Suche Austausch im Kampf gegen Essattacken

#1
Hallo zusammen,

oft habe ich das Netz nach ähnlichen Leidenswegen, hilfreichen Erkenntnissen und Erfolgsgeschichten durchsucht und habe nun doch beschlossen selbst irgendwie aktiv zu werden, irgendwie in Interaktion zu treten.... mit irgendwem oder auch mit mehreren Leuten. ...Dass man sich eventuell im Austausch über seine alltäglichen Kämpfe, Rückschläge und Fortschritte der Entwicklungen im eigenen Verhalten bewusster wird, mehr Motivation findet jeden Tag dranzubleiben und weiterzumachen ...und natürlich dem anderen eine Stütze und eine Quelle der Reflektion seiner eigenen Situation sein kann.

Ich bin 29 und habe seit einigen Jahren ein gestörtes Essverhalten. Angefangen hatte es mit plötzlich aufgetretenem emotional verursachten Überessen in einer für mich schwierigen Phase. Zur Besinnung gekommen wollte ich das Angefressenne schnell wieder loswerden. Ich stellte meine Ernährung um, aß zunächst übermäßig gesund, dann zu einseitig und zu wenig ohne es zu merken. Nach einer Weile der verhältnismäßig wohl nicht so drastischen, aber dennoch Magersucht, kamen die Fressattacken. Zunächst fielen sie nicht sonderlich groß aus und kamen nur vereinzelt vor. Später wurden sie regelmäßiger, intensiver und energieraubender. Auszugleichen habe ich diese übermäßige Nahrungsaufnahme mit weniger essen und mehr Sport versucht - der selbe Kreislauf des Überfressens und der Überstrapazierung des Körpers - bei mir eben nicht durch Übergeben, sondern durch Diät und Sport (also genauso wenig hilfreich)

Bisher habe ich einige Selbsthilfebücher gelesen und versuche die Essstörung zu überwinden. Einiges ist spürbar besser geworden, seitdem ich versuche nicht zu wenig und regelmäßig zu essen und weniger Sport mache. Trotzdem schaffe ich es noch nicht die Essattacken hinter mir zu lassen. Regelmäßig schaffe ich es irgendwie mich zu überzeugen, dass ich ja doch dies und jenes und noch vieles mehr in einem Zug jetzt, wo die Gelegenheit gerade günstig ist, essen könnte....und dann kommt die große Verzweiflung...
Mittlerweile bin ich erschöpft. Ich habe Angst Diabetes zu bekommen, falls ich es nicht schon geschafft habe,....oder eben irgendwas anderes folgenschweres. - Dass die Lebensqualität mit einer Essstörung nicht besonders hoch ist, ist hier ja sicherlich jedem ein vertrauter Gedanke.
...Und deshalb suche ich jemanden, der ähnliche Kämpfe gegen die Essattacken angeht oder angehen möchte; Für gegenseitige Unterstützung, Austausch per Mail o.ä., Ideen oder Experimente....irgendwas, was den doch recht einsamen Weg vielleicht leichter machen könnte...ich wäre dankbar.

Re: Suche Austausch im Kampf gegen Essattacken

#2
Halloechen liebe sophie_xyz!

Schoen, dass du hier bist!
Das Forum ist toll und daher solltest du unbedingt davon gebrauch machen. Ich bin schon lange hier und teilweise dann wieder viele Monate nicht aktiv. Dennoch komme ich gerne hier zurueck um Rat zu finden!

Du kannst mir gerne eine PN schicken und wir koennen den Weg so gemeinsam ein wenig weiter gehen. Ich bin auch 29 und habe seit ca 10 Jahren Bulimie, aber mit langen Phasen (halbe Jahre, Monate) wo ich nicht kotze und sich mein Leben normalisiert. Genau wie du nutze ich auch Sport als Alternative um runter zu kommen. Also, was ist so schlimm daran? Das ist doch gut, wenn du auf deinen Koerper schaust und dich bewegst! Also so negativ wuerde ich das nicht sehen:) Irgendwo muss man ja beginnen!

Wann hat deine Essstoerung begonnen?

Bist du bzw warst du in Therapie?

Hast du dich schon jemanden persoenlich anvertraut?

Wie sehr beeintraechtigt die ES deine Lebensqualitaet? Triffst du dich noch mit Freunden oder verkriechst du dich lieber und ergibst dich?

Alles liebe,
Veilchen!
It´s finally over!
Ich bin FREIIIIIII!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! :D :D :D :D :D

Re: Suche Austausch im Kampf gegen Essattacken

#3
Hallo Sophie_xyz bzw. ein herzliches hallo an euch beide!

Ja, ich glaube, es ist manchmal leichter mit anderen, die auch davon betroffen sind, zu sprechen.
Die anderen erlebe ich oft als überfordert bzw. sie kommen damit nicht zurecht.

Auch bei mir ist es ein typischer ES-Leidensweg. Von Magersucht mit 14 über Bulimie/andere Süchte bis ca. 26. Dann ohne Therapie (hatte vorher mit 17 stationär und anschließen amubalant) die Kurve bekommen und war bis 2012 "clean". Und man kann sagen, ich hatte ein genussvolles Leben auch hinsichtlich dem Essen, Freude und Zufriedenheit trotz einiger Höhen und Tiefen. Bis von heute auf morgen 2012 nach beruflichem Stress alles in sich zusammenbrach. FAs sind an der Tagesordnung, so schlimm wie zu meinen schlimmsten Zeiten.
Tja und seitdem versuche ich mit allen Mitteln wieder da irgendwie raus zu kommen. Zusammen mit andereren Mitkämpfern ist es leichter, glaub ich auch bzw. hoffe ich.
Ich glaube aber auch, dass die FAs nur der äußere Rahmen sind, das Symptom. Das eigentliche Problem ist was anderes. Und das müssen wir - muss ich - finden, damit ich die Symps nicht mehr brauche. Vielleicht können wir uns gegenseitig eine Stütze sein, damit die FAs nicht mehr gebraucht bzw. überflüssig werden.
LG
Paula

Re: Suche Austausch im Kampf gegen Essattacken

#4
Hallo. :)

ich würde mich auch wünschen herauszufinden wieso ich FA habe... kurz etwas zu meiner Person: Ich bin 23 und eigentlich lief alles super in meinem Leben, bis auf die Trennung von meinem Partner. mit dem ich fast 5 Jahre zusammen war..das könnte der Anstoß für die Essstörung gewesen sein... das ist schon 2 Jahre her. Ich muss dazu sagen, dass wir wieder zusammen sind und seit einem halben Jahr zusammen wohnen. Die FA haben extrem vor 1,5 Jahren angefangen... ich traue mich gar nicht das zu schreiben, es mir nicht so vorkommt... am Anfang dachte ich es ist nur eine Ausnahme, aber seit Frühjahr 2014 gab es so gut wie keinen Tag an dem ich nicht gek. habe. Mich zwar nicht unbedingt vollgegessen, aber immer gebrochen...

Oh Gott...es hört sich schrecklich an... ich will damit aufhören, wirlich. Anfangs habe ich gedacht ich kann einfach aufhören, aber nein das stimmt nicht. Ich habe mich immer richtig gefreut was richtig leckeres zu kochen und es zu essen "ohne zuzunehmen". Aber jetzt esse ich wenn mir langweilig ist oder wenn ich beim lernen nicht mehr weiterkomme, obwohl ich weiß dass es falsch ist.

Die größte Sorge und ein wirklich ausschlaggebender Punkt aufzuhören sind meine Zähne.. ich habe das Gefühl dass meine Zähne total schlecht geworden sind. Ich traue mich nicht zum Zahnarzt, weil ich Angst habe, dass er was merkt. :(

Richtige Geichtsprobleme hatte ich noch nie, ich war früher sehr dünn und habe in der Jugendphase ein bisschen zugenommen, so dass ich normal aussah, Außerdem habe ich immer Sport gemacht, jetzt auch.

Mir ist jetzt ganz klar bewusst geworden, dass es nicht so einfach für mich ist da rauszukommen, einfach weil ich immer denke: Ach du könntest heute Nudeln machen oder Kekse kaufen, sonst würde ich das nicht essen. ich habe früher immer stark auf meine Ernährung geachtet, deswegen sind Nudeln ein "Highlight" für mich. :D

Mein Freund weiß nichts davon...ebensoweng meine Schwester, mit der ich ein sehr gutes auch freundschaftliches Verhältnis habe... ich kann denen das auch nicht sagen... ich möchte da einfach so gerne rauskommen und endlich wieder normal leben können.
Am liebsten essen was ich möchte ohne zuzunehmen. :-)

Ich weiß nicht ob es zu dem Tread passt, aber ich würde mich über Antworten oder Ratschläge freuen.

Liebe Grüße. :-)

Re: Suche Austausch im Kampf gegen Essattacken

#6
Hallo zusammen und danke für eure Antworten!

Hallo Veilchen,
Im Forum habe ich mich mittlerweile etwas eingelesen und einige hilfreiche Themen, bzw. sehr vertraute Dinge entdeckt – Es hilft ungemein sich nicht allein und außerordentlich anders und seltsam zu fühlen, wenn man feststellt, wie ähnlich sich die Symptomatik doch bei vielen äußert.

Das mit dem Sport ist so eine Sache. Es ist wie alles, in Maßen genossen, gut. War es bei mir allerdings eine Zeit lang nicht. Durch zu viel Sport (bei jedem sind da die Grenzen wohl unterschiedlich) und phasenweises weniger Essen habe ich meinen Körper in genau den Stress-Modus und das Ausgemergelt-sein gebracht, wie es durch das Erbrechen zu Stande kommt. Somit hat es mich einige FAs gekostet herauszufinden, was für mich ein gutes Sportpensum darstellt. Wichtig ist es mir nach wie vor, eben wie du sagst, um runterzukommen, um abzuschalten. Das war es vor der Essstörung auch.

Wann meine Essstörung begonnen hat, kann ich gar nicht mehr so genau sagen...vor ca. 3 oder 4 Jahren, glaube ich.
Zu meinen verzweifeltesten Zeiten hatte ich versucht mich in Therapie zu begeben, mit dem Ergebnis, dass die Therapeuten im meinem Umfeld mir entweder gar keinen Platz oder monatelange Wartezeiten offerieren konnten. Vielleicht hatte ich einfach nur Pech und habe es bei den falschen versucht, wie dem auch sei, versuche ich es mit Selbsttherapie und bin bisher auch recht weit gekommen.
Anvertraut habe ich mich meinem Freund. Das hat sehr geholfen. ...Später dann auch meiner Mutter, wobei sie glaube bis heute nicht versteht, was eigentlich mein Problem sein soll, wenn ich nicht mehr magersüchtig bin und mich auch nicht übergebe...Das war dann also weniger hilfreich, aber es hilft einige Dinge klarer zu sehen, wenn man sie ausspricht.
Von Lebensqualität konnte lange Zeit keine Rede sein. Bis auf meinen Freund und einige mit ihm verbundene Kontakte, hatte ich mich von der Außenwelt abgekapselt. Mittlerweile ist es besser geworden, nicht optimal, aber besser. - Wenn einem das Essen und Nichtessen nicht mehr den Lebensrhythmus diktiert, lebt es sich jedenfalls angenehmer.

Woran liegt es denn bei dir, dass es zu längeren Phasen mit normalem Essen kommt, du aber wieder in alte Verhaltensmuster verfällst?




Hallo Paula,

zunächst hast du meinen größten Respekt, dass du es schon mal da raus geschafft hast. Wenn du von deinem genussvollen Leben danach schreibst, dann ist es sicher die beste und größte Motivation, die man haben kann. Wenn es schon einmal möglich war, dann weißt du für dich bestimmt noch, was dir damals geholfen hatte, welche Schritte du gehen musstest – nur jetzt ist dein Ziel wahrscheinlich noch deutlicher, als es damals war.
Wenn du schreibst, dass der Rückfall nach beruflichem Stress kam, ist es wohl gut andere Mittel und Wege für Stressabbau zu finden und sie vor allem auch zu nutzen. Dazu gibt es hier auch einen Thread. Vielleicht können da auch andere Ideen als die Eigenen hilfreich sein.
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Kraft und Durchhaltevermögen.

Re: Suche Austausch im Kampf gegen Essattacken

#7
Hallo winter12,

der Auslöser deiner Essstörung ist mir erstaunlich vertraut. Bei mir fing es ebenfalls an, als meine langjährige Beziehung auseinander ging. Ebenso sind wir wieder zusammen und wohnen auch seit einiger Zeit zusammen. Wie auch bei dir hatte die Wiederherstellung der Beziehung nicht zum Ende der ES geführt. Jetzt wo es mit meinem Essverhalten etwas besser wird, merke ich, dass ich häufiger an den Zeitraum der Trennung denke und die Gefühle häufiger wiederkommen, die ich damals versucht hatte zu ignorieren. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass ich mit diesem Ereignis abgeschlossen und es für mich geklärt hatte.. - kopftechnisch wahrscheinlich schon...die Emotionen hinken allerdings noch ein bisschen hinterher...aber es wird besser.
Gewiss ist allerdings, dass zunächst mein Essverhalten besser wurde und ich dann erst an meinen übrigen Baustellen, wie zB. an der erwähnten arbeiten konnte.
Ich denke, dass es wichtig ist sein Essverhalten zu stabilisieren. Nicht zu kontrollieren – das geht in den meisten Fällen schief .
Vielleicht ist etwas Hilfe von außen nicht verkehrt. Vielleicht in Form einer Therapie. Vielleicht ja doch von deiner Schwester oder deinem Freund. - Mir hatte es zumindest sehr geholfen, dass ich mit jemandem reden konnte und meine Überlegungen und Ideen zur Stabilisierung meines Essverhaltens an den Mann bringen konnte ;) ...Sicher, es war zunächst schwer und ich habe mich wahnsinnig geschämt, dass ich so etwas aussprechen musste...Dabei ist mein Freund ein sehr logischer und pragmatischer Mensch, der mit solchen Themen eigentlich nicht gut umgehen kann...aber zusammen haben wir das dann doch ganz gut hinbekommen...und auch wenn er nicht alles versteht, was in mir in Bezug auf die ES vorging/vorgeht, so hilft es mir doch sehr wenn er da ist, mir zuhört und den einen oder anderen Ratschlag hat. ….Aber wie vieles, ist auch das für jeden anderes.. – Es gibt auch Leute, die das allein geschafft haben. Muss eben jeder für sich entscheiden.
Ich bin kein Therapeut, ich kann nur sagen was mir hilft:
den Körper nicht in einen Mangelzustand versetzen (sei es durch zu viel Sport, zu wenig essen oder erbrechen)
regelmäßig essen (ich hatte angefangen mit alle 3h etwas essen.. und bin nach einer Weile in den Rhythmus gewechselt zu essen, wenn ich Hunger habe, was dann meistens bei, für mich normalen Mahlzeiten, 3-4h entspricht.....Manche essen lieber 3 mal große Portionen und Zwischenmahlzeiten, andere essen lieber mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteil..muss man für sich selbst herausfinden.)
Essen nicht als Ersatz benutzen: Dass du bei Langeweile oder Überforderung anfängst zu essen, das kenne ich auch. Vielleicht versuchst du es hier als schlechte Gewohnheit zu betrachten, die umgeschrieben werden muss durch eine neue, wie spazieren gehen oder je nach dem, was dir eben in diesem Moment zusagt..
Dem Drang einmal nicht nachzugeben bringt dich jedes Mal ein Stückchen weiter (daran arbeite ich momentan...)
was, wie ich denke, noch entscheidend ist, dass man Nahrungsmittel nicht glorifiziert, wie es bei dir mit Nudeln und Keksen der Fall ist (Mir ging es so beispielsweise mit Schokolade. Sie führte jedes mal zum FA. Deshalb hatte ich versucht sie einfach öfter am Tag zu essen...das über einen Zeitraum hinweg, hatte mir wirklich geholfen von dem Gedanken wegzukommen, dass Schokolade etwas verbotenes, schlechtes oder absolut begehrenswertes sei. Jetzt habe ich manchmal Lust darauf und manchmal nicht. - ...Vielleicht kann soetwas auch helfen...)

Du schreibst, dass bei dir erbrechen ein großes Problem darstellt, selbst wenn du dich nicht überisst: Auf diesem Gebiet kenne ich mich nicht aus, aber es gibt einen wunderbaren Blog von einer jungen Frau mit den entsprechenden Symptomen, der einem Tagebuch ähnelt und über ca 2 Jahre geht...und so ihren Weg zur Genesung beschreibt – den Link könnte ich bei Bedarf noch raussuchen.


Und noch zum Thema essen und zunehmen. Ich war erstaunt wie viel ich auf einmal Essen konnte, als ich angefangen hatte regelmäßig zu essen...mitllerweile dürfte ich ca bei meinem Gewicht vor der Essstörung angelangt sein ….so viel zum Setpoint.
Es ist schwer sich darauf einzulassen und Gewichtsschwankungen zuzulassen, aber das ist die Sache wert, wie ich finde. - Sehr treffend, was ich mal irgendwo gelesen/gehört habe:

Wenn man am Ende seines Lebens noch einmal zurückblickt und alles Revue passieren lässt, sagt man sich sicherlich nicht: „ach hätte ich doch 2 - *kg weniger gewogen.“