Mein erster Beitrag <3

#1
Hallo, ich habe mich heute morgen in diesem Forum angemeldet, weil ich hoffe, dass mir der Austausch mit anderen Betroffenen hilft. Seit einem Jahr kämpfe ich jetzt mit dem Thema Essstörung. Angefangen hat es, wie bei glaube ich relativ vielen, mit einer Magersucht, bis ich irgendwann immer unsicherer wurde, weil mir so viele Leute gesagt haben, dass ich zu dünn bin. Danach hatte ich immer öfter Probleme mit Kontrollverlust und so weiter, ich glaube jeder der selbst betroffen ist weiß, was ich meine. Übergeben habe ich mich zum Glück noch nie, genauso, wie ich keine Abführmittel genommen habe- dafür habe ich exzessiven Sport betrieben. Ich bin 16 Jahre alt und liebe das Ballett.
Ich glaube, dass der Beginn meiner Essstörung damit zutun hatte, dass ich die Pille genommen habe, wodurch ich extreme Stimmungsschwankungen bekommen habe und ich außerdem Probleme mit und im meinem Freundeskreis hatte.

Seit Anfang dieses Jahres mache ich eine Therapie, die ich selbst unbedingt wollte. Die Therapie hilft mir sehr, jedoch habe ich sehr hohe Ansprüche an mich selbst und würde am liebsten sehen, dass alles direkt so klappt, wie ich es möchte und ich wieder "gesund" bin. In der letzten Zeit hatte ich meine Fressanfälle relativ gut im Griff, allerdings habe ich mich die ganze Zeit ans Kalorien zählen geklammert. Als ich letzte Woche bei meinem Psychologen waren, haben wir erneut darüber geredet, was meine Ziele sind und was ich erreichen möchte. Also habe ich ab dem Tag danach es (mal wieder) versucht ohne zu Leben und,sobald ich es brauche, die App "Jourvie" zu nutzen (das ist eine App in die man eintragen kann, was man gegessen hat und wie man sich fühlt, allerdings ohne Mengenangaben und Kalorien). Diese Woche hatte wieder zwei Fressanfälle, den letzten gestern Abend. Immer wieder kommt dieses Gefühl in mir hoch, dass der schnellste und einfachste Weg sich schnell zu entspannen und Druck abzulassen das Essen ist. Ich hoffe, dass mir dieses Forum dabei hilft, mit Menschen in Kontakt zu treten, die vielleicht entweder das gleiche Ziel und oder Problem haben und die mich auf meinem Weg begleiten. Ich will an den Punkt kommen, an dem es eine Entlastung, und nichts anderes, für mich ist, keine Fressanfälle zu haben. Ich will nicht bis zum nächsten Fressanfall durchhalten müssen, bis der Druck irgendwann so groß ist, dass ich aufgebe, sondern ich möchte, dass ich mich leicht fühlen kann und das Essen als "Druckabbaumittel" irgendwann automatisch nicht mehr brauche.


Jetzt habe ich sooo viel mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte. Zusammengefasst, ich freue mich total, wenn ihr euch bei mir meldet oder meinen Text kommentiert. Nicht mehr alleine mit dem Thema zu sein hilft mir glaub ich sehr. Auch wenn meine beste Freundin, mein Freund und meine Mutter total hinter mir stehen und das mir das sehr viel wert ist, ist es was anderes, mit Menschen zu sprechen, die die Situation selbst erleben/ erlebt haben und die diese Gefühle nur zu gut kennen.
Ganz liebe Grüße

Re: Mein erster Beitrag <3

#3
Hey Blumenfee,

herzlich Willkommen im Forum, schön, dass du her gefunden hast. :)
Ich kann dich sehr gut verstehen, ich habe auch meine ganze Jugend lang Ballett getanzt und leider komplett das Klischee erfüllt. Meine Lehrerinnen wollten, dass ich abnehme, haben auch jede Woche Kommentare gemacht, ob ich dicker oder dünner geworden sei. Dazu natürlich ein irrsinnig hoher Erwartungsdruck von mir selbst. Ich spreche das deswegen an, weil ich mich frage, ob eventuell auch das Ballett bei dir ein Auslöser sein könnte?

Du hast außerdem Probleme im Freundeskreis erwähnt, magst du dazu etwas näheres schreiben?

Ansonsten kann ich meiner Vorrednerin nur zustimmen, hab Geduld mit dir. Diese verdammten ES schleichen sich über so eine lange Zeit ein, genauso lange braucht es auch, sie wieder loszuwerden..leider.

Alles Liebe
bright

Re: Mein erster Beitrag <3

#4
Hey, also erstmal vielen lieben Dank für eure, vor allem schnelle, Antwort ImLikeABird und bright! Ich habe nicht damit gerechnet, dass überhaupt jemand etwas zu meinem Beitrag schreibt.
Ich hatte vorgestern schon einmal eine Antwort geschrieben, aber da mein Handy abgestürzt ist, schreibe ich sie jetzt nochmal.

Ja ich glaube schon, dass meine Probleme bezüglich des Essens auch etwas mit dem Ballett zu tun haben. Allerdings ist es bei mir nicht so, dass meine Lehrer unser Gewicht kommentieren oder uns dazu auffordern abzunehmen. Im Gegenteil, als ich anfangs in die Magersucht reinrutschte, kam meine Lehrerin zu mir, um mir zu sagen, dass sie sich Sorgen um mich macht. Ich glaube das Problem für mich beim Ballett ist eher, dass man ständig im Vergleich zu den anderen steht. Man sieht sich immer nebeneinander im Spiegel und zwar sowohl frontal, als auch im Profil. Man bekommt mit, wer besser wird und fragt sich, warum man genauso viel trainiert, aber selbst keine Fortschritte macht. Das führt dazu, dass man denkt, man müsste härter trainieren. Außerdem ist es, zumindest in meiner Ballettschule so, dass unsere besten Schüler sehr dünn und zierlich sind. Für mich ist es manchmal schwierig zu verstehen, wie Erfolg im Ballett und ein niedriges Gewicht zusammenhängen auch im Bezug darauf, wie die Reihenfolge von den beiden Dingen ist. Das Ballett ist manchmal ein Segen und manchmal ein Fluch für mich. Ich liebe alles, was mit dem Tanz zutun hat, also die Musik, die Bewegung, der Ausdruck,... . Der Fluch ist das Gefühl, wenn ich nicht mithalten kann und nicht " gut genug" bin. Ich vergleiche mich eigentlich immer nur mit den Leuten, die sehr gut sind- und denen, die sehr dünn sind. Wenn ich mit mir und meinem Körper nicht zufrieden bin und an beidem zweifel, bin ich unsicher und nicht selbstbewusst. Das sieht man im Ballett direkt und das ist ein Nachteil bezogen auf die Ausstrahlung aber auch die Sicherheit der Ausübung. In den Momenten, in denen ich so unsicher bin, denke ich die ganze Zeit daran, dass ich damit aufhören muss so etwas zu denken, aber das verstärkt es noch mehr. Obwohl für mich klar ist, dass ich niemals beruflich Ballett tanzen möchte, habe ich den Anspruch an mich, so gut zu sein, wie jemand, der genau das als großes Ziel hat. Ich könnte niemals mit Ballett aufhören, weil es trotz allem die Momente gibt, in denen ich beim Tanzen ganz bei mir bin und das genießen kann.

Die zweite Frage war bezogen auf das, was ich zu meinen Freunden geschrieben habe. Letztes Jahr ungefähr im Februar/März begann es, dass die "Clique" in der ich bin mich nicht mehr so behandelt hat, wie vorher. Ich bin immer ein Mitglied dieser Gruppe gewesen, ich war nie die, der alle hinterher liefen oder die sich alles erlauben konnte, aber ich gehörte fest dazu. Doch dann, auch ungefähr zu der Zeit, als ich nicht mehr aß, war ich auf einmal kein Teil mehr von ihnen. Es war egal, was ich gesagt oder gemacht habe, entweder es wurden die Augen verdreht, es wurde so getan, als hätte man mich nicht gehört oder es gab einen dämlichen Kommentar. Ich wollte das nicht wahr haben, weil es mich so verletzt hat. Da ich sehr sensibel und verletzlich bin, bin ich also immer wie ein Hund hinterher gelaufen und habe versucht die Sympathie der anderen Mädchen zurückzugewinnen. Alles wurde immer schlimmer für mich und ich war eigentlich, wie ein richtiges Mobbing-Opfer. Ich wollte auf keinen Fall, dass man das nach Außen merkt, also habe ich zum Beispiel immer gegähnt und getan, als wäre ich müde, damit niemand denkt, dass ich nur hinter den anderen laufe, weil sie mich nicht zwischen sich lassen. Ganz besonders schlimm war es für mich, dass mein Freund, der in die gleiche Stufe geht, natürlich gemerkt hat, dass etwas nicht stimmt. Ich hatte riesige Angst, dass er mich verlässt, weil er nicht mehr mit einem uncoolen Mädchen ohne Freunde zusammen sein möchte. Im Sommer war ich dann mit sechs dieser neun Mädchen auf Freizeit. Dort hatte ich direkt einen " ganz tollen" Ruf bei den anderen Teilnehmern - dank dieser Clique. Somit wollte natürlich auch niemand etwas mit mir zutun haben-da hatte ich keine Chance gegen. An einem Abend kam dann eines der Mädchen zu mir und meinte wir müssten reden. Also hat sie mich zum Pool gebracht, wo die anderen alle schon saßen. Sie haben mir dann erzählt, dass ich mich total verändert hätte, dass ich über jeden lästern würde, nie lache, Lügen-Geschichten erzähle und so weiter. Ich habe mir das alles angehört und gesagt, dass sich das für mich nie so angefühlt hat und ich das nie beabsichtigt habe- das stimmte auch. Ich wollte alles dafür tun, dass sie mich wieder mögen, in den Arm nehmen und sagen, dass alles gut ist- das habe ich auch gesagt, vielleicht nicht die schlauste Idee. Als Antwort kam nur so etwas wie: Wir werden gucken wie es sich entwickelt, vielleicht können wir irgendwann wieder Freunde sein, aber bestimmt keine guten. Ich hatte die ganze Zeit nicht geweint, aber in dem Moment war ich so hilflos, dass ich nicht mehr anders konnte. Als dann nach den Sommerferien die Schule wieder begann, kamen wir in die EF, was heißt, dass wir keine Klasse mehr waren, sondern nur noch Kurse hatten. Zwei der Mädchen aus der Clique waren nicht mehr, weil sie die Schule gewechselt hatten. In den Kursen verstand ich mich relativ schnell mit anderen Leuten gut. Ich fand neue Freunde, die nichts mit diesem Freundeskreis zutun hatten. Die Leute aus der Clique merkten, dass ich nicht mehr komplett abhängig von ihnen war, was mich anscheinend wieder cooler machte. Außerdem war ich nicht mehr so abgemagert- denn jetzt habe ich keine Magersucht sondern Bulimie, die man zumindest am Gewicht nicht von Außen erkennen kann. Jetzt ist es so, dass ich wieder Teil dieser Clique bin. Ich werde genauso, wie früher behandelt. Ich werde in den Arm genommen, gerufen, es wird auf mich gewartet und mir geantwortet, wenn ich etwas sage. Eine sehr gute Freundin von mir, die ich in diesem Schuljahr kennengelernt habe, hat mir erzählt, dass sie am Anfang nicht wusste, wie sie mich finden sollte. Sie sagt, sie fand mich nett, aber war irritiert wegen dem, was sie von den anderen hörte. Als ich zum Beispiel zur Bahn lief, weil ich mich beeilen musste, kamen so "nette" Sprüche wie: " Oh muss sie rennen, damit sie noch mehr Kalorien verbrennt". Dieser Satz ist bei mehr sehr hängen geblieben und tut mir immer noch sehr weh. Es kamen in den letzten Monaten mehrere Leute zu mir, die zu mir gesagt haben, dass sie mich sehr nett finden, aber sich nie so sicher waren, wegen den Dingen, die sie so über mich gehört haben- natürlich von dieser Clique.

Ich bin sehr froh, dass ich nicht mehr gemobbt oder ignoriert,... werde. Ich verstehe mich wieder sehr gut mit den Mädchen der Clique und bin sehr froh, dass ich ein paar andere und richtige Freunde habe. Trotzdem: Ich fühle mich immer noch abhängig, ich kenne diese Mädchen seit teilweise zehn Jahren. Sobald manchmal doch ein blöder Spruch kommt, werde ich direkt sehr unsicher und bekomme Angst. Ich habe immer noch eine riesige Angst, dass dieser ganze Kampf von vorne los gehen könnte.
Die Dinge die ich erlebt habe, erlebt jetzt ein anderes Mädchen meiner Jahrgangsstufe. Genauso wie bei mir reagiert niemand, wenn sie etwas sagt, alles wird hinter ihrem Rücken kommentiert und sie wird ausgelacht. Ich bin jetzt wieder ein Teil der Clique und ich bn stolz darauf, dass ich da nicht mit mache. Trotzdem schäme ich mich, dass ich sie nicht in Schutz nehme. ich mag sie zwar nicht besonders, aber ich kann nachvollziehen, wie sie sich fühlt. Meine Angst wieder in die Opfer-Rolle zu kommen ist aber zu groß, ich möchte nie wieder in dieser Situation sein.

Das war ein deutlich längerer Text, als ich ihn schreiben wollte. Ich habe schon öfter über die Situation mit Freunden und auch mit meiner Mutter geredet, aber es ist noch einmal etwas anderes, das alles aufzuschreiben. Das hat mir sehr geholfen.

Liebe Grüße :*