben von der WHO (Welt Gesundheits Organisation) 1992. Beinhaltet eine "Kodierung" für Krankheiten und Zeichen, Symptome, Abnormalitäten, Beschwerden, soziale Umstände und externe Auslöser für Verletzungen oder Krankheiten. Die ICD-10 ist ein hierarchisches System mit 10 Hauptgruppen und 398 Störungsdiagnosen.
F00-F99 befasst sich mit den psychischen und Verhaltensstörungen (http://en.wikipedia.org/wiki/ICD-10_Cha ... _disorders)
(F50–F59) Behavioural syndromes associated with physiological disturbances and physical factors
* (F50.) Eating disorders: Einteilung in:
# (F50.0) Anorexia nervosa: Def. ähnlich APA, aber speziell erwähnt: 1) Maßnahmen, die Betroffene zur Gewichtsverringerung oder des Haltens eines niedrigen Gewichtes anwenden (fette Nahrung vermeiden, selbstinduziertes Erbrechen, übermäßige Bewegung, übermäßige Verwendung von Apetitzüglern, Diuretika,...)
2) Bei Erkankung vor der Pubertät kann die (körperliche) Entwicklung dadurch gestoppt/ beeinträchtigt werden.
3) Erkrankung einhergehend mit verschiedenen physiologischen Symptomen (endokrinologische Erkrankungen, Amenorröh, Verlust von s*x**ll* Interesse und Potenz, körperliche Beeinträchtigung bei der Bildung von Hormonen, erhöhte Chortisonwerte, Änderungen im periphären Thyroidhormonmetabolismus udn Abnormalitäten des Insulinspiegels
# (F50.1) Atypical anorexia nervosa: wenn nicht alle Kriterien von AN zutreffen
# (F50.2) Bulimia nervosa: wiederholte Phasen des Überessens und ein Übermaß an Gewichtskontrolle (Erbrechen, AFM, Laxantien etc). Teilt viele psychologische Kriterien mit AN, z.B.: eine übermäßige Beschäftigung mit Körperform und Gewicht. Oftmals einhergehend mit einer früheren Episode von AN.
# (F50.3) Atypical bulimia nervosa: wie bei atyp.AN: manche Kriterien zutreffend, aber nicht alle.
# (F50.4) Overeating associated with other psychological disturbances: Überessen bei Stress, kritischen Lebensereignissen wie Versterben nahestehender Personen, Geburten, Unfällen etc...
# (F50.5) Vomiting associated with other psychological disturbances: wiederholtes Erbrechen, welches bei Dissoziativen Störungen und Hypochondriellen Störungen auftritt, welches nicht nur auf Umstände klassifiziert außerhalb dieser Definition zurückzuführen ist. Kann ebenfalls zutreffend sein zu Def O21 (= exzessives Erbrechen während der Schwangerschaft), wenn emotionale Faktoren prädominant sind.
# (F50.8) Other eating disorders
* Pica in adults (Pica = seltene Essstörung bezeichnet,bei der Menschen Dinge zu sich nehmen, die allgemein als ungenießbar oder auch ekelerregend angesehen werden. Die ebenfalls übliche Bezeichnung Pikazismus wurde früher für ungewöhnliche Essgelüste Schwangerer verwendet. Verzehrt werden u.a. Dinge , die nicht primär dem menschlichen Verzehr dienen, wie etwa Erde, Asche, Kalk, Lehm, Sand, Steine, Papier, Farbschnipsel oder Pflanzenteile. Manchmal werden auch Dinge verzehrt, die im allgemeinen als ekelerregend gelten, wie etwa Exkremente, Staub und Abfall. --> weitere Def nach DSM-4: Dinge, die keine Lebensmittel sind, keinen Nährwert besitzen (für mind 1 Monat), entspricht einem nicht geistigen altersgemäßen Entwicklungsstand, Ernährungsgewohnheiten entsprechen keiner kulturellen Norm, so schwerwiegend, dass es besonderer Behandlung bedarf (zusätzlich zu den miteinhergehenden psychischen Dispositionen etc)
# (F50.9) Eating disorder, nicht näher bezeichnet



Übergewicht wird bei keinem Klassifikationssystem als psychische Krankheit definiert.


Es gibt übrigens auch eine "Nationalassociation of Anorexia Nervosa and Associated Disorders (http://en.wikipedia.org/wiki/National_A ... _Disorders) und ähnliches...


lg Corda