Hallo ihr Lieben,
ich lese nun schon seit einigen Tagen eifrig in diesem Forum und habe mich heute endlich durchringen können, mich auch zu registrieren und "einzusteigen"
Ich bin zwar nicht aus At, aber das ist wohl auch eher sekundär.
Um nun mal ein Paar Dinge von mir zu erzählen und mich ein bisschen vorzustellen: ich habe seit ungefähr 7 Jahren Bulimie (kann mich nur noch sehr vage an die Anfangsphase erinnern) und diverse Therapieversuche hinter mir (ambulant-verhaltenstherapeutisch und stationär); zur Zeit befinde ich mich (seit Dezember letzten Jahres) bei einem sehr netten

Tiefenpsychologen in Behandlung.
Zu diesem Schritt hat mich v.a. mein Freund "genötigt" (obwohl ich schon auch selbst weiß, dass er richtig war). Trotzdem hab ich mich bis vor kurzem innerlich sehr heftig dagegen gesträubt, mich mit mir und meinem Problem aueinanderzusetzen und habe auf jede Art von Konfrontation (was mein Freund sehr oft versucht hat, um mich quasi zu einer Reaktion zu zwingen oder auch nur aufzurütteln) sehr heftig reagiert. Ich hab mir einfach immer wiede eingeredet, dass ich doch eigentlich ganz gut fahre so und dass viele Probleme, die die Bulimie mit sich bringt, mich gar nicht betreffen (habe bisher keine spürbaren gesundheitlichen Schäden, bin nach meiner stationären Behandlung 2004 nicht mehr depressiv oder isoliert, sondern habe, zumal an der Uni, sehr gute Freunde gefunden und meinen Freund kennengelernt, ich fühle mich weder schwach noch unkonzentriert, bin gut im Studium und liebe das Lernen und kann mich oft vielmehr über kleine Dinge freuen oder das Positive an einer Sache sehen als mein Freund). Natürlich habe ich darüber die zahlreichen Einschränkungen und Gefahren einfach großzügig übersehen, v.a. die Probleme, die meine Familie oder überhaupt meine Lieben mit meinem Lebenswandel haben...Vor fast zwei Wochen hatte ich dann aber so eine Art "Schlüsselerlebnis": habe beim Essen auf etwas Hartes gebissen undgleich gespürt, dass mein Schneidezahn lose saß, was bei mir sofort die totale Panik ausgelöst hat (ich habe immer versucht, auch während der Bulimie, möglichst auf meine Zähne zu achten und war immer regelmäßig beim Zahnarzt - dem hab ich allerdings von der Bulimie nichts erzählt, nur immer bang drauf gewartet, wann er von sich aus was bemerkt). Da das an nem Samstag passiert ist, habe ich bis zum Montag gewartet mit dem Zahnarztbesuch, in dieser Zeit aus lauter Angst, dass ichs noch schlimmer mache den Zahn nicht berührt und nicht viel (
"Breiiges" 
) gegessen und mich mal mit den langfristigen Folgeerscheinungen so einer ES für die Zähne beschäftigt. Selbverständlich hatte ich schon vorher mitbekommen (in den Theras), dass die irgendwann ausfallen können usw., aber so wirklich berührt oder betroffen hatte ich mich davon noch nie gefühlt. Die sehr eindrücklichen und drastischen persönlichen Schilderungen, die dann aber z.T. auch hier gelesen habe, haben mich sehr mitgenommen und ich hatte ein sehr langes und gutes Gespräch mit meinem Freund, in dem ich dann auch den Entschluss gefasst habe, ab jetzt wirklich an einer Veränderung zu arbeiten. Dabei kommen mir nun die Kenntnisse und Erfahrungen, die ich in Roseneck damals gesammelt habe, sehr zugute, gleichzeitig verspüre ich aber wieder ganz stark die Angst, die das ständige Zunehmen, das sich damals durch das "normale Essverhalten" über Monate hinweg ohne eine merkliche Verbesserung bei mir eingestellt hatte (war vorher nicht ug, danach aber üg und todunglücklich, weil ich diesbezüglich nicht wirklich hilfreiche Ratschläge bekommen hab sondern nur das ewige: "Finden sie sich damit ab; wenn das ihr Setpoint ist, müssen sie akzeptieren, dass sie soviel wiegen, sonst werden sie nie gesund werden..." bei mir ausgelöst hat. Trotzdem habe ich es in Angriff genommen und zunächst 10 Tage am Stück (viel für mich, die ich vorher jeden Tag mehrmals gefressen und gekotzt hab) mit regelmäßigen und bewusst genossenen Mahlzeiten (3x plus 2 kleine Zwischenmahlzeiten in normalen Mengen - muss allerdings noch abwiegen, um mich daran zu gewöhnen wirklich nur für zwei Personen zu kochen und nicht für acht...) durchgehalten. Das Völlegefühl ist oft unangenehm, manchmal kam noch ein vages schlechtes Gewissen hinzu, aber im großen und ganzen hab ich mich, auch durch regelmäßige Bewegung (dank des phantastischen Wetters der letzten Tage) verhältnismäßig gut gefühlt. Dennoch habe ich meinen Körper regelrecht belauert, ob er schon zunimmt und es natürlich bald auch an den Klamotten gespürt. Nach den 10 Tagen hab ich mich schließlich das erste Mal gewogen und war von der Anzeige prompt total von der Rolle, tieftraurig und unglaublich angstvoll. Es scheint wieder genauso loszugehen wie damals in der Klinik: diese Gewichtszunahme wird sich jetzt wöchentlich so fortsetzen und ich fühle mich dabei so hilflos und ausgeliefert... Ich war vorher mit meinem Gewicht echt zufrieden und hatte nie ein unrealistisches oder ungesundes Zielgewicht vor Augen! Sicher ist mir bewusst, dass sich der Stoffwechsel erst wieder an das Verdauen und überhaupt das Versorgtsein mit ausreichend Nahrung gewöhnen, trotzdem habe ich aufgrund meiner ERfahrungen Angst, dass das jetzt einfach nicht mehr aufhört und das blöde Setpoint-Gequatschte hilft mir dabei auch nicht... Gestern hatte ich dann auch direkt einen Rückfall, hab mich entsprechend noch beschissener gefühlt; bin aber heut wieder fest entschlossen, den Kampf weiterzuführen. Ich will das wirklich schaffen, warum muss es nur so schwer sein *seufz*. Ich mag mich schon gar nicht mehr anschauen (etwas albern: ich mache die Augen zu, wenn ich mich umziehe

) und entwickele einen regelrechten Hass auf all die normal aussehenden bis schlanken Frauen, die ich auf der Straße so sehe... Scheißgefühle...
Das war jetzt wirklich eine seeehr lange Scilderung, aber es war gut, es sich mal von der Seele zu schreiben; gerade euch gegenüber, die ihr alle die Probleme kennt und versteht.
Vielen Dank für diese Möglichkeit und liebste Grüße
von einer Muse
sapias, vina liques et spatio brevi spem longam reseces.
dum loquimur, fugerit invida aetas.
carpe diem, quam minimum credula postero.