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Vorstellung, 26, Essstörung, intersexuell, usw.

Verfasst: Do Feb 02, 2012 13:15
von KimKai
Hallo

Ich bin neu hier. Bin 26 Jahre alt und leider leider schon seit 13/14 Jahren an einer Essstörung. Es fing an, als ich mit 13 anfing, mich weiblich zu entwickeln. Das ertrug ich nicht. Ich fühlte mich nicht wie ein Mädchen und wollte keines sein, geschweige denn eine Frau werden. Ich hörte auf zu essen. Lange hatte ich keine Menstruation. Als meine Mutter an Krebs erkrankte, wurde mir alles egal und ich nahm zu, jedoch verlagerte sich die Destruktivität gegenüber meinem Körper dann auf andere SVV-Arten.
Es gab seitdem Phasen mit großen Gewichtsspannen/Schwankungen.
Meine Kindheit war........Ich leide an einer dissoziativen Störung, depressive Persönlichkeitsstörung und PTBS; Manch ein Arzt sagt Borderline, andere verneinen dies bei mir vehement. Keine Ahnung.
Mit 18 Jahren zog ich von Zuhause aus und ging in die Kinder-Jugendpsychiatrie. Zuviel war daheim passiert. Danach ging es ins betreute Wohnen.
Mein Körper war wieder in der Pubertät, jedoch begann ich mich merkwürdig zu entwickeln. Ich bekam Brüste, eine breite Hüfte, ein sehr breites Kreuz,Akne, ganz viele Haare und da war einfach das Gefühl, dass ich keine Frau bin. Ich fühlte mich jedoch eher zu Männern hingezogen und konnte mir keinen Reim darauf machen, da ich ja dann nicht lesbisch sein konnte. Bis ich merkte, dass das "als-wer-ich-mich-fühle" nichts damit zu tun hat mit dem "wen-ich-liebe-und-attraktiv-finde". Also Identität versus Sexualität/s*x**ll* Orientierung.
Ich informierte mich und fand Gleichgesinnte. Von da an bezeichnete ich mich als transsexuell, als Transmann. Ich begann zu den Ärzten und Therapeuten zu gehen, die sich damit auskannten und begann, männliche Hormone zu nehmen. Verschiedene OPs ließ ich vornehmen und da und auch durch Blutuntersuchungen kam heraus, dass ich eigentlich vorher auch keine richtige Frau war, sondern beides hatte. Ich bin also intersexuell/zwitter/hermaphrodit. Nun lebe ich als Mann, jedoch habe ich aufgrund meiner Sozialisation und Prägungen auch sehr weibliche Seiten. Ich habe beide Genitalien und das darf auch sein. Ich möchte als Mann behandelt werden und unauffällig als solcher leben, jedoch im zwischenmenschlichen Bereich bin ich beides.
Hier ein Beispiel für einen, der so ähnlich ist wie ich
http://www.youtube.com/watch?v=wJ5OgnZbbsI
Es gibt einen Film, der XXY heißt. Die Person dort hat das, was ich auch habe.
Ich dachte, ich würde meine Essstörung ablegen, wenn ich körperlich ein Mann werde,aber leider ist dem nicht so. Noch immer kämpfe ich damit herum.
Im Laufe des letzte halben Jahres habe ich eine stationäre TraumaTherapie gemacht und da wurde sehr viel aufgewühlt und leider verschwand meine Therapeutin von heute auf morgen, ohne ihr Büro zu räumen, geschweige denn, sich zu verabschieden. Die Vertretung von ihr verschwand plötzlich aufgrund von Schwangerschaftskomplikationen. Joah. viel aufgedeckt,aufgewühlt und dann damit allein gelassen. War nicht so sonderlich produktiv. Die weiteren Behandler waren überlastet und konnten keinen Ersatz anbieten.
Ich nahm in dem halben Jahr ab und erreichte mein Traumgewicht und fiel sogar darunter.
Ich werde euch nix Neues berichten, wenn ich sage, dass ich mich aber genauso fühle wie zuvor. Nix hat sich geändert. Ich habe mal meine Körperumrisse aufgemalt und dann meinen tatsächlichen Umriss darauf zeichnen lassen und das war schon ein sehr extremer Unterschied.
Wenn ich einen Spiegel schon länger benutze, dann sehe ich mich darin dick. Wenn ich einen neuen habe, dann sehe ich mich darin vorerst schlank.
Ich schaue immer auf meine weiblichen Hüften und verabscheue sie. Meine Hormonärztin meinte zu mir, dass ich mit dem Hungern in eine Richtung steuere, die dem entgegensteht, was ich eigentlich erreichen will. Sie sagte, es mache keinen Unterschied, ob eine anorektische vor ihr sitze ohne Menstruation und mit Brust, oder ein Mann mit Bart und flacher Brust.
Sie hat Recht. Sie sagte, zu einem Mann gehöre auch ein gewisses Volumen.
Ja, ich weiß, aber ich schaffe es einfach nicht. Ich muss auch ehrlich gestehen, dass ich gar nicht immer so sehr möchte, dass ich die ES aufgebe, weil sie ein wichtiger Teil meiner Selbstdefinition ist bzw. weil ich danke, dass ich nur etwas wert bin, wenn ich stärker bin als andere und schlanker bin. Ich muss auch sagen, dass ich zwischendrin es genieße, wenn ich merke, dass Leute mich abgemagert bezeichnen. Gleichzeitig traue ich mich nicht, zu alten Bekannten zu gehen, weil sie das sehen und thematisieren würden. ich ertappe mich dabei, wie ich viele Schichten übereinander trage, um dann doch voluminöser auszusehen. Das ist doch schräg...
Ich habe mit meinen inneren Kindern den Vertrag geschlossen, dass ich *** mal im Monat, die Sachen, die ich mir sonst nicht erlaube, esse/kaue, aber nicht runterschlucke. Das war n ganz guter Deal. Dann find das Erbrechen an.
Ich erbreche oft nach dem Essen und bin im Moment sehr verunsichert, in wie weit die Medikamente, die ich nehme, aufgenommen werden können von meinem Körper. Ich habe dazu keine klaren Angaben gefunden. Lediglich ezüglich der Pille findet man die 3-4 Stunden Zeitfenster. In der Apotheke nachfragen, traue ich mich nicht. Immerhin habe ich es beim Zahnarzt angesprochen und ich habe eine Zahnzusatzversicherung, weil ich schon die Sorge habe, dass sowohl Anorexie, als auch Bulimie die Zähne auf Dauer arg schädigen und Zahnersatz erforderlich sein könnte. Meine Zähne sind mir unheimlich wichtig. Ich habe auch oft Alpträume, in denen mir diese ausfallen. Aufgrund einer angeborenen Fettstoffwechselstörung fiel bei mir früher nicht auf, dass ich eine ES habe, da ich wahnsinnig hohe Cholesterin und Triglyceride habe. Wenn man mein Blut ansieht, denkt man, ich wäre stark adipös. Meine Mutter und Schwester litten ebenfalls an einer ES.
Eine Familie habe ich nicht mehr. Täterkotakt abgebrochen und einige sind verstroben oder haben sich wegen meiner Geschlechtsangleichung von mir losgesagt.
Ich lese mitlerweile sehr gerne und gebe Nachhilfe in Englisch, da ich lange auf einer bilingualen Schule war. Bin ein Billy Joel Fan und mag die Welt des Harry Potters. Habe Ratten als Haustiere und lebe allein, nachdem ich viele Jahre in WGs gewohnt habe.
Nach außen hüte ich das Bild des fitten, gesunden jungen Mannes. Selbst meine Freunde wissen nicht, wie schlecht es mir geht.
Ich habe eine unheimlich starke Fassade.

Viele Grüße, Kim

Re: Vorstellung, 26, Essstörung, intersexuell, usw.

Verfasst: Fr Feb 03, 2012 10:46
von CoCoRiCo
Hallo und herzlich willkommen :)

Wow, Dein Lebenswandel ist ganz schön krass! Ich finde es sehr interessant, dass Du Dich für das Leben als Mann entschieden hast! Ist bestimmt nicht immer einfach, oder?

Wenn ich das richtig verstanden habe, möchtest Du mit der Essstörung erreichen, dass die weiblichen Merkmale verschwinden bzw. das war Deine Idee dann, oder? Und jetzt nimmst Du Hormone, aber das Essverhalten ist noch immer gestört?

Wenn man hungert, kann das Essanfälle auslösen. Viele Magersüchtige haben irgendwann Heisshungeranfälle. Vielleicht ist das bei Dir so, weil Du generell zu wenig isst und dann Gelüste bekommst.

Was empfindest Du, wenn Du eine normale Mahlzeit essen willst/sollst?

Bist Du in einer Beratungsstelle für Suchtkranke (z. B. Caritas, Diakonie in Deutschland)?

LG

Re: Vorstellung, 26, Essstörung, intersexuell, usw.

Verfasst: Fr Feb 03, 2012 12:46
von Jersey
hallo kimkai

herzlich willkommen im forum!

ich finde es auch sehr interessant und natürlich auch wahnsinnig mutig, dass du dich für das leben entschieden hast, das du jetzt führst.

schade, dass dich deswegen deine freunde stehen ließen. sicherlich ist es für sie auch komisch zu sehen, wie du dich verändert hast, aber der kern bleibt doch der gleiche!
KimKai hat geschrieben:Die weiteren Behandler waren überlastet und konnten keinen Ersatz anbieten.
das heißt, du bist momentan nicht in therapie?

wobei eine therapie im moment wahrschelnich auch nicht helfen würde, da du sagst, du bist noch nicht bereit, sie loszulassen.
erst wenn du die ES bekämpfen WILLST, hast du eine chance.



liebe grüße
jersey

Re: Vorstellung, 26, Essstörung, intersexuell, usw.

Verfasst: Fr Feb 03, 2012 18:51
von KimKai
dankeschön :)

@cocorico:Ja, genau. Ich glaube, dass sich die Essströung primär entwickelt hat, weil ich die weiblichen Rundungen nicht wollte. Nun hat es aber auch den "Sinn" mir selber weh zu tun- auch in dem Sinne, dass ich mich unattraktiv mache.
Der Weg, ein Mann zu werden und als solcher behandelt zu werden war auch irgendwie schön. Man bekommt Glücksgefühle beim Erreichen der einzelnen Meilensteine. Zum Beispiel der Stimmbruch, die vielen Haare,die richtige Anrede usw.
Ich werde manchmal jedoch wie ein Junge behandelt, weil ich so extrem jung aussehe. ich werde teilweise noch auf 16 geschätzt. Maximal auf 19/20. Zudem habe ich einen sehr jugendlichen Stil. Trage viele Dinge von NewYorker und habe viele Piercings.
Ich merke immer wieder, dass trotz der Angleichung ich dennoch viele weibliche Anteile habe und die werden auch bleiben und das ist auch ok. Nur glaube ich, dass ich manchmal irritiere, weil ich mich vom Wesen her oft eher mit Frauen identifizieren kann und zum Beispiel extrem angeekelt auf ekelige Typen reagiere, die sich ekelig gegenüber Frauen verhalten.
Auf jeden Fall, Ja, ich habe gedacht, die Störung würde mit der körperlichen Veränderung weggehen. Dies war leider nicht so.
Normal Essen....puh. Also so richtig ohne mir Gedanken zu machen um die Kcal geht es gar nicht. Einfach mal das essen, was andere essen, ist nicht drin. Wenn ich es dennoch einmal versuche, dann esse ich danach erstmal nix, um es auszugleichen. Ich kenne es nicht, etwas zu essen, weil es mir schmeckt. Ich kann schon zwischendrin mal was Süßes essen, aber ne Bratwurst usw. ist nicht drin. Warme Mahlzeiten esse ich zuhause nicht. Nachts im Halbschlaf mische ich dann alles mögliche zusammen und werfe es in die Pfanne. Damit betreibe ich dann Chew and Spit (Kauen und Ausspucken, ohne es runtergeschluckt zu haben). Ja, ich denke auch, dass das Produkt meiner gezügelten Narungsaufnahme ist. In der Klinik war es auch ein wenig besser. Da hab ich aber immer das Fleisch gegen Gemüse getauscht.
ich hoffe, ich schreibe hier gerade so, dass ich mich an die Regeln halte- ich meine bezüglich der erlaubten Wörter usw. Natürlich etwas unglücklich gelaufen, dass ich so ein Wort mit "s***x**" in der Überschrift habe. Daran habe ich zuerst gar nicht gedacht und ich dachte, dass die Überschrift aussagekräftiger ist, als ein bloßes"Hallo".

@Jersey: Ja, du hast Recht, im Kern bleibt man wirklich die Person, die man vorher auch war. So trage ich auch viele weibliche Anteile in mir. Im Moment habe ich "nur" meinen Psychiater. In der Klinik lief es ja katastrophal ab. Ich war dort seit Juni. in den ersten 10 Wochen war meine Therapeutin Frau D. gerade mal zu 5 Stunden in der Lage und als ich kurz in die Thera-Pause bin für zwei Wochen und zurück kam, war sie krank- im Urlaub und wieder ne Woche krank. Ich machte Terz und konnte dann irgendwann zu Frau M. wechseln. Da hatte ich dann 4 Stunden und dann verschwand sie ohne Abschied, Abschlussgespräch und ohne ihr Büro zu räumen. Dann sollte ich wieder zu Frau D., da diese mitlerweile wieder- trotz Schwangerschaft- recht regelmäßig da war. Als es dann anstand, ein Gespräch zu haben, verschwand sie ebenso. in 20 Wochen hatte ich also 9 Therapiegespräche. Ich bin dort geblieben, weil ich nicht aufgeben wollte und nix hinwerfen wollte.
ich hatte in meinem driitten Intervall dort , welches von Mitte November bis Ende Dezember lief, keine Therapiegespräche. Ich habe jedoch sehr von der Bewegungsthera profitiert und das Beste rausgeholt. ab ca. Juni werde ich eine 3-12 monatige Langzeittherapie in der Klinik machen.
Bis dahin muss ich schauen, wie ich die Zeit überbrücke. Ich werde auf jedenfall einen neuen ambulanten Therapeuten finden müssen, denn mit meinem jetztigen sind die Stunden aufgebraucht und er bekommt nur immer so 50-max. 100 Stunden bewilligt. Wenn ich zum Analytiker gehe, dann gehen viel mehr Stunden.
Ja, ich bin mir manchmal nicht so sicher, ob ich die ES aufgeben möchte bzw. ob ich meinen schlanken Körper aufgeben möchte. Das ist eigentlich der Punkt, denn ich würde so liebend gerne essen können wie eine 7-köpfige Raupe, ohne zuzunehmen. Meine Nachhilfeschüler sind so- wobei der eine sich leider erstaulich viele Gedanken macht über Kcal und Figur.
Aber neben der ES gibt es bei mir einige Bausstellen und ich denke, wenn einige davon abgearbeitet sind, dann wird das mit dem Essen auch indirekt angegangen.