Neu hier - meine Geschichte

#1
Meine Geschichte.

Begonnen hat alles mit der Trennung. Mein Freund hat mich nach vielen gemeinsamen Jahren (Jugendliebe) verlassen. Diese Trennung ist nun schon 1,5 Jahre her, ich habe darunter extrem gelitten, konnte mir ewig lang kein Leben ohne ihn vorstellen (kann ich mir eigentlich auch jetzt noch immer nicht). Für mich hatte nichts mehr Sinn ohne ihn und ich hatte vermehrt Suizidgedanken. In dieser Zeit habe ich mich massiv gehen lassen. Habe jeden Tag Alkohol konsumiert und nichts gegessen, weil ich null Hunger hatte, und ständig mit irgendwelchen Männern geschlafen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, mich bestrafen lassen zu müssen für meine Fehler, die zur Trennung geführt hatten. Nur gab es da eben keine Fehler, im Sinne von „Fehler“. Das WARUM war und ist für mich noch immer unbeantwortet. Das einzige, dass ich als Fehler gefunden habe, war mein Gewicht. Und so bin ich wohl in etwas hinein gerutscht, aus dem ich so schnell nicht mehr raus komme.

Grundsätzlich war ich immer schon ein bisschen „fester“ habe mich damit aber meistens wohl gefühlt, und an Selbstsicherheit hat es mir auch nie gemangelt. Zum Ende der Beziehung hin habe ich aber viel zugenommen.
Seit der Trennung vor 1,5 Jahren habe ich wieder massiv abgenommen.
Die Art wie ich abgenommen habe, durch Erbrechen der zu mir genommenen Nahrung und Sport, ist mein best behütetes Geheimnis. Bis dato dachte ich mir auch nie, dass ich krank bin, doch jetzt merke ich, dass ich da alleine nicht mehr raus komme.

Ich leide eigentlich nicht unter Fressanfällen, es ist mehr so, dass ich versuche nichts zu Essen, dann bekomme ich natürlich Hunger, freue mich schon richtig auf ein gutes, deftiges Essen, gehen dann zum Beispiel zu McDonalds und esse ein normales Menü, nicht mehr. Dann bin ich aber trotzdem so voll und habe ein riesen schlechtes Gewissen, dass ich es wieder loswerden muss.
Oft gehe ich nach der Arbeit einkaufen, schon mit dem Gedanken daran, dass ich mir jetzt lauter leckere Sachen kaufe, Chips, Wurstsemmeln, etc. Dann komme ich nach Hause, esse alles auf, damit sich das Erbrechen dann auch „so richtig auszahlt“.
Ich weiß, wie krank das ist. Ich weiß wie schädlich es für meinen Körper ist und eigentlich will ich mir das alles selber nicht antun. Nur kann ich nicht mehr mit dem Abnehmen aufhören. Ich fange auch an es zu vermeiden, mit anderen Leute (Freunden, Kollegen) Essen zu gehen.
Oft denke ich mir: Heute esse ich fast nichts – das mache ich dann auch, zb. ein kleines Stück Kuchen. Eine Minute später denke ich mir dann: „Das war einfach zu viel – jetzt ist es auch schon egal“ und fresse Unmengen nur um mich dann erneut zu übergeben.
Von allen Seiten höre ich im Moment wie toll ich aussehe, wie sportlich ich bin. Teilweise ist es auch schon am umschwenken und die Kollegen und Freunde sagen mir, dass ich sehr dünn geworden bin, und dass es langsam reicht. Die ganzen Kommentare zu meinem Gewicht nerven mich massiv, ich will am liebsten mit niemandem darüber reden.

Mein Hauptproblem derzeit ist, dass ich ein komplett gestörtes Selbstbild habe. Ich habe Angst, dass ich mich nie wieder so fühlen kann wie ich aussehe. Auf Fotos denke ich mir immer „Wahnsinn wie dünn du bist, bist das wirklich du?“. Sobald ich mich aber vom Spiegel wegdrehe fühle ich mich unglaublich dick. Ich fühle mich immer noch so, als hätte ich **kg mehr.
Ich wiege mich mehrmals täglich und führe darüber auch ein Tagebuch. Wenn ich zunehme fühle ich mich natürlich mies. Wenn ich aber abnehme und die Zahl auf der Waage immer kleiner wird, fühle ich mich aber eigentlich genau so mies. Für mich ist der Wert auf der Waage einfach nur mehr eine Nummer, die ich nicht ins Verhältnis zu meinem Körper setzen kann. Sie bedeutet im Endeffekt nichts. Ständig denke ich mir “Naja, vielleicht fühle ich mich schlank, wenn ich unter *kg habe“. Dann habe ich *kg, und fühle mich genauso wie vorher. Und so geht es eben dahin…
Mir ist durchaus bewusst, dass dieses falsche Körperbild nur eine Unwahrheit ist, aber dennoch kann ich es nicht loswerden.
Ich würde mich gerne so fühlen, wie ich aussehe, aber es ist mir derzeit einfach nicht möglich.
Vielleicht fühle ich mich schlank, wenn ich eben nochmal *kg weniger habe, denke ich mir dann eben wieder…

Wie kann ich dieses falsche Körperbild ablegen?
Wie kann ich aufhören damit nicht mit dem erbrechen aufhören zu wollen?
Ich will nämlich gar nicht. Ich mache mir nur Sorgen um meinen Körper, aber so richtig aufhören wollen tu ich nicht. Und dafür schäme ich mich unglaublich.
Ich danke dafür, dass ich hier mal meine ganze Geschichte abladen konnte und mein Geheimnis, dass mich oft fast zum Explodieren bringt, hier niederschreiben konnte.

Ich freue mich auf eure Antworten.

Zu mir: Ich bin 27 Jahre alt und wohne in der Steiermark. Ich habe mich hier im Forum registriert, da ich mir selbst eingestanden habe, dass meine Gedanken zum Thema „Ich kann doch jederzeit aufhören zu erbrechen“ einfach ein riesen Selbstbetrug sind.
Zuletzt geändert von Caruso am Mo Mai 28, 2018 20:43, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Neu hier - meine Geschichte

#2
Liebe Hannah,
glaub mir ich kenne dieses Gefühl nur zu gut, zu denken, dass man alles noch unter KOntrolle hat, und scwupps ist auf einmal der Tag da, wo man realisiert, dass man nicht mehr aufhören kann mit dem erbrechen.wichtig ist, dass du weißt, du bist damit nicht allein, das sage ich mir auch immer wieder und bei mir hilft das. es zeigt mir, dass ich nicht diese einzige person bin, die ihr leben nicht im griff hat und es spornt mich gleichzeitig an DIE EINE Person von den vielen zu sein, die da rauskommt, das mag aber vielleicht auch nur an meinem sehr stark ausgeprägten Wettbewerbsgedanken liegen.
Was ich damit eigentlich sagen will: Einsicht ist der erste Weg zur besserung.
Weil ich einfach gerade selbst noch viel zu sehr in dem ganzen drinstecke, knn ich dir jetzt leider keine weiteren Tips geben da rauszukommen, außer vielleicht einen: Schreiben. Mir persönlich hilft das sehr. Ich trainiere dreimal die Woche mit meiner Mannschaft und vor jedem Training nehme ich mir eine halbe Stunde Zeit irgendwo hin zu gehen, wo ich alleine bin, ohne essen und schreibe einfach Tagebuch. Das gibt mir einfach das Gefühl, dass mir jemand zuhört, kitschig ja ich weiß. Mir persönlich hilft es trotzdem.

Ich wünsche dir noch alles gute!