ja oder nein?

#1
hallo!
seit ca 2 wochen lese ich in diesem forum, und habe jetzt endlich den schritt gewagt und mich angemeldet...
kurze vorgeschichte: seit nov. geh ich gegemäßig (zu beginn ca alle 2-3 wochen) zu einer lebens-& und sozialberaterin (ursprünglich wegen beruflichen schwierigkeiten). ich hab ein unglaubliches vertrauen zu ihr aufgebaut. seit anfang jänner geh ich wöchentlich zu ihr, einfach weil mir die gespräche gut getan haben. es entstanden immer interessante, erleichternde aber zum teil auch sehr aufwühlende gespräche (...) es ging aber eigentlich NIE um das thema essen.
von einem tag auf den anderen hat sich mein essverhalten radikal verändert, zu beginn dachte ich einfach dass es wieder "so eine phase" ist, die weihnachtsfeiertage, mehr gegessen als sonst, ihr kennt das sicher... aber dem war nicht so. ich wurde immer "strenger" zu mir selbst, die gedanken kreisen nur noch um das eine thema. es hat mich total verrückt gemacht. ich hab mich dann dazu durchgerungen mit meiner L&SB darüber zu reden, einfach weil dieses vertrauen zu ihr da war. hab ihr einfach meine gedanken und mein verhalten grob geschildert, ihre antwort war eindeutig "das ist ganz klar eine ES". es war für mich ein schlag ins gesicht. ich bin doch nicht krank?!
ich geh seitdem wöchentlich zu ihr und sie versucht mich dabei zu unterstützen (m)einen weg zu finden, gibt mir immer wieder kontaktdaten (z.b. sowhat, essstörungshotline...), und rät mir immer wieder dazu, professionelle hilfe zu suchen, da sie sich mit dem thema nicht so gut auskennt, und angst hat etwas falsch zu machen.
letzte woche hat sie mich gefragt ob ich schon mal an eine klinik gedacht habe, zuerst wusste ich nicht was sie meint, aber dann hat sies mir deutlich gemacht und ich war schockiert!!! WARUM? so krank bin ich doch nicht und diese phase geht ja erst ein paar wochen.....
in manchen momenten denke ich mir "das schaffst du schon alleine, du bist nicht krank, das bildest du dir nur ein (...)", in anderen bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. hat sie vl doch recht?! ich merke schon dass es mich immer mehr einnimmt, bin beruflich kaum noch leistungsfähig, sage treffen mit freunden ab....

so das reicht jetzt mal ;)
bisschen länger geworden, aber das tat gut das mal zu schreiben....

Re: ja oder nein?

#2
Hallo shame,

die Antriebslosigkeit, die Rückzugssymptomatik und das restriktive Essverhalten klingen auf alle Fälle bedenklich. Inwiefern das schon eine ausgewachsene ES ist, vermag ich leider nicht zu beurteilen. Diagnostik ist etwas, das durch einen Fachmann (z.B. einen Psychiater oder einen klinischen Psychologen) erfolgen muss. Daher denke ich, dass du hier, in diesem Forum, kein eindeutiges »Ja oder Nein« bekommen kannst und wirst.

Berufliche, aber auch andere Schwierigkeiten im Leben, können den Einstieg in eine ES natürlich begünstigen. Dass du dich aktuell nicht krank fühlst, muss nicht zwingend heißen, dass du es nicht bist. ES, sowie die meisten anderen psychischen Störungen (z.B. reaktive Depressionen/Burn out), sind dafür bekannt, dass sie sich heimlich anschleichen; die Krankheitseinsicht kommt i.d.R. verzögert. In vielen Fällen leider erst dann, wenn man schon sehr tief drinsteckt.

Deine Lebens- und Sozialberaterin hat mMn richtig entschieden, dich an geeignetere Stellen zu verweisen, als sie gemerkt hat, dass dein Problem ihre Kompetenzen überschreitet. Ich weiß nicht, wie schlecht es dir im Moment geht - ob es wirklich gleich ein stationärer Klinikaufenthalt sein muss …
Wenn du Leidensdruck verspürst, wenn du merkst, dass dein Funktionsniveau zunehmend sinkt und das Leben langsam aber sicher zur Bürde wird, dürfte ein Erstgespräch in einer psychiatrischen oder psychotherapeutischen Praxis sicher nicht verkehrt sein. Da passiert auch nichts Schlimmes, versprochen. ;)

Ich wünsche dir, dass du deine Lebensfreude bald wiederfindest.

Re: ja oder nein?

#3
Hallo camouflage!
Danke für deine Antwort.

Mir ist absolut klar dass ich hier kein ja oder nein bekomme. Darum geht's mir auch gar nicht. Es hat einfach mal gut getan das "los zu werden", weil es mich wie schon gesagt immer mehr beschäftigt.

Ich komme jeden tag an diesen "ich will so nicht mehr" Punkt. Aber der mut zu einem arztbesuch oder einem erstgespräch in einer Beratungsstelle fehlt mir. Ich hab echt angst davor, warum genau kann ich gar nicht wirklich sagen. Es kommt dann auch immer wieder der Gedanke "du brauchst niemanden" oder "du schaffst das alleine. Du hast bisher ziemlich alles mit dir ausgemacht" mein Kopf weiß mittlerweile dass ich es nicht alleine da raus schaffe aber der Rest sieht es noch nicht so wirklich ein. Ich denke mir immer wieder dass ich es mehr versuchen muss, also es allein zu schaffen. Aber ich scheitere... Immer und immer wieder. Das macht mich fertig. Aber naja. Ich versuche einfach irgendwie weiter zu funktionieren. Dh für mich dass ich gegen mein "verkriechen" ankämpfen muss.

"da passiert auch nichts schlimmes, versprochen"
Ich musste lächeln :)
Ich kanns mir trotzdem nicht vorstellen, mich dort- jetzt mal blöd gesagt- hinzusetzen u einfach zu reden. Ich bin einfach davon überzeugt, dass ich einfach für hysterisch gehalten werde und übertreibe....

Ich danke dir. Das wünsche ich mir auch sehr!
Ich wünsch dir auch alles gute, wo auch immer du gerade stehst...

Re: ja oder nein?

#4
shame hat geschrieben:Mir ist absolut klar dass ich hier kein ja oder nein bekomme. Darum geht's mir auch gar nicht. Es hat einfach mal gut getan das "los zu werden", weil es mich wie schon gesagt immer mehr beschäftigt.
Das mit dem Loswerden verstehe ich sehr gut. :)

Dass du erkannt hast, dass du Probleme nicht mit dir selbst ausmachen musst, finde ich super! Das klingt nach einem wichtigen Schritt.
Warum fällt es dir noch so schwer, diesen Gedanken zuzulassen? Warum »darf es nicht sein«, dass du Hilfe brauchst? Hast du darüber schon einmal nachgedacht?
shame hat geschrieben:"da passiert auch nichts schlimmes, versprochen"
Ich musste lächeln :)
Ich kanns mir trotzdem nicht vorstellen, mich dort- jetzt mal blöd gesagt- hinzusetzen u einfach zu reden. Ich bin einfach davon überzeugt, dass ich einfach für hysterisch gehalten werde und übertreibe....
Ich arbeite selbst im Gesundheitswesen, daher kann ich dir sagen, dass du mit dieser Angst nicht alleine bist. Ich kann dir aber auch sagen, dass sie unbegründet ist. ;)
Wieso denkst du, dass man dich für hysterisch halten könnte? Deine Probleme sind nicht weniger »wert« als die anderer Menschen. Du bist nicht weniger wert als andere Menschen.

Wenn es dir schlecht geht, ist es nur legitim, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich finde es ohnehin toll, dass du schon »so früh« merkst, dass sich etwas in die falsche Richtung entwickelt. Je eher du dagegen angehst, desto besser sind deine Chancen, dich dem Abwärtssog zu entziehen, bevor eine Chronifizierung eintritt.

Im Grunde wird bei einem Erstgespräch nur das noch einmal besprochen, was du auch deiner Lebens- und Sozialberaterin schon erzählt hast. Man nimmt deine Daten auf, du schilderst kurz, wie und wo du lebst, ob du berufstätig bist, verheiratet/ledig usw. Du wirst nach deinen Beschwerden gefragt, wie sie sich auswirken, wann sie angefangen haben und warum du dich für dieses Gespräch entschieden hast. Außerdem wird geklärt, welche Erwartungen du an die Behandlung hast und was du am Ende gerne erreichen möchtest.
Wenn deine Scheu vor diesem Gespräch sehr groß ist, könntest du eine Begleitperson deines Vertrauens mitnehmen. Diese Person kann im Wartezimmer warten, oder, wenn es gewünscht ist, auch beim Erstgespräch an deiner Seite sitzen.

Du kannst dir das Ganze ja einfach mal anschauen und versuchen, dich darauf einzulassen. Wenn du merkst, dass die Therapie nicht das Richtige für dich ist, hast du jederzeit die Möglichkeit, sie abzubrechen. Du bist (dem Behandler) zu nichts verpflichtet. Er wird dir nicht böse sein oder der Zeit nachtrauern, die er in dich investiert hat. Ganz sicher nicht.

Ich bin fest davon überzeugt, dass dich niemand schief anschauen oder »einfach so« wegschicken wird. Das klingt jetzt vermutlich furchtbar banal, aber: Trau dich ruhig. Du kannst nichts verlieren, nur gewinnen. :)

shame hat geschrieben:Ich wünsch dir auch alles gute, wo auch immer du gerade stehst...
Danke dir.
Wo ich gerade stehe … das ist eine gute Frage. Ich dachte eigentlich, dass ich vor zwei Jahren den Absprung geschafft hätte. Nun bin ich leider einem Trigger ausgesetzt, dem ich mich nicht entziehen kann und habe Angst vor einem Rückfall. Deshalb bin ich hier.
Zuletzt geändert von Camouflage am Sa Feb 07, 2015 23:40, insgesamt 1-mal geändert.