Ich bin neu - Meine Freundin hat mir von ihrer Krankheit erzählt - ich brauche eure Ratschläge

#1
Hallo zusammen,

wie oben schon geschrieben, bin ich neu hier angemeldet.
Ich will mich kurz fassen und brauche in unserer Situation Ratschläge wie ich damit umgehen soll..

Meine neue Freundin und ich haben uns vor 2 Monaten kennengelernt... Eigentlich perfekt, denn wir wohnen nicht weit voneinander entfernt, haben sehr viele gleiche Interessen und verstehen uns super.
Wir hatten einige Dates und schnell gemerkt, wie sehr wir uns mögen. Nach einem Monat in dem alles toll war, sprich Unternehmungslust, Sex, tiefgründige Gespräche, lachen usw., alles hat einfach gepasst und somit haben wir uns nach diesem ersten Monat entschlossen es offiziell zu machen.
Normalerweise lasse ich mir mehr Zeit um eine Person besser kennenzulernen bevor ich diesen Schritt gehe, aber in diesem Fall war es einfach zu schön um wahr zu sein...

Ich bin im übrigen 30 und sie 25..
Um so besser wir uns kannten, um so offener wurde sie und hat immer mehr angedeutet, dass sie in ihrem Beruf als Polizistin ein traumatisches Erlebnis hatte, weswegen sie ihren Job nicht mehr ausüben kann.
Das war erstmal kein Problem für mich, aber sie war schon mehrere Monate zuhause bei ihrer Mutter ohne Arbeit, denn sie wartet auf Schadensersatz was sie für diesen fatal verlaufenen Einsatz bekommen sollte...

Ich ahnte nicht, was dieses Erlebnis in ihr ausgelöst hatte...
Es lief alles toll, bis meine Oma an Covid erkrankt ist und auch einige Tage darauf gestorben ist..
Da ich und meine Familie Kontakt zu ihr hatten mussten wir alle in Quarantäne, so auch ich und meine neue Freundin...
Ich dachte mir zu diesem Zeitpunkt schon, dass es möglicherweise keine gute Idee ist, dass wir so früh schon eingesperrt in einer Wohnung sitzen...

Nun zum eigentlichen Thema:

Wir sitzen jetzt schon fast 2 Wochen in Quarantäne und ihr Verhalten wurde von Tag zu Tag schlimmer.
Erst war es nur Verzweiflung wegen dieser Situation gerade, aber dann kamen irgendwann alle Gefühle in ihr hoch und sie hat mir immer mehr Details von ihrer Krankheit erzählt..

Sie hat durch das traumatische Erlebnis bei dem Polizeieinsatz eine Essstörung entwickelt, eine Bulimie..
Angefangen hat es vor ca. 1 1/2 Jahren.
Am Anfang war es wohl sehr schlimm und sie hat sich oft erbrochen. Ihr damaliger Freund hat sie leider schlecht behandelt und ist ihr fremd gegangen, was nicht förderlich für ihren Zustand war...

Sie hat durch die Polizei Unterstützung in Form von Psychotherapie (die bis heute andauert) und mehreren Klinikaufenthalten bekommen.
Das alles hat bewirkt, dass es ihr mittlerweile besser geht und nachdem sie sich von ihrem Freund getrennt hatte und zuhause bei ihrer Mum eingezogen war, ging es ihr bedeutend besser, ohne wirklich viele Rückfälle.

Jetzt in unserer Quarantänesituation staut sich bei ihr einiges auf, sie macht sich unnötig Stress und hat mir daher alles erzählt, auch, dass sie in der Zeit wieder einen Rückfall hatte.
Meine Reaktion war erstmal sehr überrumpelt, aber ich habe die Fassung behalten und ihr gesagt, dass ich sie besser kennenlernen möchte um zu verstehen was in ihr vorgeht...

Leider ist sie in einem Moment ganz lieb und nett, zutraulich und sucht Nähe, aber im anderen Moment total verzweifelt und aggressiv...

Ich weis einfach nicht wie ich mit der Situation umgehen soll, sie möchte einfach heim zu ihrer Mum aber kann es durch die Quarantäne nicht.. Eine echt beschi**ene Situation ...

Ich versuche sie einfach in Ruhe zu lassen, ihr Ihren Freiraum zu geben aber sie schafft es einfach immer wieder einen kleinen Streit anzufangen...

Kann mir jemand einen Ratschlag geben wie ich mich verhalten soll?
Ich hab mit ihr geredet und wir waren uns einig, dass wir nach der Quarantäne erstmal ein paar Wochen Abstand brauchen um uns klar zu werden was wir wollen...

Lieben Gruß

Re: Ich bin neu - Meine Freundin hat mir von ihrer Krankheit erzählt - ich brauche eure Ratschläge

#2
Hallo,

Das ist natürlich eine sehr schwere Situation.
Super ist ja schon mal, dass sie eine Therapie macht. Ich muss dir leider aus eigener Erfahrung sagen, dass der eigene Partner einem wenig helfen kann mit der Krankheit umzugehen.
Man muss sich leider jeden einzelnen Schritt selber erarbeiten!
Schön und wichtig ist es aber zu wissen, dass der Partner auf jeden Fall für einen da ist und einen auch nicht deswegen wieder verlässt, denn das verstärkt natürlich die schlechten Gefühle noch mehr.
Ist natürlich bei einer jungen Beziehung noch schwierig und ein großes Wagnis das man eingeht.
Aber es lohnt sich, weil so wie du deine Freundin beschrieben hast ist sie ein wertvoller Mensch !
Versuch das durch die Krankheit zu sehen :)
Lg Fibi

Re: Ich bin neu - Meine Freundin hat mir von ihrer Krankheit erzählt - ich brauche eure Ratschläge

#3
Danke für deine Antwort :)

In den letzten Wochen ist viel passiert..

Erstmal zu ihr selbst:
Sie sieht ein, dass sie krank ist und möchte nichts lieber als davon wegzukommen.
Wenn sie einen Rückfall hat (Was momentan vlt. 1 - 2x in der Woche vorkommt) dann ist sie sehr verzweifelt und äußert den Gedanken, dass sie da nie wieder raus kommt..
Die Einsicht zur Besserung ist da und man merkt auch, dass sie dafür arbeitet aber der Druck ist dann doch immer wieder zu groß.
Das kann man als "gesunder" nicht wirklich nachvollziehen und versucht in diesen Momenten einfach da zu sein.
Sie hatte letzte Woche Donnerstag Geburtstag, den wir ein klein wenig gefeiert haben im engsten Familienkreis. Mein Geschenk war ein individueller Adventskalender mit einigen materiellen Dingen und Briefen, aber auch ein bisschen Schokolade, wobei ich wirklich darauf geachtet habe, dass Diese ohne Zucker usw. ist.
Leider fand sie das nicht so cool und hat direkt gesagt, dass ich die Schokolade raus nehmen soll. Es war auf eine liebevolle Art, sie hatte sich auch bedankt dafür und fand es total aufmerksam von mir.
Keine Ahnung ob sie das getriggert hatte oder ob es was anderes war aber sie hatte am nächsten Tag erst ziemlich miese Laune die sich nach dem Frühstück gebessert hatte.
An diesem Tag habe ich das erste mal gesehen wie sie es eintütet um alleine zu sein...
Ihre Mutter ist Mittags zu ihrem Freund gefahren und ich wollte nur kurz nach hause um mich umzuziehen damit wir spazieren können.
Diesen Moment hat sie direkt ausgenutzt für einen Rückfall.....

Ich bin dann zu ihrer Mum und dessen Freund gefahren wo auch ihre Schwester anwesend war. Wir haben über das Problem geredet, dabei habe ich erstmal gemerkt, wie es auch die Familie belastet.
Später am Abend bin ich zu meiner Freundin gefahren und konnte sie wieder aufmuntern... Wir sind ein wenig mit dem Auto rumgefahren, worauf sie auf einmal meinte, dass wir zu ihrer Mum und dessen Freund fahren sollten.
Dort kam zuerst ein normales nettes Gespräch zustande, dass dann im laufe der Zeit zu einem heftigen Streit zwischen meiner Freundin und ihrer Mum ausartete...
Nachdem wir nach Hause gefahren sind haben wir noch sehr lange geredet und sie hat durch diesen Streit eindeutig eingesehen, dass nicht nur sie im Mittelpunkt steht und eigentlich gar nicht will, dass es ihre Familie usw. belastet.

Nach dieser Erfahrung war es dann über 4 Tage total gut und sie war fast wieder die Alte.
Leider habe ich mich zu früh gefreut..
Diesen Montag waren wir auf der Couch und haben rumgealbert bis sie irgendwann das Thema Frauen angesprochen hatte. Wir haben dann ein wenig über die Vergangenheit geredet usw...
Durch dieses Thema hat sie einen sowas von ungerechtfertigten Streit angefangen und ich glaube nur weil sie wieder diesen Druck verspührt hatte, da sie vorher wahrscheinlich etwas zu viel gegessen hat.
Sie hat mir ernsthaft unterstellt, bzw. mich gefragt ob ich was mit meiner Cousine hätte, weil ich Diese gefragt habe ob wir uns mal auf einen Wein treffen wollen....
Das mit dem Wein trinken machen wir öfter, da wir uns gut verstehen und sehr offen miteinander über unsere Leben reden können...
Ich habe meine Freundin erst nicht ernst genommen, da ich das erst für einen Scherz gehalten habe, bis ich gemerkt habe, dass sie es ernst meint.
im Laufe des Streits hat sie dann ihre Sachen gepackt und ist gegangen, hat ihre Bankkarten mitgenommen, die sie mir freiwillig gegeben hatte um keine Scheisse zu bauen.
Ich habe sie nicht aufgehalten auch wenn ich wusste, dass sie wieder einen Rückfall haben wird.

Aber ich hatte gerade echt andere Probleme... Am nächsten Tag war die Beerdigung meiner Oma die vor ein paar Wochen gestorben war im Zusammenhang mit Corona, deswegen waren meine Gedanken dort und nicht bei dem immer wiederkehrenden Problem meiner Freundin.

Am nächsten Tag kamen Nachrichten wie zb., dass ich sie in Ruhe lassen soll oder, dass sie das alleine schafft und dann irgendwann kamen die Reuenachrichten..
Sie hatte einen heftigen Rückfall nachdem es ihr körperlich gar nicht gut ging.

Versteht mich nicht falsch, ich will ihr echt helfen aber ich weis, dass so eine Situation immer wieder kommen wird und ich weis nicht was ich dann machen soll..
Soll ich ihren Rückfall akzeptieren?
Ich möchte sie nicht wie ein kleines Kind behandeln der ihr vorschreibt was sie zu machen und zu lassen hat, sie ist eine erwachsene Frau und kann das durchaus selber entscheiden, auch wenn ich weis, dass ihre Gedanken oft durch die Krankheit gesteuert wird...

Wir haben jetzt vereinbart, dass wir uns erstmal bis zum Wochenende nicht sehen und ich am Sonntag mit zu ihrer Therapeutin gehe.

Manchmal frage ich mich ob es das wert ist, aber ich weis auch wer sie sein kann oder bzw. wer sie vor der Krankheit war und habe die Hoffnung, dass sie das schafft.

Vielleicht könnt ihr mir helfen um mein Verhalten zu verbessern..

Danke

Re: Ich bin neu - Meine Freundin hat mir von ihrer Krankheit erzählt - ich brauche eure Ratschläge

#5
Hallo Marsi,

das ist natürlich eine sehr schwierige Situation für euch gerade. Für mich klingt es so, als würde Deine Freundin ihre Krankheit ein biosschen zu viel auf die äußeren Umstände legen und zu wenig selbst Verantwortung übernehmen. Du hast Recht - Du kannst keine Verantwortung übernehmen für sie. Wahrscheinlich wäre es gut für sie, wenn sie irgendeine andere Arbeit finden würde. Das bietet Tagesstruktur und Leute kommen weniger auf dumme Ideen. (Mich eingenommen.)

Die Frage ist vielmehr: Kommst Du, gerade wenn Du durch Deine eigene Krise gehtst mit dem Tod Deiner Oma, und vermutlich noch anderen Dingen, mit einer Frau klar, die extrem launisch ist? Veränderungen gehen nämlcih langsam, und ich weiß nicht, ob Du jahrelang mit einem Wunschbild von Deiner Partnerin leben kannst.

Kannst Uns ja mal auf dem Laufenden halten, ob Du den steinigen Weg mit ihr gehst, oder wie es überhaupt weiter geht.

Liebe Grüße und viel Kraft Dir

Sophie
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Ich bin neu - Meine Freundin hat mir von ihrer Krankheit erzählt - ich brauche eure Ratschläge

#6
Danke für die Antworten,

ich möchte mich zu der Antwort von Sophie äußern.
Bis heute war ich eigentlich der festen Überzeugung diesen steinigen Weg mit ihr gemeinsam zu gehen. Sie ist eine sehr tolle Frau wenn sie nicht gerade in ihr Dilemma rutscht..
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll... es ist viel passiert in den letzten Wochen.

Angefangen hat es vor 2 Wochen als ihre Therapeutin zu ihr gemeint hatte, dass sie eine Gefahr für ihre Mitmenschen sei und sich lieber zum Schutz vor ihrer Familie bzw. mich als Partner distanzieren sollte. Welcher Therapeut rät einem Patienten denn sowas?
Diese Aussagen haben sie natürlich sehr runtergezogen und daraufhin hatte sie einen Rückfall und sie wollte sich eigentlich auch von mit trennen, da sie mir das nicht zumuten will..

Daraufhin hatten wir einige Tage keinen wirklichen Kontakt, aber hatten vereinbart uns im laufe der Woche zu treffen um darüber zu reden.
Ich habe mich über PTBS informiert, auch weil ein guter Freund von mir direkt betroffen ist und mir sehr weiterhelfen konnte im Verständnis der Krankheit...
Sie fühlte sich zum ersten mal einigermaßen verstanden.
Wir haben sehr oft und lange geredet über uns und ihre Probleme. Sie möchte das alles nicht und einfach wieder gesund werden.
Was ich aber mittlerweile gelernt habe ist, dass Strategien zu entwickeln/besprechen wie sie reagieren soll, wenn es ihr nicht gut geht, sind immer wieder nutzlos.

Sie kann es einfach nicht richtig kontrollieren und dreht dann völlig am Rad...
Sie sieht ein, dass sie etwas ändern muss und sie weiß auch, dass es Zeit und viel Geduld dafür braucht aber sie schafft es nicht das ganze einfacher für uns zu gestallten.
Ich erwarte gar nicht, dass sie sich völlig normal verhält oder funktionieren muss für die Beziehung aber was ich möchte ist, dass wenn sie zb. mit meinem Auto kurz zu Ihren Pferden fährt und einen Folgetermin hat, dass wenn sie diesen Termin absagt oder später kommt, mir einfach kurz bescheid gibt, damit ich mir keine Gedanken mache...
Aber das bekommt sie nicht hin.. Ich rufe dann kurz an, nur um zu erfahren warum sie später kommt worauf sie oft mit Überforderung reagiert.

Versteht mich nicht falsch, ich kontrolliere sie nicht, aber wenn sie mit meinem Auto unterwegs ist und sagt, dass sie zb. um 12 wieder da ist und dann um 13 Uhr immer noch weg ist ohne sich zu melden, dann würde sich jeder Gedanken machen in so einer Lage.
Es ist echt nervig sie in solchen Momenten wie ein Kind zu behandeln. Es würde die Sache aber viel einfacher machen wenn sie einfach kurz bescheid gibt.

Ich hoffe ihr versteht was ich sagen möchte...

Sie hatte leider auch das erste Mal einen Rückfall und kam danach direkt in meine Wohnung, also ich musste miterleben wie sie sich auf meiner Toilette übergeben hat.
Ich weiß, dass sie das nicht einfach ablegen kann und setze sie da nicht unter Druck.
Sie sagt mir immer wieder, dass sie das gar nicht will und einfach wieder die Alte sein möchte aber ich kann ihr da nicht zu 100% vertrauen weil sie das immer heimlich macht und das finde ich am schlimmsten, nicht zu wissen was mit ihr los ist.
Viel einfacher wäre es, wenn sie mir bescheid gibt, dass sie einen Rückfall hat, dann kann ich mich darauf einstellen oder sie kann vlt versuchen einfach zu mir zu kommen und es auszuhalten.

Ich habe heute das erste Mal gemerkt, dass es belastend für mich ist, wenn sie so reagiert und mache mir natürlich Gedanken wie das weitergehen soll...

Ich möchte ihr nichts vorschreiben und frage auch nicht nach, wenn sie ihr Ding macht aber wenn sie mein Auto benutzt und einfach nicht bescheid gibt, dass es länger dauert dann habe ich damit ein Problem..
Wenn es um eine Aktivität geht mit uns zwei oder mit meinen Freunden, dann frage ich sie 5x ob das okay für sie ist und sie freut sich in diesem Moment sehr darauf, zumindest habe ich den Eindruck in solchen Momenten.
Meistens ist es dann aber am nächsten Tag so, dss sie mir schreibt, dass ihr das zu viel sei...
Ich sage ihr dann, dass sie mir das erzählen muss wenn ihr was zu viel ist, dann kann ich reagieren aber so ist das halt nervig.

Ich glaube ihr, dass sie da raus will aber in den Momenten wo ihr Geist verrückt spielt, habe ich das Gefühl, zählt alles nicht und sie kommt erst nach allem wieder zur Vernunft...
Sie macht sich selbst Druck, indem sie denkt, dass sie für mich funktionieren muss, was sie nicht muss, weil ich ihr das gesagt habe.
Wie soll ich ihr denn vermitteln, dass sie völlig befreit auftreten kann?
Durch ihre Reaktionen macht sie es mir manchmal wirklich schwer an diese Beziehung zu glauben obwohl ich sie sehr liebe und sie mich ebenso.

Ich möchte mir nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Dann soll sie mir lieber sagen, dass sie gerade einen Rückfall hat, was momentan höchstens alle 1 bis 2 Wochen passiert...

Ihr merkt sicher, dass ein wenig Wut auch in meinem Bauch steckt und ich merke, dass ich das ganze nicht unbeschadet überstehen werde wenn sie es nicht schafft, sich zumindest an diese Kommunikationsvereinbarung zu halten...