Abschied nehmen

#1
Hallo zusammen,

nun, mir liegt da etwas auf dem Herzen, was ich gerne mal in die nette Runde hier stellen mag.

Es geht um das Thema 'Loslassen, Abschied nehmen' von der Bulimie. Durch einige Beiträge hier und in anderen Foren meine ich erkannt zu haben, dass man - zumindest viele - sich BEWUSST von ihrer Bulimie verabschieden müssen, um Besserung zu erreichen. Also nicht nur sagen 'Ich kämpf jetzt und habe nie wieder einen FA' (das wäre für mich nur mittelbar/Indirekt), sondern der Bulimie zu sagen: "Ich habe dich lange gebraucht, tu es zum Teil auch jetzt noch, aber ich möchte mich von dir verabschieden und dich ganz und gar loslassen. Du gehörst ab sofort nicht mehr zu mir und meinem Leben, auch wenn du dich noch einmischen wirst. Ich werde mich von dir trennen und sage dir hiermit 'Lebe wohl'."

Kennt ihr das? Wie war oder ist oder wird das bei euch sein?

Ich denke, bevor ich diesen RIESEN SChritt wage, entwickle ich keine richtige Motivation, keinen Willen und habe schon gar keine hohe Selbstwirksamkeitserwartung.
Aber ich habe wahnsinnig große Angst davor :shock: :shock: :shock: - warum? Ich weiß es nicht...vielleicht könnt ihr mir auch hierbei helfen... :roll: :wink:


Vielen lieben Dank fürs Lesen :)

Lieben Gruß

Schlafquala
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muß man es aber vorwärts.

Re: Abschied nehmen

#2
hallo schlafquala,
ich war immer der ansicht, die bulimie verteufeln zu müssen. weil sie meiner gesundheit schadet. sie ist schlecht!
in der klinik lernte ich einen anderen ansatz. ich sollte sagen "bulimie, du hast mich lange zeit begleitet, mir in einer zeit geholfen zu überleben und nicht verrückt zu werden und dafür danke ich dir! doch nun möchte ich ohne dich weiterleben. lebe wohl"
anfangs konnte ich mit diesem danke nichts anfangen, weil ich doch der bulimie nicht danken konnte, da sie mich kaputt macht.
nach viel therapie udn einiger zeit konnte ich es sagen. ich gehe in frieden mit ihr auseinander.

ich glaube ich verstehe was du meinst mit der angst. es ist die angst vor dem neuen ungewohnten. die bulimie ist eine strategie, ein ventil für gefühle mit denen du nicht umgehen kannst. was ist aber wenn es dieses ventil nicht mehr gibt? ist es die angst vor dem neuen bei dir? vor dem nicht zu wissen was dann tun?

lg
Auch wenn Du nicht weißt wie lang der Weg ist
und wohin er Dich führt,
bringt er Dich mit jedem Schritt weiter
Ich habe angefangen meinen Weg zu gehen.
Er wird nicht immer einfach sein aber es lohnt sich! Ich werde leben, einfach nur leben

Re: Abschied nehmen

#3
...gelesen habe ich gerne!

Hallo Schlafquala

Nun, ich kann dir darauf sicher keine sehr gute Antwort geben, aber dennoch möchte ich einen Gedanken loswerden der mir beim Lesen deines Beitrages entstanden ist.
Du sprichst die Angst an davor "loszulassen", davor "der Bulimie "Lebe wohl"" zu sagen, und fragst dich (und die Runde) wieso du bloss diese Angst hast und wieso das so ist dass du Angst hast. -Ist eine berechtigte Frage und zeigt auch dass du dich sicher damit auseinandersetzst!
Ich lese derzeit ein sehr interessantes Buch über Ängste. Finde mich teilweise (logischerweise) selber darin wieder, aber vorallem tu ich das aus Interesse an dieser Thematik.
Wenn man etwas loslässt was man lange Zeit zum Leben gebraucht hat (ja, ich glaube so kann ich es nennen) ist es doch nahezu auch verständlich davor Angst zu haben es loszulassen. Man fragt sich: "was dann? Wie wird es sein?".
Angst ist ein (wichtiger) Begleiter von uns Menschen, und etwas was wir als wichtig empfanden oder es manchmal vielleicht immer noch tun, und wir aber wissen dass es eigentlich ohne gehen müsste (Bulimie), kann man nur schrittweise loslassen. Man muss dazu bereit sein und einsehen dass sich etwas ändern muss.
Konfrontationen mit Gedanken in Verbindung mit Handeln etc. finde ich immer gut. Denn das zeigt immer dass man arbeitet :wink:

...mehr kann ich dazu leider gerade nicht sagen. Aber das zu erläutern war mir wichtig!

herzliche Grüsse und alles Gute

Larissa
Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel schaut könnte eine Gans nach Hause bringen.
Georg Christoph Lichtenberg

Das Leben ist ein Regenbogen!

Re: Abschied nehmen

#4
sasi hat geschrieben:
ich glaube ich verstehe was du meinst mit der angst. es ist die angst vor dem neuen ungewohnten. die bulimie ist eine strategie, ein ventil für gefühle mit denen du nicht umgehen kannst. was ist aber wenn es dieses ventil nicht mehr gibt? ist es die angst vor dem neuen bei dir? vor dem nicht zu wissen was dann tun?

lg
Hallo Sasi,

vielen Dank für die schnelle Antwort!
Ja, es ist auf jeden Fall die Angst vor dem, was kommt bzw. ich habe die Befürchtung, dass ich etwas, was ich brauche hergeb und ncihts neues habe...was mache ich denn, wenn mir langweilig ist, wenn ich unter Anspannung stehe? Klar, man kann Entspannungstechniken machen usw., aber irgendwie ist da noch etwas...so richtig loslassen will ich sie nicht, denn dann müsste ich ja sofort und komplett auf sie verzichten. Ich würde nur noch versagen, denke ich...keine FAs mehr und immer kämpfen...ichmache mir ja schon jetzt wahnsinnigen Druck und mit Druck kann ich nicht umgehen...Da ich mich aber auch nicht akzeptiere, wie ich bin und es wahrscheinlich auch nicht hinnehmen könnte, wenn ich doch Fas habe oder sonstiges tu...oh je, das Ganze scheint mir zu schwer, aber eigentlich will ich es mir doch beweisen...

ach herrje :roll: :( schwer alles


wie ist es denn bei dir?
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muß man es aber vorwärts.

Re: Abschied nehmen

#5
*Larissa* hat geschrieben: Wenn man etwas loslässt was man lange Zeit zum Leben gebraucht hat (ja, ich glaube so kann ich es nennen) ist es doch nahezu auch verständlich davor Angst zu haben es loszulassen.

kann man nur schrittweise loslassen.
Hallo Larissa,

vielen Dank auch dir!

Ja, Angst gehört dazu und eigentlich weiß ich auch, dass ich Angst vor dem habe, wie es ohne ist, vor allem aber 'Wie soll gerade ICH das schaffen?'. Gerade ich habe doch immer versagt und wenn man einmal Lebe wohl gesagt hat, muss man auch dabei bleiben und es immer beweisen...vielleicht kann ich das nicht...ich hatte seit 5 Jahren keinen Tag mehr ohne FA - da zu glauben, dass ich es mal einen Tag ohne schaffen kann, fällt schon schwer, aber wenn ich ihr doch 'Tschüß' sage, kann ich doch nciht trotzdem einen FA haben - da vera**** ich mich doch selber...ich könnte mir das nicht verzeihen....
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muß man es aber vorwärts.

Re: Abschied nehmen

#6
hm, ich kann nachvollziehen was du meinst.
leicht ist es leider nicht. ich glaube wenn wir bei den FAs anfangen, beginnen wir am ende der langen kette (hoffe ich drücke mich nicht zu unverständlich aus).
warum machst du dir druck? in welchen situationen stehst du unter stress oder druck? in welchen situationen "verhilfst" du dir?

lg
Auch wenn Du nicht weißt wie lang der Weg ist
und wohin er Dich führt,
bringt er Dich mit jedem Schritt weiter
Ich habe angefangen meinen Weg zu gehen.
Er wird nicht immer einfach sein aber es lohnt sich! Ich werde leben, einfach nur leben

Re: Abschied nehmen

#7
Schlafquala hat geschrieben:ich hatte seit 5 Jahren keinen Tag mehr ohne FA - da zu glauben, dass ich es mal einen Tag ohne schaffen kann, fällt schon schwer, aber wenn ich ihr doch 'Tschüß' sage, kann ich doch nciht trotzdem einen FA haben - da vera**** ich mich doch selber...ich könnte mir das nicht verzeihen....
Hmmm... es ist doch absolut nicht schlimm wenn du es versuchst, wenn du dir das was du sagst vornimmst, dir sagst dass du der Bulimie endgültig "Tschüss" sagst. Es kann, und vielleicht wird es das auch, natürlich in die Hose gehen. Sagen kann einem das niemand -ist auch besser so.
Aber wäre es nicht (viel!) schlimmer du würdest es nicht versuchen als wenn es nicht geht dann einen Rückfall zu haben?
-meine Sichtweise: es wäre eindeutig schlimmer!

Ich weiss dass es schwer ist, das erlebe ich ja selber. Ich finde aber, wie ich dir oben schon sagte, es wirklich gut wenn du dir überhaupt all diese Fragen stellst, wenn du dich damit auseinandersetzst wieso du Angst hast, oder wieso du ohne etwas was lange Zeit so wichtig war(ist) in deinem Leben nicht sein könntest. -Genau das sind Fragen wo man weiter kommt wenn man an ihnen arbeitet.

Aber hey, sei nicht so streng mit dir! -Ich weiss (wie sasi) auch nicht in welcher Form du Stress und Druck meinst, aber dadurch dass du denkst wenn du einmal "Tschüss" sagst nie wieder einen RF haben darfst setzst du dich noch mehr unter (unnötigen!) Druck! :wink:

Wieso sollst gerade du das schaffen? :wink: -Weil es andere auch schaffen und du es auch schaffen kannst!!!

Sei lieb gegrüsst, Larissa
Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel schaut könnte eine Gans nach Hause bringen.
Georg Christoph Lichtenberg

Das Leben ist ein Regenbogen!

Re: Abschied nehmen

#8
ich glaube, dass es auch nicht von heute auf morgen geht. vor allem wirst du auch nicht keinen FA mehr haben, wenn du es dir vornimmst.
wenn du dir jetzt schon denkst, du darfst nie wieder einen rückfall haben ab dem zeitpunkt an dem du dich von der bulimie verabschiedet hast, setzt du dich sehr unter druck. das geht nach hinten los. darf ich dich fragen ob du in therapie bist?
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Re: Abschied nehmen

#9
Also ich hab das Pferd von hinten herum aufgezügelt ^^

War ziemlich krank letztes Jahr, mit den schlimmsten Schmerzen überhaupt jemals in meinem Leben! (und zwar fast 2 Monate! Wobei ich ein Monat auf Schmerzmitteln war die mir die Schmerzen erleichtert, aber nicht ganz nehmen konnten, hab sogar opiat derivate (oder wie es heisst?) bekommen, aber die hab ich nicht vertragen). Na jedenfalls in dieser Zeit, klingt vl ein wenig peinlich, aber ich hab einen Brief an meinen Körper geschrieben undmich dafür entschuldigt was ich ihm die letzten Jahre angetan habe. Und in dieser Situation war mir dann einfach klar es muss jetzt mal ein Ende sein und ich muss die Dinge ändern. Hab mich also nicht wirklich von der Essstörung distanziert, sondern mich meinem eigenen Körper wieder nahe gebracht. Warscheinlich sollte man sich eher klarmachen wie wichtig man einem selber ist, bzw klarmachen dass der Körper ein Teil von einem ist und er einem ganz schön zurück feuern kann. Dann ist es vielleicht auch leichter der versuchung zu wiederstehen und leichter sich einen Ausrutscher zu verzeihen? Aber ich weiss nicht....
Frauen machen Diäten während Männer Karriere machen. - A. Schwarzer

Re: Abschied nehmen

#10
Hallo zusammen :)

hallo Sasi,

sasi hat geschrieben:ich glaube wenn wir bei den FAs anfangen, beginnen wir am ende der langen kette.
warum machst du dir druck? in welchen situationen stehst du unter stress oder druck? in welchen situationen "verhilfst" du dir?
Es gibt Situationen, wo es speziell einen Auslöser gibt, warum ich FAs habe, zum Beispiel, wenn ich am Abend eine Verabredung habe, wo ich weiß, ich werde mich langweilen, aber ich muss ja mit, weil es mein Freund und alle anderen für normal halten, dass die Freundin mitkommt und gefälligst auch Spass hat. Ich habe es nie und langweile mich, wenn die zusammen sitzen und sich betrinken. Solche Situationen gibt es natürlich nicht allzu häufig...

Vielmehr ist es eine generelle Anspannung, die sich bei jedem Mal, wenn ich esse in HH ausdrückt bzw. wandelt. Gründe dafür mögen sein:

1) Habe bisher immer schlechte Erfahrungen mit alleine essen gemacht. Glaube daher nicht an mich: geringe Selbstwirksamkeitserwartung à la 'Ich-schaff-es-eh-nicht.'
2) Bin generell ziemlich überfordert, mental gesehen, alles strengt mich an, auch weil ich wahrscheinlich viel zu hihe Anforderungen an mich und meine Leistungen stelle. Sei es nun im sozialen Bereich, bei mir selber, bei meinem Freund oder auch bei meinen Eltern, in der Schule, auf der Arbeit
3) Ich mag mich selber nicht und mag mich irgendwo auch bestrafen für das, was ich bin, ein Versager und Schwächling

Das, was daraus resultiert, sind viele, viele Gefühle, die ich nicht wahrnehme und wenn, dann sofort verdränge mit dem Essen. Ich wüsste nicht anders mit ihnen umzugehen...so etwas staut sich an.

sasi hat geschrieben:darf ich dich fragen ob du in therapie bist?
Ich war zweimal in einer Klinik und habe eine ambulante Therapie gemacht, die aber nichts gebracht hat, weil ich ihr nicht vertraut und sie nicht gemocht habe...Das wurde mir aber auch erst später klar. Ohne arogant zu klingen: Ich denke, ich habe ein ziemlich großes Wissen über Essstörungen und vor allem über mich und meine Probleme...Das habe ich mir durch viel lesen udn Gespräche führen selbst angeeignet und bin schon stolz drauf. (Das ist jetzt das erste Mal, das ich das sage :) ) Trotzdem hätte ich natürlich gerne Unterstützung, denn dadurch lässt sich dieser Weg einfacher gehen...Deshalb bin auch etwas am vorbereiten für eine Einzeltherapie. Ich werde über mich so detailiert wie möglich schreiben: Probleme auf kognitiver wie auch gefühlsmäßiger Ebene mit typischen Situationen, dann Auslösern und aufrechterhaltende Faktoren der FAs und auch Ziele und Erwartungen an den Therapeuten selber... Ich hoffe , ich überfordere diesen dann nicht, aber ich will ihn so gut es geht auf die Therapie vorbereiten, damit man nicht sooo viel Zeit it dem Kennenlernen verbringt und er nicht denkt: Ah ja Bulimie...jetzt nehmen wir uns mal erst das Essverhalten vor nach Schema F usw...da hab ich echt keinen Bock drauf, Essanfälle sind das Symptom...der Rest ist wichtig!
*Larissa* hat geschrieben: Aber wäre es nicht (viel!) schlimmer du würdest es nicht versuchen als wenn es nicht geht dann einen Rückfall zu haben?
-meine Sichtweise: es wäre eindeutig schlimmer!
Hallo Larissa,

du hörst dich sehr positiv an! :)

Also, du magst mir damit sagen: Sich lieber für den steinigen Weg entscheiden und hinfallen, als dort zu bleiben, wo man gerade ist, oder? Ja, sehe ich auch so.

Ich schreibe hier gleich auch mal eine kleine Geschichte auf, die mir gestern in den Sinn gekommen ist, aber erst noch mal zu floraflora:
floraflora hat geschrieben:Warscheinlich sollte man sich eher klarmachen wie wichtig man einem selber ist, bzw klarmachen dass der Körper ein Teil von einem ist
Das ist ganz wichtig, denn der Körper gibt einem das, was man zum Leben braucht - ohne ihn könnte man das Leben nicht leben...Durch ihn kann ich reden, mich an meinen Freund kuscheln, irgendwann auch Essen genießen, tanzen...etc...ganz wichtig!

Find toll, dass du das so gemacht hast, auch mit dem Brief. Das hat einen sehr symbolischen Charakter!
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muß man es aber vorwärts.

Re: Abschied nehmen

#11
Liebe Schlafquala,

hach.. ich habe wieder so viele Gedanken zu diesem Thema, hoffentlich bekomme ich sie strukturiert und formuliert :-)

Also.

Was du ansprichst, nämlich dich bewusst von der Bulimie zu verabschieden, halte ich für einen guten Weg, bzw. eine gute 'Intervention'!
Dabei geht es auch überhaupt nicht darum, dass du damit gleichzeitig keine FA's mehr hast - sondern eher darum eine Art Botschaft an dein Unterbewusstsein zu senden.
Wichtig dabei ist (leider?), dass du das nicht nur sagst, sondern auch tatsächlich ein Gefühl dafür bekommst. Dabei könnte eine Art Ritual hilfreich sein.
Was aber GANZ WICHTIG ist:
Die Bulimie hat ja, wie wir alle wissen, natürlich nicht nur 'schlechte' Aspekte. Sie schützt uns, oder ermöglicht uns etwas auszuhalten, was auf andere Art und Weise nicht aushaltbar ist, bzw. wir können auf keine 'angemessene' Handlungs- oder Denkweise zurückgreifen.
Das bedeutet, dass ein erster wichtiger Schritt ist, herauszufinden, was eigentlich die sogenannte 'gute Absicht' der Bulimie ist?
Wenn du schon so weit bist, dass du mit 'ihr' in eine Art Dialog treten kannst ("...ich verabschiede mich von dir...."), dann frage 'sie' doch einmal, warum es sie gibt? Was sie für Schlafquala 'gutes' tun möchte? Was eben ihre positive Absicht ist, für Schlafquala.
Am besten wäre es, wenn das jemand für dich täte - also wenn du jemanden kennst, der diese Fragen an 'deine' Bulimie stellen könnte. Damit du, mit deinem Bewusstsein nicht zu stark an der Beantwortung der Frage beteiligt bist.
Sonst bist du nämlich andauern wieder im Kopf und auf der bewussten Ebene. Die Antwort auf diese Frage ist aber eine eher unbewusste...

Das bedeutet also, dass es absolut Sinn macht, sich verbal von der Bulimie zu verabschieden (ich würde sie sogar würdigen, im Sinne von 'danke, dass du für mich da warst', denn sie will dir ja eigentlich nichts schlechtes, sondern eher für dich sorgen - es ist der Bulimie vielleicht gar nicht bewusst, wie sehr sie dir schadet....*ich weiß, dass klingt jetzt alles ein bischen verrückt - ist es aber nicht :-) *) und dabei gleichzeitig nach alternativen Verhaltensweisen suchen.
Diese Alternativen kannst du bewusst nicht wissen (sonst würdest du ja anders handeln!), also du weißt keine wirksamen. Was aber nicht heißt, dass es sie nicht gibt.
Wer weiß welche?
An-Teile in dir! Unbewusste Anteile, die 'auch mal zu Wort kommen wollen', die vielleicht noch nie gefragt wurden... wer weiß.
Die Herausforderung besteht darin, diese Anteile 'ausfindig' zu machen.
Das ist allein nicht leicht zu schaffen, bwz. fast unmöglich. Weil auch das auf einer unbewussten Ebene geschieht und wenn du beim 'suchen' immer wieder daran denken 'musst', dass du etwas suchst, oder finden willst, kommst du immer wieder aus diesem Prozeß heraus.
Du brauchst jemanden, der dich da begleitet.

Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit und natürlich nicht DIE Lösung!
Ich wollte nur irgendwie aufzeigen, wie dieses Verabschieden möglich sein kann.
Aber trotzdem: Selbst wenn du keine Alternativen weißt und selbst wenn du Angst davor hast, das wirklich zu tun - tu es trotzdem!
Denn das wirkt auf vielen Ebenen, die du bewusst gar nicht so mitbekommst.
Ich finde es aber wichtig, dass du nach diesem Verabschieden (also die Zeit danach) jemanden hast, der dich auffangen kann (=Therapeut).
Daher ist es super, dass du eine Thera machen willst und dich vor allem so gut darauf vorbereitest!

Allein da raus zu kommen ist schon insofern fast unmöglich, weil sich ein System niemals selbst durchschauen kann. Und weil das 'Problem' IMMER auf einer anderen Ebene gelöst werden muss, als auf der, wo es entstanden ist. Das kann man allein fast gar nicht.
Das wäre so, wie wenn du jemandem etwas vorlesen willst und gleichzeitig erklären willst, wie lesen funktioniert. Du bist mit mind. zwei Dingen beschäftigt, die dich immer wieder aus dem Gefühl oder der Handlung herausholen.

Puh...
Schreibfluss... :-)

Hoffentlich habe ich das irgendwie einigermassen verständlich und zusammenhängend erklären können?
Wenn nicht - frag mich gern nochmal konkret! Vielleicht fällt es mir dann auch leichter, konkreter zu antworten ;-)

Lg
Florina
Entweder man lebt, oder man ist Konsequent. (Erich Kästner)

Re: Abschied nehmen

#12
hallo schlafquala,
ich bin beeindruckt von deiner fähigkeit zu reflektieren. du weißt was du möchtest. ich habe den eindruck, dass nur nicht weißt wie du es schaffen kannst. und ich finde du hast vor dem schritt großen respekt, vielleicht auch gerade weil du dich kennst.
ich dachte auch bei mir, dass eine therapie nicht funktionieren kann. hatte 2007 eine ambulante therapie angefangen. hat mir überhaupt nichts gebracht. ich konnte ihn immer weniger ausstehen. der war so selbstverliebt (hat über die hälfte der zeit immer über seine erfolge bei anderen patienten geredet :shock: , hatte mit mir rein gar nichts zu tun), aber das ist eine andere geschichte.
konnte es mir echt nicht vorstellen noch mal eine zu machen.
ich denke sehr viel nach, meist zu viel :roll: und ich kenne mich. bevor ich in eine klinik ging, sagte ich zu meinem arzt, dass ich mich so gut kenne, dass ich weiß, dass mir jetzt zu beginn eine ambulante therapie nichts bringen würde. mir war klar, dass ich erst mal eine stationäre thera machen muss.
du hast glaub ich auch eine gute vorstellung von dir, was dir helfen kann. so ist mein eindruck von dir. und ich glaube an ehrlichkeit dir selber gegenüber mangelt es dir nicht.
ich finde es gut, dass du dich um eine weitere thera bemühst. bleib dran auch wenn du nicht auf anhieb jemanden findest, bei dem du dich wohlfühlst.
möchte dir noch sagen, dass es hilft hin und wieder den therapeuten die arbeit machen zu lassen, das bedeutet vor allem vertrauen, klar. aber du gehst schon vielleicht schon in eine therapie mit dem genauen ablauf im kopf. lass den therapeuten auch ein bißchen machen :wink: hoffe du verstehst was ich meine

lg
Auch wenn Du nicht weißt wie lang der Weg ist
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Re: Abschied nehmen

#13
Noch mal kurz zum Problem des Loslassens. Wenn ich Abschied nehme, habe ich mir gesagt, ich darf keine FAs mehr haben. Das setzt mich unendlich unter Druck. Ich habe nur kämpfen (ich mag dieses Wort nicht), immer stark sein, immer gegen etwas (z.B. Lust zu essen, Angst, Gewohnheiten) ankämpfen, immer kreativ sein und neue Ideen für Probleme entwickeln, immer Leistung bringen, immer vorwärts, go go go im Kopf...wenn ich so nicht handle, belüge ich mich selber, habe ich so im Gefühl, ob's stimmt? Keine Ahnung - doch! So und nur so kann es gehen! Was ich dafür brauche, sind vor allem Ressourcen, habe ich diese? Und wie oft werde ich hinfallen? In meinen Augen werde ich das vielleicht noch lange als 'Versagen' titulieren...peinlich und unverzeihlich in meinen Augen - diese Ansicht muss ich ändern. Wie soll ich danach wieder aufstehen? Viele Sorgen und Ängste habe ich, wenn ich daran denke, den Weg einzuschlagen, denn noch bin ich alleine...
Aber es ist auch ein sehr tapferer und mutiger Mensch, der einen Weg einschlägt, von dem er weiß, dass er oft hinfallen wird...wieder aufzustehen, sich dafür nicht unnötig fertig zu machen, das sind die wahren Künste und sich auch von der Länge des Weges nicht abschrecken zu lassen, bedarf einiges an Motivation udn Kraft!

Die Gedanken kamen mir gestern abend, auch in Verbindung mit folgendem Bild:


Ich sehe dort eine dünne, kleine Frau mit großen traurigen Augen. Sie läuft hin und her und hin und her. Ein Pfad, ein tiefer Pfad hat sich gebildet. Es regnet und stürmt, ein ungemütliches Wetter, die Erde ist bereits aufgeweicht. Die Frau opfert ihre ganze Kraft, diesen Pfad immer hin und zurück zu gehen. Fällt sie hin, steht sie sogleich wieder auf. Häufig blickt sie gen Süden, zur Sonne und lächelt. Doch sie sieht auch den steilen und steinigen Weg - ihre Augen werden wieder traurig. 'Soll ich es vielleicht doch versuchen?' fragt sie sich oft. Doch die kleine Frau bleibt dort und kämpft sich täglich aufs neue durch den Matsch - hin und her, aber kein Stück gen Sonne.
Eines Tages aber fasst sie den Entschluss, es doch zu probieren. 'Der Weg ist lang und steinig. Ich weiß auch nicht, was auf mich zukommt, aber die Sonne...Ich will sie spüren, will wissen, wie es dort ist.' Sie macht die ersten Schritte. Es ist immer noch stürmisch und es strengt sie unheimlich an. Da, der erste Stein, sie fällt, tut sich weh und weiß erst einmal nicht, wie ihr geschieht. Sie schaut hoch, sieht die Sonne und steht wieder auf. 'Es geht weiter. Ich will dahin.' Unsicher, aber dennoch stetig geht sie weiter. Mit der Zeit lernt sie, besser mit den Steinen umzugehen: Sie weicht aus, nimmt sich eine Krücke zur Hand, entleert etwas aus ihrem Rucksack. Ja und sie trifft auch andere auf ihrem Weg. Sie begleten sie ein Stück, helfen ihr und sie hilft ihnen. Ihr Vertrauen in sich wächst und auch wenn sie fällt, ist es ihr möglich, schneller wieder aufzustehen und weiter zu laufen. Ihre Schritte werden sicherer udn auch ihr Wunsch verfestigt sich. Auch die Sonne kann sie schon spüren...


Muss leider aufhören, weil mein Freund mich jetzt abholt...aber die Geschichte wird ein gutes Ende nehmen! :)
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muß man es aber vorwärts.

Re: Abschied nehmen

#14
Hallo Schlafquala
Schlafquala hat geschrieben:Also, du magst mir damit sagen: Sich lieber für den steinigen Weg entscheiden und hinfallen, als dort zu bleiben, wo man gerade ist, oder? Ja, sehe ich auch so.
Genau so wie du das interpretiert hast habe ich es gemeint! Freut mich wenn du das richtig verstanden hast! :wink:
...Es freut mich auch dass du das auch so siehst... -denn es bringt absolut nichts an Ort und Stelle stehen zu bleiben... -denn dann wird es sicher nicht besser!

hmmm...das Ende der Geschichte ist Phantasie oder erfahren wir das auch noch von dir?

Ganz liebe Grüsse, Larissa
Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel schaut könnte eine Gans nach Hause bringen.
Georg Christoph Lichtenberg

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Re: Abschied nehmen

#15
Hallo ihr Lieben,

ich danke euch erst einmal ganz arg für eure tollen Antworten! Wirklich :!: – sie haben mich sehr, z.T. doch tief beeindruckt, wie weit ihr schon seid. Wie gerne, echt jetzt ma! :mrgreen: Hätte ich solche Freundinnen draußen in der realen Welt, einfach um zu reden. Doch auch da habe ich ein großes Problem. Irgendwie kam ich weder in meiner Kindheit noch heute mit Gleichaltrigen zurecht, immer besser mit älteren Erwachsenen. :roll: :oops:

Naja…ich wollte jetzt auch nicht meine Geschichte zu Ende bringen und auch nicht detailliert auf eure Antworten eingehen. Da fehlt mir abends die Ruhe, gerade aufgrund der Essproblematik.

Ich weiß aber, dass ich unbedingt noch mal eine ambulante Therapie machen möchte. Das habe ich nicht wenig euch zu verdanken, vor allem florina :) , die mir klar gemacht hat, dass auch ganz viel unterbewusst ablaufen kann. Ich habe auch die Hoffnung (ich hoffe nicht, dass mir sie jemand nehmen kann), dass Thera nicht nur Druck und Angst und Unbehagen bedeuten muss, sondern dass man auch da wirkliche Fortschritte erzielen kann, wenn man will und ich will! Aber mit Hilfe. Gerne hätte ich auch eine Gruppe, habe auch schon jemanden hier in meiner Stadt zum Thema Essgruppe angeschrieben, aber leider haben sie noch nicht geantwortet.

Ich habe gestern und heute wieder einen speziellen Auslöser für einen FA erkannt (lernen müssen und sich das nicht zu trauen, voran zu kommen, Angst zu versagen, sich nicht ruhig hinsetzen können; Ich raste dann innerlich immer total aus, bin sowieso total unruhig und hibbelig, immer laufen, nicht gerne sitzen etc. nervig manchmal)
Aber generell ist da eine große Sorge vor dem alleine essen müssen :!: :shock: …es ging bisher immer schief – so gut wie und von daher fühle ich eine große Anspannung vor dem Essen und habe eben auch nicht die Erwartung, dass es funktionieren könnte und wenn doch, bekomme ich spätestens beim Essen ein wahnsinns Jieper auf Süßkram und mehr…das rührt vielleicht auch zum winzig kleinen Teil von meinem UG her…könnte sein…

Ach ja, jetzt ist es doch mehr geworden…labber euch voll, aber gehe nicht auf eure wundervollen Beiträge ein…Kommt noch, denn ich verspüre schon ein Bedürfnis dazu – nur soll das auch gut werden, was ich da schreibe (jaja, ständig hohe Ansprüche :roll: )



Ganz lieben Gruß an euch da draußen
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muß man es aber vorwärts.