Hallo,
ich bin neu hier und vermutlich eine Art "Dino" für viele mit meinen fast 53 Jahren. Ich bin seit meinem 12. Lebenjahr essgestört, nur dass damals diese Krankheit überhaupt noch nicht bekannt und behandelbar war.
Ich würde mich als Bulimikerin (Fressen und Fasten) einstufen mit teilweise magersüchtigen Phasen. Mein Gewicht ist für mein Alter mehr als ideal und ich bin wesentlich schlanker und wesentlich jünger aussehend als die meisten Frauen in meinem Alter.
Ich war nie wirklich dick aber auch nur sehr selten wirklich dünn. Einfach normal. Mehr oder weniger. Ich will Euch die vielen Details, Aufs und Abs meiner Störung und meines Lebens ersparen und nur die wichtigsten Eckdaten schildern:
Richtig reingerutscht in eine fette Essstörung bin vor ca. 17 Jahren, mit einem sehr langen Fasten, das mir mein Hausarzt empfohlen hatte, er hat mich wohl nie ernst genommen, denn er lobte mich anschließend auch noch gelobt, als ich anfing, mehr zu fasten als zu essen, wodurch mein ganzes Immunsystem aus dem Lot kam. meine Allergien brachen aus, meine Muskeln bildeten sich zurück und die Haut war gar nicht mehr straff (ich war damals um die 40) und so ging ich vor ca. 12 Jahren zu einer Beratungsstelle. In all den Jahren, in denen ich mal mehr und mal weniger wog, aber immer im Rahmen war, fand ich mich aber - wie wir alle - nicht "ideal" und war mit mir selbst unzufrieden. Was natürlich auch wieder Essanfälle zur Folge hatte.
Seit 2 Jahren mache ich nun eine Therapie und habe große Fortschritte gemacht. Ich habe gelernt, meine negativen Gefühle zu erkennen, einzustufen, zu versuchen, sie auszuhalten und mich vor einem drohenden Anfall abzulenken. Oft gelingt mir das, oft aber auch nicht. Zur Therapeutin gehe ich nur noch sporadisch, da es mir eigentlich ganz gut geht.
Aber ich stelle fest, dass ich mit Situationen nur dann einigermaßen umgehen kann wenn ich sie einordnen kann, wenn ich weiß, warum es mir schlecht geht. Wenn das nur so ein diffuses Gefühl ist, kommt dieser Anfall einfach so über mich und ich stelle fest, dass ich - wie jeder Süchtige vermutlich auch - einfach immer essgestört sein werde und nie normal mit Essen werde umgehen können. Das macht mich traurig. Gerade gestern hatte ich einen Anfall, der so schlimm war wie in alten Zeiten. Daher hab ich mal im Internet gesucht und Euch gefunden. Ich bin traurig, dass das immer wieder über mich kommt und ich nicht immer damit umgehen kann.
Danke fürs Zuhören - schön, dass es dieses Forum gibt.
Pomona

Liebe Pomona,
willkommen hier im Forum! Als Dino musst du dich nicht fühlen, gibt noch andere Vertreter deines Alters hier (wenn auch die meisten nicht essgestört)

Du schleppst da schon eine lange ES Geschichte mit dir herum...
Ist es dir schon einmal gelungen den Fressdruck/drang auszuhalten und zu spüren, was da eventuell für Gefühle dahinterstehen?

Ich kenne das sehr gut, diese diffusen Gefühle, und dass die einen am meisten fertig machen. Ich starte gerade wieder einmal den Versuch siehe oben genannte Frage... Mal sehen wie's läuft!

Ich wünsch dir hier viel hilfreichen und unterstützenden Austausch!

Ganz liebe Grüße,
Lebensfreude

Hallo Lebensfreude,
oh jaaa! Das habe ich in den letzten beiden Jahren gelernt mit Hilfe meiner Therapeutin, die auf ES spezialisiert ist. Lange habe ich es alleine (ohne nennenswerten Erfolg) versucht, aber nun würde ich mich fast als geheilt bezeichnen. Wobei ich für mich persönlich der Meinung bin, dass wir gleich anderen Süchtigen immer latent süchtig bleiben, aber lernen können, mit dieser Störung umzugehen.
Ich habe gelernt, zu fühlen. Zu fühlen ob ich Angst, Schmerz, Leistungsdruck, Trauer empfinde. Ich habe gelernt, zu versuchen, dem Druck standzuhalten. Ich habe gelernt, zu spüren (möglichst beizeiten und zwar VOR dem EA!), dass mir der FA nicht helfen sondern im Gegenteil mich in ein weiteres Gefühlschaos stürzen wird und dass die Situation durch den FA nicht besser sondern im Gegenteil schlimmer wird.
Wenn ich es schaffe, das alles beizeiten zu realisieren, habe ich schon den Anfang gemacht, nicht in einen FA zu fallen. Meistens gelingt es mir mittlerweile, aber eben nur meistens. Wenn die miesen Gefühle aber diffus sind, dann kann ich sie nicht fassen und sie nicht angehen...
Gestern hatte ich zwar eine Ahnung, aber diffus war es trotzdem irgendwie...
Na ja, damit muss ich wohl leben.

Hallo Pomona,

ich bewundere es sehr wie Du damit umgehst und Dich selbst beschreibst! Das hier ist heute mein erster Beitrag in diesem Forum, bin auch noch ziemlich neu hier. Ich habe auch schon sehr lange eine Eßstörung und traue mich nun endlich meinen Demonen ins Gesicht zuschauen indem ich mich hier angemeldet habe und demnächst mein erstes Gespräch bei einer Beratungsstelle haben werde. Ich hatte heute auch wieder einen FA und weiß nicht wirklich was dahinter gesteckt hat. Sehr interessant zu lesen ist auch der Beitrag von Lebensfreude - sich wirklich mal zu fragen bevor es passiert und den Fressdruck aushalten - welche Gefühle wirklich dahinter stehen! Nun bin ich schon solange davon betroffen aber ich habe mir noch nie diese Frage gestellt!? Ich habe 2 Kleine Kinder und möchte sie noch aufwachsen sehen und ich hoffe das ich die Kraft aufbringe und irgendwann auch einmal von mir schreiben kann oder besser noch mich selbst als (fast) geheilt zu bezeichnen!

ganz lieber Gruß
Amira

Hallo Amira,
danke für Deine lieben Worte
Ich denke, wir können "trocken" werden, im Sinne von "lernen, mit FA umzugehen. Ein Alkoholiker kann seinen Stoff meiden, wir aber müssen bzw. sollen jeden Tag maßvoll essen, mit unserem "Stoff" maßvoll umgehen. Das ist sehr sehr schwer. Gestern hatte ich wieder einen Anfall, ich war mittendrin bevor ich realisiert habe, was eigentlich los ist.
Will sagen: Ich für meine Person, die ich schon über 40 Jahre daran leide, werde vermutlich nie normal essen können. Ich habe es jetzt mal 3 Tage probiert, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass ich nicht zunehme, wenn ich "normal" esse, schlemme, etc. Aber sobald Stress/Druck ist, verschwimmen meine Grenzen total. Sie verschwimmen sowieso wenn ich nicht aufschreibe, was ich genau esse. Das frustriert mich.
Ich denke, es kommt immer auf die Gefühle eines jeden Einzelnen an, man kann das nicht generalisieren, ich weiß jetzt nicht, wie alt Du bist. Aber der Ganz zu einer Beratung ist der allererste Schritt. Bravo! Mach weiter. Es lohnt sich. Auch ich habe meine "Heilung" begonnen mit dem Ganz zu einer Beratungsstelle.
Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg und Kraft dabei. Es hilft schon alleine wenn man sieht, wie viele andere das gleiche erleben, durchleiden, fühlen...
Ich drück Dir die Daumen!

Hallo Pomona,
irgendwie habe ich das Gefühl das es bei mir im moment schlimmer ist, als es jemals zuvor war mit meinen Anfällen. Vielleicht liegt es auch daran, das ich mich nun endlich mit meinen Ängsten auseinandersetze und sich nun "meine Demonen" nochmal so richtig aufbäumen?! Gerade eben sitze ich voller Stolz vor meinem PC, denn ich habe nun das erstmal seit 5 Tagen mein Abendessen nicht gespuckt! Wobei ich ehrlich zugeben muß, war mir da heute meine Tochter unbewußt eine große Hilfe. Ich hatte nämlich angefangen zusätzlich noch von ihrem Teller zu essen und bemerkte aber schon das da eine gewisse Gier und Hast dabei waren. Ich habe mich also irgendwie selbst erwischt und plötzlich meinte meine Tochter: Mama, iss nicht so viel sonst platzt dein Bauch noch...plötzlich wurde mir richtig klar, dass wenn ich nun nicht aufhöre, es wieder endet wie die letzten Tage - ganz klar mit dem Kopf über der Kloschüßel! Im moment fühle ich mich sehr gut und wünschte jeder Tag könnte so sein
Allerdings ist mir sehr wohl klar, das wieder andere Tage kommen werden und eben auch wieder solche wie heute! Aber wie Du so schön gesagt hast, es besteht mit Sicherheit die Möglichkeit - lernen damit umzugehen! Denn wir können nun mal nicht einfach ausbrechen aus unserem Leben und weg von dem was oder wer wir sind!
Ach ja und zu meinem Alter, ich bin 34.
Mit 17 begann ich eine Drogenkarriere, die ich dann mit ca. 22 beendete bzw. dann in B. umschlug! Zwischendurch habe ich geheiratet und zwei Kinder bekommen aber meine Ehe ist gescheitert. Nun ja das war eine kleine Kurzfassung aus meinem Leben. Kommenden Freitag habe ich mein erstes Beratungsgespräch und bin schon sehr gespannt.
Ich drücke Dir natürlich auch die Daumen und hoffe auch für Dich...

viele liebe Grüsse
Amira

Liebe Amira,
ich war länger nicht mehr hier, irgendwie bekam ich keine Benachrichtigung über Antworten und wunderte mich schon, aber nun sehe ich, dass doch Antworten auf Beiträge da sind...
Deine Tochter hat sicherlich die richtigen Worte gefunden in dem Moment - unwissentlich. Und Du kamst zu Dir. Denn so sehe ich das - wir verlieren irgendwie die Kontrolle und stehen irgendwie neben uns.
Wie war Deine erste Stunde? Bei mir war es so, dass ich viele meiner Handlungsweisen und Schmerzen besser verstehen konnte. Eine Veränderung meines Verhaltens trat aber trotzdem erst eine Weile danach ein, es hat bei mir ein wenig gedauert, bis das Wissen aus dem Kopf auch in meinem Bauch angekommen ist.
Heutzutage sind meine FAs selten geworden und ich kann besser damit umgehen in dem Maße in dem ich gelernt habe, warum und weshalb es mir passiert. Was da in mir ausgelöst wird.
Das gleiche wünsche ich Dir. Ach ja - und schön, dass Du Dein Alter verrätst. Dann bin ich ja nicht so einsam...
Liebe Grüße

Hallo Pomona,
schön von Dir zu lesen hab mich schon gewundert so lange nicht mehr von Dir zu hören!
Ach, nun ist ja wieder eine Zeit vergangen und ich bin nach wie vor kräftig am kämpfen! Gestern habe ich hier einen Beitrag eröffnet und war mir so sicher das ich nun endlich Schluß damit mache, diesen Beitrag nutze um mich selbst zu bestärken und einfach täglich meine Gefühlslage festhalten möchte. Naja, bin grade sehr traurig und enttäuscht weil es mir gerade eben wieder passiert ist und ich den Mund zu voll genommen habe (im wahrsten Sinne). Aber Rückfälle gehören wohl dazu, wenns auch schon nach einem Tag ist Ich muß mir einfach die Zeit geben! Wäre ja ziemlich aussergewöhnlich wenn das alles schon sofort so funktionieren würde wie ich mir das vorstelle!
Mein erstes Beratungsgespräch war wirklich toll und ich habe mich nun entschloßen eine Therapie zu machen. Morgen habe ich mein zweites Gespräch und erfahre wie es genau weitergeht. Sehr interessant wie Du Dich beschreibst, eben das Du zuerst im Kopf schon vieles verstanden hast aber der Bauch noch eine Weile gebraucht hat nachzuziehen. Genau das hat man mir in meinem ersten Gespräch gesagt, das ich vom Kopf schon vieles verstehe es wohl allerdings bei mir ums fühlen geht - mich selbst zu fühlen - und liebevoller mit mir zu sein! Mal sehen wie es weiter geht...
Freue mich auf Antwort von Dir bis dahin - Alles gute!
Lieber Gruß Amira

P.s. Das ist schon okay mit unserem Alter, gib hier noch ein paar in dieser Kategorie