Auch ich bin neu und brauche Hilfe

#1
Hallo erstmal an alle,
ich möchte mich auch erstmal kurz vorstellen, ich bin 23 Jahre alt und habe jetzt seit ca. 6 Jahren Bulimie.
Das Ganze fing irgendwie ganz schleichend an, kann mich nicht einmal daran erinnern wann und aus welchem Anlass. Mein Aussehen und besonders mein Gewicht waren mir schon immer sehr wichtig. Wirklich dick war ich nie, aber meine ganze Familie ist sehr schlank und dann kommt auch schon öfters mal ein Spruch wie "Du musst aber mal wieder ein bisschen darauf achten was Du isst" oder "Du hast aber auch ein wenig zugelegt in letzter Zeit". Damit möchte ich jetzt auf keinen Fall meiner Familie die Schuld geben, sie können ja nicht wissen, wie empfindlich ich auf solche Sprüche reagiere. Ich tu dann so, als ob es mich nicht stört, in Wirklichkeit beschäftigt es mich aber unheimlich stark. Vielleicht klingt das doof, aber ich fühle mich gleich weniger gemocht, denke jeder sieht wie ich zugenommen hab, und denkt, "man die hat aber zugelegt". Ich hab dann immer erstmal versucht abzunehmen, auf normalem Weg, aber mir fehlt da ganz einfach die Disziplin, ich ärgere mich darüber, dass ich nicht in der Lage bin, mich zu kontrollieren. Dann bekomme ich Heißhunger und kann mich einfach nicht mehr stoppen, den Rest kennt ja jeder von Euch. Ich schäme mich, fühle mich schlecht, sage mir nie wieder und ein paar Stunden später ist alles wieder vergessen, mein einziger Gedanke dreht sich dann darum, wie ich an etwas zu essen kommen kann, ohne dass jemand was merkt, wie ich es unbemerkt essen und wieder auskotzen kann.
Am Anfang war es wie gesagt nur zwischendurch mal, phasenweise, es ging dann erst ein paar Wochen wieder gut, bis wieder von irgendjemandem eine- wahrscheinlich nicht mal bös gemeinte Bemerkung kam- und es ging wieder los.
Komischerweise habe ich mich ganz gut im Griff, so lange ich unterwegs bin, dann denk ich oft gar nicht so sehr ans Essen, es geht mir relativ gut. Es fällt mir dann zwar schwer vor anderen zu essen, aber ich komme klar, denke mir: es geht ja auch ohne- bis ich zu Hause bin, zur Ruhe komme.
Aber sobald ich zu hause bin, denk ich nur noch ans Essen, kann mich auf nichts anderes konzentrieren.
Im Moment leidet mein Studium ganz schön darunter, ich kriege nichts mehr auf die Reihe, obwohl ich wirklich möchte, und so langsam merke ich, dass es so nicht weiter gehen kann. Die FA kommen täglich, mindestens einmal und ich schaff es nicht mehr, auch nur für eine kurze Phase aufzuhören.
Meine Mutter macht mir langsam Druck, wegen meines Studiums, ahnt aber nichts. Ich will ihr das alles eigentlich auch gar nicht zumuten, hab Angst davor, wie sie reagiert, dass sie damit nicht umgehen kann. Aber ich will aufhören, auf jeden Fall.
Vor ein paar Tagen, als es grad wieder besonders schlimm war, kam der Entschluss, ich habe angefangen mich hier im Internet zu informieren, mich zum ersten Mal wirklich damit auseinander zu setzen. Bis jetzt habe ich irgendwie einfach damit gelebt, versucht mir nichts anmerken zu lassen, und eben einfach funktioniert, aber ich will so einfach nicht mehr weiter machen.
Damit ich es mir auch nicht mehr anders überlegen konnte, habe ich es jetzt einer Freundin erzählt, die selbst krank war, die ich noch nicht so lange kenne. Sie hat total lieb reagiert, ich musste gar nicht viel erzählen, sie wusste sofort was los war, hat mir dann viel erzählt und will mir helfen. Bei der Suche nach einer Therapie und bei allem anderen.
Am nächsten Tag, das war gestern, bin ich gleich zu meiner besten Freundin gegangen, habe auch ihr davon erzählt, das war schon viel schwerer, wie soll man erklären, dass man sich selbst und den anderen die ganzen letzten Jahre etwas vorgemacht hat, nicht so stark ist wie man schien und dann noch jemandem, der wenig über die Krankheit weiß. Ich wollte am liebsten wieder umdrehen, nichts sagen, aber ich habs ihr erzählt, es war so schwer das Ganze auszusprechen, zu sagen "Ich habe Bulimie"- wie ein Selbsteingeständnis, das erste Mal, dass ich mich dazu bekannt hab.
Und ich weiß, dass ich das Schwierigste noch vor mir hab. Und ich weiß auch, dass ich mit meiner Mutter sprechen muss, davor hab ich im Moment die größte Angst, ich will sie nicht damit belasten, sie nicht enttäuschen.
Seitdem ich darüber gesprochen hab, ist das ganze irgendwie so reel geworden, aber ich habe seitdem nicht mehr gekotzt, habe, als ich nach Hause gekommen bin, alles weggeschmissen, sauber gemacht und mir geschworen das ich das jetzt packe. Allerdings kann ich seitdem auch so gut wie nichts mehr essen. wenn ich weiß, ich kann oder will nachher nicht kotzen, krieg ich einfach nichts runter, das schlechte Gewissen meldet sich schon vorher und ich kann nicht essen. Obst, das geht, aber alles andere irgendwie nicht, ich weiß dass das jetzt auch wieder keine Lösung ist, aber ich kann nicht anders.
Im Moment weiß ich noch nicht wirklich, wie es weitergehen soll, aber ich werde kämpfen und will gesund werden.
Sorry, dass ich hier jetzt so viel geschrieben hab, möchte Euch nicht langweilen, aber ich musste jetzt endlich mal alles loswerden.
Weiß auch manchmal nicht ob es bei mir wirklich alles so schlimm ist, oder ob ich mich anstelle, mich nur mal richtig zusammenreißen müsste und gar nicht wirklich krank bin.
Vielen Dank fürs Zuhören,
bis dann, Eure Fini

Re: Auch ich bin neu und brauche Hilfe

#2
Hallo Fini und herzlich Willkommen hier im Forum

also ersmal zu deinem letzten Satzt


Fini hat geschrieben:
Weiß auch manchmal nicht ob es bei mir wirklich alles so schlimm ist, oder ob ich mich anstelle, mich nur mal richtig zusammenreißen müsste und gar nicht wirklich krank bin.
doch du bist krank es ist nicht normal das man sich nach dem essen übergibt, ich weiß das dir das schon klar ist aber ich wollte es dir auch noch mal bewußt machnen.

Das du es deiner besten Freundin gesagt hast bekommt von mir großen Applaus, weil das ist wirklich schwer (ich habe das noch nicht geschafft).
Und hast schon sehr genaue Vorstellung von dem was du willst und das ist einfach super. Denn du willst weg und nicht mehr da weiter machen.
Wie sieht denn dein Tagesablauf aus?
Es wäre gut wenn er sehr geregelt wäre, aber da erzähle ich dir ja nichts neues.
Du schreibst das deine FAmilie öfter Bemerkung über deine Figur macht und das dich das sehr verletzt, du aber nie was sagst. Aber vielleicht kannst du ja mal was sagen und es nicht immer einfach runterschlucken. Das befreit ganz ungemein.

Oh man ich wollte dich gar nicht zu texten.


Also ich hoffe du fühlst dich wohl hier im Forum und kannst dich gut austauschen.

LG nude

#3
Danke!
Ja ich fühl mich sehr wohl hier im Forum. Alleine schon zu sehen, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist und dass es anderen ganz ähnlich geht, wie mir selbst, hilft und tut richtig gut. Auch, sich endlich mal alles von der Seele zu schreiben und zu wissen dass man hier verstanden wird, sich nicht rechtfertigen muss, ist erleichternd.
Zu Deiner Frage, nein, mein Tagesablauf ist leider nicht besonders geregelt, zur Zeit sind noch Semesterferien und auch wenn die Uni wieder anfängt, ich muss nicht mehr besonders viele Veranstaltungen besuchen und hab daher viel frei.
Vier Tage die Woche bin ich zumindest von morgens bis nachmittags am Reiten, bei einem Stall bei uns in der Nähe. Das Reiten und die Pferde helfen mir auch sehr dabei, Kraft zu tanken und einen Sinn in Allem zu sehen.
Aber die anderen Tage sind ziemlich unstrukturiert, da bin ich viel zu Hause, müsste eigentlich meine Examensarbeit schreiben, aber da fehlt im Moment einfach total die Kraft und die Konzentrationsfähigkeit. Dann fange ich wieder an, mich mit dem Essen zu beschäftigen und schon bin ich wieder im Teufelskreis. Die letzten Tage habe ich probiert, möglichst wenig zu Hause zu sein, mich abzulenken, aber das ist nicht so einfach.
Nachts kann ich nicht schlafen und tagsüber fehlt mir dann die Energie.
Und das mit der Figur, naja, in letzter Zeit habe ich abgenommen, da kommt im Moment kein blöder Spruch, nur Komplimente, wie toll ich abgenommen hab. Wohl fühl ich mich trotzdem nicht.
Und etwas zu sagen, dass mich solche Sprüche bezüglich der Figur verletzen: ich weiß nicht, einerseits bin ich ja froh, dass sie ehrlich sind und sowas dann sagen und außerdem ist das für mich so ein Eingeständnis, dass ich schwach bin, nicht über dem stehen kann, was andere sagen.
Naja, vielen Dank erstmal für Deine schnelle Antwort.
Wie lange bist Du denn schon krank? Machst Du eine Therapie, wenn ja, wie genau hast Du einen Therapeuten gefunden, hast Du vorher mit jemandem gesprochen, dich irgendwem anvertraut? Und wie gehts Dir im Moment?
LG Fini

#4
Halllo Fini

Also ich denke nicht das es von schwäche zeigt wenn du sagst das du dich dadurch verletzt fühlst sondern ich denke das zeigt ehr von stärke.Denn wenn du weißt wo deiner Grenzen sind dann bekommst du ein gutes Körpergefühl so wohl für die Seele als physisch. Und ich denke dasgehört auch mit zu dem Eingeständnis der Bulimie. Und ich denke das du über manchen Aussagen auch einfach gut darüber stehen kannst, denn es ist immer entscheidend von wem der Spruch kommt und auf was er abzielt. Ich habe auch ganz Wunde Punkte wenn mich zum Beispiel meine Mutter darauf anspricht, aber wenn es jemand anders ist geht das mir sowas von peripher am Glutaeus vorbei. Und das ist eigentlich nur eine Selbsterkenntnis : "Das hat mir weh getan!" und dann wissen alle bescheid und wenn ihnen was an dir liegt werden sie es entweder anders sagen oder mit dir darüber reden warum.

Rede ich eigentlich gerade nur Schmarrn?

Was Studierst du denn wenn ich fragen darf?

LG nudel

#5
Ja, vielleicht werd ichs beim nächsten Mal einfach versuchen, zu sagen was ich denke, bzw. fühle. Bin mir aber nicht sicher ob ich das schaffe, würde ja gerne über solchen Bemerkungen stehen, aber das ist eben ne große Schwäche von mir, dass ich mich immer sehr stark daran orientiere, was andere von mir denken, dass ich es immer jedem recht machen will und jedem gefallen will.
Achso, ich studiere Grundschullehramt, Mathe, Sport und Sachunterricht. Bin wie gesagt so gut wie fertig und müsste eigentlich so langsam mit meiner Examensarbeit anfangen: mir ein Thema überlegen, mir einen Prof suchen, usw. Und in diesen Semesterferien hätte ich eigentlich auch noch ein paar andere Hausarbeiten schreiben müssen, aber die sind auch liegen geblieben. Ich schieb zur Zeit so viel vor mir her, mach mir selber Druck, aber trotzdem krieg ichs einfach nicht gebacken mich dran zu setzen.
Im Moment wächst mir alles total über den Kopf und ich weiß überhaupt nicht, wie ich das schaffen soll. Im Prinzip bräuchte ich glaub ich erst mal Zeit für mich, um mir über mich selbst klar zu werden und die Krankheit in den Griff zu kriegen. Weiß echt nicht, wie ich das packen soll.

Liebe Grüße, Fini