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Hallo
Verfasst: Mo Nov 28, 2011 22:03
von flora
Seit geraumer Zeit lese ich jetzt hier im Forum ab und zu eure Beiträge und finde mich leider sehr oft dabei selbst wieder.
Trotzdem habe ich immer gezögert mich selbst anzumelden, im Grunde genommen weiß ich auch nicht genau, weshalb ich heute den Schritt wage, vielleicht habe ich einmal zu oft den Tag zwischen Küche und Klo verbracht...
Ich bin 25 Jahre alt und seit über 12 Jahren lebe ich mehr oder weniger mit Bulimie. Immer wieder gibt es Zeiten, manchmal sogar Monate und Jahre in denen ich die Krankheit unter Kontrolle habe, aber seit fast einem Jahr ist es so schlimm wie kaum jemals zuvor. Die FAs und das anschließende Kotzen dominieren meinen Alltag. Jeden Tag nehme ich mir aufs neue vor, dass es morgen besser wird, wird es aber nicht und das obwohl ich genau weiß, was ich meinem Körper mit diesem Mist antue. (Ich bin selber Medizinstudentin, wenn ich endlich die Kraft aufbringen könnte, meine Abschlussarbeit fertig zu schreiben, wäre ich Ärztin.)
Niemand weiß von meinen Problemen. Nach außen wirke ich für alle wohl ziemlich stark, wobei ich nicht weiß wie lange ich diese Fassade noch aufrecht erhalten kann...
Vielleicht finde ich also hier jemanden, mit dem ich mich austauschen kann. Ich hoffe sehr, dass schon das mir vielleicht weiterhelfen könnte!
flora
Re: Hallo
Verfasst: Di Nov 29, 2011 8:47
von Jersey
hallo flora,
herzlich willkommen im forum!
12 jahre sind eine sehr, sehr lange zeit! und in dieser zeit hat niemand bemerkt, dass es dir nicht gut geht?
willst du mit niemanden darüber sprechen?
hast du schon einmal über eine therapie nachgedacht?
ich denke, wenn man die hälfte seines lebens damit verbringt, das essen wieder loszuwerden, wird es wahrscheinlich nicht einfach werden, dieses verhalten so einfach wieder loszuwerden. vor allem ohne hilfe...
liebe grüße
jersey
Re: Hallo
Verfasst: Di Nov 29, 2011 17:57
von flora
Danke, für die Antwort!
Ich bin ziemlich gut darin Ausreden zu finden, meine "Gastritis" ist zum Beispiel schon fast chronisch...
Die letzten knapp acht Jahre hab ich auch nicht mehr bei meinen Eltern gelebt, was die Sache sehr erleichtert. - Und während der zwei Jahre, die ich mit meinem Exfreund zusammen gewohnt habe, gab es bis auf ganz wenige Ausnahmen nichts zu verheimlichen.
Insgesamt fast drei Jahre lang war das Kotzen nur ein Gespenst, weshalb ich auch gedacht hab ich hätte es für immer hinter mir gelassen. Aber dann war die Beziehung vorbei und ich nahm rasch viel Gewicht ab, mehr oder weniger absichtlich, bis dann die Fressanfälle zuschlugen und von einem Moment auf den anderen wurde aus dem Gespenst wieder ein quicklebendiges Monster.
Während der früheren Phasen hab ich eigentlich nie über eine Therapie nachgedacht und irgendwie hab ich es ja dann auch immer wieder geschafft die Situation unter Kontrolle zu kriegen.
Seit ein paar Wochen wächst aber der Zweifel, ob ich es dieses Mal schaffe. Ich hab das Gefühl alles entgleitet mir und ich werd einfach dieses Beklemmungsgefühl in meiner Brust und meinem Bauch nicht mehr los, nicht mal nach dem Kotzen.
Also, ja ich denk über eine Therapie nach, wobei ich mir nach wie vor nicht vorstellen kann mit jemandem aus meiner Familie oder von meinen Freunden darüber zu reden. - Sie wären so enttäuscht!
Re: Hallo
Verfasst: Di Nov 29, 2011 19:27
von Jersey
flora hat geschrieben:Die letzten knapp acht Jahre hab ich auch nicht mehr bei meinen Eltern gelebt, was die Sache sehr erleichtert.
erleichtert?!!?
flora hat geschrieben:Also, ja ich denk über eine Therapie nach, wobei ich mir nach wie vor nicht vorstellen kann mit jemandem aus meiner Familie oder von meinen Freunden darüber zu reden. - Sie wären so enttäuscht!
ja, das kann ich irgendwie verstehen. ich wollte auch nie, dass es jemand aus meiner familie erfährt. ich hab mich so geschämt. ich war immer die "starke", hatte immer gute noten, war das "vorzeige-kind". und von einem tag auf den anderen wurde dieses bild zerstört. ich hab es selbst nicht gesagt, ich wurde verraten und das auf übelste weise. ich hasse ihn bis heute - aber das ist eine andere geschichte.
es wäre sicherlich ein anfang, wenn du dich an einen therapeuten wendest. wenn du nicht bereit bist, es deinen eltern/freunden zu erzählen, ist das auch ok. vielleicht änderst du deinen meinung irgendwann.
aber wenn du selbst das gefühl hast, dass du dich nicht mehr unter kontrolle hast, solltest du ernsthaft darüber nachdenken, dir hilfe zu holen!!
liebe grüße
jersey
Re: Hallo
Verfasst: Mi Nov 30, 2011 8:33
von flora
Liebe Jersey,
"erleichtern" ist vermutlich wirklich nicht grade die beste Formulierung und vermutlich spricht die Wahl des Wortes auch nicht grade für mich. Aber irgendwie stimmt es auch! Die Tage in den Ferien, die ich zuhause verbracht habe, waren für mich immer schwierig! Einerseits weil man da natürlich wirklich aufpassen muss nicht erwischt zu werden, andererseits aber auch weil dort der Druck noch steigt. - Meine Eltern machen das nicht bewusst aber es ist wie bei dir, ich war auch immer das Vorzeigekind, gut in der Schule und im Studium, immer freundlich und nett. Mein jüngerer Bruder war derjenige um den man sich Sorgen gemacht hat, über seine Noten, über seine nervösen Tics, seinen Alkoholkonsum. - Mein Bruder ist mittlerweile ein ziemlich cooler, gefestigter Typ und ich wach jeden Tag mit Angst auf und manchmal wünsch ich mir, dass man mir meine Probleme ansehen könnte, damit ich aufhören könnte, die Starke zu spielen...
Wie ist das bei dir gelaufen nachdem sie es erfahren hatten? Bist du froh, dass sie es heute wissen? Und hast du es dadurch geschafft oder besser geschafft die Bulimie unter Kontrolle zu bekommen?
Ja, ich sollte mir vermutlich wirklich einen Therapeuten suchen, aber die Vorstellung, selbst vor einem Fremden, zuzugeben was ich für ein Problem hab, ist extrem schwierig für mich. Während dem Studium (inklusive Psychiatreipraktikum) und bald im Job, steh ich auf der anderen Seite und weiß daher auch wie manche Ärzte und Psychologen, die Patienten kategorisieren und in Schubladen stecken. Und dann frag ich mich in welche Schublade ich gehöre?
LG, flora