Seite 1 von 2
"Ängste"
Verfasst: Do Dez 18, 2003 18:38
von Susanne P.
Wie speziell von Zoemarya gewünscht, hier eine Liste meiner Ängste, mit denen ich mich von Kindheit an herumgeschlagen habe. Die meisten davon habe ich heute besiegt. Einige holen mich allerdings von Zeit zu Zeit noch immer ein.
Einiges mag euch vielleicht wiedersprüchlich erscheinen - aber es ist tatsächlich bei mir so, dass sich hinter gewissen Ängsten große Sehnsüchte verbargen bzw. umgekehrt.
* Angst vor Gewichtszunahme
* Angst vor Krankheit und Tod / Todessehnsucht
* Angst vor dem Leben = Angst davor, den Anforderungen des Lebens nicht gerecht zu werden
* Angst vor Liebesverlust
* Angst vor Nähe / Sehnsucht nach Nähe
* Angst vor Verarmung
* Angst vor dem "Ausgeliefertsein" = Angst vor Abhängigkeiten und Willkür anderer. Angst davor, mich nicht aus eigener Kraft befreien zu können.
Liebe Grüße,
Susanne
Verfasst: Do Dez 18, 2003 20:32
von zoemarya
Hallo Susanne,
magst Du nicht vielleicht der Übersichtlichkeit halber verraten, WELCHE der Ängste Dich heute noch einholen bzw. bis heute bestehen? Ich würde gern was dazu sagen, allerdings vorzugsweise zu Ängsten, die vielleicht heute noch aktuell sind.
Und: warum steht "Gewichtszunahme" ganz oben? Ist das echt so? Platz eins? Immer noch? Bei Dir??? Wie Du ja dem anderen Thread entnehmen konntst, stelle ich für mich fest, daß diese Angst tatsächlich auf Platz eins steht - bei mir.
Zum Stichwort Angst vor dem Tod: vor ihm selbst habe ich gar nicht so große Angst. Was soll schon kommen? Ich fänd es nur so entsetztlich TRAURIG, jetzt schon dieses wunderbare, volle Leben zu verlassen, habe noch so viel vor... jetzt, wo es gerade anfängt interessant zu werden, jetzt, wo ich endlich beruflich dort bin, wo ich hin wollte, was mich so viele NERVEN und Anstrengungen in JEDER Hinsicht gekostet hat... Und ich liebe meinen Freund, den ich einfach nicht allein lassen mag. UNVORSTELLBAR. Und trotzdem: drüber nachdenken sollte man ruhig mal.
Oder?
ZM

Verfasst: Do Dez 18, 2003 22:39
von kendra_pad
Hallo Susanne und Marya,
die Rangfolge meiner Lebensängste hat sich im Verlauf meiner ES geändert. Heute würde ich folgende Ängste sehen:
- Angst, den Anprüchen, die ich an mich selbst gestellt habe, nicht gerecht zu werden
- Angst, den Ansprüchen im Beruf nicht gerecht zu werden
- Angst, dass meine Arbeitstelle auf Dauer nicht sicher ist
- Angst, dass ich nicht die richtigen Ziele im Leben finde
- Angst vor Veränderungen meiner jetzigen Familiensituation
- Angst vor psychischer Erkrankung
- Angst vor der Angst selber, die sich verselbständigen könnte
- Angst vor Krankheit und davor, dass das Alter schneller kommt, als man es wahrnimmt
- Angst, dass meine Bewältigungsstrategie meiner ES die falsche ist
- Angst, dass ich ohne ES ein Gewicht haben werde, mit dem ich mich nicht wohl fühle
- Angst vor meinen Selbstzweifeln
Jetzt habe ich soviele Ängste aufgeschrieben, dass der Eindruck entstehen könnte, ich wäre ein ängstlicher Mensch. Dem ist eigentlich nicht so. Ich habe diese Angst auch beim Aufschreiben nicht verspürt, aber ich kenne sie und habe sie schon erlebt. Es ist auch schwierig, die Ängste in eine Rangfolge zu bringen, manche Ängste treten selten auf, sind dann aber um so intensiver, während andere Ängste unterschwellig immer etwas mitspielen, aber nicht so stark sind.
Angst vor dem Tod verspüre ich z.Z. garnicht. Es gab Phasen in meinem Leben, wo ich mich mit diesem Thema viel beschäftigt habe. Auch in depressiven Phasen habe ich über dieses Thema nachgedacht, aber es nie als Lösung akzeptiert. Es heisst natürlich nicht, dass ich gegen Todesangst gefeit wäre, aber es spielt im Moment bei mir keine Rolle.
Der Umgang mit meinen Ängsten fällt mir nach wie vor schwer. Über Jahre war meine größte Angst, an Gewicht zuzunehmen. In dem Maße, wie ich mehr Vertrauen in meinen Körper gewinnen konnte und diese Angst abnahm, kamen die anderen Ängste stärker zu Vorschein. Damit konnte ich zunächst ganz schlecht umgehen, deshalb ist der Weg aus der ES wohl auch so steinig und langwierig.
Viele liebe Grüße Kendra
Verfasst: Do Dez 18, 2003 22:43
von Susanne P.
Hallo Marya,
die Angst vor Gewichtszunahme habe ich gänzlich besiegt und sie steht auf meiner Liste nur zufällig an erster Stelle. Ich traue mir heute im übrigen auch soviel Displizin zu, ganz ohne FAs oder hungern mein Gewicht einigermaßen im Griff halten zu können, falls ich mal wieder zunehmen sollte (bin z.Zt. sehr schlank).
Alle anderen Ängste tauchen sehr selten noch einmal wieder auf - aber dank Therapie wirklich nur noch selten. Am schlimmsten war für mich noch einmal die Zeit vor der Berentung (Angst vor Ausgeliefertsein), aber auch das ist ja nun gechafft.
Angst vor dem Tod gehört wohl zum Menschsein dazu - ich persönlich hänge heute sehr am Leben und an den Menschen, die mir nahestehen.
Aber interessanterweise kann ich mit dieser Angst besser umgehen, je älter ich werde. Alles im Leben hat seine Zeit. Und nichts ist für ewig.
Was die Anforderungen des Lebens betrifft, so sind meine Ängste fast weg, seit ich mich selbst nicht mehr überfordere. Es nicht mehr allen recht machen will.
Ich habe immer noch Angst, die Menschen zu verlieren, die ich liebe. Aber nicht ständig und es beeinträchtig meinen Alltag nicht. Ich habe keine Angst mehr davor, nicht geliebt zu werden, wenn ich nicht so bin, wie andere mich haben wollen.
Die Angst vor Verarmung hat mit der wirtschaftlichen Situation in Deutschland, wo ich lebe, zu tun und ist wohl eine Angst, die viele mit mir teilen. Hat nichts mit ES zu tun. In meinem speziellen Fall wiederholt sich aber ein Erlebnis aus der Kindheit, mein Vater hat sich vor allen finanziellen Verplichtungen so gut er konnte gedrückt und meine Mutter und ich konnten sehen, wie wir zurechtkamen. Vater wurde immer wohlhabender, aber für uns war nicht übrig. Ungefähr so ist es ja auch heute in unserem Land - die Reichen werden immer reicher, die, die viel haben, sorgen schon für sich. Naja, das ist so ein Thema.
Da meine Ängste mein Leben bestimmt haben, geht es mir heute schon sehr gut, weil ich in der Lage bin, damit zurechtzukommen, wenn sie denn mal wieder auftauchen.
Liebe Grüße,
Susanne
Verfasst: Fr Dez 19, 2003 19:07
von Susanne P.
Hallo Kendra,
habe mir gerade deine Ängsteliste angeschaut. Ich denke, dass es bei uns beiden ganz ähnliche Ängste sind, die uns begleitet haben bzw. es immer noch tun.
Die Ansprüche, die wir an uns selbst stellen... Ich habe übrigens lange nicht begriffen, dass ich es war, die diese hohen Erwartungen an mich hatte. Ich war immer davon überzeugt, es seien die anderen, die soviel von mir erwarten. Und daraus resultierten dann weitere Ängste wie Angst vor Jobverlust, Angst vor Liebesverlust usw.
Ich kenne es auch aus eigener Erfahrung, dass irgendwann dann noch die Angst vor dem eigenen süchtiger Verhalten dazukommt, aus dem ich mich ja lange aus eigener Kraft nicht befreien konnte!
Im übrigen ist ja längst erwiesen, dass Ängste oft einer der Hauptauslöser für Süchte sind. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass es unerlässlich ist, sich mit den Ängsten auseinanderzusetzen, wenn man auf Dauer "clean" bleiben will.
Liebe Grüße,
Susanne
Verfasst: Fr Dez 19, 2003 22:15
von kendra_pad
Hallo Susanne,
mir ist es ähnlich ergangen, als ich mir Deine Beschreibung Deiner Ängste durchgelesen habe. Wenn man die Ängste mit etwas Abstand betrachtet, wird es wohl so sein, dass diese Ängste durchaus normal sind und nicht nur Menschen mit ES betreffen. Deshalb stimme ich mit Dir darüber ein, dass ein Hauptziel sein muss zu lernen mit Ängsten angemessen um zu gehen, sie auch zulassen zu können anstatt sie zu verdecken, weil man meint sie nicht aushalten zu können. Soweit die Theorie

Ich interessiere mich sehr für Artikel in Zeitschriften und Bücher, die sich mit den Ergebnissen neuerer Hirnforschung beschäftigen. So wie ich es verstanden haben, entstehen Emotionen, wie z.B. Angst im Unbewussten, was auch entwicklungsgeschichtlich erklärbar ist. Wie eine Emotion bewertet wird und damit zum Gefühl wird, kann jedoch gesteuert werden vom Bewusstsein. Kognitive Verhaltenstherapien bei ES setzen hier an und haben wohl auch insgesamt mehr Erfolg bei ES als z.B. tiefenpsychologische Ansätze. Leider bin ich nicht sehr bewandert auf diesem Gebiet, aber die Beschäftigung mit diesen Themen haben mir sehr geholfen, mich selber besser zu verstehen.
Wenn ich Beiträge in diesem Forum lese, wo sich alles nur um das gestörte Essverhalten dreht, als müsse man das nur bekämpfe, dann würde alles gut, würde ich am liebsten sofort antworten, das dies der falsche Weg ist und man nur der Zeit beraubt wird, wirklich an sich selbst zu arbeiten. Aber ich hätte das vor einige Jahren auch noch nicht verstanden.

Ich habe diese Erfahrung selbst leidvoll über Jahre machen müssen.
Ein Teil meiner Angst ist auch gesellschaftlich begründet. Betrachte ich heute den Leistungsdruck und Stress an der Arbeit und vergleiche ihn mit vor 10-15 Jahren, so sind sie gewaltig gestiegen. Mit einher gehen zunehmende Ellbogenmentalität, jeder möchte seinen Arbeitsplatz behalten und hat eigenen Existenzängste. Waren früher erfahrene Arbeitskräfte über 40 geschätzt, so ist man heute in dem Alter nicht mehr vermittlungsfähig. Ich glaube, dass sich hier viel verbessern muss in Richtung einer auf den Menschen ausgerichtete Gesellschaft. Auf grund der Globalisierung gehen jedoch alle Strömungen in diese Richtung unter, die großen Verlierer sind als erstes die Menschen, die nicht so leistungsfähig sind. Selektion spielt auch schon in den Grundschulen eine große Rolle. Anstatt die Schwachen zu stärken und die Starken zu förden, scheint es wichtiger zu sein, die Kinder zu beurteilen und zu kategorisieren. Dies ärgert mich manchmal sehr, besonders als betroffene Mutter.
Ich will meinen Ausflug in die Gesellschaftspolitik beenden, dies ist ein weites Feld....
Viele liebe Grüße Kendra
Verfasst: Fr Dez 19, 2003 23:38
von Susanne P.
Hallo Kendra,
mir hat es im übrigen sehr geholfen, nicht nur meine Ängste selbst zu erkennen (war früher nur so eine diffuse Lebensangst, die ich im einzelnen nicht hätte konkretisieren können), sondern auch, wann und wodurch meine Ängste ausgelöst wurden.
Dort noch einmal ansetzen und begreifen, dass ich mit falschen Denk- und Verhaltensmustern großgeworden bin.
Dazu gehört z.B., es nicht allen recht machen zu müssen. Grenzen setzen zu dürfen - Wünsche haben zu dürfen. Nicht immer nur funktionieren zu müssen.
Was die Arbeitswelt betrifft - ich habe die ganze Härte kennengelernt. Als Körperbehinderte habe ich eine Schwachstelle, die zwar nicht offensichtlich ist (d.h., meine Behinderung sieht man mir nicht an, erkennt man erst auf den zweiten Blick), aber ich war doch bei der Arbeit eingeschränkt und dadurch nicht so leistungsfähig in Bezug auf Arbeitstempo und Ausdauer wie ein Nicht-Behinderter. Da ich Kündigungsschutz hatte, bin ich systematisch und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln 'rausgemobbt worden. Aufgrund meiner Veranlagung zu Depressionen endete das für mich mit akuter Suizidgefahr - und ich musste das Arbeitsverhältnis beenden, also der vom Arbeitgeber beantragten Kündigung zustimmen, um überleben zu können. Neurologin und Psychotherapeutin haben mich dann erstmal psychisch wieder stabilisiert.
Danach war ich für die Arbeitswelt unbrauchbar - also draußen. Und ich bin heute froh darüber - ich bin der Ellbogengesellschaft nicht gewachsen.
Ich fühle mich aber deshalb keinesfalls minderwertig - im Gegenteil. Sind die, die sich auf diese Weise behaupten und nicht mal mehr Schmerzen dabei fühlen nicht eigentlich vom Menschsein schon ziemlich weit entfernt?
Ist es ein Wunder, dass die, die sich ihre Sensibilität und ihr Menschsein bewahren wollen, leiden und am Ende in den Praxen der Neurologen und Psychotherapeuten landen?
Ich bewundere heute jeden, der es schafft, in der Arbeitswelt von heute zu bestehen!
Liebe Grüße,
Susanne
Verfasst: Sa Dez 20, 2003 18:07
von kendra_pad
Hallo Susanne,
Ich habe häufig erlebt, dass Menschen, die ihr Menschsein bewahrt haben, große Probleme bekommen haben, sowohl psychischer als auch physischer Art. Ich denke, die hohe Rate an Herzinfarkten spricht hier für sich. Am meisten imponieren mir die Menschen, die ihr Menschsein einfach vorgeleben. Auch hier gibt es genügend davon, aber sie werden von anderen manchmal auch belächelt und nicht für voll genommen. Vielleicht gehört dieses auch zum Menschsein dazu. Nicht nur in der Arbeitswelt findet man einen Durchschnitt aller Menschen sondern auch in Institutionen, die die "Menschlichkeit" auf ihre Fahnen geschrieben hat. Ich finde es sehr schade, dass die Kirchen ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. Statt hier Vorbild zu sein, steht die Durchführung veralterter Rituale im Vordergrund.
Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, die eigenen menschlichen Werte einfach vorzuleben und sich nicht beirren zu lassen, denn auch dadurch lässt sich einiges bewegen. Dafür bist auch Du für mich ein gutes Beispiel.
Viele liebe Grüße Kendra
Verfasst: Sa Dez 20, 2003 19:42
von Susanne P.
Hallo Kendra,
danke, du hast verstanden, worum es mir geht.
Mensch zu bleiben ist für mich heute das höchste Gut. Und ich merke täglich, wie sehr sich andere danach sehnen, jemanden zu haben, mit dem man z.B. einfach mal reden kann. Zeit haben, zuhören. Das erlebe ich überall. Sogar meine Ärzte vertrauen mir ihre Sorgen an, es ist unglaublich.
Für mich gibt es so Momente, die mich auch zutiefst bestätigen, so, wie ich bin. Dass es sich lohnt, weiterzumachen. Und es stört mich nicht die Bohne, wenn jemand mich deshalb belächelt. Jeder hat schließlich die Wahl, wie er leben will.
Es ist im übrigen bei mir auch mit dem Alter verbunden, dass ich mich mehr "nach innen" wende, statt meine Lebensinhalte wie früher an Äußerlichkeiten festzumachen. So etwas ist nie von Dauer. Aber innerer Frieden und innere Stärke sind Güter, die mir niemand wie auch immer streitig machen kann.
Das macht mich heute so zufrieden und manchmal auch sehr glücklich.
Ganz liebe Grüße,
Susanne
Verfasst: So Dez 21, 2003 9:34
von zoemarya
Hallo Ihr Lieben,
jetzt seid Ihr von den Ängsten zur Menschlichkeit gekommen. Interessant. Aber in der Tat, es ist menschlich, Ängste zu haben, Schwäche zu zeigen. Angst gilt ja in unserer Kultur als Schwäche - dabei ist sie von der Evolution vorgesehen und überlebenswichtig. Ängste warnen uns. Ängste sagen uns, daß irgendetwas nicht stimmt. Wenn wir unsere Ängste benennen können, sind wir ein gute Stück weiter. Wenn wir sie besiegen können, noch einen Schritt. Aber es kommen immer neue Ängste. Doch je mehr wir aus der Vergangenheit erfahren, wie damit umzugehen ist, um so besser wird uns der nächste Schritt gelingen.
Um noch mal auf die Angst vor Gewichtzunahme zu kommen: ich glaube, daß die Angst vor Gewichtszunahme andere, möglicherweise vorhandene und von Euch bereits angesprochen Ängste verdeckt. Bei mir ist es so, daß ich faktisch weder Angst vor Jobverlust habe noch davor, bestimmte Ziele nicht zu erreichen. Mir ist es auch ziemlich egal - vordergründig zumindest - was andere von mir denken. Ich bin ein sehr unängstlicher Mensch. Die von Euch angeführten Aspekte sind mir vergleichsweise fremd. Vielleicht bin ich noch nicht so weit wie Ihr und noch in meiner "Verdeckungsstrategie" verfangen? Was sagt Ihr aus Eurer Erfahrung dazu?
So viel für jetzt,
wünsche Euch einen schönen Adventssonntag,
Liebe Grüße,
Marya
Verfasst: So Dez 21, 2003 18:42
von kendra_pad
Hallo Marya und Susanne,
Bei mir werden auf jeden Fall Ängste verdeckt von meiner ES. Mir ist das erst aufgefallen, als es mehr und mehr Zeiten gab, wo die ES nicht mehr so eine gravierende Rolle gespielt hat und ich mehr Zeit und Raum für andere Dinge hatte. Dies hat damit begonnen, dass ich meine ES immer weniger akzeptiert habe als Instrument, meinen Körper möglichst dünn zu halten. Meine Vorstellungen von meinem Körper hatten sich also zugunsten einer einigermaßen normalgewichtigen Ausführung verändert. Dabei habe ich bemerkt, dass es noch ganz andere Auslöser für meine ES gibt. Diese Erkenntnis hat mich anfangs sehr erschreckt, inzwischen bin ich jedoch froh darüber, weil es für mich der Anlass war, von jetzt an an mir selbst und meiner Persönlichkeit zu arbeiten. Das Ziel des dünnen Körpers hatte ich im Laufe der ES immer mehr angezweifelt, und dies auch im Nachhinein mit Recht.
Ich bin eigentlich auch kein ängstlicher Mensch, gehe gerne an neue Sachen heran, liebe die Veränderung und werde unzufrieden, wenn alles in absehbaren Bahnen verläuft. Im Laufe der Jahre bin ich schon etwas ruhiger geworden. Vielleicht kommen die Ängste auch daher, weil ich mehr zu verlieren habe, mich an vieles gewöhnt habe, nicht mehr so leistungsfähig und belastbar bin wie früher. Womit wir wieder beim Thema Menschlichkeit wären

Wichtig ist, dass man sein Leben sich selbst gemäß gestaltet. Dadurch kann ich in mich ruhen und gelassen auf das reagieren, was von aussen kommt. Orientiere ich mich zu sehr nach aussen, bin ich oft dazu geneigt, meine Ansprüche an mich selbst zu übertreiben, auch ein Auslöser von Ängsten, wenn ich mich überfordert fühle.
Ich hoffe, ich war nicht wieder zu theoretisch, es ist auch nicht so, dass es mir gelingt, dies in meinem Leben immer umzusetzen aber immer öfter
Viele liebe Grüße Kendra
Verfasst: So Dez 21, 2003 22:05
von Susanne P.
Hallo Kendra und Marya,
ich habe irgendwie das Gefühl, als hätte ich es schon gesagt, aber egal:
Ich habe Jahrzehnte lang meine Ängste entweder mit Alkohol oder mit FAs "zugedeckt". Ich habe keine Worte zu beschreiben, mit welcher Macht die Angst mich nach dem trocken- bzw. cleanwerden wieder eingeholt haben.
Ich bin ohne Vertrauen in das Leben und in mich selbst großgeworden, das hat dann über Ängste und Depressionen in die Sucht geführt. Ohne meine Suchtmittel musste ich mich also zwangsläufig mit den Ängsten auseinandersetzen, um nicht wieder rückfällig zu werden.
Aber: Ängste MÜSSEN ja nicht zwangsläufig die Auslöser für eine ES sein.
Es gibt noch viele andere Möglichkeiten.
Liebe Grüße,
Susanne
Re: "Ängste"
Verfasst: Mi Jul 28, 2010 14:35
von CoCoRiCo
Hallo!
Mein Anliegen ist lange nicht so ernst wie bei den User/innen über mir
Würde mich aber dennoch gerne unterhalten.
Ich denke, ich bin ein ganz normaler Mensch. Ich habe Angst vor Spinnen und renne aus dem Zimmer, sobald ich eine sehe. Ich habe Angst, dass mir etwas peinliches in der Öffentlichkeit passiert.. eben, 0 8 15, ein bisschen.
Mir ist aber etwas aufgefallen. Ich habe mit der Zeit Angst vor dem Autofahren als Beifahrerin (auf Autobahn vor allem) und Höhenangst entwickelt.
Früher war alles okay. Dann bekam ich immer mehr Angst.
Nun ist es so, dass ich auf Autobahnen weinend hinten sitze und Todesangst habe, mit Schweisausbrüchen, Übelkeit und taubem Gefühl in Füssen und Händen usw. Ich habe Angst, dass ein Auto auf unsere Spur fährt und es einen Unfall gibt. Mit Toten, wegen der Geschwindigkeit. Sobald der Fahrer auch Gas gibt, merke ich das sofort. Und die oben genannten Symptome kommen, auch wenn kein Auto vor oder hinter uns ist.
Auch die Höhenangst ist echt schlimm geworden. Wir haben hier so eine alte Burg auf einem Berg. Man kann auf die Mauer klettern (die betoniert wurde und eigentlich ja stabil ist/wirkt... jeden Tag sind da Menschen drauf und sonnen sich oder feiern...). Früher bin ich auch interessiert hochgegangen, wenn auch mit einem mulmigen Gefühl und Angst vor der Tiefe. Ja, ich lag sogar dort herum und sonnte mich...
Und nun? Ich war letztens wieder oben und habe mich wie "betrunken" gefühlt. Ich bildete mir ein, hin und herzuschaukeln. Dann wurde mir auch noch schlecht und ich bildete mir ein, die Mauer würde gleich herunterfallen und wir wären alle tot (es geht verdammt tief runter).
Ich habe die Mauer dann verlassen und mich an den Seitenmauern hingesetzt.... Ich hatte Angst, wirklich in Ohnmacht zu fallen und entweder ein paar Hundert oder die 5, 6 Meter auf der anderen Seite, runterzufallen.
Warum verschlimmert sich meine Angst? Ich bin doch immer wieder mit dem Autofahren konfrontiert. Und in der Höhe habe ich keine schlechte Erfahrung (außer einer schlechten Erfahrung, als sich ein Schulkamerad da in den Tod stürzte, von der Mauer halt)...
Aber es wird immer SCHLIMMER?
Woran könnte das liegen?
LG coco
Re: "Ängste"
Verfasst: Mi Jul 28, 2010 14:42
von Caruso
mmhh ... gute Frage.
Ich hatte lange Zeit Panik vor geschlossenen Räumen mit vielen Menschen. Fahrstuhl ging nicht, Veranstaltungen in geschlossenen Räumen ging nicht, Bus fahren ging nicht etc. etc. Es hatte keinen Grund. Ich habe nie etwas Schlimmes in solchen Situationen erlebt, wie eine Panik o.ä.
Ich habe es dann meinem Hausarzt erzählt, der mich zu einem Spezialisten überwiesen hat. Dort bekam ich Atemtechniken gezeigt, die es ermöglichten, diese Panik in den Griff zu bekommen. Heute klappt das alles ganz gut, keine Attacken mehr und ich kann Fahrstuhl und Bus fahren ohne Probleme.
Die Herkunft dieses Phänomens blieb allerdings ungeklärt.
Re: "Ängste"
Verfasst: Mi Jul 28, 2010 16:31
von Nads
Soweit ich das mal gehört habe, können Panikattacken echt jeden Menschen mal treffen (auch ganz plötzlich und ohne Grund). Die Frage ist dann glaube ich eher, wie man damit umgeht. Es kann natürlich (wenn man so gar nix dagegen macht) zu Angstspiralen kommen. Es kann auch einfach wieder weg gehen. Is ja klar, dass Panikattacken nicht angenehm sind (bei Dir hört es sich bezgl. des Autofahrens schon so ähnlich an) und man will ja auch vermeiden, dass es wiederkommt. Blöderweise hat man dann ja auch schon allein DAVOR Schiß, DASS es wiederkommt, was zur Folge hat, dass man schon sehr verkrampft an die Situation rangeht (auch unbewusst).
Gegen Panikattacken kann man aber wirklich was machen. Ich hab mal so einen Bericht gesehen, wo jemand wirklich kaum noch aus dem Haus konnte (so schlimm hatte sich das schon entwickelt --Stichwort Angst vor der Angst), dass derjenige nur noch mit Hilfe einer Konfrontationstherapie erlöst werden konnte.
Darüber gibts auch ganz viele Bücher. Atmtechniken, Techniken mit der Angst umzugehen usw.
Ich hatte früher mal eine Weile, wo ich Angst hatte, Durchfall zukriegen, wenn ich irgendwo war/ hingefahren bin, wo ich nicht auf Klo konnte. Weil ich vorher schon Angst hatte, hab ich auch vorher schon Durchfall gekriegt..

s aber nie was passiert, wenn ich dann weg musste..was allerdings nich meine vorherige Panik geändert hatte. Das ist dann tatsächlich einfach irgendwann wieder weggewesen (keine Ahnung wie). Fiel mir auch echt grad erst ein, als ich das von Dir las. Bei mir gabs dafür auch keinen Grund. Ich glaub einfach, dass man sowas auch "einfach so" kriegen kann, wie ben Panikattacken und man aufpassen muss, dass es nicht so schlimm wird, dass man im Leben sehr eingeschränkt wird.
Hast Du denn vorher schon Angst, wenn Du weißt es geht auf die Autobahn, oder ist es eher wirklich wie eine spontan auftretende Panikattacke, die Dich überfällt ohne dass Du es vorher merkst? Ich kann mir vorstellen, dass das sehr unangenehm ist, besonders, wenn man es sich nicht erklären kann. Macht einen irgendwie hilflos. Aber vergiss nicht: Man kann da wirklich gegensteuern und ist dem nicht völlig hilflos ausgelifert. Die Hilflosigkeit die man empfindet und dass man nicht weiß WIESO ist glaub ich das viel größere Problem, als die Panik selbst!
Lieben Gruß Nadine