Referat - Fragen

#1
Hey ihr Lieben!

Wir halten nächste Woche ein Referat über psychodynamische Therapieverfahren am Beispiel einer Patientin mit Bulimie, ja, das Fallbeispiel ist dröge und langweilig, sehr konstruiert und ich bin auch niemand, der Freud so unbedingt zustimmt, aber das mal beiseite.

Meine erste Frage an diejenigen, die eine Therapie machen, lautet; was für eine Therapieform macht ihr? Verhaltenstherapie? Psychodynamik? Psychoanalyse? Und an diejenigen, die schon mehrere Therapien gemacht haben, habt ihr verschiedene Therapieformen ausprobiert? Wie habt ihr die Unterschiede wahrgenommen?
Persönlich bin ich ja der Meinung, dass ein Therapeut zwar eine Ausbildung macht und sich auch an Richtlinien hält, es aber an ihm liegt, wie er letztlich die Therapie mit dem Klienten zusammen gestaltet und wie er sich auf die Klienten einstellen kann...
Dementensprechend bin ich der Meinung, dass es letztlich egal ist, was für eine Ausbildung der Therapeut letztlich absolviert hat, solange die "Chemie" stimmt.

Die zweite Frage ist; wie stelle ich mich da vorne hin?
Ich habe zwei Möglichkeiten, die eine ist die, dass ich mich da einfach hinstelle, so tue, als ob ich hier nur das Referat halten würde und mich das alles nichts angeht oder aber, dass ich meiner Klasse dann in der Situation mitteile, dass ich als (ehemalig) Betroffene das Referat halte und, dass wir ich jetzt mal mit Vorurteilen und Klischees aufräumen werde, was gerade bei angehenden Ärzten nicht so unangebracht ist. (Was, Colour, DU hattest Bulimie, das hätte ich ja in 100.000 Jahren nicht gedacht, du bist doch gar nicht untergewichtig?) Ich weiß, dass ich ehrlich sein muss, wenn es nur um mich ginge, dann wäre das in Ordnung, nur leider steht meine Freundin auch neben mir, die ebenfalls (akut) an Bulimie leidet und sich auf keinen Fall outen will...

Hat beides Vor- und Nachteile. Ich denke, dass ich den Mut aufbringen kann, ich denke auch, dass es sinnvoll ist, weil ich dann die komplette Präsentation nicht in bittersten Zynismus tauchen muss und, weil es sich richtig anfühlt...

Was sagt ihr? Vielen Dank.
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: Referat - Fragen

#2
Ich fände das ehrlich gesagt spitze! Nicht viele haben den Mut, das offen zuzugeben und ich könnte das auch niemals. Wenn du dir das zutraust ist das wirklich wunderbar :!:
Voraussetzung ist natürlich, dass du dabei ein neutrales/gutes Gefühl hast.

P.S.: Ich mach Verhaltenstherapie :wink:

Re: Referat - Fragen

#3
Hm, du machst also Verhaltenstherapie, denke ja fast, dass die Mehrheit hier VT macht...

Ja, ich habe nur wegen meiner Freundin da Bedenken, ich habe ein gutes Gefühl, danke für deine Antwort...

Alles Liebe, Colour
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: Referat - Fragen

#4
Hi coulour.

Also ich finde es gut wenn du sagst das du selbst eine ex betroffene bist dann wissen die anwesenden das du auch ein wenig aus erfahrung sprichts. Und du musst ja deine Freundin nicht mit einbinden .
Ja und was soll ich sagen ich habe eine Verhaltens thera gemacht, eine systemische thera, und mach jetzt eine Gesprächsthera. Was soll ich sagen ist eben alles etwas anderes, vt lernt man mit seinem verhalten besser umzugehen. systemische räumt mit den diferenzen im Familien leben auf unnd jetzt in der gesprächs thera fühle ich mich eig. am wohlsten.
hoffe ich konnte dir ein bisschen helfen.
lg yve
wo ein wille ist ist auch ein weg!

Re: Referat - Fragen

#5
Colour, wollte dir nur sagen, dass ich meinen Hut ziehe vor dir ziehe, dass du überhaupt daran denkst, dich als Ehemalige zu "outen", ich weiß, dass ich das nicht könnte. Aber wenn du dir das zutraust, find ich das eine Spitzenidee. Ich glaube du könntest damit sehr viel erreichen und dafür sorgen, dass zumindest ein paar Ärzte eine Ahnung davon haben, was eine ES bedeutet. Also: Wenn du es kannst, mach es. Ich fäde das echt super!!!

Ach ja:
1/2 Jahr Logotherapie und Existenzanalyse
1/2 Jahr systemische Therapie (noch laufend)
:arrow: von der Methode her sehe ich keinen Unterschied, beide halten/hielten sich nicht an die typischen Theorien der Therapierichtung. Nur dass die erste halt ziemlich uunfähig war und mein jetztiger genau der richtige für mich ist...

Viel Glück für's Referat!
Hörnchen :)

Re: Referat - Fragen

#6
Meine Therapeutin macht mit mir Verhaltenstherapie und Hypnotherapeutische Interventionen. Steht auf dem Infozettel, den ich (verspätet) gekriegt habe. Und sie macht das auch wirklich.

2004 war ich bei einer Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin. Weiß nicht, ob das Psychoanalyse war. Ich find's im Inernet auch gerade nicht.
Persönlich bin ich ja der Meinung, dass ein Therapeut zwar eine Ausbildung macht und sich auch an Richtlinien hält, es aber an ihm liegt, wie er letztlich die Therapie mit dem Klienten zusammen gestaltet und wie er sich auf die Klienten einstellen kann...
Dementensprechend bin ich der Meinung, dass es letztlich egal ist, was für eine Ausbildung der Therapeut letztlich absolviert hat, solange die "Chemie" stimmt.
Wir haben in dem Studium gesagt bekommen, dass die Theorie von der Praxis getrennt ist. also, wir lernen verschiedene Theorien werden aber an die Wissenschaft über die Erziehung herangeführt. Nicht an die Praxis der Pädagogik. Das ist ein Unterschied. Die Praxis fragt "Wie wird etwas gemacht?" Die Wissenschaft fragt "Wie ist das gedacht, was in der Praxis gemacht wird?" Ich denke, Ähnliches könnte für das Psychologiestudium gelten.

Klar, die Chemie muss schon stimmen. Trotzdem ist es wohl nicht "egal", welche Therapieform man macht. Die Frau Prof von der Sonderpäd. hat gesagt, dass bei der Verhaltenstherapie mehr die Verhaltensmodifikation mit Hilfe von Belohnung im Vordergrund steht. Bei der Psychoanaylse steht mehr die Beziehung zum Therapeuten im VOrdergrund. Die VT ist dafür früher auch kritisiert worden. (Dass MEnschen, gerade labile, damit manipuliert werden könn(t)en.) Die modernere Ausrichtung der VT berücksichtigt jetzt auch kognitive Faktoren. Die "alte" Form sah den MEnschen als "black box", d.h. Reize werden aufgenommen udn Verhalten kommt rasu, was dazwischen ist, ist zwar etwas da, aber man kann es nicht sehen und ergo nicht erforschen. Ist aber auch nicht nötig, da die Methode der Verhaltensmodifikation trotzdem funktioniert. Wohingegen Psychoanaylse läner dauert, weil die Bez. zum Therapeuten erst mal aufgebaut werden muss, das Vertrauen da sein muss.


Ja, das hab ich gelernt.

lg

aire
Zuletzt geändert von aire am Mi Mai 06, 2009 8:16, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Referat - Fragen

#7
Hallo meine Lieben,
ich habe da mal eine wahrscheinlich ziemlich komisch klingende Frage:
Colourful hat geschrieben:Meine erste Frage an diejenigen, die eine Therapie machen, lautet; was für eine Therapieform macht ihr? Verhaltenstherapie? Psychodynamik? Psychoanalyse?
Was ist wenn ich das gar nicht so genau weiss??? Ich weiss gar nicht so genau wie sich die Art der Therapie, die ich seit langer Zeit mache, heisst :lol: :oops:

nachfragen beim Therapeut? -nein, ich glaube das ist nicht so das Wahre.

@ Colourful, wenn du magst kann ich dir per PN mal die Homepage des Therapiezentrums angeben... da liest sich sehr viel Informatives. Wenn du magst... gib' Bescheid ;)

Liebe Grüsse
Larissa
Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel schaut könnte eine Gans nach Hause bringen.
Georg Christoph Lichtenberg

Das Leben ist ein Regenbogen!

Re: Referat - Fragen

#10
colour, ich zieh auch meinen hut vor dir.
ich denke du bist eine sehr straighte persönlichkeit, ziemlich geradeaus, und du stehst zu dir. also ich würd das als student wahnsinnig toll finden, wenn da draußen jemand steht und ein referat hält, und dann sagt "ich war selber mal betroffen" - damit hast du sicher die aufmerksamkeit, weil alles irgendwie einen persönlichen bezug hat (da steht ganz konkret jemand, dem ich dann vielleicht auch fragen stellen kann, und nicht einfach ein gelangweilter student, der halt mal eben seine präsentation runterliest).
also wenn du denkst, dass du damit klarkommst dass das dann alle wissen, dann mach das unbedingt! ich meine, im prinzip ist es teil deiner vergangenheit, das bist nicht mehr du - eine essgestörte. sondern jemand, der das überwunden hat und als neuer, starker mensch da vorne steht!

ich hatte übrigens ca 2 jahre lang psychoanalyse, glaub ich ... wir haben sehr viel mit dem inneren bild gearbeitet, und mit bildern allgemein ("stell dir einen platz vor, wo du grad sein möchtest - wie siehts dort aus, etc." und das nächste mal haben wir diesen platz wieder "besucht" - gedanklich *g*). die therapeutin an sich war nicht so ganz mein fall, irgendwie war das verhältnis nicht sehr persönlich, ich hatte nach meinem empfinden kaum zugang zu ihr, auch wenn sie eh immer freundlich und nett war.
dann hätte ich eine verhaltenstherapie angefangen, bei einer anderen therapeutin. die meinte, ich wüsste im prinzip ja über alles bescheid, nur ich bin in alten verhaltensmustern gefangen (essen und brechen), und diese gilt es aufzubrechen. diese zweite therapeutin fand ich auf anhieb total sympathisch, zu der bin ich auch lieber gegangen als vorher bei der ersten. leider ging es sich dann zeitlich nicht aus, dass ich öfter gekommen wäre als so 4, 5mal.

Re: Referat - Fragen

#11
Oh, vielen lieben Dank für die Antworten...

Ich sehe, dass hier viele verschiedene Therapierichtungen, aber eben dann doch auch viel Verhaltenstherapie und weniger Psychoanalyse vertreten ist... Vielen Dank, habe ich mir auch in etwa so gedacht. Gibt wahrscheinlich aber auch einfach mehr Verhaltenstherapeuten als Psychoanalytiker...
aire hat geschrieben:Wir haben in dem Studium gesagt bekommen, dass die Theorie von der Praxis getrennt ist. also, wir lernen verschiedene Theorien werden aber an die Wissenschaft über die Erziehung herangeführt. Nicht an die Praxis der Pädagogik. Das ist ein Unterschied. Die Praxis fragt "Wie wird etwas gemacht?" Die Wissenschaft fragt "Wie ist das gedacht, was in der Praxis gemacht wird?" Ich denke, Ähnliches könnte für das Psychologiestudium gelten.
Ja, interessant. ;) Klar, geht hier ja um die Therapeutenausbildungen und ich denke, dass da auch schon viel Praxis gelehrt werden muss. Interessant ist, dass das im Psychologie- und Pädagogikstudium so ist, im Medizinstudium ist das nicht so. Wir lernen doch sehr praxisbezogene Grundlagen, auch, was Psychologie angeht.

Und ja, kognitive Verhaltenstherapie. Das meinte ich, der Mensch ist keine Blackbox und auch nicht nur ein Protein, das von seiner Genexpression abhängt...

Larissa, macht doch nichts, dass du das nicht weißt. ;)

Feli, Hörnchen, ich habe das Gefühl, dass ich das machen muss. Ist auch meine Sache. Die hat mit meiner lieben Freundin aus meiner Klasse nichts zu tun; ich weiß gar nicht, ob ich so "straight" bin. Ich bin ziemlich hart, wenn es darum geht aufrichtig zu sein. Ich mache das wohl. ;) Mal sehen. Und ja, es ist eine tolle Chance, weil Ärzte sowieso immer Probleme haben mit psychischen Erkrankungen/Störungen umzugehen, und wenn ich nur einen kleinen Teil dazu beitragen kann, dass sie es anders sehen, dann ja.

Vielen lieben Dank! :D

Eure Colour
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: Referat - Fragen

#12
Irgendwie bist du so ein bisscehn wie ich Colourful. wenn ich das Gefühl habe, ich muss jetzt ehrlich was sagen, bin ich auch so.
Wir lernen doch sehr praxisbezogene Grundlagen, auch, was Psychologie angeht.
*** sagte immer "Jeder Tierarzt, der frisch von der uni kommt, hat weniger Ahnung von der Behandlung als jede Tierarzthelferin."

"Das meinte ich, der Mensch ist keine Blackbox"

Doch, ist er schon. Du kannst nicht sehen oder empirisch messen, was in einem Menschen vorgeht. Damit ist nicht die Existenz kognitiver Prozesse geleugnet. Aber mangels Messbarkeit werden sie bei den Behavioristen von der Analyse ausgeschlossen.


"Gibt wahrscheinlich aber auch einfach mehr Verhaltenstherapeuten als Psychoanalytiker... "

Möglich. aber in der Literatur hab ich auch mla gelesen, Verhaltenstherapie sei besser bewährt bei ES als Analyse, Gruppentherapie sei der Einzeltherapie überlegen/vorzuziehen.... Aber vielleicht ist das auch eine ökonomische Frage. Das hier als "besser" bezeichnetet ist schließlich kostengünstiger für die Krankenkassen. das wird's wohl sien. Money makes the world go round.

lg

aire
Zuletzt geändert von aire am Mi Feb 03, 2010 0:57, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Referat - Fragen

#13
Ja, klar, in der Beziehung sind wir uns schon sehr ähnlich, aire. Gibt ja nicht nur Unterschiede...
aire hat geschrieben:Jeder Tierarzt, der frisch von der uni kommt, hat weniger Ahnung von der Behandlung als jede Tierarzthelferin."
Ich sage ja auch nicht, dass wir das dann alles können. Sicher nicht, wollte nur verdeutlichen, dass das, was wir lernen, schon Praxisbezug hat, wir lernen nicht so viel Theorie, nicht so viel Denken um des Denkens willen, gar nicht. ;) Klar, ich kann jede Vene mit Namen, kann aber schlechter Blutabnehmen als jede Schwester. ;)
aire hat geschrieben:Doch, ist er schon. Du kannst nicht sehen oder empirisch messen, was in einem Menschen vorgeht. Damit ist nicht die Existenz kognitiver Prozesse geleugnet. Aber mangels Messbarkeit werden sie bei den Behavioristen von der Analyse ausgeschlossen.
Ja... :roll: Seriously, mangels Messbarkeit. Das ist ja wissenschaftlich richtig, aber hey, darf ich das auch anders sehen?
Wir sind mehr als die Summe der Teile, die du messen/verstehen/analysieren kannst... ODer? Wo ist denn das das Geheimnis, wenn alles messbar, quantifizierbar ist? Was nicht heißt, dass es nicht richtig ist die DInge auch zu messen, die man dann operationalisieren kann.
Wie operationalisierst du "Vertrauen"? Sehr schwierig. Und dennoch wissen wir alle, dass es existiert...

Klar, wir müssen uns immer um die Finanzierbarkeit kümmern, und ja, das ist ein sehr wichtiger Punkt. ;)

Alles Liebe, Colour
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: Referat - Fragen

#14
Hallo! :D
Ich weiß, dass ich ehrlich sein muss, wenn es nur um mich ginge, dann wäre das in Ordnung, nur leider steht meine Freundin auch neben mir, die ebenfalls (akut) an Bulimie leidet und sich auf keinen Fall outen will...
Und wenn nur DU dich outest? Da würde ja dennoch keiner merken, dass deine Freundin eigentlich im "gleichen Boot" (leider) sitzt :roll: ...

Ich fände es jedenfalls sehr mutig. Und vor allem würdest du evtl. ebenfalls erkrankten Kommillitonen (oh Gott, schwieriges Wort :mrgreen: ) als eine Art "Vorbild" dienen...

Denn was ja klar ist... als angehender Arzt sollte man ja schon gesund sein :roll:

Vielleicht würde sich die/der eine oder andere angespornt fühlen, eine Thera zu machen, oder das Essverhalten aufzugeben... bzw. man würde an dir wunderbar sehen, dass man es aus dieser Krankheit rausschaffen kann.. :wink:

Und, bei Ärzten sind psychische Erkrankungen bestimmt absolutes Tabu-Thema :roll:

Viele liebe Grüsse
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: Referat - Fragen

#15
Ich fände das outing super. Ja, das würde ich für sinnvoll halten, und spricht auch absolut für Dich und Dein Überwinden der Krankheit.

Ich hatte verschiedene Therapien. Ausschlaggebend für mich war überhaupt eine zu haben, v.a. Und Gruppentherapie habe ich ganz gut gefunden, allerdings gemischt, nicht nur Eßgestörte, sondern auch Leute mit anderen Nöten.

LG