Eben wurde mir klar, dass es schon 6 Jahre sind...

#1
Hallo erstmal an alle.

Ich bin praktisch ganz neu hier und habe gerade bemerkt, dass ich seit mittlerweile sechs Jahren Bulimie praktiziere.
Mir war bis eben echt nicht bewusst, dass das schon so lange ist...
Gefühlt hätten es nicht mehr als drei, vier sein dürfen.

Ich beschäftige mich schon lange mit dem Aussteigen und Aufhören, aber es ist nicht so leicht wie z.B. mit dem Rauchen aufzuhören.
Die Funktion, die es erfüllt ist wohl noch zu wichtig.

Ich habe in den letzten Jahren verschiedenes probiert:
ich war bei einem Beratungsgespräch(konnte/wollte) mir aber keine Behandlung leisten, hab Selbsthilfebücher gelesen - die immer nur tageweise (wenn überhaupt) gegriffen haben, hab mir überlegt welche Situationen FA auslösen oder welche Lebensmittel, habe versucht mir über die Funktionen klar zu werden, die das Fressen übernimmt um mich zu "entlasten" und ich habe meinem Partner davon erzählt.
Ich fühle mich nicht mehr so stark bestimmt von dieser Sucht, praktiziere sie aber trotzdem eigentlich jeden Tag. Oft auch garnicht so schlimm, aber halt doch.

Ich wünsche mir von mir selbst endlich damit aufzuhören und es zu schaffen meine Selbstdiziplin und Selbstkontrolle so anzuheben, dass ich nichtmehr von unwillkürlichen Bedürfnissen, sondern von Überlegungen geleitet handeln und v.a. essen kann.

Also nochmal Hallo, Servus und wir lesen uns :wink:

Re: Eben wurde mir klar, dass es schon 6 Jahre sind...

#2
Danke für deine öffizielle Begrüßung :)

Naja, es wird eben besser und schlechter...wenn es besser wird denke ich mir immer: es wird doch eh besser...
Und wenn es schlechter wird oder schon richtig schlecht ist, dann fühle ich mich meistens nicht stark genug um auch nur irgendwas dagegen zu tun.

Ich merke aber auch, dass meine Toleranzschwelle sich bereits sehr verschoben hat.
"Normal" ist eben nichtmehr das selbe wie früher und das macht mir momentan Sorgen. Wenn es nämlich gar nicht mehr schlimm und belastend ist, sondern so zu meinem Tag dazugehört wie...naja z.B. den Dreck unter den Fingernägeln rauszukratzen - also eine alltägliche Handlung, die nicht schön ist, über die man nicht mit anderen spricht, die aber trotzdem so selbstverständlich ist und wie von alleine passiert - dann hat sich mein Horitont wohl sehr verändert. Das will ich nicht. Ich will das nicht als Teil von mir haben!
Es ist schwer und ich merke, dass ich, je länger ich nichts dagagen tue, es mehr und mehr als Teil von mir akzeptiere.

Es tut erstmal gut hier zu sein.
Ich kenne niemanden mit ähnlichen Problemen, da ist es wirklich mal schön hier auf dieses Forum gestoßen zu sein und zu wissen: Ich bin wirklich nicht alleine.
Man hört ja immer, dass viele Leute ein eigenartiges Verhältnis zum Essen haben, aber wenn man keinen einzigen kennt oder nie mit wem der das selbst erfahren hat geredet hat, fühlt man sich doch recht alleine.

Und auch sonst konnte ich nie mit irgendwem darüber sprechen.
Meine Eltern kamen nicht in Frage und die meisten Freundinnen auch nicht. Einmal hab ich mit einem guten Freund darüber gesprochen, der hat dann so sehr mit mir geschimpft, dass ich ihm gesagt habe ich würde es nicht mehr tun...
Ich habe auch versucht mit meiner besten Freundin darüber zu sprechen, sie versteht normalerweise alles und ist eine ganz liebe und einfühlsame Person. Aber als das Thema auf Bulimie kam erzählte sie von einer unsympathischen Bakannten, die Bulimikerin war und offenbar sehr unsympathisch.
Sie meinte dass Bulimiker "introvertierte Stresser" seinen :shock: hab mir aber natürlich nichts anmerken lassen, sie hatte ja wirklich nicht wissen können, dass ich ... naja :roll:

Ich habe es meinem Freund erzählt.
Der hat das eigenartig aufgenommen: Auf der einen Seite sehr verständnisvoll, auf der anderen Seite empört über diese Verschwendung von Nahrungsmitteln, die ich, wenn ich sie ja eh nur wieder auskotze, lieber gleich für ihn im Kühlschrank lassen soll.
Er scheint auch nicht zu verstehen, dass das Problem nicht das Kotzen ist ( natürlich auch aber nicht nur!) sondern einfach schon viel früher mit dem zu-viel-essen beginnt. Und dass es mit bestimmten Nahrungsmitteln zusammenhängt. Und mit meinem Gemütszustand. Uns so weiter...
Mittlerweile ist er frustriert, weil er geglaubt hat, dass sich das ganz einfach lösen lässt indem er mir sagt: "Gut, dann geh halt nicht k*." So einfach ist das aber leider nicht und seit er festgestellt hat, dass er sich diesbezüglich falsche Hoffnungen gemacht hat, sagt er bloß noch:
"Mach dir halt irgendwo einen Termin aus."
Ja wo denn, würde ich gerne sagen, wo finde ich denn einen Therapeuten oder eine Therapeuthin, die ich sympatisch finde, der ich mich anvertrauen kann, die ich für komeptent genug halte um mir zu helfen, die tatsächlich kompetent genug ist um mir zu helfen und nicht so teuer, dass ich mir ohnehin nur eine Sitzung im Monat leisten könnte?

So weit so gut,
Schönen Montagmorgen :wink:

Re: Eben wurde mir klar, dass es schon 6 Jahre sind...

#3
Danke Bärta, für deine ehliche Antwort.

Du hast natürlich recht: Ich bin sicherlich eine schwierige Person/Patientin, weil ich weder gerne um Hilfe bitte noch mir gerne helfen lasse. Also muss es tatsächlich eine Person sein, zu der ich aufschauen kann und bei der ich das Gefühl habe etwas lernen zu wollen und auch zu können.
Ich bin sonst total stur und hätte am liebsten, dass alles nach meinem Kopf geht - außer ich bin verliebt oder davon überzeugt, dass die andere Person etwas einfach wirklich, wirklich besser weiß.

Aber ich will etwas ändern, das weiß ich. Und wenn das mit Therapeut besser gehen soll, dann will ich auch eine Therapie machen.

Leider liest mein Freund überhaupt nicht, wirklich garnicht. Ich hab mir auch schon überlegt, dass er vielleicht etwas darüber lesen sollte, aber darum bitten möchte ich ihn auch nicht. Wenn es ihn interessiert wird er es schon tun oder? Oder sollte ich ihm sagen, dass ich mich freuen würde, wenn er sich ein bisschen informierne würde? Ich werde einen guten Moment abwarten und ihn subtil darauf hinweisen :)

Und bevor ichs vergess:
Wien, ja ich wohne in Wien.

Schönen sonnigen Nachmittag :)

Re: Eben wurde mir klar, dass es schon 6 Jahre sind...

#5
Danke liebe Bärta, danke liebes Hörnchen :)

Danke für den Link, zum Glück bin ich bei der WGKK versichert.
Also habe ich mit sowhat telefoniert und sie haben mich auf ihre Liste für Erstgespräche gesetzt. Jetzt bin ich ganz happy :D es dauert zwar wahrscheinlich noch bis Herbst, weil recht viele Leute auf ein Erstgespräch warten, aber immerhin mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Vielen Dank für eure Hilfe!

Re: Eben wurde mir klar, dass es schon 6 Jahre sind...

#6
Danke Hettyrine für diesen Hinweis.

Ich werde es ihm einmal vorschlagen.
Ich glaube aber auch irgendwie, er will es garnicht soo genau wissen, weil er mich nicht "krank" sehen will, sondern als gesunden Menschen.
Je mehr er sich mit meiner Krankheit beschäftigen würde, desto mehr würde ihm auffallen, dass nicht immer alles mit mir stimmt und ich glaube er will sich diese Illusion nicht nehmen lassen...
Wir haben gestern eh ziemlich gestritten weil ich mir generell in letzter Zeit total übersehen vorkomme...
Je mehr ich so drüber nachdenke, desto mahr glaube ich es wäre echt eine gut Idee.

Danke nochmals für den Tipp.
Liebe Grüße!