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hey...

Verfasst: Fr Aug 15, 2008 22:57
von lotte
hey...
ich lese hier in unterschiedlichen zeitlichen abständen immer wieder von vielen frauen, wie sie zu esstörungen kamen, wie ihre geschichte verlief und wie ihre momentane situation aussieht... vieles bestürzt mich und ich habe automatisch das gefühl - so vielen menschen geht es schlecht hinter ihrer fassade; nicht sogar wesentlich schlechter als mir?! dieser ansatz müsste mir theoretisch mut machen, weil ich pragmatisch doch erkenne, daß ich verhältnismäßig gut dran bin. -verhältnismäßig - das heißt, ich lebe zwar seit vielen jahren mit diesen immer wieder aufkeimenden symptomen, die wohl alle hier kennen, jedoch kann ich mich (im vergleich) wenigstens gesundheitlich nicht beklagen. ein stück weit lebe ich im zwiespalt... zwischen einem leben, das seine sozialkontakte (noch) aufrecht erhält und einem menschen, der sich mehr und mehr zurückzieht und aufgibt. hätte dies "nur" die aufgabe vom sozialen leben zur folge, wäre das zwar schlimm genung, aber vielleicht in der eigenen erkenntnis nicht schlimm genung - langsam jedoch geht es um meine existenz.
zwar beschäftige ich mich seit einem dreiviertel jahr mit einer ambulanten therapie, aber eine zukunftsperspektive rückz trotz aller erkenntnis in immer weitere ferne. mittlerweile merke ich, daß mir die kraft fehlt. ich habe immer gegen irgendetwas "ankämpfen" müssen, und es ist mir immer irgendwie gelungen, aus meinem eigenen loch wieder heraus zu kriechen. -langsam aber sicher fehlt mir die power.
-ich weiß nicht, was ich hier erwarte, vielleicht geht es aktuell nur darum, irgenentwas loszuwerden und eventuell irgendein wie auch immer geartetes feedback zu bekommen.
danke allen, die es bis hier geschafft haben...

Re: hey...

Verfasst: Sa Aug 16, 2008 0:58
von maruja
hi lotte! willkommen hier!
ein satz in deinam beitrag ist mit entgegengesprungen:
aber eine zukunftsperspektive rückz trotz aller erkenntnis in immer weitere ferne.
klingt schlimm unter "normalen" umständen. hinsichtlich der b* finde ich es jedoch als wertvolles zeichen, mal inne zu halten und sich mit der gegenwart/vergangenheit auseinander zu setzen.
irgend ein gescheites sprichwotrt besagt, dass man einen herbeifleigenden ball nur dann auffangen kann, wenn man leere hände hat. und ich mag dieses bild. erst müssen die altlasten eingeordnet werden, bevor man neue chancen und wege erkennt und wahrnehmen kann.
alle gute auf deinem weg und guten austausch hier im forum!
maruja

Re: hey...

Verfasst: Sa Aug 16, 2008 8:59
von Nads
HUhu!!

Auch ein herzlichens Willkommen von mir!! Ich kann mich maruja nur anschleißen! Hast Du denn schonmal eine Therapie gemacht? Und was sind das für Existenängste? Was machst Du und wie lange bist Du schon in der Krankheit. Das man (noch) keine körperlichen Auswirkungen hat, ist zwar schön, aber längst kein Grund, es deshalb schleifen zu lassen einzusehen, dass man dennoch krank ist und etwas dagegen tun muss! Wahrscheinlich drehst Du Dich sonst immer mehr in diesen Teufelkreis, denn es ist ja klar, dass diese Krankheit Kraft raubt, in welcher Form auch immer! Magst Du ein bisschen mehr von Dir erzählen?

LG Nadine

Re: hey...

Verfasst: Sa Aug 16, 2008 22:19
von lotte
Nun hab ich mich hier ausführlich... und dann stürzt mein Internetz ab. Sch... -Und vielleicht Glück alle, denen ich damit einen Roman erspare :wink:
Also in einem neuen Versuch und auf das Wesentliche beschränkt: Das Gleichnis mit den leeren Händen finde ich sehr schön - und treffend; obgleich ich mich aktuell überhaupt nicht so sehen kann. -Trotzdem war genau dieser Gedanke entscheidend für mich, nach bald 10 Jahren verschieden geartete ES eine erste Therapie zu beginnen (Seit Nov letzten Jahres). Ich wäre wohl auch nie an diesen Punkt gekommen, hätte die ganze Problematik nicht langsam aber sicher an meiner Leistungsfähigkeit gekratzt. Ich habe immer sehr viel gearbeitet; bevor ich mit dem Studium begonnen habe und währenddessen erst recht. Ich war immer mit Absicht mehr als gut beschäftigt, ansonsten wäre ich wohl schon viel früher an den Punkt gekommen, an dem ich heute bin.
Nachdem ich von Nord- nach Süddeutschland zum Studieren gezogen bin, hatte ich eine Phase, in der es mir recht gut ging und in welcher ich mir wenig Gedanken um das Essen gemacht habe. Mein Plan schien aufzugehen. Daß man bei einem Umzug über 900 km acuh sein Ich zurückläßt. Aber ich habe mich verrechnet, seit bald zwei Jahren habe ich wieder mit dieser ganzen Geschichte zu tun und, nach einer langen Zeit der Essensverweigerung nun mit den klassischen Symptomen der B*** .
-Ich hab mich in den letzten zehn Jahren immer wieder selber an den Haaren aus dem Dreck gezogen, aber langsam fehlt mir die kraft und die Lust dazu. Was auch immer man tut, Fortschritt hin oder her, letztlich erscheine ich immer nur als ein Spielball von irgendetwas, dessen ich nicht Herr werden kann. Mir fehlt langsam die Motivation, noch gegen irgendetwas anzukämpfen. -Für was...?
Mittlerweile bin ich in eiern Situation, in der ich nie gewesen bin.`War ich immer sehr auf (auch finanzielle) Autonomie bedacht, so habe ich mittlerweile mit allem aufgehört. Ein brach liegendes Semester, ein Job, zu dem ich irgendwann einfach nicht mehr erschienen bin... Sovirl zum Thema Existenzangst. Ich überlasse alles nur noch dem Zufall, was die aktuelle finanzielle (existenzielle) Situation betrifft - und die Perspektive, die sich mir nach meinem sich dem Ende neigenden Studium bietet, ist dunkelfinster, weil ich hier sitze, anstatt mich darum zu kümmern, notwendige Erfahrungen und Refrenzen zu sammeln.
-ICh weiß selber, was ich MÜSSTE, anstatt im Selbstmitleid zu versinken...aber mir fehlt die Kraft und die Lust. -Angst vor der Zukunft (und der nächsten Rechnung) habe ich paradoxerweise trotzdem.
-Okay, soviel zum Thema "kurz gefasst"...
Ehrliches Danke allen Langatmigen, die es bis hier geschafft haben...

Re: hey...

Verfasst: Sa Aug 16, 2008 23:27
von Come to think of it
Hallo lotte,

muss erstmal eins loswerden:

Deine Beiträge lesen sich sehr schön, da ist es schwer frühzeitig aufzuhören :wink:

Ich kann dich gut verstehn... Ich hab dieses Jahr eigentlich fast freiwillig mein Job aufgegeben, versuche jetzt gegen die Bulimi zu kämpfen und ich gehe Stück für Stück weiter unter....
Mann möchte kämpfen aber man kann nicht...
Ich muss das Thema bei meiner nächsten Thera-Sitzung unbedingt ansprechen, ich muss was dagegen tun, hilft dir deine Thera nicht weiter???

Fühl dich von mir 100 % verstanden....

GLG Cttoi

Re: hey...

Verfasst: So Aug 17, 2008 14:06
von Glücksbärchi
Hi Lotte,

so wie du schreibst hat dich die ES schon sehr weit beeinflusst!
Und es ist dringend an der Zeit etwas dagegen zu tun.
Eine Frage hätte ich noch - hab nicht so ganz verstanden ob eine Thera geplant ist oder ob du schon eine machst?
Vielleicht habe ich es auch einfach schlichtweg überlesen. Dann tut mir dies natürlich sehr Leid!
Ansonsten kann ich nur sagen das ich das mit dem Job sehr, sehr gut verstehen kann.
Ich muss leider gestehen das ich zwei Jobs mehr oder weniger wegen der ES aufgegeben hab bzw. aufgeben musste.
Es spielten Mobbing & eine 60 Stunden-Woche auch ein große Rolle- aber der Zusammenbruch kam letzt endlich immer wegen der ES.
Das erste Mal bin ich eines morgens einfach nicht mehr aus dem Bett gekommen. Ich war schon vorher nervlich am Ende. Hatte Angst vor der Arbeit und hab deshalb überall gefressen...ähnlich wars beim zweiten Mal...
worauf ich hinaus will ist eigentlich das es für mich sehr schlimm war -und ich hab mich geschämt und mich als Versager gefühlt. Im nachhinein bin ich froh. Ich war nach jedem Jobabbruch in Stationärer Behandlung. Und das war im nachhinein gesehen das Beste was mir passieren konnte.
Mach dich net dafür fertig weil ihr nicht arbeiten könnt- sondern nütz die Zeit um dich um eine Thera zu kümmern und vorallem schau nach dir damit es dir besser geht!
Danach kannst noch genug arbeiten - ich hatte damals auch starke Existenzängste! Aber die braucht niemand haben. Denn die ES ist auch eine Krankheit -und wenn jemand ein Beingebrochen hat geht er auch net arbeiten!

lg das Bärchen

Re: hey...

Verfasst: So Aug 17, 2008 19:12
von lotte
Ersteinmal an dieser Stelle vielen lieben Dank für die Resonanz!
Trotz der Vorwürfe, die man sich aufgrund seiner -naja... "Unpässlichkeit" im Alltagsleben selber macht, ist es beruhigend zu hören, nicht die Einzige zu sein, welche wegen dieser Sache den Job hinschmeißt, sich unzulänglich um die berufliche Zukunft kümmert und sich isoliert. Das Bild einer Krankheit im pathologischen Sinne habe ich, glaub ich, nach all den Jahren immer noch nicht so richtig verinnerlicht. Immer noch schleicht sich mir ständig wieder das Gefühl ein, ich müsse mein Leben durch Disziplin und einen Tritt in den eigenen Hintern doch auf die Reihe bekommen. Ich glaube, in dieser Beziehung hab ich für jeden anderen Fall mehr Verständnis als für mich selbst, auch wenn ich mir rational schon klarmachen kann, wie ich meine Situation zu betrachten habe. Autonomie und Leistung mir selbst gegenüber waren immer wichtige Aspekte, über die ich mich identifiziert habe - und nun fällt das eine fast ganz weg und das andere beginnt zu bröckeln, wenn ich mich nicht bewege.
Glücksbärchi hat geschrieben:Eine Frage hätte ich noch - hab nicht so ganz verstanden ob eine Thera geplant ist oder ob du schon eine machst?
Was dies betrifft, so habe ich mich tatsächlich bewegt und bin vor ca einem dreiviertel Jahr auf eigene Faust zu einem Therapeuten gegangen. Soviele Erkenntisse ich dadurch auch gewonnen habe; an meiner Situation hat sich seit dem nichts zum Positiven oder wenigstens Produktiven verändert, zeitweilig sogar im Gegenteil. Mittlerweile gibt es viele Tage, besonders Wochenenden, an welchen ich mich zu überhaupt nichts mehr motivieren kann, geschweige den dazu, das HAus zu verlassen.
Ich bin froh, wenn endlich der Abend und damit das Tagesende naht und damit die Legitimation, sich mit einem Glas Rotwein (oder zwei oder :roll: ...) in einen zumindest einigermaßen entspannten Zustand versetzen zu können. -Daß das nicht das Gelbe vom Ei ist, weiß ich theoretisch selber... Aber ich finde auch keinen anderen Weg mehr, Therapie hin oder her. Selbst das Erschrecken vor sich selber, sich nicht einmal mehr für seinen eigenen Lebensunterhalt, seine Existenz, aufraffen zu können, hält mich von dieser Passivität ab. -Im Gegenteil, der Vorwurf an sich selber mündet wiederum in hoffnungslosen und deprimierenden Gedanken und schließt damit den Teufelskreis.
Come to think of it hat geschrieben:Ich hab dieses Jahr eigentlich fast freiwillig mein Job aufgegeben, versuche jetzt gegen die Bulimi zu kämpfen und ich gehe Stück für Stück weiter unter....
Mann möchte kämpfen aber man kann nicht...
Ja, ebenso empfinde ich es im Moment...