Einzelkämpferin

#1
Hallo Allezusammen!

Ich lese schon länger die Beiträge in diesem Forum und habe mich jetzt dazu entschlossen, selber mehr zu posten.
Ich bin eine 21jährige Studentin und lebe in Wien. Ich habe seit ca. 7 Jahren Probleme mit Essen, mal mehr, mal weniger und mal überhaupt nicht bzw. latent. Angefangen hat es mit Magersucht. Was mir damals erst mal geholfen hat davon weg zu kommen, war, dass ich ein halbes Jahr nach Australien gegangen bin und raus aus meinem Mikrokosmos gekommen bin. Ich war dann längere Zeit "stabil" und hab meine Probleme mehr oder weniger verdrängt, also keine Therapie und auch mit niemandem darüber gesprochen. Ich wundere mich heute, wie ich es damals geschafft habe, das Thema so komplett wegzublenden.
Naja, wie ich dann die Matura gemacht habe und von zu Hause weggezogen bin hat mich das ganze dann doch wieder eingeholt. Ich glaube, ich habe durch die neuen und komplexeren Umstände meine "Schutzwand" nicht mehr aufrecht erhalten können. Was ich dann aufgeführt habe, nennt man wohl Bulimie non-purging type.
Jetzt geht es mir schon um einiges besser. Habe mich mehr mit mir und meinen Ängsten beschäftigt und ich bin gelassener geworden. Aber ich hab noch einen langen Weg vor mir. Was mich sehr belastet, ist, dass keiner weiß, was ich durchmache. Ich habe es in meiner Magersuchts-Zeit eher als negativ empfunden, dass andere was davon mitbekommen haben. Ich habe mich dadurch zusätzlich unter Druck gefühlt. Deswegen weiß ich nicht, ob ich meiner Familie und meinen besten Freundinnen (die mich schon damals kannten) jemals davon erzählen will und kann. Aber so ganz alleine zu kämpfen ist halt sehr anstrengend und einsam. Deswegen hab ich mich jetzt als ersten Schritt dazu entschlossen, in diesem Forum zu posten. Vielleicht bekomme ich ja mit der Zeit mehr Mut, zu mir zu stehen.

Ich wünsch euch allen viel Kraft und alles Gute!

Re: Einzelkämpferin

#2
hallo simonella!

erstmal: herzlich willkommen! schön, dass du hier bist!

also so wie ich das jetzt lese, heisst das, dass es dir in australien gut ging? ich kenn das mit dem ausland. ich war 1 jahr in den usa, bei mir wars aber total umgekehrt. vorher war ich gesund, dort bin ich dann in die bulimie gerutscht und seitdem ich wieder in deutschland bin, gehts mir wieder gut.
hmm... du bist nicht in therapie, oder?
wohnst du noch zu hause?

es ist ja schon der erste schritt getan, indem du dich hier angemeldet hast und über dein problem schreibst. vielleicht schaffst dus ja auch irgendwann, jemanden davon zu erzählen. setz dich nicht unter druck. wenn du merkst, du bist soweit, dann tu es. ich kann dir nur sagen, ich hab mich besser gefühlt, als es meine eltern erfahren haben (leider durch einen blöden "zufall" bzw bekannten, ders ihnen erzählt hat). aber man fühlt sich nicht mehr so alleine.
hast du schon mal in betracht gezogen, eine therapie zu machen?

liebe grüße
jersey

Re: Einzelkämpferin

#3
Herzlich willkommen!! =)
Simonella hat geschrieben:Was ich dann aufgeführt habe, nennt man wohl Bulimie non-purging type.
Na, dann sind wir ja schon zu zweit- ich "führe" genau denselben Typen auf.
Sieh es aber jetzt schonmal positiv- es ist wesentlich einfacher davon loszukommen, als wenn man ein purging-type ist- außerdem sind mit diesem Typ nicht so viele gesundheitliche Schäden verbunden.
Das schonmal im Vorraus, um dich ein wenig aufzumuntern. :wink:
Jersey hat geschrieben:hast du schon mal in betracht gezogen, eine therapie zu machen?


Dasselbe würde ich auch fragen wollen.
Denn mir hilft die Therapie wirklich und auch wenn man mal einige Jahre clean ist, wird man immer wieder zurückgeworfen, wenn man es allein versucht.
Klar, gibt es auch Leute, die es allein geschafft haben, aber es kommt eben darauf an, mit den Problemen fertig zu werden, die die ES verurchsacht haben und eben nicht nur die Symptomatik zu bekämpfen.
Deshalb wäre eine Therapie echt ratsam.
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Einzelkämpferin

#4
Danke für die schnellen Antworten!

Therapie...ja daran hab ich schon oft gedacht. Vor ca. 7 Monaten war ich bei einer psychologischen Studentenberatung und hab das erste Mal wem von meinen Problemen erzählt. Ich war danach fest entschlossen, eine Therapie zu machen, es dann aber doch nicht getan. Ich glaub, ich hab mich damals zu sehr unter Druck gesetzt ( genau das wovor du mich warnst, Jersey) und es hätte mich mehr gestresst, als es mir geholfen hätte. Außerdem hab ich mich bei den Gesprächen in der Beratungsstelle immer so gefühlt, als ob ich irgendetwas vor der Psychologin "beschützen" müsste und bin mehr so auf Abwehr gewesen. Schätze, ich war wirklich noch nicht so weit.

Jetzt, wo ich eure Zeilen lese, überleg ich, ob ich es nicht doch noch einmal versuchen sollte. Es gibt so viele Dinge, die ich gern in Zukunft machen würde, für die ich aber echt psychisch stabil sein muss.
Hat von euch wer Erfahrungen mit dem Therapiezentrum "so what" in Wien? Vielleicht sollte ich mich da mal erkundigen. Die Finanzierung ist auch so eine Sache. Ich hab zwar den Luxus, dass mir meine Eltern die Therapie glaub ich schon zahlen würden. Aber irgendwie mach ich mir Sorgen, dass ich dann Schuldgefühle bekomme und mir nach jeder Therapiestunde vorhalte, wie viel Geld von ihnen ich gerade verschleudert habe.
Meiner Mutter zu erzählen, dass ich eine Therapie machen will, wäre nicht so das Problem. Ich hab mit ihr vor sieben Monaten schon ein bisschen darüber geredet. Sie ist übrigens selbst Psychologin. Hab ihr damals nichts von meiner ES erzählt, sondern mehr von Angstzuständen und Depression geredet. Das ist jetzt zum Glück viel besser.

@Jersey: Nein ich wohne nicht mehr zu Hause, sondern in einer 2er WG. Kommen tu ich aus Salzburg.

Re: Einzelkämpferin

#5
guten morgen =)
Simonella hat geschrieben: Außerdem hab ich mich bei den Gesprächen in der Beratungsstelle immer so gefühlt, als ob ich irgendetwas vor der Psychologin "beschützen" müsste und bin mehr so auf Abwehr gewesen. Schätze, ich war wirklich noch nicht so weit.
na, das hört sich wirklich so an, als wärst du noch nicht so weit gewesen. wenn du deinem therapeuten nicht alles erzählst/erzählen willst, dann kann er dir auch nicht wirklich helfen.
denkst du, du könntest es jetzt erzählen? wärst du jetzt so weit?
denk nochmal drüber nach. klar, es ist ein weiterer großer schritt für den man mut braucht, aber auch ein erster schritt in richtung heilung.

achso, deine mutter ist psychologin. wie würde sie denn reagieren, wenn dus ihr erzählen würdest?
gerade sie müsste es doch eigentlich "verstehen". mit sicherheit ist es auch schwierig für sie, weil nun keiner ihrer patientin vor ihr sitzt, sondern ihre eigene tochter aber zu zweit kämpfen ist immernoch leichter als alleine.

mit wem wohnst du denn zusammen? hat der-/diejenige schon etwas von deiner ES mitgekriegt?

liebe grüße
jersey

ps: salzburg is ne sehr schöne stadt. bin öfter da, weil die eltern meines freundes in der nähe wohnen =)
Zuletzt geändert von Jersey am Mi Jun 17, 2009 8:04, insgesamt 1-mal geändert.