Mein Leben

#1
Ich bin zwar nicht neu, aber jetzt beginn ich endlich mich nach 2-jähriger Beteiligung am Forum, mich vorzustellen.

Lange habe ich mir überlegt, ob ich mich hier vorstellen soll. Ich hatte immer das Gegenargument, dass mein Vorstellen sich nicht kurz begrenzen und kurz sagen lässt. Aber jetzt hab ich mich endlich mal aufgerafft, einfach mal anzufangen.


Es ist komisch, nun, in meiner schwersten Bulimie-Phase beginne ich erst so richtig, über mich selbst, über den Sinn des Lebens nachzudenken und mich mit meinen Gefühlen usw auseinander zu setzen. Ich habe das Gefühl, dass ich vorher nicht wirklich gelebt hatte. Ich war glücklich, ja, aber ich lebte eigentlich nur so vor mich hin.
Ich frage meine Mutter mehr über meine Kindheit, über mein Verhalten, etc. Und könnt ihr euch das vorstellen, dass ein gestörtes Essverhalten schon angeboren ist? Ich habe das Gefühl, dass es bei mir so war;
Als ich ein kleines Baby war, war ich stur wie ein Bock. Ich aß nichts anderes, außer Schokolade. Meine erste Mahlzeit (Milch mal ausgeschlossen), war Schokolade. Meine Mutter versuchte mir immer was Richtiges (Breie, usw.) zu geben. Sie schob es in meinen Mund und ich streckte die Zunge raus und „spuckte“ es aus. Ich schlotzte nur Schokolade. Das ist doch einfach der Hammer.
Erst, als mich eine Bekannte meiner Mutter die ganze Nacht schreiend (ich schreite, nicht sie ;-) ) herumtrug, und sie so geduldig mit mir war, erst dann begann ich, auch anderes Essen zu akzeptieren.
Aber an dieser Stelle bemerke ich zum ersten Mal, dass meine Mutter bei mir kein Durchsetzungsvermögen hatte. Sie war nicht streng genug, sie hat mich nicht erzogen.

Als Kind war ich immer die Dünnste – kaum zu glauben, bei so viel Schokolade, was? Ich ernährte mich als Kind wirklich hauptsächlich von Süßem. Ich weiß bis heute noch, wo sich die Süßigkeitenschränke von anderen Leuten befinden. Das erste, was ich Leute fragte, war, ob sie denn was Süßes hatten.
Ich hatte nie Probleme mit dem Essen, ich aß, wann ich Hunger hatte, ich hörte auf, wenn ich satt war. Ich habe fast immer Reste auf dem Teller liegen lassen. Dann hat mich meine Mutter immer gedrängt: „Iss auf, schade um das Essen“, oder: „Noch ein Bissen schaffst du doch noch.“, oder wenn wir im Restaurant waren: „Das hat so viel gekostet, iss auf.“ Doch ich, stur wie ich war, hab nie auf meine Mutter gehört.

Es ist schon krass, wie ich mich noch haargenau (d.h. auch bildlich) an Szenen aus meinem Leben erinnere, die mit Essen zu tun haben. Ich könnte hier noch etliche erzählen. Jedoch, wie schon am Anfang erwähnt, sind sie mir erst so richtig bewusst geworden, als ich mich mehr mit meinem Leben auseinandersetzte, sprich: meine Bulimie-Zeit.

Jetzt stellt sich bei mir oft die Frage: „Was wäre gewesen, wenn mich meine Mutter strenger erzogen hätte? Würde ich mich heute so quälen?“
Ich war ein stures, verzogenes (nicht im Sinne von Geld, wir waren arm) kleines Gör, das wollte, dass alles nach seiner Pfeife tanzte, und es auch schaffte. Heute denke ich (auch wenn ich mich zutiefst dafür schäme), dass das alles meiner Mutter ihre Schuld war.

Als ich nach meinem 2. Schultag oder so heimkam, hatten wir Hausaufgaben auf. Meine Mutter kam und wollte mir helfen. Ich jedoch, lehnte jede Hilfe ab und wollte nur für mich lernen. Das hat sich bis heute (bin nun in der 12. Klasse) nicht geändert. Ich habe früher schon viel Verantwortung übernehmen müssen. Viel zu viel, wahrscheinlich.
Meine Mutter ist alleinerziehend, musste also für uns 3 Kinder (ich bin die jüngste) viel arbeiten, d.h. ich musste mir schon im Kindergarten mein Frühstück selber mitnehmen. Es war meistens eine Banane oder eine Brezel.

Ich bekam immer das, was ich wollte. Ich verhielt mich gezielt und bewusst so, dass ich auch wirklich immer das bekam, was ich wollte. Ich könnte mich schämen für diese Worte, ganz im Ernst.

Meine Lehrerin in der Grundschule wollte, dass ich auf die Hauptschule ging. Ich natürlich, nein, ich gehe auf die Realschule (da waren Teppichböden :-D ) und ich wollte nicht als „dumm“ dargestellt werden. Natürlich ging ich dann in die Realschule und meine Note verbesserten sich. Somit hatte ich es dieser blöden Lehrerin gezeigt.

Die Pubertät bekam ich bei mir mit ungefähr 12 Jahren mit.
Als ich mal in super-knappen kurzen Hosen in der Küche stand, kam meine Mutter rein und meinte: „Oh, du hast ja Hüften bekommen.“ Haargenau war dieser Satz, wie ich ihn hier zitiere.
Seitdem habe ich nur noch Schlabber-Klamotten angezogen, damit sie nichts sah. Ich bekam Oberweite und versuchte alles erdenklich mögliche, diese zu verbergen. Ich schämte mich für mich. Nun war ich nicht mehr die kleine, süße, jüngste Schwester, jetzt wurde ich erwachsen. Ich wollte nicht erwachsen werden. Ich wollte die Kleine bleiben, die, die auf irgendeine Art „beschützt“ werden wollte, auch wenn ich es nie zugab. Ich war immer die Stärkste, die Coolste.
Mit 13 (das war in der 7. Klasse) bekam ich sehr, sehr schlimme Akne auf der Stirn, das war wirklich hässlich. Ich versteckte sie, indem ich eine Perücke mit Stirnband anzog. Es fällt mir sehr, sehr schwer, das hier zu beichten. Ich habe bis jetzt mit niemanden darüber geredet, denn niemand hat das je gemacht, nur ich war so ein richtiges Psycho-Kind.
Ich hatte wirklich Schwierigkeiten, mit meinem Aussehen.

Das fing auch schon in meiner früheren Kindheit an. Als ich mich immer auf die Kloschüssel setzte, sind ja die Oberschenkel immer breiter, als wenn man steht. Und ich schaute auf meine Schenkel und dachte: „Boa, sind die fett.“ Ich hab nie was gemacht oder weiter darüber nachgedacht, es ist mir „nur so“ aufgefallen. Wie gesagt, ich war sehr schlank.

Nun zurück zur 7. Klasse. Ich war hässlich. Eklig. Zu diesem Zeitpunkt fing ich an, mich zu hassen. Komischerweise spielte da das Gewicht bei mir keine Rolle. Akne war mein Hauptproblem.
Ich kam von der Schule, (hatte, egal bei welchem Wetter draußen eine Mütze auf) und setzte gleich meine Perücke auf.

Ich lief den ganzen Tag mit meinem gelben Schlafanzug und meiner Perücke rum. Es war hart. Ich kann es kaum in Worten ausdrücken.
Vor allem das Verstecken vor mir, vor meiner Familie war hart.
In diesem Alter (ich war sehr beliebt), begann ein beliebtes Mädchen aus meiner Klasse, Schlechtes über mich zu verbreiten. Jeder wollte natürlich zu den „Coolen“ gehören und sie begannen, mich fertig zu machen. Mich auf übelste, böseste Weise (wie es nur Kinder können) zu mobben. Die ganze Klasse war gegen mich. Sie steckten mich in Schränke und schlossen ab. Erzählte ich es Lehrern, grinsten die nur blöd und einer meinte sogar: „Was sich neckt, das liebt sich.“ War das noch Necken?
Dann ließ auch (meine damals beste Freundin) einen Spruch ab, der mir wohl nie wieder aus dem Kopf gehen wird: „Boa, hat die nen fetten Bauch.“
Meine Figur kam so langsam, aber sicher ins Spiel. Wahrscheinlich hab ich wirklich angefangen, unbewusst zu essen und bin wirklich dick geworden. Ich weiß es nicht, ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie mein „Gesamterscheinungskörperbild“ war. Eins weiß ich: Ich war nicht übergewichtig.

Mobben. Warum ich? Warum überhaupt? Was hatte ich getan? Niemand hat mir je die Antwort darauf gegeben.

Das ging 1 Jahr lang so, bis das Schullandheim kam. Wir gingen an die Nordsee und ich war immer allein. Als wir am Strand waren, setzte ich mich natürlich zu den anderen. Keine Ahnung, wieso.
Dann kam so ein Arsch namens Föhner, band mir die Augen zu und schleppte mich (mit 2 Mädchen, die mich mitzogen) irgendwo hin. Ich hatte Angst. Ich wusste nicht, wie mir geschah.
Dann nahmen sie mir die Augenbinde ab, und ich sah, dass die Jungs ein Loch gebuddelt haben, bei dem schon das Wasser hochkam.
Dieser Föhner hatte noch in meine kurzen Hosen, die ich trug, hinten Sand reingesteckt. Dann zwangen sie mich in das Loch. Ich schrie und heulte. Sie lachten und gröhlten.
Ich war dermaßen gedemütigt und sprang aus dem Loch, ich reißte mich von den anderen los und wollte nur noch weg. Ich heulte, bekam Krampfanfälle und war traurig wie nie zuvor in meinem Leben. Und ich wusste immer noch nicht, warum. Was hatte ich getan?
Dann bekam ich keine Luft mehr, vor lauter Heulen. Meine Hände und Füße verkrampften sich. Ich konnte meine Gliedmaßen nicht mehr bewegen. Meine Lehrerin brachte mich ins Krankenhaus und die sagten mir, dass ich einen Krampfanfall hatte (ich wusste mal den Namen, habs aber vergessen, wie des heißt).
Sie ließen mich zurück zum Ferienhaus, wo ein paar der Mädels auf mich warteten und mich umarmten und sich bei mir entschuldigten. Vielleicht 3 Jungs (die eher passiv am Geschehen teilgenommen hatten) entschuldigten sich auch noch, die anderen jedoch nicht.
Dann war es vorbei, sie ließen mich in Ruhe und ich war mit 3 Mädels immer unterwegs. Jedoch war ich nicht mehr interessant.

Ich wollte wieder Aufmerksamkeit.

Ich begann auf einem Schiff noch mal den gleichen Anfall vorzutäuschen. Und jeder hatte es mir abgenommen, selbst die Ärzte. Naja, das Resultat daraus war, ich musste 4 Tage vorher heimreisen.

Egal, ich hatte die Aufmerksamkeit bekommen, was ich wollte. Um das ging es mir.
Ich wollte nicht, dass meine Mutter mich abholte, denn ich hatte nichts, womit ich meine Stirn verdecken konnte. Ich bekam richtig Panik, als sie (nach 10 Stunden Fahrt) ankam und mich abholte.
Ich heulte, ich schrie, ich schrie sie an: „Ich hasse dich! Ich will nicht gehen!“.
So war ich zu meiner Mutter, die sich Sorgen machte, die 10 Stunden gefahren ist, nur um mich abzuholen. Gemein, fies und richtig BÖSE.
Ich streifte mir die Haare ins Gesicht und hab mit ihr nichts mehr geredet. Als wir daheim waren, zog ich mir meine Perücke wieder über die Stirn.

Irgendwann in der Zwischenzeit bekam ich meine Tage. Ich fand das ekelhaft und widerlich. Ich wollte nicht erwachsen werden. Ich wollte nicht. Warum geht es in dieser Hinsicht einmal nicht nach meinem Kopf? Unverständlich für eine 14-jährige.

Als ich dann in die 8. Klasse kam, ging es wieder ruhiger zu. Ich war nicht die Hauptattraktion, aber man verschmähte und verachtete mich nicht mehr.
Ich hatte deftigste Probleme mit meiner Periode. Ich akzeptiert sie nicht, ich erzählte niemandem (nicht mal meiner Mutter) davon und versuchte so „über die Runden zu kommen.“ D.h. ich stopfte mir Klopapier in die Unterhose, was manchmal bis zu meiner Hose durchdrang. Ich fühlte mich EKELHAFT.

Ich wollte nicht ich sein. „Ich“, das war nicht ich. Hmm, schwierig zu beschreiben.

Ich ging zu der Zeit in einen privaten Pferdestall, mit 3 Pferden oder so. Da war ein Junge, mit dem ich dann 3 Wochen ging. Ich hatte nie Gefühle für ihn. Ich wollte nur auch einmal sagen können: „Ich hatte einen Freund.“ Mehr nicht. Ich bin gefühlskalt, ich weiß, aber so war’s nun einmal.
Von dem Freund erfuhr meine Mutter nur was hintenrum.

Ich schloss immer mein Zimmer ab, weil da drin dreckige Unterhosen lagen. (Ich weiß das ist wirklich eklig, und ich hoffe wirklich, dass jetzt nicht jeder denkt: mein Gott, was für ein Psycho oder so. Ok gut, ich war wirklich psycho, wenn man mal so was von außen betrachtet. Ein Grund mehr, das niemand von Angesicht zu Angesicht zu sagen.)
Ich wusch auch meine Unterwäsche immer selber. Ich sagte doch, schon früh im Kindesalter begann ich, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Bis meine Mutter mein Zimmer einfach so aufschloss und sie die Unterwäsche (spez. Hosen) sah. Jaja. Dann gab’s ein Donnerwetter und mir war das alles so furchtbar peinlich.

Meine Mutter begann eine Psychotherapie. (Wahrscheinlich hab ich sie so weit getrieben, meint ihr, dass mir das zu der Zeit was ausgemacht hätte?) Ich hasste meine Mutter zu der Zeit.
Irgendwann sagte sie zu mir: „Du kommst morgen mit in die Sitzung, sonst hol ich das Jugendamt.“ So, jetzt hatte sie mich. Ich wehrte mich, schrie, heulte, doch ich kam widerwillig mit.

In der Sitzung war ich alleine mit dieser Psychologin. Ich redete kaum mit ihr. Es war MEIN Leben. Das ging niemand was an.
Ich ging nie wieder zu Psychotherapie. Meine Mutter hat es dann glaub ich auch wieder aufgegeben. Ich bekomm meinen Wille. Immer.

Ich stieg von der Perücke zu einer Schildcap um, weil mir bewusst wurde, wie lächerlich das aussehen musste.
Also trug ich im Sommer wie im Winter Tag und (Nacht) diese Kappe.
Ich schämte mich für diese Kappe. Meine „Freundinnen“ (nur aus der Schule, denn ich war sehr stark sozial isoliert) fragten mich, warum ich immer die Kappe aufziehe, wenn meine Mutter kommt.
Tja, warum?

Mit 16 (in der 10. Klasse) hab ich wieder einen alten Kontakt zu einer Freundin angefangen, und wir wurden gute Freundinnen. Wir gingen (sehr selten) abends weg und dann lernten wir Jungs kennen.
Ein Junge hat mich sehr stark verletzt (es war nicht mein Freund, eher mein beinahen Freund) und

irgendwie wurde mir zu dieser Zeit erst richtig bewusst, dass ich abnehmen muss.
Ich stellte mich schon vorher auf die Wage, sah mein Zeiger stetig steigen. Doch dann erreichte es eine Zahl und ich sagte mir: „Jetzt reicht’s!“ Genau dieser Satz.

Hmm, unaufgeklärt und naiv wie ich war, begann ich „einfach mal so“ jedes Essen auszukotzen, in der Hoffnung, abzunehmen. Vielleicht auch in der Hoffnung, Aufmerksamkeit zu kriegen. Ich weiß es nicht. Nur eins weiß ich: Ich nahm das Kotzen nicht ernst. Es brachte letztendlich auch nichts.
Auch hatte ich keine FA’s, wie gesagt, ich hatte von Bulimie keine Ahnung.

Als ich auf das Wirtschaftsgymnasium kam, begann ich wirklich entschlossen abzunehmen. Mein Biolehrer erklärte irgendwas von gesunder Ernährung. Ich ernährte mich !nur noch! gesund und trieb täglich etwas Sport. Süßigkeiten lies ich weg. Das Kotzen lies ich bleiben, da ich mich gesund ernährte.
Den ganzen Winter über. Ich war allein. Ich war in meinem Zimmer, allein und lernte viel für die Schule. Ich ging abends nicht weg. Mit 16 jungen Jahren.

Ich verlernte, mich sozial zu verhalten oder auch mich mit meine Mitmenschen richtig zu unterhalten, mal derbe ausgedrückt. Ich konnte es wirklich nicht. Auch jetzt noch fällt es mir manchmal schwer, ein Gespräch am Laufen zu halten.

Ich nahm ab. Ich war glücklich. Ich war deprimiert. Ich war hässlich. Ich war eklig.
Eines schönen Tages kam ich naiverweise auf die Idee, dass ich doch eigentlich wieder Süßes essen könnte, wenn ich es anschließend wieder auskotzte. Gesagt, getan. Ich räumte mir immer einen Tag frei, an dem ich Süßes aß (eigentlich in normalem Ausmaß, von meiner heutigen Sichtweise aus) und kotzte es anschließend wieder aus.

Bis ich einmal Blut spuckte, dann lies ich es wieder bleiben.
Zu dieser Zeit war ich magersüchtig. Oder, war ich magersüchtig? Hmm, laut BMI schon, aber ich empfand mich selber nicht als magersüchtig. Ein Jahr lang.

Als ich dann in den Sommerferien (ich war 17 Jahre) in einer Bäckerei 4 Wochen lang arbeitete, nahm ich zu, was das Zeug hält. Ich hatte jeden Tag FA’s von den ganzen süßen Stückle.

Ich hatte das Gefühl, dass ich alles durchprobieren musste, dass ich alles nachholen musste, was ich bisher verpasst hatte. Ich nahm ganz schrecklich zu. Ich bemerkte es zwar, ich war deprimiert, doch die Lust (Sucht?) nach Süßem war einfach nur stärker. Es war ja während den Sommerferien. Ich arbeitete 7 Stunden und danach machte ich nichts mehr. Außer fressen. Ich hatte ja jetzt endlich Zeit. Kein Schulstress mehr. Ich musste mich niemandem zeigen. Auch trug es dazu bei, dass ich meistens alleine daheim war. Was zu diesem Zeitpunkt äußerst positiv war.

Ich wollte mit meinen Fahrstunden anfangen, was dazu beigetragen hatte, dass ich eines Tage beschlossen hatte, zu meiner Mutter zu gehen und zu sagen: „Du Mama, ich hab beschlossen, keine Kappe mehr zu tragen.“ Was ich dann auch nicht tat.
Ich hab das nicht wegen meiner Mutter getan, sondern deshalb, weil es mir ganz einfach zu stressig wurde. Ich konnte doch nicht mit Fahrstunden anfangen und von meinem Fahrlehrer mit dem Auto abgeholt werden, und ich trag immer eine Schildcap?? Hallo? Ich war 17 Jahre alt und lief dauernd mit einer Kappe rum? Nein, jetzt ist Schluss.
Auch hatte ich durch meine gesunde Ernährung und den (äußerst schweren) Schritt zum Hautarzt (von dem keiner wusste, alles geheim) keine Akne mehr, was ein weiterer Grund von mir war.

Die Schule begann (12. Klasse) und ich traute mich nicht, in die Schule zu gehen. Ich war doch soo dünn gewesen und jetzt war ich richtig fett und ekelhaft wieder geworden.

Seit der 12. Klasse versuche ich nun schon seit – sage und schreibe – 10 Monaten abzunehmen.
Warum funktioniert es nicht?
Ich weiß es nicht, mein Selbstwertgefühl ist unter 0, mein Leben zum Wegwerfen. Ich lege keinen Wert mehr auf mein Leben. Es ist mir wirklich egal, was mit mir passiert. Wie viele Schmerzen ich zu erleiden habe.
Ich hab Anfang des Jahres begonnen, Drogen (legale) zu nehmen, Ephedrin etc. Jedoch nicht lange, ich war nie abhängig davon. Ich hörte einfach wieder auf, weil diese Drogen bei mir nicht die gewollte Wirkung zeigten.

Ich sah kein Ausweg. Ich suchte meinen Sinn des Lebens.

Ich komme mit dem Druck, abzunehmen und mit dem Leistungsdruck in der Schule, nicht mehr klar. Ich versuchte mich überallhin zu flüchten. In Alkohol, in Drogen, in FRESSEN. Und wieder – seit ein paar Monaten – in KOTZEN.

Das ABNEHMEN hat für mich immer noch die größte Bedeutung, die es gibt. Ich durchlebe gerade meine schlimmste Bulimie-Phase.

#2
liebe fabness!

hab mir jetzt zeit genommen und in ruhe deinen beitrag durchgelesen. find es wirklich toll, wie ehrlich du, vorallem dir selbst gegenüber, über deine vergangenheit bzw. gegenwart sprichst.
glaube nicht, dass dich jemand als psycho abstempelt - so würd ich dich nie sehen.
konnte sogar einige parallelen zu meiner vergangenheit finden. wenn ich im nachhinein drüber nachdenke, ist das eigentlich ziemlich traurig!

was hast du nun jetzt vor? machst du eine therapie? oder hast du vor eine zu machen?
wie verstehst du dich jetzt mit deiner mutter? hast du einen freund? freundinnen?

würde gerne mehr über dich erfahren und dir, wenn du es möchtest, auch eine stütze sein.

du kannst dich jederzeit melden, alles liebe, blume

#3
Wenn du jemals ein Buch schreibst, sag Bescheid.

Das meine ich ernst. Norálerweise würde ich einen soo langen Beitrag nie lesen. Es sei denn, er ist ansprechend geschreiben. SO dass man sich damit identifizieren kann.

lg

aire

#4
Hallo fabness,

ich fand es wirklich beeindruckend, wie sehr ich das nachvollziehen kann, was du schreibst. ich entdecke ganze viele parallelen ziwschen deinem und meinem Leben. auch ich war total stur, ernährte mich ausschließlich von schockolade und war super schlank. in der pubertät hatte ich auch ganz exteme akne, auf die ich mich dann total fixierte. ( "ich bin nur so häßlich, weil ich diese pickel habe"). später mit 15 1/2 war zwar noch immer schlank, aber nicht mehr dürr. meine mutter machte dann so blöde kommentare, bis ich den entschluss gefasst habe abzunehmen in den sommerferien, wo ich dann genug zeit hatte. nach den sommerferien hatte ich dann extreme FAs, wodurch ich dann wieder zugenommen habe.gekotzt habe ich aber nie. denn ich habe angefangen klassischen gesangsunterrcith zu nehmen. mein ziel war es opernsängerin zu werden ( meine mutter ist gescheiterte opernchorsängerin, und wollte daher, dass ich das schaffe, was bei ihr nicht geklappt hat). in dieser zeit habe ich micht toal isoliert, denn mein leben bestand nur aus singen, sich schonen ( nicht weggehen, kein alkohol etc) und schule und essen, fressen und diäten. es wurde immer schlimmer und ich war zeitweise echt depressiv.
seit einem jahr habe ich eine ambulante therapie. ich hab mein abitur in der tasche und einen studienplatz für gesang an der musikhochschule, was mich aber wieder viel nerven und viele FAs gekostet hat.
nächsten monat mache ich für 2 monate eine stationäre therapie. mir gehts zwar im gesamten besser, dennoch habe ich regelmäßig FAs. ich esse zwar wieder normal, aber essen und gewicht spielt bei mir noch immer eine große rolle.
ich hab unendlich angst vor dem studium und meinen anfällen.

aber was ich dir eigentlich damit sagen wollte, du siehst, es ist ein langer weg. ich bin 19 und habe, seitdem ich 15/16 bin ES. ich bin davon noch immer nicht weg, und es wird noch ein langer weg, aber ein paar schritte habe ich schon gemacht. ich wünsche dir alles gute!

alles liebe, maja

#5
So jetzt bin ich grade von der Schule heimgekommen und musste gleich nachsehen, ob jemand geantwortet hat :)
Anfangs war ich sehr skeptisch, ob das denn überhaupt jemanden interessiert, da ich im "wahren Leben" das nie wirklich erlebt habe. Die meisten hatten, wenn ich überhaupt mal mit Problemen kam, das nur kurz abgenickt und dann waren sie wieder im Mittelpunkt. Drum hörte ich einfach auf, über meine Probleme zu reden, was hier ein sehr schwerer Schritt war, dies zu machen.

wie ehrlich du, vorallem dir selbst gegenüber, über deine vergangenheit bzw. gegenwart sprichst.
Durch mein intensives Beschäftigen mit meinen Problemen in der letzten Zeit hab ich erfahren, dass ich die Dinge so sehen muss, wie sie nun einmal sind. Schönreden bringt nichts. Wie soll man denn dabei was ändern können?
Das ist das erste Mal, dass ich so unverfroren über meine Vergangenheit spreche und die Tatsachen schwarz auf weiß sehe. Mir fiel es während des Schreibens sehr schwer, Dinge wie "Akne" usw. zu schreiben, ich kann diese Wörter nicht mal aussprechen, weil ich es wirklich sehr eklig finde.

Ich weiß, dass es mit mir so einfach nicht weitergehen kann. Ich hatte unbedingt vor, in den Sommerferien eine Therapie zu machen. Jedoch weiß von meinen Problemen niemand und es würde auffallen, wenn ich eine Therapie machen würde. Ich bin einfach nicht bereit, über meine Krankheit mit Familie und Freunde zu reden. Es geht einfach nicht. Ich wünschte, ich könnte es.
Manchmal hege ich wirklich ein starkes Bedürfnis, von meiner Essstörung zu erzählen.

Aber ich weiß, dass ich es hauptsächlich deshalb machen würde, damit man mich bemitleidet, mir Aufmerksamkeit schenkt.
Das bremst mich immer wieder.

Zwischen mir und meiner Mutter ist eine Barriere, die nie wieder zu brechen ist. Das weiß ich. Ich kann zu meiner Mutter keine Beziehung aufbauen..ich komm mit ihr manchmal gut aus, jedoch rede ich nicht mit ihr über meine Gefühle etc. Das habe ich sowieso noch nie gemacht. Musste immer irgendwie alleine klar kommen.
Ich häng auch kein Stück an meiner Mutter und will wirklich so bald wie möglich ausziehen und unabhängig sein. Eigentlich traurig.

Ich hab mir mal vorgestellt, wie es ist zu heiraten. Würde ich wirklich wollen, dass meine Mutter sieht, wie erwachsen ich geworden bin? Indem ich z.B. einen Mann küsse? Ich kann das gar nicht.
Vor ca 2 Monaten hatte ich einen Freund (davor fast 1 Jahr nichts mehr), das ging nur 3 Wochen. Ich kann meiner Mutter sowas nicht erzählen. Ich bin doch immer noch die jüngste, kleine Tochter, die nie erwachsen wird?

Einen Freund hatte ich immer nur für wenige Wochen. Schade eigentlich, ich sehne mich sehr nach einer Beziehung, aber wie sollte ich jemanden lieben, wenn ich mich selbst nicht lieben kann? Ich hasse meinen Körper, bin unfähig ihn zu "verwöhnen", warum sollte es dann ein Junge können? Ich fühle mich dabei nicht wohl.

Seit ich aufs Gymnasium gehe, habe ich wieder gute Freundinnen gefunden. Mit ihnen mache ich aber nicht viel privat, da wir weiter auseinander wohnen. Gelegentlich gehen wir am WE weg, doch ich gehe nicht allzu oft mit, da ich einfach viel zu fett geworden bin. Ich fühle mich unwohl dabei.
würde gerne mehr über dich erfahren und dir, wenn du es möchtest, auch eine stütze sein.
Das ist wirklich sehr, sehr lieb und nett von dir, blume! Es tut gut zu wissen, dass da jemand ist, der sich wirklich für einen interessiert und auch Probleme versteht!

Wenn du jemals ein Buch schreibst, sag Bescheid.
Ohh, bei dem Satz hab ich mich echt gefreut. Dankeschön!! Ich geb dir dann auf jeden Fall Bescheid ;-)

mein ziel war es opernsängerin zu werden ( meine mutter ist gescheiterte opernchorsängerin, und wollte daher, dass ich das schaffe, was bei ihr nicht geklappt hat).
Wow, wirklich allergrößten Respekt. War es dein Ziel, oder deiner Mutter ihrs? Förderte sie dich? Unterstützte sie dich?
ich esse zwar wieder normal, aber essen und gewicht spielt bei mir noch immer eine große rolle.
Ich weiß nicht, ob sich das je wieder abschalten lässt. Verdrängen oder Verbessern vllt schon, aber ganz weg damit?
Viele denken, bei einem gestörten Essverhalten gehts ausschließlich ums Essen.
Ich bin aber der Meinung, dass das viel mit der Vergangenheit und der Erziehung und die darauf resultierenden Ergebnisse zu tun hat. Das Essen ist nur ein gewisser "Träger". Kann's irgendwie nicht anders ausdrücken. Deshalb finde ich es auch ehrlich gesagt lachhaft, dass man z.B. Magersüchtige in ein Krankenhaus steckt, wo sie lernen, gescheit zu essen, jedoch werden dort nicht die Grundprobleme gelöst. Wenn dieser Mensch wieder aus dem Krankenhaus draußen ist, fängt alles nochmal von vorne an.
nächsten monat mache ich für 2 monate eine stationäre therapie.
Ich wünsche dir wirklich alles erdenklich Gute!!! Ich glaub fest an dich und ich hoffe, dass du dich mit deinem Ziel, deinem Studium nicht zu sehr unter Druck setzt.

#6
hey fabness,
erschütternde geschichte. wirklich, hat mich ziemlich nachdenklich gemacht... und mir sind ein paar erinnerungen an dinge hoch gekommen, die ich getan habe. aber ich bin kein psycho - und du auch nicht!! das sind nur sachen, die wir getan haben...
wenn du einen ort brauchst, an dem du frei und ungestört reden kannst - hier ist er!
viele grüße - flüvi
Für eine singende, weiße Stunde des Friedens rechne mit vielen Jahren der fruchtlosen Mühen und für einen Atemzug der Ekstase gib alles hin, was du warst oder sein könntest.

#7
liebe fabness,

ich kann deine beziehung zu deiner mutter gut nachvollziehen und auch den grund, warum du niemanden von deiner ES erzählen möchtest.
bei mir war das auch so. es gab bei mir eine zeit, in der die FAs so schlimm waren, dass ich den ganzen tag in meinem zimmer verbracht und geheult habe. manchmal habe ich mir gewünscht, dass ich nicht mehr leben würde. ich habe mich über therapien etwas erkundigt, aber eine machen wollte ich nicht. ich hätte einfach nicht gewusst wie ichs ihr hätte sagen sollen.
eines tages hat meine mutter mein offenes tagebuch in meinem zimmer gesehen und angefangen zu lesen. darin gings natürlich hauptsächlich um meine ES und ddass ich nicht mehr kann, dass ich mich am liebsten umbringen würde deswegen etc.
meine mutter hat dann mit mir darüber geredet, aber sie konnte es lange zeit nicht ganz glauben. sie dachte zuerst ich würd mir da was einreden, ich wäre gerade nur unter stress und so weiter. sie hat mir dann ne telefonnummerbesorgt für ein ES-zentrum und irgendwann hab ich dann dort angerufen.
und würde diese entscheidung niemals bereuen. in der therapie lernst du, wie du wieder normal isst und WARUM du überhaupt ES hast. denn, wie du selbst festgestellt hast, es geht eigentlich überhaupt nicht (naja das ist übertrieben, normal essen ist grundvorraussetzung, damit du keine fas mehr hast) ums essen. da sind ganz andere gründe. und ohne therapeuten wirst du nie dahinter kommen. erst wenn du deine probleme in griff bekommst, bekommst du deine ES in griff. deshalb lege ich dir sehr ans herz eine therapie anzufangen. ich habe auch zuerst geglaubt, dass ich es alleine schaffe, aber das ist unmöglich.
durch die ES fange ich erst an dinge zu ver4stehen, die mir gar nicht klar waren.
bespielsweise habe ich mich immer als schrecklich "anders" empfunden. ich habe dieses gefühl gehasst und mich als minderwertig gefunden. ich habe erst mit dr zeit rausgefunden, dass ich einfach nicht der typ bin, der sich in der großen masse von leuten wohl fühlt, sondern nur wenige, aber dafür sehr gute freunde um sich hat. ich mag es gern allein sein und dachte das wäre doch total anormal nichtgerne wegzugehen usw. außerdem waren die leute in miener stufe einfach nicht mein typ. jetzt wo ich viele musiker kennengelernt habe, merke, dass ich mit denen echt auf einer wellenlänge bin. aber das habe ich damals nicht gewusst.
ich bin eher der einzelgänger und mag das eigentlich auch. ich habe mich nur immer dagegen gewährt, weil mein vater so ist. mein vater ist sozial gesehen eine totale niete. er und meine mutter sind seit 2 jahre geschieden. aber ich habe mich schon als kleines kind immer für ihn geschämt, weil er so vertrotteltist. er lebt gerade auf hartz IV und es war schon immer so, dass meine mutter den ganzen haushalt geschmissen hat. er hat sich nicht um mich gekümmert, nicht um die wohnung, um meine mutter oder um einen job. absolut unfähig. ich hatte mein ganzes leben lang so große angst, dass ich so werden könnte wie er. deshalb konne ich nie akzeptieren, dass ich eher ein einzelgänger bin, weil ich dachte ich bin dann doch etwas wie er. in der schule hab ich mich auch immer angestrengt und jetzt auch mit dem gesang unbedingt etwas zu erreichen und nicht so werden wie er. total krankhaft.
aber es ist natürlich nicht alles nur die schuld meines vaters. ich habe eingfach charakterzüge, die zu meiner ES geführt haben und sie weiterhin aufrechterhalten. charakterzüge, die du mit sicherheit auch hast.
kommen wir zu meiner sturheit, meinem verbissenem ehrgeiz.
ich will, ich will, ich will, denek ich immer. ich will an die musikhochschule frankfurt. tja, pech. ich wurde nicht genommen. folge: FA, selbstmitleid.
es muss natürlich nicht immer so laufen wie man will. ich setzte mir immer hohe ziele und wenn ich die diese dann nixcht erreiche, dann ist das fast ein weltuntergang.ich bin sehr leistungsorientiert, wie meine therapeutin mir immer wieder sagt. mein selbstwert hängt vor allem von meiner leistung ab, d.h. habe ich heute eine gute klausur wieder bekommen steigt mein wert als mensch wieder. in der therapie versucht man solche falschen grundannahmen zu ändern. du lernst mit deinen emotionen anders umzugehen als mit FAs.
also. BITTE BITTE BITTE fang eine therapie an! je schneller du damit anfängst desto besser!

lieben gruß,
Maja

#8
Hey Maja,

ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn meine Mutter einfach so in mein Zimmer reingelaufen wäre und ohne zu fragen (gut, ich hätts ihr auch nicht erlaubt) mein Tagebuch gelesen hätte. Wahrscheinlich würde ich mit ihr kein Wort mehr reden.
Mein Zimmer schließe ich immer ab, weil meine Familie einfach keine Grenzen kennt. Richtig schrecklich, ich hab immer das Gefühl, dass ich mich selber erziehen müsste, weil es meine Mutter früher nie richtig gemacht hat (mir alles durchgehen hat lassen) und nicht streng genug zu mir war.

Hast du das einfach so hingenommen, oder was hast du gemacht bzw. gefühlt, als deine Mutter mit dir darüber geredet hat?

Natürlich bestreite ich das nicht, dass wenn du deine Probleme in den Griff bekommst, somit auch deine ES.

Aber der Wunsch, mein Bedürfnis ist da!! Ich will eine Therapie machen!!
JETZT endlich, nach 2 Jahren ES, jetzt will ich mir helfen lassen bzw. wäre ich bereit, mit einer Person, der ich gegenüberstehe, darüber zu reden.
Doch ich KANN einfach nicht. Allein die Vorstellung, dass meine Familie sieht, dass ich noch mehr Ärger machen. Ich weiß, dass ist irgendwie die Einstellung einer 5-jährigen, aber da ist was, was mich bremst.

Ich bewundere dich, ganz ehrlich. Ich find das so klasse, dass du dich dazu überwunden hast, mit einer Therapie anzufangen.

Wir haben echt hammer viel Gemeinsamkeiten. Auf der einen Seite tut das so gut zu wissen, aber auf der anderen Seite kann man nicht gerade auf diese Gemeinsamkeiten stolz sein.

Ja, das denke ich auch, dass es irgendwie nicht normal ist, (abends) nicht oft wegzugehen.
Ich bin dagegen aber nicht gern ein Einzelgänger. Ich brauche Gesellschaft, doch durch die ES bin ich zu einem Einzelgänger geworden. Das ist ein weiterer Punkt, der mich richtig fertig macht. Ich will ja viel weggehen und so weiter, aber ich kann nicht, weil ich immer denke: "Jetzt noch nicht, erst wenn du mehr abgenommen hast."

Dadurch setzte ich mich ziemlich unter Druck, und das Abnehmen klappt erst recht nicht. Vorallem, weil ich absolut kein geduldiger Mensch bin. Bei mir muss alles JETZT und SOFORT geschehen, am besten alles nach meinem Willen.

Ja, das mit den Charakterzügen, da bin ich voll deiner Meinung. Ich finde, Erfahrungen und die Erziehung spielen eine zentrale Rolle dafür, dass man eine ES "bekommt".
Aber erst die Charakterzüge entscheiden darüber, wie du damit zurecht kommst bzw. ob du sie besiegst.


mein selbstwert hängt vor allem von meiner leistung ab, d.h. habe ich heute eine gute klausur wieder bekommen steigt mein wert als mensch wieder.
Genau so geht es mir.
Ich bin ziemlicher Realist. Ich weiß, dass mir die Therapie jetzt wahrscheinlich noch nichts bringen würde, da mein Wille noch nicht so ganz da ist. Ich will nämlich meine Leistung aufrechterhalten. Durch eine Therapie hätte ich nur Angst, dass wenn ich lerne, mit meinen Emotionen anders umzugehen, dass dann meine Leistung nicht mehr dementsprechend ist.

lg fab

#9
Hallo fabness!

Deine Geschichte erinnert mich an einige Situationen, die ich in der Kindheit erlebt habe - besonders diese Scham für die Regelblutung, die ich in meiner Klasse als erste bekommen habe und deswegen ausgelacht wurde von den anderen (z.B. im Turnunterricht).

Was ich nicht so ganz verstehe: Du wolltest deine Stirn nur vor deiner Mutter nicht zeigen? Sorry wenn ich so blöd frage, aber das Ganze klingt so als wolltest du ihr nicht in die Augen sehen oder dein Gesicht (und die darin gezeigten Gefühle) entblößen. Kann das sein?

Darf ich fragen, was mit deinem Vater ist? Weil du bis jetzt gar nicht von ihm geschrieben hast - mich interessiert nur, ob du zu ihm ein besseres Verhältnis hast bzw. wie er dich behandelt.

Musst natürlich nichts beantworten was du nicht möchtest :wink: .

Lg
Wo wachsen eigentlich die Purzelbäume?

#10
hi fabness,

natürlich bin ich total ausgeflippt, als meine mutter einige seiten aus meinem tegebuch gelesen hat. ich war so wütend, und hab geschrieben,dass sie mich endlich in ruhe lassen soll, dass ich sie hasse und so weiter.
ich hab ihr gesagt, dass ich keine ES hab, dass ich übertrieben habe und alles im griff hab.
das hat sie mir anfangs auch abgenommen, weil es wahrscheinlich auch einfacher für sie war. aber es ging mir mit der zeit immer schlechter, bis meine mutter mich wieder auf das thema angesprochen hat. sie hat mir dann die nummer von dem ES-zentrum besorgt.

bestimmt ein halbes jahr ist erstmal nichts passiert. aber nach weiteren echt schlechten phasen und vielendauerheulkrämpfen, haben meine mutter und ich nochmal drüber geredet und ich hab endlich zugegeben, dass ich ein problem hab. das war damals eine sehr merkwürdige situation, dass sie davon wusste.
meinem vater hab ích mal davon erzählt ,und der meinte, hm aha kann ich das etwa auch kriegen ( weil sehr gern süsses mag). total unsensibel.

außer meiner (und meinem vater) wußte es lange zeit niemand.
meinem freund hab ichs jetzt erzählt. aber nicht aus dem grund, dass ich irgendwie ehrlicher zu ihm sein wollte. nein,nein. ein viel schäbigerer und gemeinerer grund. da muss ich kurz noch was andres erzählen.
ich hatte davor noch nie längere zeit einen freund. vielleicht für ein paar wochen,aber nicht länger. das waren schon echt viele typen, bin ja auch nicht häßlich. verliebt war ich aber leider nie. daher waren diese "beziehungen" nicht besonders lang. es lief auch nicht mehr als ein bisschen rumknutschen und rummachen.
bei meinem jetzigen freund dachte ich, ich will mal wie andere leute auch mal jemanden für längere zeit haben. gut. also blieben wir zusdammen.
ich dachte, ich würde auch gern sex haben, wie andere leute, bin ja schließlich schon 19. auch gut.
leider merke ich, dass es wirklich nicht gerade die große liebe ist, sondern einfach gute freundschaft. also hab ich ihm von meiner bulimie erzählt und gejammert und ich könnte im moment keine beziehung haben, weil ich erst mal mit mir selbst zurecht kommen muss. guter grund. er hats natürlich verstanden.
weil es sich um mich so gut gekümmert hat, war ich so gerührt und bin wieder mit ihm zusammengekommen. jetzt dachte ich, ich muss endlich mit ihm schlussmachen. doch er hat die aufnahmeprüfung für gesang nicht bestanden ( er singt auch), also dachte ich, ich kanns ihm doch jetzt nicht antun. ich bin so ein arschloch.
jedenfalls weiß es sonstr niemand und ich will auch, dass es so bleibt. ich hätte angst, dass die leute mich dann mit ganz anderen augen sehen würden, wenn sies wüssten.

es ist absoluter schwachsinn zu denken, dass du weniger leisten könntest, wenn du deine ES in griff bekommst. das genau gegenteil ist der fall. du wirst noch viel viel leistungsstärker sein, wenn du deine energie und stärke nicht auf das essen und dich selbst zu zerstören verwendest. du kannst dann viel mehr schaffen. das hab ich selbst bei mir gemerkt. ich bin dann nicht so ein jammerlappen
natürlich braucht man für ne therapie auch den willen die ES zu besiegen. ich selbst hatte davon auch zu wenig, vielleicht hänge ich deswegen noch so sehr an ihr. aber durch die therapie merkst du wie wichtig es ist an dem willen zu arbeiten.
ich hab auch noch so einen langen weg vor mir. manchmal seh ich auch keinen sinn in meinen leben. denn woraus besteht denn mein leben? aus singen? lernen, arbeiten? leisten? esssen?

lieben gruß,
maja

#11
Hey Bittersweet,

oh je, die Kinder waren und sind und werden immer gemeiner. Ich denk, das wird sich wohl nie ändern..Bei mir war es immer meine Körpergröße, mit der ich aufgezogen wurde. Ich war/bin immer die Kleinste..grade mal 1,50m..

Ich hatte Akne - damit der erste Schritt für's Erwachsenwerden.
Ich wollte nicht erwachsen werden.
Das war ein Grund, weshalb ich meine Stirn verdeckte.
Ich schämte mich dafür.
Ich wollte nicht, dass meine Mutter sieht, dass ich erwachsen werde. Das auch ich (kleines unschuldige süßes Ding :x ) Akne kriegen konnte. Ich hatte sehr damit zu kämpfen. Ich versteckte mich (durch die Kopfbedeckung).
Allgemein wollte ich es niemandem zeigen, vorallem nicht meiner Mutter. In der Schule schämte ich mich zwar dafür, trug aber keine Kopfbedeckung (ging ja nicht anders). Und da meine Mutter Termine (z.B. Klavierstunden) immer so legte, dass wir gemeinsam üben konnten, hatte das auch zur Folge, dass ich mich nicht mehr traute, mich vor anderen Leuten, die meine Mutter kannten, zu zeigen.

Nein ich denke nicht, dass ich die durch mein Gesicht hervorgerufenen Gefühle nicht zeigen wollte. Es war nur so ein tiefes Schamgefühl vor mir selbst, so dass ich alles an meinem Körper versteckte, was auf Entwicklung aus war. (Kopfbedeckung, weite Klamotten, etc).

Meinen Vater kenne ich nicht. Meine Mutter trennte sich von ihm, bevor ich auf der Welt war. Ich habe ihn nie kennen gelernt und noch nie was von ihm gehört.
Einmal, als ich noch in der Grundschule war, schrieb ich ihm einen harmlosen Brief, er rief daraufhin meine Mutter an und sagte ihr, dass ich das gefälligst sein lassen sollte. Natürlich habe ich erst als ich älter war davon erfahren.

lg






Hey Maja,

ja, das glaub ich dir, dass das eine merkwürdige Situation war, als du es deiner Mutter gestanden hast! Vor dieser Situation fürchte ich mich auch; dass nichts mehr so sein kann wie früher und dauernd anders, richtig bedeutungsvoll angeguckt zu werden..

Hat sich denn dein Vater nun über die ES ein wenig schlau gemacht? Oder ist er immer noch so unsensibel?
also hab ich ihm von meiner bulimie erzählt und gejammert und ich könnte im moment keine beziehung haben, weil ich erst mal mit mir selbst zurecht kommen muss. guter grund. er hats natürlich verstanden.
Natürlich, dass ist nicht gerade aufrecht gewesen von dir, aber ich denke, dass das nicht direkt von dir kam, sondern dass dich deine ES dazu "geleitet" hat..
(Komisch, aber ich war auch noch nie verliebt, hatte zwar mit ein paar Jungs was, war aber nie was Richtiges..Bei meinem letzten "Freund" wollte ich auch mal ne richtige Beziehung; ich meinte, ich könnte ihn durch meine ES besser an mich binden, obwohl ich nicht in ihn verliebt war..)
also dachte ich, ich kanns ihm doch jetzt nicht antun. ich bin so ein arschloch.
Glaub mir, fast jeder war mal in so einer Situation. Klar wars nicht die feine englische Art und man könnte sowas auch anders lösen. Alternativen gibts immer.
ABER: Du hattest/hast Gründe und du bist dadurch WIRKLICH KEIN Arschloch!!
es ist absoluter schwachsinn zu denken, dass du weniger leisten könntest, wenn du deine ES in griff bekommst.
Ich weiß, aber der Gedanke ist nun mal da.

Ja, aus was besteht das Leben? Für was lebt man?
Ich glaube das sind die Grundfragen, die man wahrscheinlich nie so ganz beantworten kann.
Entweder du lebst und genießt dabei das, was für dich wichtig ist und siehst es damit als deinen persönlichen Sinn an, oder eben nicht..
Ich könnte natürlich auch völlig falsch liegen..

lg

#12
Hi fabness,

nur mal so aus neugier, was willst du eigetlich nach der Schule machen? Hast du irgenwelche Pläne oder Wünsche was spezielles zu machen?

nein, natürlich hat sich mein vater über die ES nicht schlau gemacht, es interessiert ihn einen dreck. ganz ehrlich, ich habe nicht das gefühl als hätte ich einen vater. wir haben keine beziehung zueinander und sehen uns jetzt auch gar nicht. er ist mir völlig gleichgültig.

ich war gestern/heut auf ner party und hab mich mit paar freunden richtig betrunken und bis morgens gefeiert. war ganz lustig, vor allem wenn man weiß,dass das ab oktober sein ende hat. es ist schon komisch, dass ich immer alles schwarz-weiß sehe, nicht nur das essen. also entweder freßen oder diät, sondern auch entweder ganz asketisch zu haus bleiben und seinen pflichten nachgehen, oder ne ganze nacht weggehen und saufen was das zeug hält. ein mittelweg wär gut
aber mal ehrlich, ist das der sinn des lebens? man kommt nach haus und ich fühl mich so leer und denke das wars? das coole partyleben?hahaha

sorry, ich glaub ich bin noch immer etwas blau, hab so viel gesoffen

lg, maja

#13
Hey Maja,

also nach der Schule will ich erst mal gar nix machen, was irgendwas mit Pflichten o.ä. zu tun hat! Ich will unbedingt nach Amerika, da bissl Geld verdienen und einfach mein "freies" Leben genießen und das alles machen, für was ich während der Schule einfach keine Zeit finde..

Was mein Ziel auf jeden Fall ist, dass ich später einen Beruf habe, mit dem ich reich werde und sorgenlos leben kann :wink:
Ich schau da schon, welches Studium dafür geeignet ist..

Hmm die Situation mit deinem Vater erinnert mich ein bissl an die, mit meiner Mutter. Gleichgültigkeit ist das Schlimmste, was man in (egal welcher) Beziehung an den Tag legt kann.
Ich hasse mich dafür. Für fast alles eigentlich.

Beginnst du ab Oktober dann deine stationäre Therapie?

Entweder alles oder nichts. Sonst bringts doch eh nix. Genau meine Gedanken.
Entweder ich feiere so richtig und sauf mich fast ins Koma, oder ich trink halt gar nix. Aber nur ein bisschen was vom Alk? Nein.
Entweder ich fress mich so voll, dass ich gar nimmer laufen kann, oder ich halte ne strenge Diät. Aber nur ein bisschen was von Süßem? Nie im Leben! Wenn ich schon mal angefangen hab, dann hau ich auch so richtig rein! Lohnt es sich sonst?

Was kann man machen, damit sich auch nur ein bisschen von etwas sich lohnt? Ich weiß es nicht.
Natürlich, danach fühlt man sich leer. Man besauft sich, meint, das war geil, ich hab nur dafür (praktisch) "gelebt" und das wars dann. Dann beginnen die Tage, an denen du denkst, wozu lebst du noch? Was machst du in deinem verdammten Leben schon, für das es sich lohnen würde zu leben?

Grüßle,

#14
Hey fabness,

meine therapeutin sagt immer strukturiertes und normal Essverhalten ist GRUNDVORRAUSSETZUNG keine FAs mehr zu haben.
sie sagt, dass wir Essgestörten eigentlich so n bisschen wie Diabetiker sind. Wenn unser Zuckerspiegel wieder total fällt ( da wir ja zu wenig essen) kommt automatisch dieser starke Freßdruck. Da können wir nix für.
Auch wenn wir alles unsere Probleme inGriff kriegen würde, wenn der Körper aber trotzdem zu wenig Kalorien bekommt, will er sie sich durch die FAs holen.
Meine Therapeutin meint, man m,üsse in unserem Alter mindestens 2000kcal zu sich nehmen, eigentlich bis zu 2300kcal.
Ich geb dir einen Rat, kauf dir Kalorientabellen ( hast du wahrscheinlich schon) und erstell dir einen individuellen Ernährungsplan, aber mit mindestens 2000kcal!!! Glaub mir, du kannst davon nicht fett werden, denn es sind normale Mengen! von FAs wirst du fett, und wie!
Als ich regelmäßig so gegessen habe, waren automatisch meine FAs geringer und seltener.
Da ich meine die Kalorien meiner Mahlzeiten selbst ausgerechnet habe, wusste ich genau, dass es nicht viel zu viel war, sondern genau richtig.
Früher, dachte ich immer es wäre viel zu viel. meistens hab ich das abendessen ausgelassen, weil ich so angst hatte. Später hab ich ausgerechnet wieviel Kalorien es waren, und war voll verwundert. um die 500kcal, MAXIMAL 1000kcal. und das ist echt zu wenig, kein wunder wenn man da FAs bekommt.
Ich hab seit 1 1/2 monaten keine Therapie mehr, und merke, dass ich immer wieder zu wenig esse. Folge: FA
Probier es unbedingt!
Wenn du eine Therapie machst, wird deine Therapeutin das auch von dir verlangen. Es geht einfach nicht anders, ohne normal zu essen wirst du deine FAs nicht los!

Wenn du deine 2000kcal zu dir nimmst, kann ich dir versprechen, dass du nicht mehr so viel übers essen nachdenken wirst, weil dein körper SATT sein wird.

Das musste ich unbedingt mal loswerden :) Denn vor mehr als einem jahr hatte ich ähnliche Gedanken wie du. Wollte meinen Willen stärken, disziplinierter sein und keine FAs mehr haben. Ich dachte ich mach die Thera, und hab dann keine FAs mehr. aber so ist das nicht. Du musst auch ein großes stück von dir geben, nämlich die Bereitschaft mehr zu essen und die Kontrolle darüber abzugeben.


lg , maja

#15
Schade, dass ich keine Webcam hab oder so was, dann hättest mein Gesicht sehen können, als ich 2000 kcal gelesen hab. :?

hmm, du schreibst so viel Richtiges auf und soviel Durchdachtes..Ich weiß, dass du Recht hast..

Aber die Kontrolle "abgeben"? :shock: