Angst vor zu Hause

#1
Bald ist es wieder so weit, ich fahre nach Hause. Obwohl ich meine Familie in den letzten drei Jahren nur noch 2- 3 Mal pro Jahr für eine Woche gesehen habe, endet es immer in einer Katastrophe und ich brauche Monate um mich wieder davon zu erholen. Seit ich alleine lebe, geht es mir viel, viel besser und immer wenn ich denke, ich habe die Bulimie nun endgültig hinter mir gelassen, steht wieder ein Besuch bei meiner Familie an und alles fängt von vorne an. Der erste Tag ist noch schön, Ich komme abends an, wir sitzen zusammen und ich stehe wenigstens für ein paar Stunden im Mittelpunkt. Doch schon am nächsten Tag, fühle ich mich unwohl. Ich wache auf, komme nach unten und die ganze Familie ist schon versammelt und räumt den Frühstückstisch ab. ( ich habe drei Geschwister 26, 24 und 20, die noch alle zu Hause wohnen) Kann man denn nicht mal am ersten Tag auf mich warten?! Ich mein, ich steh ja nicht erst mitttags auf, sondern schon um 9 und sie haben ja alle Ferien?! Wie seht ihr das? Am ersten Tag hole ich mir die Sachen dann wieder aus dem Kühlschrank, während alle anderen um mich staubsaugen und putzen und ich fühl mich so unwohl dabei, dass ich am liebsten losheulen würde. Meistens sitze ich den größten Teil des Tages dann alleine zu Hause, weil alle ihren Aktivitäten nachgehen. Meine Eltern haben 2 Pferde, bei denen sie und 2 meiner Geschwister den größten Teil des Tages sind. Beim Kochen nehmen sie natürlich überhaupt keine Rücksicht, nein, netterweise gibt es genau dann Hamburger und ich werde nur gefragt, ob ich überhaupt mitessen will. Oder es gibt Dampfnudeln und meine Schwester tut jedem drei auf den Teller, mir aber nur eine :twisted: Es wird im laufe der Woche immer schlimmer, die Gesprächsthemen drehen sich um Personen die ich nicht kenne und ich sitze dumm daneben, würde am liebsten ausrasten, meine Koffer packen und fahren. Doch ich traue mich nicht. Jedes Mal wenn ich zum Streit ansetzte, bekomme ich einen riesen Kloß im Hals und Tränen steigen mir in die Augen, weil ich genau weiß, ich werde mich nie gegen die Argumente meiner Mutter verteidigen können. Für sie bin ich übersensibel, unbeherrscht, bilde mir alles nur ein bzw habe mir von meiner Therapeutin was einreden lassen. Meine Mutter hat mich nie so geliebt wie die anderen, nur weiß ich nicht warum. Ich habe mein Leben lang darum gekämpft Anerkennung von ihr zu bekommen. Mittlerweile hasse ich sie und gleichzeitig liebe ich sie immer noch unendlich. So sehr, dass ich ständig von ihr träume und jedes Mal heulend aufwache. Ich hasse sie wirklich!!!
Ihr fragt euch jetzt sicherlich, warum ich nch nach Hause fahre... Ich weiß einfach, dass ich die Bulimie erst 100 % wegbekomme ( also nicht nur die Syntome), wenn ich es endlich schaffe, meiner Familie gegenüber offen und ehrlich meine Meinung zu äußern. Wenn ich es schaffe ruhig zu bleiben, wenn meine Mutter mir Beleidigungen an den Kopf wirft, wenn ich endlich meine Meinung äußern kann, dann habe ich gewonnen. Vielleicht schaffe ich es danach auch, eine Beziehung zu einem Mann aufzubauen, die auf wirklicher Liebe basiert und nicht auf Machtspielchen.

#2
ooooch janna!

ich habs gard gelesen und würd dich am liebsten umarmen! bei mir is es ganz genau die gleiche situation, mit der ausnahme das bei mir das problem mein vater is.

man fühlt sich dann wie der aussätzige, alle reden miteinander, lachen, machen ihre scherze, aber man selbst kann nicht mitreden weil man eigentlich seine eigene familie nicht kennt, und umgekehrt!

alee haben eine gute bindung zueinander und kennen sich in und auswendig, und manchmal sitzt man nur stumm daneben und möcht einfach nur heulen und schreien.

und dann is da noch der vater(bzw. mutter) der andauernd an einem rumstichelt und einem das gefühl gibt der loser der familie zu sein, und man selbst ist aber sosehr gelähmt das man die klappe hält....

bist du schon dort, oder fährst du dort erst hin?
warum hast du keine so gute beziehung zu deinen geschwistern?

ich hab so nen besuch nächste woch evor mir, und weiß das er damit enden wird das ich im bad zusammenbreche und anfang zu heulen weil ich mich wie dreck fühle
hab ich ein problem mim essen, oder hat das essen ein problem mit mir?

#3
Komische Strategie Bärta,

die Familie steht einem ja nun mal nahe und da kann mn nix dran tun, was die sagen, trifft einen einfach. Oer tun. Oder nicht sagen. Wie soll mn lachen, wenn einem der Kloß im Hals steckt und ie Tränen kommen?? Und das ganze Schauspielern, tun wir das nicht sowieso viel zu oft? Auf der Arbeit, in der Öffentlichkeit, sogar vor Freunden und Familie?

Ehrlich gesagt verstehe ich aber nicht, warum du deien Familie besuchen musst, wenn du so darunter leidest, liebe janna :?

lg

aire

#4
Hallo,
ich danke euch allen für eure lieben Antworten. Mein Besuch steht nächsten Samstag an. Mmh dass mit meinen Geschwistern ist so ne Sache... Ich glaube die Eifersucht, die wir unter einander haben, hat unsere Beziehungen kaputt gemacht. Manchmal habe ich das Gefühl jeder spielt jeden aus, um die Gunst meiner Mutter für sich zu gewinnen. Und du hast recht aire, auch wenn ich mit Distanz an die Sache gehen will, ich schaffe es einfach nicht. Ich liebe sie ja dann doch zu sehr um damit ganz rational umgehen zu können. Dies ist auch der Grund, warum ich wieder hingehe, es ist eben meine Familie. Sie sind nicht böse, noch möchte ich ihnen pure Absicht unterstellen, aber es wird eben alles unter den Tisch gekehrt... Wagt man es zu widersprechen, wird man eben gleich so persönlich angegriffen. Und deshalb werde ich glaube ich genau das Gegenteil von dem machen, was du mir geraten hast Berta und was ich auch sonst immer versuche zu machen. Ich werde versuchen mich den Konflikten zu stellen denn fahren kann ich danach immer noch. SOlange ich das nicht mache, gebe ich mir immer eine Teilschuld an meiner Situtation und das macht mich unglücklich.
Liebe grüße

Re: Angst vor zu Hause

#5
Ja, nun ist mein Besuch mehr als eine Woche her. Und ich muss ehrlich zugeben, es war sogar schlimmer als ich es mir vorgestellt hatte. Ich dachte, ich hätte alles hinter mir gelassen und plötzlich sah ich mich wieder meinen schlimmsten Phasen gegenüber. Der erste Tag verlief noch sehr schön, doch schon am zweiten Tag holte mich die Vergangenheit ein. Ich war übermüdet, unruhig und sobald alle außer Haus waren bin ich an den Kühlschrank gegangen. All die schönen Dinge, die ich mir selber nie kaufen würde... Mit vollem Bauch und schlechtem Gewissen habe ich mich ins Bett gelegt und mir wie früher Regeln in den Kopf gesetzt für den nächsten Tag. DOch schon morgens bin ich wieder mit einer Gier aufgewacht. Wieder völlig übermüdet ( ich kann zu Hause nicht schlafen) gereizt, empfindlich und dann entdecke ich auch noch, dass meine Mutter die Schokolade wieder versteckt hat- wie in alten Zeiten. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Ich konnte mich nicht mehr im Spiegel anschauen, fand mich extrem fett und ekelig, hatte Beklemmungen die mir die Luft abschnürten und wusste nichts mit mir anzufangen. Alle Besuche bei Freunden haben mich große Überwindung gekostet, weil ich am liebsten gefressen und gekotzt hätte und mich aber krampfhaft dagegen gewehrt habe.
Letztendlich habe ich die 10 Tage ohne Kotzen und ohne mega FA`s überstanden. Doch sobald ich bei mir in der Wohnung war bin ich einkaufen gegangen und hatte meinen ersten Rückfall seit Monaten. Komischerweise hatte ich nicht ein mal ein schlechtes Gewissen dabei. Ich musste mich so zurück nehmen, weil ich das gefühl hatte, mir würden alle auf den Teller und den Bauch starren, dass ich mir das danach irgendwie holen musste. Der Rückfall ist nun 8 Tage her. Seitdem hatte ich keine Anzeichen von einem neunen. Doch ich merke, dass sich meine Gedanken wieder verändert haben. Ich denke wieder mehr in die Richtung: Einmal kannst du das noch machen. EInmal all das essen auf was du sonst verzichtest. Es passiert ja nichts bei einem mal...
Das macht mir Angst, denn es waren Gedanken, die bisher Tabu waren. Ich war schon mal so weit, dass ich dachte, lieber ein bisschen mehr auf den Rippen als wieder reinrutschen. Im Moment steht wieder mein Aussehen im Mittelpunkt.
Ich hasse diese Besuche!!!

Re: Angst vor zu Hause

#6
Janna, diese Gedanken bleiben, wenn du dir weiterhin bestimmte LAs verbietest.

Warum verbietest du sie dir? Man kann ja nicht sein Leben lang OHNE leben. Früher hatte ich mir die Süßigkeiten verboten. DOch leider nach drei Tagen, konnte ich nicht mehr aushalten und bekam FAs->schlechtes Gewissen-> kotzen

Das ist ein Kreislauf.

Denk mal darüber nach.. man sollte sich nichts verbieten!

lg
"Es ist keine Schande, krank zu sein. Aber es ist eine Schande, nichts dagegen zu tun!" (c)

Re: Angst vor zu Hause

#8
Achso. Dann habe ich das:
Einmal kannst du das noch machen. EInmal all das essen auf was du sonst verzichtest.
falsch verstanden.


Aber ich finds gut, dass du nach deinem Rückfall trotzdem 8 Tag schon weiter clean bleibst. Ich glaube, ich könnte sowas nicht. Hut ab.

lg
"Es ist keine Schande, krank zu sein. Aber es ist eine Schande, nichts dagegen zu tun!" (c)

Re: Angst vor zu Hause

#9
Mhm nein, ich weiß auch nicht... mir war gar nicht bewusst, dass ich das geschrieben habe. Danke, dass du mich darauf gestoßen hast. Nach dem Besuch habe ich das Gefühl, ich habe alles wieder verlernt. Oder, ich habe mir die ganze Zeit etwas vorgemacht und es war nie wirklich gut.
Naja aber da gibts nur eins- weiter kämpfen.
Ich habe das Gefühl, dass ich jedes Mal nach einem Tief einen enormen Schritt aus der Krankheit mache.