Ich dachte ich wär drüber weg...

#1
Hallo,

ich war mir jetzt nicht sicher, ob ich meinen Beitrag unter "Ehemalige" posten soll oder hier. Ich dachte aber dann, dass es doch sinnvoll ist, mich erstmal vorzustellen:

Meine Essstörung begann vor ca. 15 Jahren. Irgengwie fings damit an, dass ich leicht zugenommen hatte und mich nach einer wirklich "Kindergeburtstagsparty" auf die Waage stellte und merkte "oh, ich bin noch schwerer". Das musste weg - sofort und schnell. Erschreckenderweise machte ich mir dann diese Methode zu eigen und war mittendrin im Sumpf. Meine Eltern waren nie da (beide arbeiteten) und sind zudem sehr leistungsorientiert. Ich wollte sie nie enttäuschen - als ich aber irgendwann nicht mehr konnte und meinem Vater von meiner Bulimie beichtete, war sein Kommentar: "Dann wärst Du schlanker - nur weil darüber gelesen hast, musst Du das selber noch nicht haben". Damals war ich schon ca. 3 Jahre heftigst dabei! Somit war das Thema Therapie für mich auch gestorben.

Besser wurde es erst als ich von zu Hause auszog und ein Zimmer in einer 5er WG bekam. Da man dort fast nie allein ist, beschränkte sich die Attake auf ein Minimum.
Inzwischen habe ich einen tollen Job, eine gemeinsame Wohnung mit meinem Freund, bin sportlich, erfolgreich und trotzdem schlägt ES immer wieder mal in - glücklicherweise - sehr großen Abständen zu. Weil irgendwas zuviel wurde, weil ich mich ärgere, weil ich enttäuscht bin. Hört es denn wirklich nie auf???? Mein Freund hatte schon mal die Vermutung geäußert, dass ich wohl essgestört bin. Ich erzählte ihm ein paar wenige Sachen von früher, allerdings kann ich ihm nicht sagen, dass es heute manchmal immer noch so ist. Ich habe Angst vor seiner Reaktion. Weil er mich eben auch als tolle Frau kennt und immer so etwas sportliches, erfolgreiches wie mich gesucht hat. Ich habe echt Angst, dass er mich verlässt, wenn er die Wahrheit kennt!

Heute war ich wirklich mal wieder verzweifelt. Wegen einer Enttäuschung und wollte nur ein bißchen Trösterchen-Schoki essen. Ihr wisst ja was dann los ist. So ein irrer Mist! Ich ärgere mich dann maßlos über mich selber. Naja, das Forum ist jetzt meine erste Möglichkeit, mein Herz auszuschütten. Schon jetzt mal Danke, dass ich meine Gedanken das erste Mal in meinem Leben loswerden konnte.

Liebe Grüße
Schildkrötchen

#2
Hallo Schildkrötchen! (süßer Name übrigens;-))

Herzlich WILLKOMMEN!!!

Vielleicht ist es so, dass Du dich in diesen Phasen zu sehr selbst unter Druck setzt? Vielleicht zuviel von Dir selbst erwartet und deshalb diese schlechten Phasen auftreten?

Es hört sich ein wenig so an, als wolltest Du immer das beste geben, um perfekt zu sein...für Dich, Deinen Freund, dein Leben. Aber das läuft nicht so...keiner ist immer perfekt und das ist auch verdammt gut so, denn sonst könntest Du auch ein Roboter sein! Du bist Du und liebenswert mit all Deinen Schwächen, Stärken, Macken und Talenten! es ist sicher nicht falsch zu versuchen das Beste aus allem zu machen, aber vielleicht liegt es einfach an Deiner Einstellung ZU VIEL von Dir zu erwarten.

Du kannst wirklich stolz sein, das alles allein so gut nach Deinem Auszug in den Griff bekommen zu haben! Aber Du merkst ja selbst, das es nicht "ganz" weg ist. Und das hat ja einen Grund. Vielleicht ist es manchmal einfacher das Essverhalten für eine gewisse Ziet in den Griff zu kriegen, als die eigenen Denkstrukturen.

Was meinst Du?

Und eins noch: Wenn Dein Freund dich DESWEGEN verlassen würde, weil er ein funktionierendes, sportliches und erfolgreiches Mäuschen sucht und nicht zu Dir halten würde, wenn Du ihm Deine Sorgen sagst, dann wäre er ein Scheißkerl (sorry), der Dich auch nicht verdient hätte. Ich weiß, leicht gesagt...aber so isses nunmal! Vielleicht brauchst Du gar nicht solche Angst vor seiner Reaktion haben! Wenn er Dich wirklichliebt, wird er Dich nicht deswegen verlassen, dass es Dir nicht gut geht!!!!!!! Also nur Mut!!!

Liebe Grüße Nadine

#3
Hallo Glöckchen,

herzlichen Dank für Deine Antwort.
Du triffst mit Deinen Worten den Nagel wirklich auf den Kopf. Ich verfalle nämlich wirklich immer dann in die Phasen zurück, wenn irgendetwas nicht so läuft, wie ich es geplant oder mir vorgestellt habe. Von der Vorstellung, dass alles in meinem Leben immer absolut geradlinig verlaufen muss, sollte ich langsam wirklich versuchen, Abstand nehmen. Ich möchte nämlich nicht in die alten Muster zurück verfallen - das verschlimmert die Situation ja immer nur noch....und ich fühl mich noch elender.

Und mit meinem Freund hast Du schon recht...irgendwie habe ich einfach Skrupel ihm meine Leidensgeschichte zu erzählen. Vielleicht würde er aber auch verständnisvoll reagieren...ich weiß es nicht.

Im Augenblick fühle ich mich schon deshalb besser, weil ich das erste Mal hir im Forum sehe, dass all diese Ängste und Gefühle, die ich habe, nicht nur bei mir vorhanden sind. Das allein gibt mir schon Kraft.

Liebe Grüße
Schildkrötchen

#4
Wenn ihr zusammenwohnt, dann müsst ihr euch sehr gut kennen, dann müsst ihr euch sehr lieben - warum sollte er anders reagieren als mit Verständnis bzw. Unterstützung? Nur Mut :)