Re: Bericht einer Ehemaligen

#32
Hi Leute.

Ich habe manchmal - wie wohl so jeder -kleinere Hürden in meinem Leben. Heute ist so eine, eine (mündliche) Prüfung. Ist nicht wild, wenn ich es nicht bestehe, kann ich es nochmals angehen.
Warum sollte ich es nicht bestehen? Hm, ich habe mal statt megamäßig vielem Lernen ein bißchen meine Zeit und mein Leben genossen. Und ich fand es richtig, das zu machen.

Ich könnte mich jetzt - kurz vor der Prüfung - nochmals so richtig reinstressen, könnte nochmals alles geben, um (geradezu verzweifelt dann) zu bestehen. Früher hätte ich das so gemacht. (und vermutlich nebenbei gegessen und gekotzt) Aber heute merke ich - so schön es auch wäre, da jetzt schon zu bestehen: So ist es nicht, und so will ich es nicht, mein Leben. Ich weiß zudem: Ich würde das zu 100 Prozent beim nächsten Mal bestehen. (Zumal ich großen Spaß an der Materie der Prüfung habe.)

Ich bin so ein bißchen ein "Erfolgs"mensch. Also wenn ich etwas mache, dann will ich es eigentlich auch immer (am besten mit Bravour) bestehen, schaffen. Und ich glaube aber gerade auch das hatte viel zu meiner krankheit beigetragen. So ein bißchen eine Verbissenheit und einer überdicker Schädel.

Obwohl ich all das also nicht mehr will, bin ich irgendwie trotzdem glücklich und auch stolz, in diese Prüfung zu gehen.

Aber es ist eben etwas, was ich auch in dieser blöden Krankheit gelernt habe: Man muß (ob man will oder nicht; besser ist also, man macht es sich gleich zu einem angenehmen Gefühl, einem Genuß und einem überzeugten Wollen) sich für so manche Dinge Zeit und auch so etwas wie Muse geben (manchmal auch nehmen).

Ich fand es sehr toll, in den letzten Tagen einige von Euch etwas kennenzulernen. Das hat mir v.a. sehr viel 'gegeben'. Es ist sozusagen schön, Euch zu 'sehen' (naja, ich sehe ja quasi nur Euer - schriftlich ausgedrücktes - 'Wesen')
Ja, das hat mir wahnsinnig viel gegeben (und tut es bestimmt auch noch für sehr viel länger), und ich habe das nun sogar - obwohl es echt total schön für mich wäre - als schöner, sinnvoller und auch besser, vollständiger oder vervollständigender empfunden, als da jetzt (auf Biegen und Brechen) irgendeine Prüfung zu bestehen.

Ich glaube manchmal sind es gerade diese, solche oder ähnliche Umwege, die einem im Endeffekt zu den besten Zielen bringen.

Naja, also ich konnte auch schön heulen, weil ich denke: Okay, du wirst da heute vermutlich eher nicht bestehen. Ich war traurig deswegen, weil andere einfach immer und auch scheinbar alles bestehen. Aber jetzt denke ich: Okay, but I am a woman.

LG,
Anna

Re: Bericht einer Ehemaligen

#33
liebe anna,

dein beitrag hier ist für mich unheimlich wertvoll ... ich bin sehr ähnlich, und genau so wie du es beschreibst hab ich meine maturazeit überstanden (reinstressen und bulimie).
deine denkweise ist, so schön sie auch klingt, enorm schwierig umzusetzen - deshalb respekt, anna. darauf werd ich hinarbeiten, es auch öfter so zu sehen!! MICH in den mittelpunkt bzw. über die sache zu stellen.

Re: Bericht einer Ehemaligen

#34
:-) Danke, Chilli.
Ja, ist echt nicht so ganz easy. Tut mir gut, das jetzt zu hören.

Komisch, dass man es auch ein bißchen, wie eine Art von "Aufgeben" empfindet. So ein bißchen 'Demut' vielleicht? Aber ich dachte eben einfach: Okay, ich will das jetzt und - so möglich - für 'immer' lernen.

Ich werde dann später auch berichten, wie es mir damit so erging.

Mich freut, dass ich jetzt weiß: Okay, das kennen andere.
Ich konzentriere mich schon auf die Prüfung usw., aber einfach nicht so verbissen. Ich sitze da ja als Mensch, denke ich mir, nicht nur als ein sich in einer Prüfung befindliches Wesen.
Zudem: Ich glaube ich selbst kann da voll zu mir stehen. Ich habe ja nichts zu verlieren, ich könnte evtl. etwas gewinnen, aber dieser 'Gewinn' wäre jetzt keiner, auf den ich jetzt nicht auch verzichten könnte.

Ich habe mich eben für das Leben entschieden, und dazu werde ich jetzt einfach stehen. Ich habe durchaus gelernt, aber ich habe mich nicht 'über die Puppen hinaus' bis zu einem wahrlich krankhaften Punkt hin 'aufgegeben'.

LG,
Anna
P.S.: Na klar, das wirst Du auch auf jeden Fall schaffen! Ich schreibe Dir nachher (also hier im threat), wie ich mich fühlte, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es nicht negativ wird, also vielleicht kann's dann motivieren. Man wird sehen.
P.P.S.: Manchmal ist es gar nicht so einfach 'bei sich' zu sein.
Zuletzt geändert von Antja am Mi Okt 22, 2008 8:18, insgesamt 2-mal geändert.

Re: Bericht einer Ehemaligen

#35
Hi Leute,

ich schreibe mal noch weiter, von diesem 'Erleben' gerade (vor der Prüfung).

Der Punkt ist: Ich bin wahnsinnig stolz auf mich, überhaupt in dieser Prüfung zu sitzen. Ich hätte auch 'versagen' können, niemals aus der Eßstörung herauskommen usw. Aber nein, ich bin da wie alle anderen, und ich lasse mich prüfen.
Ich bin stolz, dass diese Anna das kann und macht. Sie hat bei Gott andere Dinge auch noch irgendwo in ihrem Hirn, und sie müßte sicherlich nicht da sitzen, um sich prüfen zu lassen. Aber sie macht das, und wie ich sie kenne, wird sie dabei auch noch strahlen.

Ich habe das schon andere Male erlebt, als ich noch krank war. Da war ich auch in Prüfungen, und wußte, ich könnte einfach nicht bestehen (die Krankheit hatte zuviel Kraft genommen). Und dann waren da andere, kerngesunde, und die waren auch nicht sooo viel besser, aber die haben regelrecht darum gebettelt.
Und so fragte mich mal ein Prüfer: und was mache ich nun mit Ihnen? Es klang wie: Sagen Sie es mir einfach, und dann lasse ich Sie bestehen. Und ich sagte in etwa: Ha nichts, ich bin ja viel zu schlecht, ich muß das erstmal noch lernen. Da hat er gelacht: okay!

Ich bin rausgegangen, und mußte brutal heulen. also hat niemand gemerkt, bin natürlich schnurstrax nach hause gelaufen, vorbei am Freudetaumel der anderen.
Anna konnte da eben nicht bestehen.

Und wenn sie aber heute nicht besteht, dann weiß ich: sie hat stattdessen glücklich gelebt. Es war keine Zeitverschwednung oder so gewesen, mit Nichten.
Bei der Prüfung damals hatte sie nicht gelebt. Da hatte sie verbissen gekämpft, um erst nichts zu erreichen, und um so schlimmer war es gewesen. Heute denke ich ein bißchen: Oh Anna, das war aber doch so unnötig gewesen.
Naja, aber eine Erfahrung.

LG,
Anna

Re: Bericht einer Ehemaligen

#37
na, bitte!! gratuliere!! :D
siehst du - wozu denn 110% geben, wenns auch mit 80% geht?
ich hab das thema mal in der therapie besprochen ... hab ich aber irgendwie wieder vergessen. manchmal reicht das durchkommen, und nicht das BESTER-sein.
du hast dein ziel erreicht - prüfung BESTANDEN! - und gleichzeitig noch gelebt. vorbildfunktion ;)

Re: Bericht einer Ehemaligen

#40
Hi everybody!

Ist ja 'mein' threat hier, also schätze ich, dass ich schreibe, was mir grad so einfällt bzw. worüber ich durchaus auch schon manchmal nachgeacht habe oder worüber ich immer mal wieder (also nicht nur jetzt grad in dieser Sekunde) nachdenke.

Der Zusammenhang mit der Eßstörung: Irgendwie mußte man, um das zu bewältigen, halt sehr viel nachdenken, und manches ist sozusagen schlicht dann Bestandtteil von meinem nun gesunden/ auch in meinem gesunden Leben geblieben. Z.B. also das hier:


Ich finde es manchmal schade, dass (Lebens-)Erfahrungen so scheinbar wahrhaft wirklich wenig 'zählen', bedeuten. Manchmal ist es schwieriger, selbst Dinge durchzuleben, als z.B. ein noch so hochkomplexes, schwieriges, höchstanspruchsvolles Buch zu lesen.
Das liegt natürlich und wahrscheinlich auch an meinem Studium, dass ich das so denke, oder mir das so 'entgegenspringt'. Ich höre das sehr oft: XY sagte, dass... Und dann denke ich: Okay, und was sagst und denkst DU???? Ich finde halt: Mit den Lebenden kann ich reden, mit den Toten ist das manchmal ein bißchen - zumindest 'komplexer', sagen wir es mal so.

Ich muß jetzt eh schon wieder los. Naja, vielleicht werde ich mich mal etwa in 'zu mir stehen' erproben. (siehe Para's neuen threat von den Idolen "& Co")

LG,
Anna

Re: Bericht einer Ehemaligen

#41
Okay, also ich habe gelernt (mal wieder in den letzten Tagen):

Ich will v.a. (dann auch mal im Beruf v.a.) 'helfen'. Ich will einen Beruf, da ich das machen kann, und da dann auch meine diversen Erfahrungen sozusagen 'zählen'.

Und jetzt muß ich schon wieder, mal wieder, zur Uni gehen. Oh Mann ey.

LG,
Anna

Re: Bericht einer Ehemaligen

#42
Hi to everyboy.

Es ist bestimmt sehr schwierig seine Physis und sein Eßverhalten wiederherzustellen. Aber von meinem Stanpunkt aus kann ich sagen: Das ist fast das kleinere Problem.
Wirklich 'normal' zu werden (damit meine ich: keine komischen Ängste, kein angeknackstes Selbstvertrauen, ein gesundes/ ausgewogenes Selbstbewußtsein und so etwas wie ein 'geübtes Vermögen über/ im Umgang mit seine/n eigene/n Fähigkeiten), das erscheint mir nochmals etwas schwieriger.

Und ich glaube da kann man dann auch echt rückfällig werden: Man weiß, was man kann, aber aus irgendeinem beknacken Grund (z.B. weil man denkt andere könnten immer alles besser als man selbst) kann man es nicht zeigen.

Ich weiß nicht, wie das bei Euch ist, aber was mich angeht: Ich bin teils maßlos - Wie sagt man das? Ich lasse nicht den großen Macker raushängen.

Jetzt erlebe ich das hier (Forum, die Gemeinschaft hier usw.) wie so eine Art 'Society', und muß ganz ehrlich sagen: Ich weiß nicht, was davon halten.
Hier ist ja an sich quasi nicht der Ort, um zu 'leben'. Man sollte nicht hier bleiben. Es ist vielleicht eine 'Oase', aber es ist nicht 'das wahre Leben', nicht das, dem man überall und ständig begegnet. (Gott sei Dank ist es das nicht, dann wären wir ja alle krank oder so ähnlich.)

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich möchte keine Dinge haben (in mir und oder meinem Leben), von denen ich denke, dass ich sie nur hier unterbringen könnte.
Ich suche noch immer nach einem Weg, um meine ehemalige Eßstörung irgendwie so 'in meinem Lebenslauf' zu bringen, dass andere es irgendwie einsehen, aber nicht missverstehen.

Missverstehen wäre: Okay, da will jemand ein bißchen Mitleid haben.
Einsehen wäre: Okay, da hatte mal jemand Probleme (jede lange körperliche Krankheit würde wohl jeder sofort in dieser Weise verstehen), aber er/ sie wil jetzt trotzdem (voll und ganz) leben, und manchmal sollte man ihm bzw. ihr eine Chance dazu geben. Chance meint: Okay, da kann vielleicht nicht sofort die Superspitzenleistung kommen, aber es gibt Potential und zuminest einmal einen großen Willen, den Mut das anzugehen, den Eifer, den Ehrgeiz und ein zweitweiliges 'auf-die-Zähne-Beißen'.

"Dank" (das ist etwas ironisch) der Eßstörung kenne ich es 'Hindernisse' zu haben. Ich warte noch immer auf den Tag in meinem Leben, da sich mir einmal nicht mehr so die großen Hürden und Hindernisse 'in den Weg stellen' bzw. einfach da sind, um irgendwie durch sie hindurch oder dann halt auch schon einmal über sie hinweg zu kommen.
Und jedes Mal hat man es eigentlich noch 'in den Knochen', da mal diese Eßstörungssache in den Griff/ sich selbst wieder 'in die Bahn' bekommen zu haben.
Aber ich glaube auch: Weil das so ist, ist man manchmal vielleicht ein 'cleverer Bergsteiger/in' geworden: Man muß ohnehin Kräfte spaaren bzw. hat vielleicht schlicht keine im Überangebot. Und dann wählt man eben vielleicht zwangsläufig nicht die kopfloseste Hauruck-Methode, mit der man evtl. ans Ziel kommt, dann aber da steht, und nicht weiß: Oh scheiße, und wie komme ich jetzt über den weiteren Berg (verdammt, da ist ja noch einer) da hinten??

Ich weiß nicht viel, aber ich weiß: Das Leben ist eine Berge-Täler-Wiesen-Flüsse-Hügel-Meere-Schluchten-Steppen-Ebenen-Wäder-und-anderes-was-ich-mir-jetzt-gerade-nicht-ausdenken-kann-Landschaft.

Und das ist halt sehr krass:
Weil man so wenig von sich spricht (wie schon öfter erwähnt man will und kann zudem (für mich gillt das jedenfalls) ja nicht gerade in jeder illüstren Runde von seinem bisherigen (kranken) Leben erzählen) wird man oft auch schonmal für naiv gehalten: Jemand, der nichts oder zumindest nicht sehr viel sagt und weiß (aus Büchern/ von Büchern weiß), der kann ja so viel nicht im Schädel haben.
Der Punkt ist aber: Obwohl ich nicht anders kann, als mich oftmals - manchmal geht's auch (schon) anders - so zu verhalten, bin ich sicherlich alles andere als dumm und naiv.

Ich überlege mir inzwischen, ob ich manchen Leuten - v.a. denen, die mich teils so neunmalklug und doch all so viel gescheiter als ich (und als vermutlich alle anderen auch) behandeln - nicht einfach mal so ein paar "philosophisch wertvolle Phrasen" "auf den Tisch "knalle"". Wünschte man könnte immer gleich so clever reagieren.

Bei mir ist das oft so im Leben (gerade auch dann, wenn ich noch auf dem Weg bin, meinen Abschlus zu bekommen usw.), dass ich, wenn ich da Vortschritte mache, Hügel und Berge 'überwinde' oftmals auch gerne wieder einen Rückfall bauen könnte.
Manchmal muß man erstmal zwei Schritte vor gehen (um überhaupt voranzukommen), und dann kann man aber auch gerade wieder einen nach hinten machen (Rückfall), weil es dann doch ersteinmal mehr Wunsch als Vermögen war, doch schon so weit 'vorne' zu stehen.
Als ich in meiner - sagen wir: - 'stärksten', 'gewinnbringensten', 'besten' Phase von Therapie war, da hatte ich ganz oft Rückfälle.

Und damit komme ich auch "schon" zum Schluss:
Das (solche 'Vortschritts-Rückfälle' - besseres Wort ist mir nicht eingefallen) muß man durchhalten. Das sind einige der letzten Rückfälle, die man haben wird (in seinem ganzen Leben). Aber das sind glaub auch - aus meiner Erfahrung gesprochen - die 'härtesten'.
Wie soll ich das sagen? Mir haben das Therapeuten eben - und das hat mir geholfen - beigebracht, dass man eben Widerstände hat, je näher man zu dem (gesunden) kommt, da man sein will. Man kann sich sozusagen von einem 'alten "Freund"' (und so etwas war die Eßstörung als 'Behelfskonstruktion' mal gewesen) nicht so einfach loslösen/ trennen. Wie auch im ganz normalen Leben: Man hat mal Freunde, von denen man evtl. weiß, dass sie total schlecht für einen sind, aber irgendetwas haben sie, was man gerade ganz unbedingt btaucht, und so bleibt man, obwohl man weiß: Ich werde später, sobald ich das kann, sofort gehen/ verlassen.

Man muß - so dumm das klingt - die Bulimie da dann einfach auch als Chance sehen:
Mag sein man geht (anders, als andere, als 'Gesunde') immer erstmal wieder einen von den zwei gemachten Schritten zurück. Aber diesen einen, den man im Endeffekt dann gemacht hat, (soviel kann ich zumindest aus meinem Leben garantieren), den hat man dann auch gemacht, und den wird man nicht 'vergessen', der ist sozusagen nicht mehr rückgängig zu machen.
Man muß nur unbedingt lernen, warum der Schritt zurück war (von den zwei gemachten), und dann kann man auch irgendwann einfach immer gleich nur einen 'guten' Schritt (also ohne Rückfall) gehen.

Kennt ihr den Film 'Momo'? Ich weiß nicht, wie es im Buch ist, weil das habe ich nie gelesen, aber im Film jedenfalls, da ist ja diese Szene von Bepo-Straßenfeger. Er erklärt dort Momo das Straßenfegen: Besenstrich, Atemzug, Schritt. Besenstrich, Atemzug, Schritt.
Überhaupt: Der Film ist voller 'Weisheiten'. Z.B.: Manchmal muß man auch grotesker Weise ganz langsam rückwärtsgehen, um rasend schnell vorwärts zu kommen.

Was will ich sagen?
Ich glaube das 'alte': Nicht gegen die/ eine Krankheit kämpfen, sondern für's Leben 'arbeiten'. Man würde sonst ja für die Krankheit, nicht für's Leben leben, weil man alles auf die Krankheit 'münzte'. 'Kämpfen "aufgeben"' sozusagen. Die Krankheit hat man (erstmal!) quasi 'eh'. Aber man hat eben auch - und das vergisst man - ein Leben. Auch wenn es winzig klein ist (scheinbar).

Okay, ich labere. Deshalb: Cut.
LG,
Anna

Re: Bericht einer Ehemaligen

#43
liebe anna,

du tust alles andere als labern ;)
wow, da stecken sooo viele interessante gedanken drin!! man merkt, dass du dich echt weiterentwickelt hast, auch - aber nicht nur! - durch die bulimie, und das auch noch immer tust.
gerade die sache mit den rückfällen hat mir zu denken gegeben ... die schwierigkeit dabei ist, glaube ich, dass man wissen muss, ob das jetzt ein "guter" rückfall war, der einem einen denkanstoß geben kann, oder einer, der aus "bequemlichkeit" oder sonst was passiert ist.

die sache mit dem "nicht GEGEN die krankheit, sondern FÜR das leben kämpfen" erinnert mich sehr an meinen vater, einen allgemeinmediziner. er sagt, die schulmedizin sucht die krankheit, um die auswirkungen zu bekämpfen - die alternativmedizin dagegen sucht das leben, um es zu unterstützen und die ursache zu finden, die blockade. klingt jetzt vielleicht naiv, aber ich frage mich gerade: das klingt wirklich schön und nachvollziehbar -aber wo ist der unterschied im täglichen leben, im täglichen kampf?

und, liebe anna, um auf die sache zurückzukommen, dass du dich manchmal "klein" machst, und nicht so viel redest: wenn dir jemand so neunmalklug kommt, dann schmeiß ihm doch mal eine philosophische weisheit vor die füße - wenns geht, noch ein bissl latein dazumischen ;) stell dein licht nicht unter den scheffel, ich glaub es wäre eine gute erfahrung für dich, jemanden mal zu verblüffen. und eines kannst du dir immer bewusst machen: auch wenn andere noch so sehr reden und das maul aufreißen - du bist mindestens genauso viel wert, auch du bist intelligent, und du hast es nicht nötig - so wie der andere scheinbar - das so öffentlich zu zeigen. weil du es tief in dir weißt und nicht die bestätigung brauchst.

Re: Bericht einer Ehemaligen

#44
Liebe Chili,

erstmal: Danke. Danke für die tollen Worte.

Ich habe in deinem 'Ehemalige'-threat gelesen, und scheinbar erlebst du vieles so, wie ich es auch ein stückweit erlebte. (als ich das Studieren begann, auszog usw., auch die Einischt: mit Bulimie ist das alles nicht zu schaffen, gar nichts)

Das mit dem 'sich dem Leben' nicht der Krankheit zuwenden und ob das einen Unterschied macht im alltäglichen:
Ich glaube es macht einen. Man fragt nicht: Hatte ich einen Rückfall oder hatte ich keinen? (wenn ja: nicht so gut; wenn nein: erfolg!) Man fragt viel mehr: Habe ich eine Klausur bestanden oder nicht? Habe ich etwas neues gelernt und kapiert oder nicht? (im Studium z.B.) Habe ich eine neue Beziehung zu irgendwer oder nicht? Usw.
Wenn man sich nur an die Krankheit hält, vergisst man das alles meist, und tut es ab als: unwichtig, das ist ja selbstverständlich. Was es nicht ist. Das ist 'aktives' Leben.

Mit den Rückfällen aus Bequemlichkeit, da bin ich mir nicht sicher, ob es die gibt. Ich denke aber nicht. Es ist nie Bequemlichkeit. Ich glaube es ist entweder Hilflosigkeit oder Gewöhnung bzw. Gewohnheit. Und letzteres ist 'chronifizierte Hilflosigkeit'; um es mal so zu sagen. Also das glaube ich, dass es so ist.

Du hast einen interessanten Studiengang. Klingt für mich zwar wie Spanisch (kann damit nichts anfangen/ verbinden/ mir darunter vorstellen), aber das macht es grad so 'aufregend'.

Uni ruft, und davor will ich mich noch ein bißchen ausruhen. (da bin ich nämlich dann von 13 bis 20 uhr heute ohne Pausen)

LG,
Anna
Zuletzt geändert von Antja am Do Okt 30, 2008 11:28, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Bericht einer Ehemaligen

#45
Hallo Anna!

Ich bin auch sehr beeindruckt von deinen Gedankengängen. Man merkt schon, dass eine Philosophin in dir steckt :mrgreen: .
Jedenfalls kann ich dir da nur zustimmen, bei dem was du sagst.

Was mir auch noch einfällt: Was wäre denn, wenn es diese Diagnose "Bulimie" nicht gäbe??
Dann wären wir ja "gesund" ... !!! Wir würden nicht ständig diesen Begriff vor Augen haben, dieses Wissen: ich bin abnormal, ich bin krank! Nein, wir würden wahrscheinlich merken, dass wir nicht ganz normal in unsrem Verhalten sind, aber es würde uns vll. nicht so sehr stören!... Seit ich weiß, dass ich krank bin, habe ich mich automatisch so verhalten, wie es die Krankheit von mir verlangt ( Fressen....etc.), ich habe eine Ausrede für mein Verhalten gehabt, ich habe mich einfach der Krankheit "hingegeben", .... ich habe mich schon fast damit abgefunden "krank" zu sein!....
Was ich damit sagen will ist, dass es zwar wahr ist, dass wir die Krankheit "Bulimie" haben, aber wir müssen trotzdem uns klar machen, dass es da draußen noch eine Welt gibt, ohne Krankheit! Wir sind doch nicht abnormal!!! Wir sind ganz normale Menschen, die ihre Probleme haben, sich aber nicht aufgeben! ...
Seit ich diesen Begriff "Bulimie" nicht mehr so beachte, geht es mir besser, weil ich mich nicht mehr so krank und abnormal fühle! So blöd das auch klingt, ich bilde mir manchmal einfach ein, dass ich gesund bin und dann geht es mir viel besser, weil dieses "Laster" weg ist, auch wenn es noch da ist! ...
Ich fange jetzt endlich wieder an zu leben, mehr von mir zu zeigen, mich nicht mehr zu verstecken! Sind wir mal ehrlich: JEDER, jeder hat seine Probleme!! Kein Mensch da draußen ist super glücklich und zufrieden mit allem! Auch der noch so von außen gesunde Mensch kann viele Probleme auf dem Herzen haben!
Nehmt euch selber nicht immer so ernst, werdet mal lockerer, versucht euer Leben zu genießen, ihr lebt nur einmal! Und das wollt ihr euch von der Diagnose "Bulimie" oder sonst einer versauen lassen? Ihr habt Hände mit denen ihr Dinge anpacken könnt und Füße mit denen ihr laufen könnt! Also wir sollten versuchen das beste aus allem herauszuholen. Wir leben im HIER UND JETZT und ich habe keine Lust mehr auf irgendwelche besseren Zeiten zu warten! Ich will es JETZT anpacken! Ich will JETZT mein Glück finden!

So, auch wenn jetzt wieder Proteste kommen werden, dass Bulimie eine schlimme Krankheit ist ... das waren meine Gedanken dazu!

Lg