Angst vor Erstickung und Blut, trotzdem kein Ende

#1
Hallo,

das ist mein erster Beitrag also weiß ich nicht wie weit es okay ist ins Detail zu gehen. Eigentlich möchte ich nur wissen, ob es nur mir so geht oder es vielleicht doch die eine oder den anderen gibt, die/der auch so kaputt ist.

In allen Bücher, Internetseiten und sonstigen Quellen, welche zur Information über Bulimie herausgesucht habe, bekommt man den Eindruck, dass Bulimikern das Erbrechen einfach fällt. Es heißt, dass viele nach einiger Zeit sogar keine mechanischen Reize mehr benötigen, WEIL sie so oft erbrechen.

Nun bei mir ist das Gegenteil der Fall. Gerade in schlimmen Phasen, in denen ich täglich und öfter FAs habe und das ganze dann wieder loswerde, verschwindet mein Würgereflex mehr und mehr. Das bringt mich zur Verzweiflung, weil ich gegen die FAs nichts tun kann, diese Unmengen an Lebensmitteln in mir habe und sie einfach nicht aus mir raus bekomme. In diesen Situationen wird die Depression stark, der Selbstverletzungsdrang kommt auf und ich gerate in absolute Verzweifung. Ich greife dann zu Hilfmitteln, welche wirklich gefährlich sind. Dinge, von denen ich während des Prozesses Angst habe, dass sie mir mitten im Rachen in der Mitte auseinander brechen, oder die so lang sind, dass ich befürchte sie nicht mehr rechtzeitig herausziehen zu können und einfach zu ersticken. Und ich schweige noch von den Verletzungen, welche ich mir durch deren Nutzung im Rachenraum zuziehe. Auf meine Finger reagiert mein Körper gar nicht mehr, egal wie sehr ich es versuche. Und obwohl ich mir jedesmal danach und währenddessen vornehme, dass es das letzte mal war, wiederhole ich mein Verhalten dann doch wieder, weil ich nicht stark genug war meine Kontrolle über das Essen zu bewahren.

Geht es noch jemandem so? Der Grund für diesen Beitrag ist wirklich der, dass ich wissen will, ob ich damit allein bin.

Viele Liebe Grüße
Everything is going to be fine in the end.
If it's not fine it's not the end
.”


― Oscar Wilde

Re: Angst vor Erstickung und Blut, trotzdem kein Ende

#2
Hallo erstmal.
Also das was du beschreibst kenne ich nur von ganz früher als ich auch richtig richtig heftige FAs hatte. Da hat mein Körper auch irgendwann Stopp gesagt und es ging nichts mehr raus. Ich habe dann aus Verzweiflung oft so viel Wasser getrunken und konnte trotzdem nicht Erbrechen , sodass ich wirklich Angst hatte mein Magen könnte platzen.

Mittlerweile bin ich aber auch so weit ( nicht positiv gemeint ) dass ich ohne Hilfsmittel ganz easy Erbrechen kann :(

In den schlimmen Momenten finde ich das natürlich besser, aber letzten Endes ist es das nicht.

Bist du in Therapie ?

Du musst dich nicht schämen. Wenn du wüsstest was ich alles schon getrieben habe um mich zu erleichtern.
Es ist schlimm, dass die Bulimie einen dahin treibt, aber das ist kein Grund für Scham. Du bist krank und brauchst Hilfe.

Lg, Wollsocke
anybody listen?

sleeping awake.

Re: Angst vor Erstickung und Blut, trotzdem kein Ende

#3
Hallo Sommerwetter,

also, erstmal möchte ich mich meiner geliebten (und lange nicht mehr gesehenen) Wollsocke anschließen: Mir ging das auch so: Der Brechreflex kann abstumpfen. Ich kann auch gut verstehen, dass es Dir dann sch** geht. Bei Deiner Schilderung, was Du Dir in den Hals steckst, bekam ich so das Grauen, dass ich sehr versucht war, Dir ein paar harmlosere Tipps zu schreiben. Denn wir wissen ja alle, dass "einfach so" aufhören in der Regel nicht läuft.

Ich habe letztens einen ganz guten Artikel darüber gelesen, wie man Fressanfälle vermeiden kann: Disziplin und radikale Akzeptanz Hoffe, das hilft Dir weiter.

Liebe Grüße

Sophie
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Angst vor Erstickung und Blut, trotzdem kein Ende

#4
Hallo Wollsocke, Sophie! :)

danke für eure lieben Antworten. Jetzt fühle ich mich schon weniger allein. Es ist beruhigend zu wissen, dass es nicht nur mir so geht... es ist wohl einfach ein Symptom der Krankheit. Schon komisch, was sich ein Mensch selbst so alles antun kann.

Natürlich wäre es am Besten ganz damit aufzuhören oder die Anfälle zumindest zu reduzieren, aber es will einfach nicht klappen. Ich bin nicht mehr in der Lage mein Verhalten zu kontrollieren.
Und ja, ich habe eine Therapeutin aufgesucht und gehe das Ganze sehr ernst an. Aber ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob jemals wieder alles gut wird. Es tut zumindest gut mit jemandem zu sprechen.

Wollsocke, wie hast du es geschafft deine FAs zu reduzieren?

Sophie, danke für den Artikel ich werde ihn mir durchlesen! Tut mir leid dich in Grauen versetzt zu haben. Ehrlich gesagt bekomme ich selbst so das Grauen, wenn ich daran denke. Ich glaube ehrlich gesagt, dass du mir keine Tipps gegeben hättest, die ich nicht schon kenne. Mein Körper streikt einfach und irgendwie ist es ja verständlich. Es bleibt einfach zu hoffen, dass ich die FAs irgendwie reduzieren kann.

Haltet ihr euch eigentlich an Ernährungspläne? Damit hab ich es jetzt schon so oft versucht, aber es will nicht klappen.

Liebe Grüße an euch und wirklich ein großes Dankeschön für die Rückmeldungen!
Everything is going to be fine in the end.
If it's not fine it's not the end
.”


― Oscar Wilde

Re: Angst vor Erstickung und Blut, trotzdem kein Ende

#5
Sommerwetter hat geschrieben:Ich bin nicht mehr in der Lage mein Verhalten zu kontrollieren.
Hi Sommerwetter,

ich denke, der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass man sein Verhalten doch kontrollieren kann. Mir kam diese Erkenntnis bei einem Klinikaufenthalt 2007, wo ich erstmals in der Lage war, einen Fressanfall abzubrechen und stattdessen zur Schwester zu gehen. Oft hilft es schon, wenn man fressen will, sich zu sagen "Okay, wenn Du in 15 Minuten immer noch willst, dann kannst Du". In den 15 Minuten fängt man oft an, was anderes zu tun. Und wenn es nicht auf den ersten Versuch funktioniert, sollte man es weiter üben. Man fängt ja auch nicht an, Gitarre zu spielen und gibt auf, wenn man nach einer Woche immer noch kein Profi ist. (Jedenfalls sollte es nicht so sein.) Letztlich ist essgestörtes Verhalten etwas, das wir mal gelernt haben. Und wenn wir es gelernt haben, dann können wir es auch verlernen.

Manchmal stelle ich auch fest, wenn ich - statt zu fressen - mich still hinsetze und tief durchatme, dass ich von diesem "inneren Druck" sehr schnell zu Erschöpfung komme und einschlafe. Und eine halbe Stunde schlafen ist definitiv besser als ein Fressanfall....

Liebe Grüße

Sophie
Zuletzt geändert von Sophie11 am Mi Jun 21, 2017 7:14, insgesamt 2-mal geändert.
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)