Aufmerksamkheit?

#1
Ahoi. Also bei mir fing es an genau vor einem Jahr. Ich bin Musikerin und Performancekünstlerin, schon seit einigen Jahren. D.h. ich stehe oft auf der Bühne, und werde ständig mit mir selbst - genauso physisch als psychisch - konfrontiert - auf Videoaufnahmen, Photos, etc. Und so einfach hat die ES angefangen. Der Anfang war am schlimmsten: mind. 2 bis 3 x am Tag ist es geschehen. Aber komischerweise geht es bei mir gar nicht darum, große Mengen zu essen und dann zu kotzen, sondern nur wenn ich das Gefühl habe, es war jetzt einfach mal zu viel, es muss einfach raus. Erst habe ich mit eine Diät angefangen, ich wollte Gewicht verlieren - die Paar Kilos die ich in der Winterzeit gewonnen habe. Nichts schlimmes, nur 2-3 Monate auf Süßes verzichten und kleinere Mengen essen. Und danach einfach wieder wie immer, wieder normal, aber das ging nicht mehr. Als ich wieder angefangen habe, mich normal zu ernähren, und versucht habe, diese Idee aus meinem Kopf loszuwerden: es ging einfach nicht mehr. Ich hatte ständig Schuldgefühle, als ich mehr gegessen habe als vorhin geplant. Ich hatte das Gefühl, es ist einfach zu viel, ich habe es nicht - oder noch nicht - verdient. Dann habe ich angefangen, mich zu übergeben. Es ging los: jedes mal, kam dann noch dazu der Gedanke "Ach, jetzt dass ich eh zu viel in mich drin habe, kann ich einfach weiterfressen!" und dann natürlich wieder kotzen. Es ging ziemlich lange so, den ganzen Sommer. Dann den ganzen Winter. Besonders schlimm ist es bei Konzerten. Vor und an dem Tag vom Auftritt. Ich dachte dann jedes mal nur "Wieso mache ich das. Wieso bin ich so bescheuert." Ja, wieso? Diese Frage hat mich lange beschäftigt. Habe ich irgendeine Art Aufmerksamkheitsmangel? Ist es wegen dem Stress? Angst mit mir konfrontiert zu werden?
Naja, ich habe es meinem Freund gesagt. Ich dachte, es würde mir helfen, aufzuhören. Es hat eigentlich ziemlich gut geklappt. Es wurde immer weniger, und letztens habe ich 26 Tage gehalten. Ich habe das Gefühl, es war eigentlich nie weg! Die letzten 2 Monate war nichts los: keine Auftritte, aber immer der Hintergedanke "Ich darf nicht zu viel, ich darf es nicht" und jeden Tag habe ich Kalorien gerechnet, damit ich genau weiß, dass ich richtige Mengen esse, und mit mir zufrieden zu sein. Und dann ein schlechtes Gewissen gekriegt, als ich mal - ausnahmsweise - eine Pizza gegessen habe, ein fettes Gericht, ein Stück Kuchen. Und jetzt fängt die Saison wieder an. Wieder auf der Bühne, und diese Woche hat es wieder angefangen. Das macht mich echt traurig, dieses Gedankenspielchen, das bringt überhaupt nichts. Und ich weiße dass es für meinem Körper schädlich ist, und für meine Psyche. Es ist aber seit den 26 Tagen nur 2 mal wieder geschehen. Ich habe nur Angst, dass es weitergeht.
Ich habe vieles probiert, um aufzuhören, um mich abzulenken. Ich habe Texte darüber geschrieben. Ich habe Bilder gemalt. Ich habe Zeichnungen gemacht. Ich habe mein Wut auf mich selbst aufs Papier gebracht. Ich habe eine ganze Arbeit für die Uni darüber geschrieben, um es besser zu verstehen. Hängt es mit meiner Kindheit zusammen? Versuche ich meiner Eltern zu gefallen, versuche ich mich zu gefallen? Welche Rolle spiele ich, welche Rolle spielen die Anderen? Was will ich überhaupt damit? Außer glücklich sein.
Naja, mal schauen. Einfach versuchen, Alles unter Kontrolle zu halten. Wenn es die Lösung ist, oder schlimmer: der Auslöser!
Zuletzt geändert von vanillakiller am So Apr 03, 2016 15:21, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Aufmerksamkheit?

#2
hallo,
ich kenne dich zwar nicht, aber ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass du einen Aufmerksamkeitsmangel hast. Ich kenne das Gefühl, dass der Druck vor Auftritten, oder bei mir auch vor dem Training, größer wird und man gerade deshalb einen Fressanfall bekommt. Bei mir liegt es vor allem daran, dass ich mir nie Entspannung gönne und das Essen dann als Ersatz dafür nutze. Vielleicht ist das ja bei dir auch so.
Außerdem schreibst du:
"Alles unter Kontrolle zu halten. Wenn es die Lösung ist, oder schlimmer: der Auslöser!"
Ich glaube die Kontrolle ist mehr der Auslöser, denn je mehr du dich darauf konzentrierst mit dem Erbrechen aufzuhören, desto schwerer wird es dir fallen. Je mehr man versucht die Kontrolle zu behalten, desto größer ist dann der Ausbruch.
Ich weiß, dass das alles nicht einfach ist und selbst wenn man die Dinge verstanden hat, sie sich nicht automatisch lösen. Ich wünsche dir alles Gute!
Liebe Grüße