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Ich trau mich mal

Verfasst: Sa Mai 24, 2014 16:06
von Flicker
Einen schönen guten Tag allerseits

Ich lese seit einiger Zeit sehr viel hier im Forum, wäre aber bisher nicht auf die Idee gekommen, selbst etwas über mich zu schreiben. Weil ich das, was ich zu sagen habe, normalerweise so gut es geht totschweige. Auch in solch einem anonymen Rahmen, wie er hier gegeben ist. Ich schäme mich einfach ungemein. Für mich und meine Geschichte.
Ich weiß nicht, was mich jetzt dazu bewegt, doch mal alles aufzuschreiben. Für alle lesbar. Ich weiß auch nicht, ob ich hier überhaupt richtig bin. Was ich habe, wer ich bin, was ich erwarte. Es geht mir nur darum, irgendetwas zu tun. Weil ich langsam wahnsinnig werde. Wenn ich weiterhin einfach nichts tue.

Ich war, bis vor zwei Jahren, sechs Jahre lang magersüchtig. Nachdem ich mit dem Abi fertig war, veränderte sich plötzlich etwas. Ich weiß nicht genau, was es war bzw. warum es so war. Jedenfalls aß ich plötzlich. Nicht normal, nicht geregelt, nicht genug. Ich behielt das restriktive Essen bei, mit dem Unterschied, dass ich mich nun alle paar Tage vorm Kühlschrank wiederfand und so viel aß, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Das Ganze machte mir Angst, aber ich sagte mir, dass es sich nur um eine Phase handeln würde, dass ich, wäre diese Phase erst überwunden, die Kilos, die ich durch die FAs mehr drauf haben würde, ja wieder abnehmen könnte :roll: . Es war keine Phase. Es wurde immer schlimmer. Anfangs kamen solche Attacken vielleicht einmal pro Woche vor, mit der Zeit wurde es zur täglichen Routine. Ich ging nicht nur täglich, sondern sogar mehrmals täglich einkaufen und aß, bis ich mich mit schmerzhaft aufgeblähten Bauch ins Bett "rollte" und einschlief. Ich weiß, dass an dieser Stelle gerne damit argumentiert wird, dass man sich nach sechs Jahren Magersucht ja nicht wundern bräuchte, wenn sich der Körper das nimmt, was er braucht. Ich weiß. Ich weiß es wirklich. Dass daran vielleicht erstmal gar nichts ungewöhnlich ist. Deshalb leitete ich in dieser Zeit auch keinerlei gegenmaßnahmen ein, wenn ich so viel gegessen hatte. Ich zwang mich daran zu glauben, dass es aufhören würde, sobald ich ein normales Gewicht erreicht hatte, sobald sich mein Körper erholt hatte. Mein Problem, das ich jedoch niemandem glaubhaft schildern konnte(weil es sich nach magersuchts Hysterie anhörte), war, dass ich unterschwellig immer wusste, dass es sich nicht nur um den berühmt berüchtigten Nachholbedarf handelte. Es war mehr. Das bestätigte sich auch, als ich mein Normalgewicht erreichte und es trotzdem nicht aufhörte. Und als es immer noch nicht aufhörte, als ich an der Grenze zum Übergewicht stand. Und als es immer noch nicht aufhörte, nachdem ich die Grenze zum Übergewicht überschritten hatte. Innerhalb eines halben Jahres.
Ich hasse es, das zu schreiben. Ich hasse mich. Es ist mir immer noch unbegreiflich, wie das passieren konnte.
Inzwischen halte ich mein Gewicht (also sofern man das halten nennen kann, es unterliegt recht großen Schwankungen). Aber mein Essverhalten ist eine einzige Katastrophe. Zumal dieses Gewicht, das ich jetzt habe, kein Gewicht ist, dass ich halten will.
Ich habe nicht mehr täglich Essanfälle. Manchmal halte ich es sogar ein oder zwei Wochen aus. Aber in diesen Zeiten esse ich dann wieder extrem restrektiv, zähle Kalorien, habe Angst auswärts zu essen, verfalle in den totalen Wiegewahn. Wenn ich in einer Situation bin, in der ich nicht gänzlich kontrollieren kann, wie viel ich gegessen habe, erbreche ich das Essen wieder.
In Zeiten in denen ich öfters FAs habe, erbreche ich inzwischen auch diese häufig. Nicht immer, weil ich...ich weiß nicht genau...manchmal will, dass sie drin bleiben, manchmal, weil ich nicht die Gelegenheit dazu habe. Komischerweise fällt es mir immer noch leichter, einen FA drin zu lassen, als Essen, dass ich in FA freien Zeiten in Gesellschaft, ohne die totale Kontrolle zu mir genommen habe.

Wie schon gesagt, ich habe hier bereits viel gelesen. Und es hat mir viel gebracht. Insofern, als dass ich einige Sachen verstanden habe, die mir von alleine nicht aufgegangen wären. Z.B. die Sache mit dem Abnehmen. Dass man nicht versuchen sollte abzunehmen, solange das Essen noch in irgendeiner Weise emotional besetzt ist. Das ist absolut einleuchtend. Weil es schiefgeht. Immer. Mein Verstand sagt mir, wie wichtig und richtig es wäre, mich erstmal so zu akzeptieren, wie ich jetzt bin. Zunächst die Probleme zu lösen, die hinter der Essstörung stehen. Aber praktisch ist mir das einfach nicht möglich. Ich leide so sehr unter diesem Gewicht. Ich verstecke mich, ich erzähle ständig lügen, um niemanden sehen zu müssen. Ich traue mich kaum noch vor die Tür und will diesen ganzen Mist einfach nur noch rückgängig machen. Ich schäme mich so sehr. Wenn ich mir vorstelle, wie lange es dauern würde, bis ich mich vielleicht einigermaßen annehmen könnte (vorausgesetzt ich würde mein Essverhalten mal in den Griff kriegen), krieg ich die totale Oberkrise, die dann ein Garant für den nächsten FA ist.
Ich will mit dem Kopf durch die Wand "das muss jetzt irgendwie gehen". Aber es geht nicht. Es geht gar nichts mehr.

Mmh...ich habe bestimmt die Hälfte vergessen. Aber reicht ja auch erstmal.
Ich weiß nicht, was ich erwarte, irgendwas vermutlich. Einfach irgendwas oder irgendwer, der mir sagt "so und so musst du das machen", damit ich es dann so und so machen kann und meine Probleme gelöst sind. Jaja, guter Witz.

Liebe Grüße

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: So Mai 25, 2014 19:08
von lostsoul
mir geht es haargenauso wie dir nur mit dem unterschied das ich nicht wirklich magersüchtig war sondern eine extrem diät gemacht habe mit der ich in ein paar monaten ziemlich viel abnahm und dann untergewichtig war. und ich hab mich unglaublich gut gefühlt. und dann irgendwann kamen die FAs und mit diesen natürlich auch das erbrechen .. genau wie du hab ich dann nach einem halbem jahr wieder ordentlich zugelegt, was dazu führte das ich mich total zurückziehe nicht mehr raus gehe, depressiv geworden bin und mich unendlich schäme
dann noch diese kommentare und lästereien, ja das macht es nicht grade einfacher.. wie du wünsche ich mir einfach die zeit zurückzudrehen, obwohl ich da ja auch nicht sonderlich gesund war .. aber ich war glücklich und jetzt bin ich ein häufchen elend was es nicht auf die reihe bekommt wieder abzunehmen, was nicht an der bewegung liegt sondern am essen.. ich frag mich einfach wann dieser albtraum endet

liebe grüße,
lostsoul

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: So Mai 25, 2014 22:10
von Flicker
Hallo lostsoul,

Der Albtraum, ja. Es ist wirklich einer. Nur leider einer, der bisher keine Anstalten macht zu enden.
Ich weiß nicht, praktisch nützt es einem ja nichts, zu wissen dass es Menschen gibt, denen es ähnlich geht. Irgendwie tut es das dann aber doch. Als müsse man sein Leid nicht mehr alleine tragen. Muss man letztendlich wohl schon. Jedenfalls, danke dir für deine Antwort!

Morgen will ich mich zusammenreißen. Neu anfangen. Mal sehen, wie lange es hält. Das Wochende war schrecklich. Schon wieder. Nur essen essen essen, über der Kloschüssel hängen, essen essen... . Ich kann echt nich mehr. Ich fühl mich so abartig. Und überfordert. Mit allem. Ich müsste so viel tun. Für die Uni. Auf die ich überhaupt keine Lust habe. Und ich tue faktisch nichts. Außer mein Leben gegen die Wand fahren.
Wo war ich? Der Neuanfang, mja. Die Schwierigkeit dabei ist, dass ich es einfach nicht auf die Reihe kriege, normal zu essen. Es ist völlig beknackt. Ich fresse mich drei Tage lang voll, lasse es teilweise sogar drin, aber wenn es dann darum ginge, einfach mal nur normale Mengen zu essen, kriege ich Panik und reduziere wieder auf ein Minimum. Und spätestens damit vermassel ich mir dann jeden Neuanfang.
Ich versuchs. Ich muss.

Wirst du wegen der Gewichtszunahme gemobbt? Oder was für Kommenrare sind das?
Mit blöden Kommentaren musste ich zum Glück noch keine großen Erfahrungen machen. Vielleicht, weil ich zu vielen, die mich von früher kennen, den Kontakt meide. Viele geben sich aber auch recht verständnisvoll. Obwohl ich nicht glaube, dass das echt ist. Wer versteht sowas schon? Was würde ich geben, um deren Gedanken lesen zu können...

LG

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: Mo Mai 26, 2014 16:50
von lostsoul
ja schon und das macht mich echt noch mehr fertig. es kommen so kommentare ala früher magersüchtg jetzt jojo-effekt .. aber ich steiger mich da auch sehr sehr und bilde mir oft auch etwas ein ..Fakt ist aber das genau weiß das sie alle reden und das reicht schon .. ich treffe mich auch schon gar nicht mehr mit leuten von früher nur verhindern das ich sie zufällig sehe kann ich natürlich nicht verhindern :-/

hast du schonmal über eine stationäre therapie nachgedacht? ich mach bald eine wenns jetzt hoffentlich schnell klappt .. es ist sozusagen meine letzte hoffnung ..

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: Mo Mai 26, 2014 18:22
von Flicker
Darüber nachgedacht habe ich. Aber ehrlich gesagt, würde ich mich selbst dafür zu sehr schämen. Ich war schon dreimal in einer Klinik, damals wegen Magersucht...und heute... . Manchmal denke ich, ich muss diese Scham einfach überwinden...Augen zu und durch. Nochmal in die Klinik. Weil ich es alleine nicht schaffe. Andererseits, wenn ich dann daran denke, dass man da ja auch gewogen wird, sich dafür ausziehen muss...und man jeden Tag, unter anderem, diese unheimlich dünnen Menschen sieht...ich bin mir nicht sicher, ob ich das aushalten könnte.

In welche Klinik gehst du denn? Oder willst du gehn?
Hoffe sehr, dass es klappt!

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: Di Mai 27, 2014 6:58
von lostsoul
ja da hab ich auch ein bisschen angst vor und mein gewicht will ich gar nicht sehen, wiege mich ja auch so nicht mehr :-/

die klinik ist das lvr klinikum in essen wickenburg.. ich sollte eigentlich auf die station speziell für essstörungen aber da es da zu lange dauern würde bis ich einen platz bekomme gehe ich auf die für emotionale störung die ja bei mir auch vorhanden ist und die behandeln halt auch essstörungen.. hab nur angst das ich da dicker rauskomme als ich reingehe :-/

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: Di Mai 27, 2014 17:16
von Flicker
warum? ich meine, hättest du diese angst nicht, wenn du auf die station für essstörungen gekommen wärst, oder ist das eine generelle angst?
natürlich wirkt es erstmal bedrohlich, sich in solch eine situation zu begeben...man gibt die kontrolle ab. ich kann jetzt auch keine große rede schwingen a la "das gewicht ist ja soo unwichtig..." , weil ich weiß, dass es das nicht ist. es sollte vielleicht so sein. aber wir sind nunmal in einer gesellschaft aufgewachsen, die uns bestimmte normen beigebracht hat und die uns außerdem, bis heute, täglich daran erinnert, diesen auch ja zu entsprechen.
du bist darüber hinaus in einem alter, in dem diese oberflächlichkeiten nochmal mehr bedeutung haben. es ist falsch. aber es ist so. also, nein, das gewicht ist nicht unwichtig. vielleicht irgendwann mal, wenn man es schafft, einen selbstwert, völlig unabhängig von dem urteil anderer, zu entwickeln. wenn man das schafft... insofern kann ich deine angst nachvollziehen. trotzdem solltest du dich nicht zu sehr von diesem gedanken leiten lassen. es wird sich nichts an deinem gewicht ändern, wenn sich nicht zuvor etwas bei dir ändert (oder erneut nur auf sehr ungesunde weise). das kann es aber nicht, wenn du ausschließlich und immer um dein gewicht kreist.
musst du denn, objektiv betrachtet, überhaupt etwas an deinem gewicht ändern? du hast ja geschrieben, dass du ug warst. hast du jetzt einfach ng und willst "nur" wegen der blöden kommentare wieder abnehmen? oder besteht wirklich ein mehr oder weniger trifftiger grund dazu?

für jemanden, der so unvernünftig ist, wie ich, höre ich mich viel zu vernünftig an ^^
obwohl ich heute, bis jetzt, ausnahmsweise mal, durchaus vernünftig war. trotz "ist eh alles scheißegal" gedanken gleich am morgen. das wäre dann mal wieder tag 1.

LG

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: Di Mai 27, 2014 18:15
von lostsoul
nein ich hab generell angst davor :-/
in der heutigen zeit ist es ein no-go dick zu sein, zumindest fasse ich da so auf. ich krieg viel weniger aufmerkamkeit und komplimente seit ich nicht mehr im ug bin und ich find mich selbst schrecklich. menschen sind so unglaublich oberflächlich, und das merkt man besonders in solchen situationen wie bei mir jetzt zum beispiel .. aber ich fühle mich ja selbst überhaupt nicht wohl, möchte nicht mehr das haus verlassen und mich verabreden .. ich weiß das ich aufjedenfall wieder abnehmen kann, wenn ich diese krankheit besiegt habe aber bis dahin ist ein langer weg und es macht mich einfach fertig so zu leben im moment ich würde am liebsten ein paar monate schlafen und schlank aufwachen und dann wieder mein leben anfangen zu leben .. und ich weiß nicht ob ich ng bin denke aber eher grenze üg, ich kann es natürlich nicht so gut einschätzen aber ich bin aufjedenfall weit entfernt von schlank sein ..

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: Do Mai 29, 2014 18:54
von Flicker
tja, was soll ich sagen. ich kann dir ja keine klugen ratschläge erteilen, wenn ich es gar nicht besser mache. das wirkt irgendwie unauthentisch ^^.
es wäre natürlich falsch, dich dazu zu ermuntern abzunehmen, obwohl du dir noch nichtmal sicher bist, ob ein üg besteht. und selbst dann...wäre das unangebracht.
andererseits kann ich deinen wunsch so gut nachvollziehen. und wie schwer es ist, hier die vernunft walten zu lassen. weil der leidensdruck einfach enorm hoch ist, wenn man in einem Körper lebt, den man verachtet.
die frage ist wohl, ob sich das mit einer abnahme überhaupt ändern ließe. vielleicht würden keine kommentare mehr kommen. aber würdest DU dich wirklich mehr mögen? wenn ich mir diese frage stelle, schreit zunächst meine kranke Seite laut JA! ja ja ja! und dann höre ich die vernüftige, die ganz leise sagt...nein.
ich weiß es nicht.
ich suche selbst hilfe. vielleicht bin ich zur zeit nicht die richtige, um anderen zu helfen.

LG

Re: Ich trau mich mal

Verfasst: Do Mai 29, 2014 19:57
von lostsoul
ich kann ganz klar sagen; ja ich wäre definitiv glücklicher. bei mir ist das aber eher so die kranke seite schreit nein damit ich weiter fas habe und das letzte bisschen der gesunden seite mit aller macht dafür kämpft wieder gesund zu essen damit sich mein ganzer sport auch lohnt und eine gute figur zu bekommen .. direkt nach gesund werden steht bei mir das abnehmen auf der liste.. liegt vielleicht auch daran das ich schonmal dick war ne ganz lange zeit und einfach weiß wie furchtbar das ist und weil ich weiß das ich normalerweise auch ne ganz tolle figur hätte wenn ich gesund esse und keine fas mehr hätte, da ich sehr viel sport treibe .. aber dieser teufelskreis mit der bulimie muss dafür ja erstmal durchbrochen werden :-/