Hören viele falsch auf?

#1
Entschuldigung für diese Anschuldigung :roll:

Aber ich habe das Gefühl, dass viele von uns "falsch" aufhören.
Ich habe hier schon mehrmals Beiträge gelesen, bevor sie editiert wurden, und es hat mich schockiert.

Findet ihr nicht, dass man sehr bald in die Krankheit (oder Magersucht) wieder reinrutscht, wenn man extrem wenig Energie zu sich nimmt, so nach dem Motto "Ich will ja klein anfangen und nichts überstürzen"?

Oder wenn man sich rigoros die FAs und Süsses und alles Leckere total verbieten, dann zwar mit Müh´ und Not 5 cleane Tage hat, und es immer schwerer wird, clean zu bleiben?

Viele starten hier voller Elan. Aber ich finde, dass es falsch ist, sofort mit dem K* aufzuhören, also radikal. Und das es umso falscher ist, seine Energiezufuhr so total zu reduzieren. Ja, ich weiss, man hat Angst, astronomisch zuzunehmen. Aber hey, das ist doch wohl sehr unwahrscheinlich und ausserdem ist der Weg nicht weit, um wieder die Lust am Vollfressen zu bekommen. Oder?

Patientinnen aus meiner Klinikzeit aßen ihren normalen Tagesbedarf (um die 2000 kcal) und nahmen nicht zu und freuten sich, dass es nicht so ist. Man muss halt seine Angst überwinden. Ihr seht doch, dass man nicht astronomisch zunimmt.......

Wie seht ihr das eigentlich?

Seid mir nicht böse :wink:
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: Hören viele falsch auf?

#8
Na ja, wenn man so versucht aufzuhören, dann klappt das doch meistens sowieso nicht, oder? Ich meine, kennst du jemanden, der echt gesund geworden ist und dabei wirklich restriktiv gegessen hat? Ich nicht. Deswegen würde ich das auch nicht als "Aufhören" bezeichnen wollen, ist dann eher ein Versuch.

Wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich auch zuerst viel weniger gegessen habe, als ich jetzt esse und es einfach ausgehalten habe, auch, dass ich Hunger hatte, keinen FA hatte, nichts, es einfach ertragen habe, wobei das jetzt auch keine lange Phase war, vielleicht zwei Wochen oder so. Danach wurde das dann kontinuierlich besser, ich habe mich immer weiter getraut, immer mehr gegessen, bis ich jetzt an dem Punkt bin, und das geht mir schon ein halbes Jahr so, dass ich mir überhaupt keine GEdanken mehr ums Essen mache, ich esse, wenn ich Hunger habe, höre auf, wenn ich satt bin. Alles also ziemlich einfach. Und auch etwas, was ich mir früher nie zugetraut hätte.

Ja, aber du hast schon Recht.

Alles Liebe, deine Colour
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: Hören viele falsch auf?

#9
hallo ihr,

also...

zuerst einmal kann ich nur sagen, dass es definitiv stimmt, dass viele betroffene gefahr laufen, beim versuch, aufzuhören, in die magersucht zu rutschen. ich kann da nur aus eigener erfahrung sprechen, denn kurz vor meinem klinikaufenthalt habe auch ich noch einmal rapide an nahrung reduziert und nochmals gewicht verloren. ich denke, dass dies auf diese krankhafte angst zurückzuführen ist, durch normales essen ohne erbrechen extrem zuzunehmen. viele meinen, sie müssen dem vorbeugen oder während des einstellens des erbrechens durch weniger nahrungsaufnahme gegenwirken. natürlich geht diese rechnung nicht auf und natürlich rutscht man durch ein solches verhalten nur in die magersucht

- wenn es kontinuierlich so weitergeht und keine besserung gibt.

ich für meinen teil würde das ganze allerdings nicht völlig verwerfen, da es mir zum beispiel geholfen hat, mich erst nach und nach an ein normales essverhalten zu gewöhnen und nicht sofort normale portionen zu mir zu nehmen. ich kann natürlich nicht für alle sprechen, da ich
1. in einer akuten anorektischen phase war und somit nicht reduziert habe, sondern bereits auf diesem minimalen level war, als ich das kotzen eingestellt habe
2. diesen prozess in einer klinik unter professioneller betreuung durchgemacht habe
3. nicht bei der geringen menge stehen geblieben bin, sondern kontinuierlich an mir gearbeitet habe und den vorsatz, jeden tag die nahrungsmenge mindestens zu verdoppeln auch relativ gut umgesetzt habe.

natürlich ist ein solches "aufhören" gefährlich, wenn man es alleine durchführt und kann definitiv zu einer simplen suchtverlagerung führen, da gebe ich euch ebenfalls recht.

allerdings auch ich hedis frage noch einmal aufgreifen:

was ist schlecht daran, wenn man von einem auf den anderen moment mit dem kotzen aufhört?

ganz ehrlich? genau das habe ich getan und bin der meinung, dass es für mich das beste war. ich kam in die klinik und habe vom ersten tag an nicht mehr gekotzt. ganze acht wochen lang. und daraufhin fast zwei jahre. natürlich kamen irgendwann auch rückfälle, doch die gehören zur genesung dazu, sagte mein therapeut. und heute kann ich das auch so sehen. ich bin nun ziemlich lange zeit clean und der klinikaufenthalt liegt sechs jahre zurück. sechs jahre, in denen nicht mehr das essen mein leben bestimmt hat, sondern ich selbst endlich wieder gelebt habe.

demnach kann ich diesen gedanken absolut nicht unterstreichen. ich finde es vielmehr richtig und sehr sinnvoll, rapide aufzuhören - wenn man begleitend eine therapie macht und die sorgen und probleme, die währenddessen auftauchen, auch mit professioneller unterstützung bewältigt und nicht verdrängt.

lg, jen
Lauf der Sonne entgegen, anstatt auf sie zu warten...

Re: Hören viele falsch auf?

#10
hey coco find du hast voll recht...und bin dir dankbar das du geschrieben hast das man nicht so enorm viel zu nimmt wenn man normal ist...drück dich
die angst in der eigenen leere zu versinken ist wie wein stich ins herz.. wer nicht kämpft hat schon verloren.

Re: Hören viele falsch auf?

#11
Ja, ich finde auch - und kenne das auch von mir - dass einige um die FA´s "unter Kontrolle zu bringen" extrem ihre Nahrungszufuhr kontrollieren. Klar, und das führt dann schon nach einigen, hart erarbeiteten FA- freien Tagen zum nächsten Rückfall und man hängt wieder in der Bulimie.
Ich denke, dass liegt tatsächlich an unserer riesen großen Angst, zuzunehmen. Eigentlich ist eine wirkliche Zunahme doch aber unrealistisch, wenn man normal isst und sich nichts verbietet, ja.
Und ich denke, dass das mit dem radikalen Aufhören tatsächlich schwer ist, da es immer mal wieder Rückfälle gibt, die einfach zur Genesung auch dazu gehören.

ALso, CoCoRiCo, ich stimme dir auch zu :wink:
Kurz und schmerzlos. Punkt.

Re: Hören viele falsch auf?

#12
Hi Ihr.

Jetzt will ich auch meinen Senf noch dazugeben. Ich gebe Euch recht. Viele wollen, es von einem auf den Anderen Tag ändern, dass wollte ich auch, aber es hätte nie geklappt. In einer Klinik haben Sie auch zu mir gesagt, dass ich von einem auf den anderen Tag aufhören sollte, aber das habe ich nicht geschafft.
Bei mir wurde das k... immer weniger und irgendwann habe ich es gar nicht mehr gemacht. Ich habe mein Umfeld geändert und ich war total am Boden, ich hätte nicht mehr weiter fallen können und dann habe ich aufgehört. Ich habe aber nicht gesagt, so jetzt höre ich auf. Ich habe es einfach vergessen und irgendwann war eine Woche um und da dachte ich mir, jetzt kannst gleich weiter kämpfen. Ich verbiete mir auch nichts. Wenn ich Lust auf Schokolade habe, dann esse ich es. Da kommt auch mal Frustfuttern vor.

Ich glaube ich habe für mich den Richtigen Weg gewählt, weil sonst wär ich nicht bei Tag 128.
Das Leben ist zu kurz um es aufzugeben!

Re: Hören viele falsch auf?

#13
Hallo ihr!

Erstmal, Coco, hast du bestimmt sehr recht.
Aber die Angst ist halt da, nicht wahr? Wobei sie tatsächlich unbegründet ist, zumindest, wenn man nicht im UG ist und man sowieso zunehmen sollte um gesund zu sein.
Ich wiege heute so viel wie damals. Und im Gegensatz zu dieser Zeit bin ich gesund, fühle mich fit, habe wieder Zeit mich um die Dinge zu kümmern, die mir eigentlich wichtig sind.
Wobei auch ich sagen muss, dass ich am Anfang recht wenig gegessen habe, weil ich Angst vor Essen hatte. Aber nicht ausschließlich, weil ich Angst hatte zuzunehmen, sondern vor allem auch, weil ich Angst vor FAs hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich, wenn ich normal esse, direkt wieder in nen FA rutsche. Demnach hatte ich so gut wie nichts zu essen daheim und habe immer unterwegs gegessen und auch viel mit Menschen, um zu sehen, was normal ist.

Trotzdem- jeder muss seinen eigenen Weg finden. Das ist wohl alles sehr individuell. So wie der Krankheitsverlauf auch und die Zeit, die es braucht tatsächlich loszulassen. An sich aber ist es sicher schwierig aufzuhören, wenn man sich danach mit hungern quält.

Einen schönen Abend euch noch
Über den Wolken der Gedanken gibt es einen Himmel wunderbarer Stille, den nur die Seele kennt, die keine Angst vor´m Fliegen hat