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Ab wann ist es denn wirklich eine Essstörung?

Verfasst: Mi Jun 17, 2009 0:20
von mrs_sunshine
Hey Leute,

ich bin ganz neu hier und bin echt froh dass ich mich endlich getraut hab mich mal hier anzumelden... war zwar schon oft hier und hab mir die foren mal angeguckt aber mich immer zu sehr geschämt die sache einzugestehen.

Ich hab mich schon oft gefragt ab wann man wirklich bulimie hat. Ich war früher relativ kräftig und wurde deswegen von meinem Vater fertig gemacht, ich sei fett und bräuchte bald ne künstliche hüfte etc ( wobei man sagen muss das man das höchstens als mollig beschreiben kann - zahlen soll man ja hier nicht nennen) Mein Vater ist einfach ein totaler perfektionist, und hat mir das leben zur hölle gemacht wenn ich nicht ganz genau seinen vorstellungen entsprochen hab. also hab ich mit ww abgenommen, und alle waren stolz auf mich. Hab mich im fitnesstudio angemeldet und mache grade zwei diätprogramme gleichzeitig ( was ja irgendwie auch gestört ist)
mein allererster gedanke am morgen ist meine essenstagesplanung. ich esse mein müsli mit wasser statt mit milch um diese paar kalorien zu sparen, quetsche aus jedem stück gebratenen fleisch alles fett raus, und bin allgemein völlig bessen vom kalorienzählen.
Ich plane jetzt keine FAs und übergebe mich auch nicht mehrmals am tag, sondern einfach auch schon wenns ein bisschen zu viel war - so nach dem motto " das waren jezt *bla* kalorien zuviel für heute. Ich denk mir dann einfach, wie scheisse das ist das von einmal kekse naschen direkt ein ganzes workout umsonst war. dann erfinde ich irgendne ausrede und geh dann in mein bad und versuch diese paar kekse wieder rauszukriegen.
Meint ihr das das wirklich schon ne Essstörung ist oder einfach das man eitel ist und einfach keine lust mehr hat wegen jedem mal sich was gönnen direkt zuzunehmen oder nochmehr sport als sowieso schon zu machen? :roll:

Ich wäre echt froh wenn jemand mein problem kennt und mir da weiterhelfen kann

Re: Ab wann ist es denn wirklich eine Essstörung?

Verfasst: Mi Jun 17, 2009 5:11
von jen
liebe mrs sunhsine,

ich glaube, dass hier sehr viele dein problem nur zu gut kennen, da es ein teil der symptomatik ist, erst sehr spät wirklich einzusehen, dass man unter einer schlimmen krankheit leidet. sehr viele von uns standen einmal da, wo du heute stehst oder stehen noch dort.

du sagst, du zählst kalorien, deine ersten gedanken am tag kreisen ums essen - und du übergibst dich, wenn es deiner meinung nach zu viele kalorien waren. du machst diät- und nicht einmal nur eine. du ahnst es schon richtig: dein verhalten ist definitiv nicht normal - du hast bulimie, ganz klar.

weisst du, wenn man beginnt, zu erbrechen, um ja nicht zuzunehmen, ist das in jedem fall krank und auch wenn du es noch nicht so häufig tust und keine fa´s hast, so ist es dennoch eine kompensation von dem, was du zu dir genommen hast, aus angst, dicker zu werden. und dieses verhalten ist essgestört.

leider kommt dieses muster deines familiären hintergrundes sehr häufig vor bei essgestörten: ein vater, der druck ausübt und seinen perfektionismus auf die figur seiner tochter überträgt. dieses verhalten, die konstellation in der familie ist häufig ein faktor, krank zu werden.

hast du denn schon einmal an eine therapie gedacht? was sagt deine mutter eigentlich dazu? und der rest der familie, freunde, etc? du solltest dir dringend hilfe suchen. den ersten schritt hast du ja hiermit schon getan. doch ich rate dir insbesondere zu einer ambulanten therapie, fürs erste. und auch zu einem arztbesuch. die folgeschäden der bulimie sollte man nicht unterschätzen, auch wenn man glaubt, dass man ja noch nicht so extrem tief drin steckt.

ich selbst hatte drei jahre lang bulimie, was nun sechs jahre her ist. dennoch sind mir leider einige böse erinnerungen wie herzrhythmusstörungen und - wie ich erst letzte woche erfahren habe - die refluxkrankheit geblieben. von den krassen schäden während der zeit ganz zu schweigen.

tu was dagegen. es ist dein leben. deine zukunft. lass sie dir nicht verbauen. kämpfe für das, woran du heute noch glaubst. die bulimie kann einen nämlich so tief nach unten ziehen, dass man an gar nichts mehr glaubt. und dir sollte klar sein, dass der ausdruck "selbstmord auf raten", der häufig im zusammenhang mit bulimie erwähnt wird, keineswegs übertrieben ist.

ich wünsche dir viel kraft,

lg, jen

Re: Ab wann ist es denn wirklich eine Essstörung?

Verfasst: Mi Jun 17, 2009 6:06
von kleines Ich-bin-ich
Hallo Sonnenschein! 8)

Also ich muss Jen leider recht geben: das ist definitiv eine Essstörung. Ich würde sie mal "atypische Bulimie" benennen. Das ist die Bezeichnug für Bulimie-Arten, bei denen nicht alle Kriterien 100% erfüllt sind, im ICD-10 (Diagnosecode) unter F50.3 zu suchen. ( http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/d ... fr-icd.htm ) Aber egal, wie du's nennst: Es ist und bleibt eine ES. Leider ist es meistens so, dass Mitglieder, die sich mit der Frage "Habe ich eine ES?" an uns wenden schon mittendrin stecken. Warum ist das so? Nun, ich denke, dass es halt eine Krankheit ist, über die man nicht gern spricht und sie sich dann halt erst relativ spät eingesteht (ich habe ganze 4 Jahre gebraucht, um es mir einzugestehen... :roll: ) Was jetzt ganz, ganz wichtig für dich ist: SUCH DIR PROFESSIONELLE HILFE!!!! Desto früher, desto besser. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass Symptome, die man erst seit kurzem hat, relativ schnell durch die Therapie verschwinden, desto länger man schon "dabei" ist, desto schwerer wird es, wieder rauszukommen. Nicht unmöglich, aber doch viiiieeel schwerer.

Drück dir die Daumen für den Weg hinaus aus der ES,
Hörnchen