nach diesen ganzen derzeitigen Diskussionen über Wille etc. würde ich gerne mal meine Gedanken dazu loswerden. Denn durch diese Gedanken habe ich es geschafft, aus der ganzen Sch*** rauszukommen. Und gleich vorweg: es sind lediglich MEINE Gedanken, Einstellungen und Überlegungen, die mir geholfen haben einen Weg zu finden. Es geht also nicht darum, hier mit erhobenem Zeigefinger zu stehen und jemanden zu verurteilen, der es anders sieht; also Mädels: nicht wieder so viel reininterpretieren und aufregen, okay?
Ich denke, dass eine Heilung nur dann möglich ist, wenn man auch wirklich den Willen dazu hat. Okay, jeder hier denkt jetzt, den hab ich doch, aber viel entscheidender ist doch, WAS STEHT DIESEM WILLEN ENTGEGEN??? Warum kommen immer wieder die Antworten, ich will ja, KANN aber nicht? Was sind die Gründe, die dazu führen, dass man trotz des vorhandenen Willens nicht in der Lage ist, damit aufzuhören? Was ist der „primäre Krankheitsgewinn“, den ich aus der Bulimie ziehe? Hier hat jeder seine individuellen Antworten. Aber was wohl für jeden gilt: Es ist weniger der Wille, an dem man arbeiten muss, sondern eher an den Gegenargumenten, die diesen Willen zunichte machen.
Bei mir war der „Gewinn“ der Bulimie die Möglichkeit zu essen, und dennoch mein Gewicht zu kontrollieren. Ich habe über 8 Jahre jeden Tag verinnerlicht, essen zu können was ich will, ohne die Konsequenzen dafür zu tragen. Der Gedanke zuzunehmen war unerträglich. Für mich kam somit immer nur in Frage, entweder absolut diszipliniert Diät zu leben oder aber zu kotzen. Weil ich mein Ziel, schlank zu bleiben, nicht aufgeben wollte. Aber beide Möglichkeiten waren unrealistisch, einfach nicht „lebbar“. Ein Leben lang zu kotzen? Wohl kaum... Und ein Leben lang Diät? Schaff ich ja eh nicht! Und will ich ja auch gar nicht... Also musste ich an meiner Einstellung etwas ändern. Mich dazu zwingen, daran etwas zu ändern, weil es einfach keine Alternativen gibt. Ich hab mir eingehämmert, dass für mich die einzige Lösung Akzeptanz ist. Akzeptieren erst einmal zuzunehmen, dafür aber gesund zu sein. „Wenigstens“ erst einmal körperlich gesund zu sein. Ich bin jetzt seit August 2005 „fast-clean“ – 7 Rückfälle, die aber wohl wirklich dazu gehören. Und es war verdammt hart, gerade am Anfang. Jeden Tag die Gedanken „heute noch mal, ab morgen schaffe ich es dann aber wirklich“. Aber genau da liegt der Fehler. Ich habe immer darauf gewartet, dass sich ein Wille einstellt, der es mir dann total leicht macht, damit aufzuhören. Aber genau das ist ein Trugschluss, es wird wahrscheinlich NIE der Moment kommen, an dem man „einfach mal so“ aufhört. Es wird immer ein beschissener, anstrengender Kampf sein, den man aber gewinnen kann, wenn man sich darüber bewusst ist, dass es anstrengend wird. Wenn man damit rechnet, dass es sich absolut grausam anfühlt, dagegen anzukämpfen, aber dass das der erste Schritt ist! Und dieser 1. Schritt wird sich IMMER so anfühlen, ob ich heute, morgen oder in 10 Jahren dagegen ankämpfen will. Viele werden jetzt wieder denken, „ich habe aber gerade nicht die Kraft dazu dagegen anzukämpfen“. Aber mal ehrlich: WARUM NICHT? Man hat die Kraft zu kotzen, täglich negative Gedanken zu wälzen, ständig halbherzig dagegen anzukämpfen und trotzdem nicht weiterzukommen…warum diese Kraft nicht umkehren??? Durch Umdenken!?! Die Bulimie bringt nichts, sie NIMMT nur Kraft. Die leidigen Aussagen, „ich brauche die Bulimie noch“….WOFÜR? Macht die Bulimie es wirklich besser? NEIN – sie ist einfach nur ein riesengroßes ZUSATZPROBLEM, dass verhindert, sich den eigentlichen Problemen zu stellen. Andere Lösungen zu finden. Die Bulimie löst die Probleme nicht auf, sie überschattet sie nur. Und am Schluss bleiben die Probleme PLUS die Bulimie. Schöner Gewinn!
Das alles klingt jetzt so rational, aber ich glaube, nur so kann es funktionieren. Auf die Emotionen einzugehen und danach zu handeln wird wohl NIE zu einem Erfolg führen. Ich hatte zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, kotzen zu wollen, es nicht zu schaffen, „nur noch heute“ etc…aber mir war klar, diese Gedanken werde ich IMMER haben, wenn ich diesen verdammten Teufelskreis nicht durchbreche. Man muss mit der Disziplin und einer absoluten selbst aufgezwungenen Stärke an die Sache gehen…jedenfalls an den Teil, der das Kotzen betrifft. Die Emotionen soll man ja nicht vernachlässigen – im Gegenteil - , aber bei der Entscheidung Kotzen oder Nicht-Kotzen dürfen sie keine Rolle spielen. Denn dann gewinnt man nie….
Fazit dieses wirren Geschreibsels: Wer wirklich aufhören will, und es auch akzeptiert, die Probleme, die zur Bulimie geführt haben, auf anderem Wege (und somit auch wirklich) zu lösen, der kann das auch schaffen!!!! (Und das ist motivierend gemeint!!!!!!!!!) Man hat zu jeder Zeit die freie Wahl: Es jetzt durchzustehen, auszuhalten, andere Lösungen zu finden, stark zu bleiben, egal wie beschissen es sich auch anfühlt…einfach verstehen, dass der Weg aus dieser Sucht mit solchen Gefühlen beginnt, die Gefühle aber langfristig besser werden ODER aber man quält sich Tag für Tag mit neuen Vorsätzen, mit Frust, dieser ganze Kreislauf mit den zerfressenden Gedanken, die einen zusätzlich kaputt machen. Und an den eigentlich Ursachen und Problemen ändert sich doch nichts. Na, da weiß ich doch eigentlich für was ich mich entscheide, oder??
So, und jetzt geh ich in Deckung

Pepper