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von aisle
hallo an alle.
ich hatte gerade das bedürfnis, meine vorstellung hier etwas zu ergänzen bzw. auf einen neueren stand zu bringen.
als ich vor über einem jahr zuletzt hier geschrieben habe, waren noch nicht mal ansatzweise besserungen im umgang mit der bulimie/meinen zwängen in sicht - es sei denn, man zählt das bewusstsein über den echt enormen leidensdruck dazu. aber entsprechend handeln konnte ich nicht.
ende april diesen jahres gab es einen umbruch; vielleicht würde ich heute noch täglich erbrechen, wenn mein körper mir nicht irgendwann einen strich durch die rechnung gemacht hätte. mangelerscheinungen verschiedenster art zu ignorieren, war ja meine leichteste übung - erst als es plötzlich öfter vorkam, dass ich rein physisch nicht mehr in der lage war, die enormen mengen, die mein alltag waren, zu erbrechen, konnte ich anfangen, das umzusetzen, was ich mir so lange gewünscht hatte, die bulimie zu verabschieden.
seit 3 monaten habe ich also meine ernährung auf gesund umgestellt (zumindest nach bestem wissen und gewissen) und gehe endlich ACHTSAMER mit meinem körper, meiner psyche und auch meiner umgebung um. versuche, eindrücke/druck auf andere art zu verdauen, als durch maßloses und dadurch mit viel qual verbundenes essen...
im mai und juni hatte ich jeweils noch 2 fälle, in denen ich in bzw. nach stresssituationen nicht aufhören konnte, zu stopfen u.anschließend erbrochen habe. aber diesen sonntag werden es 60 tage sein, die ich ganz ohne erbrechen und maßloses essen nicht hinter mich gebracht, sondern die meiste zeit wirklich ohne druck und bewusst erLEBT habe. es ist nicht immer einfach, aber für mich etwas besonderes. v.a., da schon nach wenigen tagen die bulimie (zumindest in ihrer konkreten ausführung) weit weg schien.
trotzdem ist mir klar, dass ich noch nicht ganz heil bin ... viele, viele gedanken kreisen immer noch ums essen. ich "muss" (d.h. es gibt mir sicherheit) meine mahlzeiten relativ genau planen, zähle auch kalorien, was ich perspektivisch natürlich abstellen möchte.
abseits meiner eigenen einkäufe angebotenes / vorhandenes essen bringt mich immer noch aus dem konzept. auch gewisse umstände stressen mich. dementsprechend hatte ich vorhin auch einen er erstaunlicherweise in den letzten monaten recht wenigen kritischen momente, in denen ich mir vorstellen konnte, wieder zum supermarkt zu gehen und das mittlerweile eigentlich unvorstellbare zu tun.. bin sehr froh, dass ich mich beruhigen konnte. aber es bleibt vorerst noch ein "eigentlich". denn das die bulimie mächtig ist, bzw betroffene ihr unheimlich viel macht verleihen, brauche ich hier ja sicher niemandem zu sagen ...
trotzdem bin ich überzeugt, dass jede(r) einzelne seine gründe für soviel selbstmissbrauch herausfinden und anderweitig verarbeiten kann, entweder mit "professioneller" hilfe oder durch ein mehr oder minder selbst zusammengebautes konzept. letzteres ist sehr anstrengend, aber es lohnt sich. bulimie ist auch sehr anstrengend, und sie lohnt sich kein bisschen.
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aisle am Fr Aug 03, 2012 19:43, insgesamt 2-mal geändert.
"Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Taten. Achte auf deine Taten, denn sie werden Gewohnheiten. Deine Gewohnheiten werden dein Charakter, dein Charakter wird dein Schicksal."