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ich kann nicht mehr...

Verfasst: Di Okt 05, 2010 19:55
von haidi88
Hallo alle zusammen,
ich lese jetzt schon seit einiger Zeit hier mit und habe mich jetzt endlich dazu entschlossen auch einen Beitrag zu schreiben.
Auch wenn es keiner lesen sollte oder auch keiner zurückschreibt, hoffe ich doch sehr, dass es mir hilft, meine Gedanken, Gefühle und Ängste hier aufzuschreiben, denn ich kann einfach nicht mehr...

Ich bin 22 und habe seit 8 Jahren Bulimie. Ich habe angefangen, als eine Mitschülerin spaßeshalber in jeder Pause nach dem essen gesagt hat, dass sie jetzt aufs Klo geht, um sich zu übergeben, weil sie nicht zunehmen will. Ich war unschuldige 14 Jahre alt und hab noch nie auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet, solche Dinge zu tun!
Aber nachdem ich eh ein bisschen fester war und mich unwohl gefühlt habe, sah ich das als Chance und hab es auch mal ausprobiert. Mann, war das ein gutes Gefühl Kekse zu essen, sie danach auszukotzen und danach zu wissen, dass man nicht zunehmen kann. Einfach herrlich. Wieso nicht so weitermachen? Da waren mir die Folgen dieser Krankheit nicht bewusst...
Ich begann mich mehrmals täglich zu übergeben. Mein Leben bestand nur noch aus essen und übergeben. Ich vernachlässigte meine Freunde, habe mein Lebensfreude und meinen Antrieb verloren. Ich lebte nur noch für meine FA.
Dass es irgendwann auch meinen Eltern und Freunden aufgefallen ist, ist nicht verwunderlich... Meine Eltern wollten es nicht wahrhaben und meinten es wieder "heilen" zu können, indem sie mir gut zuredeten. Genauso wie meine Freunde.
Tja, wenn das allerdings so einfach wäre.... Dann hätt ich es schon längst gemacht!
Wie gesagt, die Folgen liesen nicht lange auf sich warten: ich bekam starken Haarausfall, meine Adern (vor allem auf den Armen) haben sich stark blau verfärbt, auch im Gesicht konnte man sie erkennen, ich hatte oft Kopfschmerzen und das schlimmste: meine makellosen Zähne bestehen jetzt fast nur noch aus Füllungen.
Dass ich mich und meinen Körper komplett kaputt gemacht habe, habe ich allerdings viieeel zu spät erkannt! Wenn ich die Ziet zurückdrehen könnte, würde ich es sofort machen!!! Ich würde alles dafür geben, nie diesen Satz meiner Schulkameradin gehört zu haben und nie damit angefangen zu haben.

Naja, jetzt bin ich 22, studier, lebe mit einer Mitbewohnerin 200km von meinen Eltern entfernt und kämpfe Tag täglich, Woche für Woche gegen diese Scheißkrankheit an. Meine Eltern denken, das gehört meiner Vergangenheit an und machen sogar teilweise Witze darüber. Wenn sie nur wüssten...
Manchmal klappt es so gut, dass ich es wochenlang schaffe mich nicht zu übergeben und ein richtig geregeltes und gesundes Essverhalten zu haben. Ich fühl mich sofort total wohl und meine Haare fangen auch wieder an zu glänzen (so blöd das jetzt auch klingt). Tja und dann auf einmal, kommts mit so einer gewaltigen Wucht zurück, dass ich gar nicht mehr hinterher komme. Vor allem wenn ich unter psychischem Stress stehe, kann ich drauf warten, bis die nächste FA kommt.
Ja und leider befinde ich mich gerade in solch einer Phase, die man gerne überspringen möchte. Ich kann einfach nicht mehr!! Wieso kann ich es nicht einfach bleiben lassen und meinen Körper endlich Zeit geben sich zu regenerieren? Wieso tu ich mir das selber an? Wieso zerstöre ich meinen Körper so sehr??? Wieso lässt mich die Krankheit nich einfach los?

Ich kann einfach nicht mehr. Hilfe...

Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Di Okt 05, 2010 20:06
von Magdalena
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Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Di Okt 05, 2010 20:28
von haidi88
Hallo Valerie,
danke für deine Antwort.
Ja, ich habe schon öfter darüber nachgedacht eine Therapie zu machen. Aber irgendwie schaff ich diesen Weg dahin nicht. Ich weiß nicht woran das liegt, aber ich denke so oft darüber nach, aber der Schritt, es dann auch wirklich zu tun, fällt mir komischerweise total schwer. Ich weiß nicht warum.
Vielleicht halte ich immernoch an der Hoffnung fest, dass ich es auch selber schaffen kann! Ich weiß es nicht...

Wie schauts bei dir aus? Wie ist deine Geschichte, falls ich dich danach fragen darf?

Liebe Grüße,
Maria

Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Di Okt 05, 2010 20:45
von Magdalena
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Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Di Okt 05, 2010 22:34
von katebo
hey heidi88 :)

ich hab letzte woche (in einer kleinen depriphase) auch meine geschichte hier ins forum geschrieben. seitdem hab ich "das essen im magen gelassen". es war unglaublich befreiend das allein niederzuschreiben, es endlich mal "jemandem" zu erzählen :) ich bin auch am studieren, ein jahr jünger als du, auch weit weg von meinen eltern während der woche; und ich habe mich anfangs hier alleine gefühlt, obwohl ich etliche freunde habe die mit mir hier sind. ich glaube dass das mich wieder dazu gedrückt hat mein essen wieder loszuwerden =/ ich gehe jetzt jeden tag laufen, versuche jeden tag wieder schwimmen zu gehen. diese ablenkung brauch ich :) mir wurde zwar eine therapie angeboten, doch ich fürchte mich davor (ich möchte jetzt nicht die therapien in frage stellen, ich sage hiermit nur, dass sie für mich nicht in frage kommet). einen unterschied haben wir wohl in unserer geschichte, bei mir weiß es keiner meiner freunde/familie.
steckst du dir den finger in den hals weil du dich zu dick fühlst? hab das nicht ganz in deinem beitrag herausgesehen!? wenn ja, wie wärs mit sport/ablenkung? :) bei mir hilft es, es war aber gleichzeitig auch der auslöser dieser krankheit, als ich nicht mehr so regelmäßig sport machen konnte (zeit, leistenriss - kurz vorm bruch).

mfg katebo

Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Mi Okt 06, 2010 16:50
von haidi88
hallo katebo,

danke für deine antwort :) du sprichst mir aus der seele: es tut wirklich gut die geschichte niederzuschreiben und "gleichgesinnte" zu finden mit denen man reden kann und die einen verstehen.
also bei mir ist es so, dass ich angst vorm zunehmen habe (obwohl ich laut BMI eher im unteren drittel des normalgewichtes liege und auch solche rückmeldungen bekomme), ich will nicht wieder "moppelig" werden und wenn ich FAs bekomme kann ich das ganze essen beim besten willen nicht drinnen lassen, weil mir die eingenommenen kalorien so lange im kopf rumspuken, bis sie wieder ihren weg nach draußen finden.
die frage ist, wieso ich FAs bekomme. weil wenn ich mich normal ernähre (solche schönen phasen kommen auch durchaus vor) übergebe ich mich auch nicht (mit einigen ausnahmen, wenn ich meines erachtens "zu viel" gegessen habe) da bleibt alles schön drin und ich fühle mich wohl dabei. aber dann kommen wieder zeiten, wo ich fast jeden zweiten tag einen FA habe und dann geht gar nichts mehr. ich fühle mich total schlecht, schlapp und matt und kann mich zu nichts mehr bewegen. ich würde mich nach dem "klobesuch" am liebsten nur noch im bett verkriechen...
mit sport und ablenkung hab ich es auch schon versucht. es klappt leider nur halbwegs. vielleicht müsste ich es nur konsequenter durchziehen! aber manchmal ist der schweinehund einfach nicht zu überwinden... :?


die therapie-geschichte ist auch so eine sache bei mir: ich habe schlicht und ergereifend angst davor und "will" sie irgendwo auch nicht machen. meine hoffnung, dass ich es auch alleine schaffen kann, kann ich einfach nicht aufgeben... und außerdem habe ich schon von soo vielen gehört, die behaupten, dass ihnen die therapie nichts gebracht hat. da frag ich mich, weshalb ich es überhaupt ausprobieren soll, wenn sie eh nichts bewirkt... ich weiß es einfach nicht. vielleicht sollte ich es mal ausprobieren. aber der weg dahin fällt mit total schwer...

wo studierst du? weiß wirklich gaaaar keiner von deinem problem? ich habe eine freundin hier, die hat(te) auch ein ES und mit ihr rede ich ab und zu darüber und du kannst dir nicht vorstellen wie gut das tut! meinst du nicht, dass du dich jemandem anvertrauen kannst? glaub mir, das hilft einem so unglaublich weiter!

liebe grüße,
maria

Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Mi Okt 06, 2010 18:08
von katebo
hoi :)
das ist genau dasselbe bei mir mit dem essen und dem schlechten gewissen. ich habe auch manchmal FA, ich fang ganz normal an zu essen mit dem gedanken nicht zu viel zu essen, doch dann hau ich trotzdem rein. ich beruhige mich dann mit dem gedanken dass ichs ja sowieso wieder rauskriegen kann. wenn ichs drin lasse gehts mir seelisch so schlecht, ich muss dann auch immer dran denken..aber es geht jetzt wieder, ich pass wieder auf, geh wieder jeden tag laufen (die kondition ist immer noch da hab ich gemerkt :D), dadurch gehts mir besser :) ich rede schon so nicht über meine probleme, ich bins gewohnt sachen in mich hineinzu"fressen", was ein kritikpunkt an mir ist (für meine freundin zumindest). man könnte mich mit einem yoyo vergleichen, ich war sportlich, habe schwimm und fußballturniere gewonnen, dann bin ich eine zeit lang ins internat gekommen, wurde unglücklich [meine eltern sind keine schlechten eltern, glaubt das nicht!] und habe zugenommen. erst als es mir besser ging habe ich wieder mit dem sport angefangen, haben dann mit dem internat an fußballmeisterschaften teilgenommen die wir abgräumt haben, dann ging es mir, aus welchem grund auch immer (ich denke es war die liebe) wieder schlechter, habe wieder zugenommen, dann ging es mir wieder besser, ich habe angefangen zu laufen, habe an laufmeisterschaften teilgenommen mit erfolg, habe in meinem abijahrgang alle konditionsläufebestzeiten gemacht, bin mit freunden ins fitnessstudio gegangen (teils sogar übertriebene halbe tage da trainiert, wochenlanger muskelkater war nicht selten, was sogar ein kontraproduktiv zum muskelaufbau ist, und habe dann meine jetzige freundin getroffen/gefunden :) zum ersten mal im leben habe ich zugenommen weil ich glücklich war (wenn man das so sagen darf :) sagen wirs mal so, ich bin immer seltener zum sport gekommen). ich bin echt ein yoyo..jetzt habe ich seit einer woche wieder mit meinem geliebten sport angefangen :)

das mit den phasen ist mir also nur zu gut bekannt :) sie kommen und gehen..das mit dem verkriechen kenn ich, habe ich genauso gespürt. doch mein tagesablauf ging normal weiter!
der besten tip den ich dir geben kann ist dir echt ne sportart zu suchen die dir spaß macht, dann wars das auch mit der überwindung :) dann hat man auch kein schlechtes gewissen wenn man danach noch nen burger mit pommes isst :) war bei mir zumindest so, wenn ich sport gemacht habe, konnte ich danach zur frittenbude rennen. so doof sich das auch anhören mag.
das mit der therapie sehe ich genauso, in meinem früheren beitrag war es auch das erste was mir vorgeschlagen wurde, aber das hört sich für mich hier etwas nach einer standartantwort an. ich weiß nicht ob die leute die das vorschlagen selber schon eine gemacht haben? für mich kommt es einfach nicht in frage, das würde mich zu sehr aus meinem sozialen umfeld reißen. sicher würden mir meine eltern dabei helfen, meine freundin, meine freunde. aber ich würde niemals mit solch einem problem zu ihnen gehen (und genau darin liegt auch mein fehler, ich weiß dass sie mir helfen könnten). die hoffnung dass ich das alleine schaffe bleibt bei mir :)

ich studiere in Lüttich (Belgien) Biomedizin :) und nein, es weiß niemand von meinem problem, und ich glaube kaum dass jemand das von mir denken würde..dafür bin ich zu lebensfroh als dass jemand das erahnen könnte. ich wollte am we mit meiner freundin drüber reden, aber ich hatte es zu gut :) da denke ich nicht über das problem nach :)

so sry, dass war ne menge information über mich =/ was und wo studierst du denn? :)

Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Fr Okt 08, 2010 19:45
von haidi88
ich studiere pädagogik in bamberg. also weg von den eltern.
es hat so seine vorteile (frei, unabhängig zu sein und auf eigenen füßen stehen), der nachteil dabie ist allerdings: die hürde, dass die eltern einen "erwischen" ist nicht mehr gegeben. das macht die ganze sache einfacher. leider... :(

Re: ich kann nicht mehr...

Verfasst: Sa Okt 09, 2010 22:39
von sinnlos
Du hast geschrieben, du ernährst dich ausreichend und trotzdem hast du FAs. Das Gleiche ist bei mir. Wenn ich versuche, fünf Mahlzeiten zu haben, kommen FAs öfters und wenn ich nur einmal esse, kann ich FAs vermeiden. Ich habe hier im Forum gelesen, dass bei anderen Mädchen, die Situation gegensätzlich ist. :?
lg