bin neu hier | 5 Antworten

#1
Von Denya am 13.02.2002

Hi Ihr!
Um ehrlich zu sein: es hat mich ganz schön Überwindung gekostet, hierher zu kommen. Aber in den letzten Tagen ging es mir wieder so schlecht, dass ich gemerkt habe, ich halte es nicht mehr aus, wenn ich nicht endlich mal mit jemandem rede. Ich hatte irgendwie immer das Gefühl, ich wär die einzige, der es so geht - aber scheinbar bin ich das ja doch nicht. Vor allem war ich erstaunt darüber, wieviele von euch schon so "alt" sind. Ich meine, ich werd jetzt bald 18 und dachte, dass in meinem Alter doch bestimmt überhaupt niemand mehr so eine Pubertäts-Krankheit hat. Schön, zu wissen, dass ich nicht alleine bin, erschreckend, zu sehen, wie lange sich das ziehen kann. Ich hab jetzt seit 4 Jahren Bulimie. Magersüchtig war ich nie. Dazu fehlt mir die Konsequenz. Außerdem achtet meine Mutter auch s e h r darauf, was ich esse. Zumindest glaubt sie das. Früher habe ich regelmäßig den Kühlschrank leer geräumt, aber als sie dann anfing, was von "Therapie" zu erzählen und sich Sorgen um mich machte, hab ich ihr gesagt, ich hätte mich voll unter Kontrolle und das hätte nichts zu bedeuten. Seitdem geb ich Unmengen von Geld nur für Essen aus. Eine Zeitlang habe ich jeden Abend aufgeschrieben, wieviele Kalorien ich den Tag über gegessen habe. Aber in der letzten Zeit ist es so schlimm geworden, dass ich die Zahlen gar nicht wissen möchte. Ich dachte immer, ich K A N N gar nicht krank sein - ich bin doch viel dicker als alle anderen. Und es ist echt nicht so, dass ich ein gestörtes Körperbild von mir oder anderen habe, oder so, sondern meine Freundinnen wiegen wirklich alle 5 - *kg weniger als ich. Mein Ziel ist und war auch nie, total abzumagern, sondern einfach nur eine schöne normale Figur zu haben. Aber was ist denn schon normal?? Ich dachte immer, ICH wäre normal. Ich versteh mich auch selber nicht. Mein Leben sieht so normal aus! Ich habe viele unheimlich liebe Freundinnen, die ich alle sehr sehr lieb habe und mit denen ich auch über alles reden kann (außer über mein Essstörung). Einen Freund habe ich zur Zeit nicht, obwohl ich total gerne einen hätte. Dass es so schlimm wie im Moment ist, hat auch angefangen, als sich mein Freund vor 4 Wochen von mir getrennt hat. Ich gehe in die 12. Klasse und bin in der Schule auch mittelmäßig bis gut, ich bin jedes Wochenende mit meinen Freundinnen unterwegs, mit meiner Familie (Mutter, Vater, 12jähriger Bruder) komme ich auch sehr gut klar --- es gibt eigentlich nichts in meinem Leben, was bei mir zu irgendwelchen "psychischen Störungen" führen könnte - aber ich scheine sie ja doch zu haben. Warum kriege ich a l l e s auf die Reihe, nur das Normalste der Welt, das Essen nicht??? Würd mich echt freuen, wenn mir jemand schreibt, weil ich zur Zeit total depri bin!! Ciao, Denya

bisherige Antworten:


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Betreff: Re: bin neu hier
Von Hella am 13.02.2002


Hallo,
ich möchte dich nur kurz willkommen heißen. Schön und mutig, daß du dich hergetraut hast!!!
Viel von dem, was du beschreibst, kommt mir bekannt vor. Auch ich (25 J.) komme aus einer mehr oder weniger intakten Familie, hab supernette Eltern und Bruder, hab keine traumatischen Erlebnisse hinter mir, finanziell und materiell geht es mir soweit ganz gut, hab ne Arbeit, hab Leute, die mich anscheinend irgendwie mögen (auch wenn ich´s nicht wirklich glauben kann)... und dennoch hab ich seit 8 Jahren Bulimie (und noch andere "Störungen" *seufz*). Nach außen bin ich super angepaßt und krieg auch soweit - noch!! - alles auf die Reihe. Wer mich nicht kennt, ahnt nicht, wie gestört und kaputt ich in Wirklichkeit bin.
Naja, ist egal...
Würd mich freuen, mehr von dir zu erfahren.
Liebe Grüße, hella


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Betreff: Re: bin neu hier
Von K.J. am 14.02.2002


Hi ihr süssen!Leider ist ein grsser Teil der Bulimikerinen angepasst und von "aller" welt
gemocht!Das ist für uns wohl irgendwie bestimmung!Und momentan hab ich auch eine intakte Familie ,aber jeder hatte wohl eine Entscheidende Situation in unserem Leben die die Bulimie heraufbeschworen hat.Oder besser gesagt eine Reihe von Ereignissen die uns auf den ersten Blick wohl nicht für wichtig erschienen in wirklichkeit unser Leben in negativem Sinne drastisch verändert haben!Liebe Denya ich habe auch nicht die Traummasse die ich gern hätte und werde sie wahrscheinlich nicht erreichenweil das halt nun mal diese Krankheit ist.Viele die Bulimie haben,sehen auf den ersten Blick "normal"aus.Das ist das debakel an der Krankheit:Man sieht es oft nicht!Ich hoffe für dich das du es schaffst die K.zu überwinden ,nur dafür brauchst du ärztliche Betreuung.Du musst nicht glauben was der"REST" über Psychiater erzählt(von wg.Seelenklempner etc.)sie köönen eine echte Hilfe sein!´Vielleicht suchst du dir einen!Da wärst du nicht die erste und hoffentlich nicht die letzte!Du kannst die anderen Fragen wie das so ist!Es gibt hier bestimmt einige die Therapien mitmachen.
Alles liebe K.J.


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Betreff: Re: bin neu hier
Von Denya am 14.02.2002


Danke, dass ihr mir so schnell geantwortet habt :) Es tut echt gut, mal alles, was dieses Thema betrifft loswerden zu können! Als meine Mutter das damals rausbekommen hat, hat sie angefangen, die Schuld bei sich zu suchen, hätte für mich alles getan und konnte nachts nicht schlafen, weil sie so geheult hat, deswegen. Das war natürlich nicht das, was ich erreichen wollte, als ich ihr das erzählt habe. Ich wollte einfach nur, dass dieses ewige Anlügen ein Ende hat. Zum Gegenteil hat es dann geführt - ich habe ihr irgendwann gesagt, es wäre wieder alles okay und sie bräuchte sich keine Sorgen mehr um mich zu machen. Ich weiß nicht, ob sie mir das so wirklich geglaubt hat. Manchmal hat sie Spuren im Bad gefunden, die ich dann als eintägigen Ausrutscher erklärt habe. Eigentlich lüge ich nie. Und schon gar nicht gegenüber meinen Eltern. Eine Zeit lang war es bei mir mit meinen Komplexen, wie scheiße ich aussehe, so schlimm, dass ich nie mitgekommen bin, wenn meine Freunde abends weggegangen sind. Ich saß dann immer alleine zu Hause rum und habe abwechselnd gefressen und gekotzt. So ist es zum Glück schon lange nicht mehr! Ich weiß inzwischen, dass mich meine Freundinnen so mögen, wie ich bin. Und alles andere wäre ja auch Schwachsinn: wer bitte möchte Freundinnen haben, die einen nur mögen, wenn man ein bestimmtes Höchstgewicht oder einen bestimmten Bauchumfang nicht überschreitet? Vom Kopf her ist bei mir e i g e n t l i c h alles klar: ich WILL aufhören mit dieser Scheiß-Kotzerei. Und ich will mich auch nicht halb zu Tode hungern, sondern nur wieder das Gewicht erreichen, was ich letztes Jahr vorm Sommer hatte. Da ging es mir 2 Monate super gut! In der Zeit hatte ich gerade einen Freund, in den ich total verliebt war. Anfangs habe ich mich nur von "Luft und Liebe" ernährt, so dass ich mein persönliches Bestgewicht erreicht hatte (was zwar immer noch etwas über dem der anderen lag, aber für mich schon super war) und später ging es mir dann einfach immer noch so gut, dass ich zwar normal gegessen, aber nicht gekotzt und nicht zugenommen habe. Leider habe ich dann gemerkt, dass mein Freund wohl Schluss machen will, er hat sich aber nie getraut es mir zu sagen, so dass wir uns dann 7 Wochen nicht gesehen hatten, bis er mir dann endlich - am Telefon - sagte, dass es keinen Sinn mehr hätte. Diese Zeit war für mich der Horror! Ich habe ununterbrochen gefressen und *kg zugenommen! Und das sind genau die *kg auf denen ich immer noch sitze. Die möchte ich einfach nur wieder loswerden. Ohne zu kotzen, ohne Fressanfälle zu kriegen, weil ich 2 Tage gar nichts gegessen habe. Was mich aber beunruhigt ist, dass selbst wenn ich gar nicht kotzen WILL es trotzdem passiert. Ich brauche nur was mit Milch zu essen (Joghurt, Müsli, Eis, ...) und sofort kommt alles wieder hoch. Ob ich will oder nicht - ich kann gar nichts dagegen tun. Oder auch, wenn ich etwas sehr fettes gegessen habe. Heute zum Beispiel gabs Lasagne. Kam alles sofort wieder hoch. Dabei hatte ich mir soo fest vorgenommen, mich jetzt mal ganz normal zu ernähren. Davon nehme ich zwar erstmal nicht ab, aber ja auch nicht zu und gesünder als Kotzen ist es auf jeden Fall! Erst, wenn ich es geschafft habe, n o r m a l zu essen, will ich darüber nachdenken, wie ich abnehmen kann. Aber das ist auch der Grund, warum ich nicht glaube, dass mir eine Therapeutin helfen kann. Es ist ja mein Körper, der mich zwingt das ganze Essen wieder auszuspucken - nicht mein Kopf! Außerdem kann ich mir irgendwie nicht so recht vorstellen, wie eine Person, die mich überhaupt nicht kennt, nur dadurch, dass sie mit mir redet, bewirken will, dass sich mein halbes Leben ändert. Es ist ja momentan so, dass sich bei mir fast alles nur ums Essen dreht. Hella, was meinst du mit "anderen Störungen"? Ich finde das gar nicht egal! Bist du eigentlich auch normalgewichtig, oder unter- oder übergewichtig? Hast du schon mal eine Therapie gemacht? Ich würde es so gerne ohne schaffen!!! Wieso zweifelst du eigentlich daran, dass dich die Leute mögen? Das ist doch Schwachsinn! Mit der Haltung belastest du dich nur unnötig selber!! Ich bin gegenüber neuen Leuten auch immer total schüchtern und hab dann immer das Gefühl, dass die mich sowieso nicht mögen. Von denen, die jetzt meine Freunde sind, mit denen ich täglich zu tun habe, denen ich (fast) alles erzählen kann und die mir total wichtig sind hatte ich auch immer geglaubt, dass sie mich nicht abkönnten. Wir haben alle so ziemlich den gleichen Schulweg und fast das ganze erste Jahr an der Oberstufe bin ich, wenn ich ihnen begegnet bin, immer etwas schneller oder etwas langsamer als sie gefahren, bloß um sie nicht zu "nerven". Irgendwann hat mich mal eine von ihnen darauf angesprochen und danach war das Eis - zumindest ansatzweise - gebrochen. Es hat dann noch eine ganze Weile gedauert, bis es so wurde, wie es jetzt ist, aber zumindest haben sie mir klar machen können, dass sie absolut gar nichts gegen mich haben. Obwohl ich vom Gegenteil überzeugt war.
Zu dir, K.J.: mir ist schon aufgefallen, dass mein Gewicht und mein damit zusammenhängendes Wohlbefinden immer dann sehr positiv war, wenn ich einen Freund hatte und immer dann katastrophal wurde, wenn es dann vorbei war. Aber eine Therapeutin kann mir doch keinen Freund verschaffen! Und andere einschneidende Erlebnisse gab es in meinem Leben nicht und auch sonst habe ich - wie gesagt - keinerlei Probleme. Es ist nur dieser Teufelskreis "ich habe keinen Freund, also fress ich" --> "ich bin so dick deswegen habe ich keinen Freund" Dass das eigentlich total hirnrissig ist, ist mir schon klar. Was für meine Freundinnen gilt, gilt natürlich auch/erst recht für meinen Freund: wenn sie mich nur dann mögen, wenn ich *kg weniger wiege, dann kann ich auch verzichten. Aber es ist ja nun mal leider so, dass wenn man sich kennenlernt, der allererste Eindruck das Äußere ist. Und damit habe ich ja gerade mein Problem. Ich finde ja, die Kerle haben es gar nicht verdient, dass sie so einen starken Einfluss auf mein Leben haben. Das hört sich jetzt so an, als ob ich hier alle 2 Wochen einen neuen abschleppen würde, aber ich spreche nur von den beiden lezten, in die ich beide leider viel mehr verliebt war, als sie in mich. Mit dem einen war ich letzten Sommer 3 1/2 Monate zusammen (Juni - Oktober) und der andere hat es ganze 4 Wochen mit mir ausgehalten (Dezember/Januar). Warum komme ich bloß nicht damit klar, jetzt halt wieder keinen Freund zu haben? Ich hab immer soo viel Spaß mit meinen Freundinnen, aber irgendwie reicht mir das nicht. Selbst, wenn ich versuche, mir das immer wieder einzureden. Ich merke es ja an meinen FA. Grrrrr. Würd mich freuen, wenn ich auch noch mehr über euch erfahren könnte! Hella, wo arbeitest du denn eigentlich? Ganz liebe Grüße erstmal und I hope to hear from you soon! Denya


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Betreff: Re: bin neu hier
Von K.J. am 14.02.2002


Hey aber denk mal darüber nach !Ist es nicht schlimm das du sozusagen abhängig bist von anderen und damit meine ich dem "festen Freund"!Das heisst sobald du einen neuen haben wirst, es aber dann zw. euch krieselt du sofort wieder dran bist deine Probleme "auszukotzen"!Es kann doch nicht richtig sein das du nur dann ein ganzer und gesunder Mensch bist wenn du einen Freund hast!Und du darfst über einen Psychiater nicht so negativ denken!Ich habe in einer Psychiatrischen Klinik gearbeitet und das sind zum grössten Teil Menschen wie du und ich !Die sind nicht alle Geistesgestört!Das sind sehr viele Menschen mit Bulimie und Anorexie!Und ich wollte dir auf keien Fall irgendeine Störung unterjubeln,aber es ist Fakt das Bulimie wie Drogen wirkt:Es ist eine Sucht und das ist Fakt!Was glaubst du wieso du nicht aufhören kannst von alleine?Bei mir ist das nicht anders!Sobald es in der Beziehung gut läuft lebe ich auch nur von Luft und Liebe,nur sobald es zw.uns dann krieselt ist es vorbei mit der Idylle!(Na gut will hier nicht leugnen das ich eh Angst vor Beziehungen habe)Und natürlich ist es bei jederman eine ganz eigene Sache!Also versteh das ganze nicht als Angriff gegen dich,sondern frag dich wie du es schaffst davon los zu kommen!Und zwar auch nach dem dich dein Freund verlässt!(Hey bin eigentlich ein super lustiger Typ nur wenn es um die Gesundheit geht werd ich nun mal sehr ernst und direkt!

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Betreff: Re: bin neu hier
Von Hella am 15.02.2002


Hallo Denya,
dann will ich mal versuchen, deine Fragen zu beantworten:
Meine anderen "Störungen" beziehen sich zum einen auf die Depression mit all dem, was dazu gehört und dann noch auf meine Probleme im zwischenmenschlichen Bereich. Hab die schöne Diagnose bekommen: soziale Phobie bei einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstruktur. Das hört sich genauso scheiße an, wie es auch ist. Bin ziemlich isoliert. In Beziehungen, Freundschaften bin ich äußerst ängstlich und skeptisch; stelle alles und jeden in Frage. Lebe ziemlich zurückgezogen. Mein negatives Selbstbild, die Depressionen, die sozialen Ängste ... das eine beeinflußt das andere. Da erscheint mir die Bulimie das kleinste Problem zu sein. Das kann ich recht gut in meinen Alltag integrieren. Bin normalgewichtig, was mich aber nicht davon abhält, mich fett zu fühlen. Die Leute um mich herum, die Bescheid wissen, sagen nur noch, daß ich bescheuert bin. *g* Ist wohl was wahres dran?! Therapie mache ich seit fast 5 Jahren, war auch schon mal in stationären Therapien. Hab viel gelernt und es hat auch geholfen, die Dinge zu verstehen - zumindest einige - und auch ein paar Dinge zu verändern. Leider hab ich bisher keinen Ansatzpunkt gefunden, um meine (zur Zeit sehr heftige) Depression zum Positiven zu beeinflussen. Bin in der Hinsicht sehr hoffnungslos und ziemlich am Ende.
So, jetzt muß ich zu meinen Eltern. Hab die ehrenvolle Aufgabe, meine Oma nach hause zu fahren. Hätt ich mich bloß nicht angeboten - es sind 600km!
Lb. Grüße, hella

Ach ja, mein Beruf: arbeite als Physiotherapeutin in einer orthopädischen Reha-Klinik.